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Die Aufmerksamkeit nach innen richten
In diesem Kapitel
- Sich nach innen wenden und langsamer werden
- Mit der Zoomlinse der Achtsamkeit spielen
- Den Körper entspannen
Ein altes Sprichwort sagt, dass auch eine lange Reise mit einem einzelnen Schritt beginnt. Im Fall der Meditation besteht dieser einfache, aber wesentliche erste Schritt darin, Ihren Geist von der normalen Beschäftigung mit externen Ereignissen auf Ihre innere Sinneserfahrung zu lenken.
Die meisten Menschen werden derartig von dem in Beschlag genommen, was in ihrer Umgebung passiert, dass sie vergessen, auf das zu achten, was in ihrem eigenen Geist, Körper und Herz vor sich geht. Tatsächlich werden Sie in unserer heutigen Welt dazu zu verführt, Ihr Glück und Ihre Befriedigung außerhalb Ihrer selbst zu suchen.
Schauen Sie nach innen
Nehmen Sie sich jetzt gleich einige Minuten Zeit, um Ihren Geist nach innen zu lenken, und achten Sie auf das, was Sie empfinden und fühlen. Achten Sie darauf, wie stark Ihr Widerstand dagegen ist, Ihre Achtsamkeit vom externen Fokus auf Ihre einfachen Sinneserfahrungen zu lenken. Achten Sie darauf, wie geschäftig Ihr Geist von Gedanke zu Gedanke und von Bild zu Bild flitzt und dabei eine Geschichte webt, in der Sie die tragende Rolle spielen.
Obwohl ich davon rede, sich nach innen zu wenden, besteht diese Fokusverlagerung, die ich Ihnen nahebringen will, aus mehreren miteinander in Beziehung stehenden Dimensionen:
- Inhalt und Prozess: Anstatt sich mit der Bedeutung dessen zu beschäftigen, was Sie empfinden, denken oder fühlen, können Sie Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, wie diese Erfahrung abläuft – oder worin die reine Tatsache der Erfahrung selbst besteht. Anstatt sich in Gedanken oder Tagträumen zu verlieren, können Sie beobachten, wie Ihr Geist von Gedanke zu Gedanke flitzt, oder Sie können einfach nur beobachten, dass Sie denken.
- Außen und innen: Anfangs müssen Sie Ihre normale Tendenz, nach außen gerichtet zu sein, ausgleichen, indem Sie Ihrer inneren Erfahrung eine spezielle Aufmerksamkeit zukommen lassen. Im Laufe der Zeit werden Sie die Fähigkeit entwickeln, sich jeder Erfahrung, egal ob innerer oder äußerer, mit derselben Qualität der Achtsamkeit zu öffnen.
- Secondhand und direkt: Ebenfalls hilfreich ist die Unterscheidung zwischen der Secondhand-Erfahrung (der Erfahrung aus zweiter Hand) und der direkten Erfahrung. Die Secondhand-Erfahrung ist durch den Geist gefiltert und verzerrt worden, die direkte Erfahrung wird durch die Sinne oder durch eine andere Form des direkten Bewusstseins vermittelt. Die Meditation umfasst auch die Ausrichtung der Aufmerksamkeit weg von der Geschichte, die Ihr Geist sich zusammenspinnt hin zu der direkten Erfahrung selbst.
- Tun und Sein: Sie verbringen praktisch Ihre gesamte wache Zeit damit, von einer Aufgabe, von einem Projekt oder von einer Aktivität zum nächsten zu hetzen. Erinnern Sie sich daran, wie es ist, einfach nur zu sein, wie Sie es als Baby oder als kleines Kind waren, als Sie einen Nachmittag im Sommer damit verbrachten, zu spielen oder im Gras zu liegen. Vollziehen Sie diesen entscheidenden Schritt vom Tun zum Sein mit der Meditation.
Entspannen Sie sich!
Die psychosomatische Medizin erinnert uns daran, was Yogis und Weise seit Jahrtausenden sagen: Ihr Körper, Ihr Geist und Ihr Herz bilden ein untrennbares Ganzes. Wenn Ihre Gedanken unaufhörlich von Sorge zu Sorge springen, reagiert Ihr Körper mit Anspannung, insbesondere der Kehle, des Herzens, des Solarplexus und des Bauches. Wenn das Unbehagen sehr intensiv wird, erleben Sie es als Emotion – vielleicht als Angst, Ärger oder Traurigkeit.
Falls Sie Ihren Körper noch nie absichtlich entspannt haben, beginnen Sie die Meditation in dem Einschub Tiefe Entspannung weiter hinten in diesem Kapitel. Sie bringt Ihnen bei, wie Sie Ihren Körper nach und nach entspannen können. Wenn Sie diese Übung einige Male ausgeführt haben, verfügt Ihr Körper über eine Erinnerung an den Zustand der tiefen Entspannung. Sie können dann zu einer der Fünf-Minuten-Entspannungen übergehen, die im Folgenden beschrieben werden.
Kleine Helferlein – in fünf Minuten entspannt
Weil Sie sich in der Meditation auf Ihre direkten Erfahrungen konzentrieren, entspannt sich Ihr Körper ganz natürlich, während Sie Ihren Geist fokussieren. Als Anfänger werden Sie diese natürliche Entspannung bei den ersten Übungen vielleicht nicht erfahren. Deshalb kann es hilfreich sein, eine der Techniken in der folgenden Liste zu üben, bevor Sie meditieren, insbesondere wenn Sie sich oft merklich anspannen. (Wenn Sie zu den wenigen Menschen gehören, die meist so entspannt sind, dass sie beim geringsten Anlass einschlafen, können Sie diese Übung auslassen.)
- Entspannungsdusche: Stellen Sie sich vor, Sie nehmen eine warme Dusche. Das an Ihrem Körper und Ihren Beinen hinunterfließende Wasser wäscht das ganze Unbehagen und alle Sorgen hinweg, und Sie fühlen sich erfrischt und belebt.
- Friedvoller Ort: Stellen Sie sich einen sicheren, friedlichen Ort vor – vielleicht einen Wald, eine Wiese oder einen Strand. Erfahren Sie den Ort mit all Ihren Sinnen. Beobachten Sie, wie ruhig und entspannt Sie sich hier fühlen.
- Körperbeobachtung: Beobachten Sie – beginnend bei Ihrer Schädeldecke – Ihren Körper von oben bis unten. Wenn Sie zu einem Bereich der Spannung oder des Unbehagens kommen, geben Sie ihm sanft Gelegenheit, sich zu öffnen und weich zu werden; gehen Sie dann weiter.
Tiefe Entspannung
Die folgende Übung können Sie ausführen, wenn Sie fünfzehn oder zwanzig Minuten Zeit haben und einen Teil der Spannung loswerden wollen, die sich in Ihrem Leben angestaut hat. Sie ist auch eine sehr gute Methode, sich auf andere Meditationen vorzubereiten.
- Legen Sie sich an einer bequemen Stelle nieder. Ziehen Sie Ihre Schuhe aus, lockern Sie Gürtel und enge Kleidung und strecken Sie sich lang auf dem Rücken aus, die Arme an den Seiten liegend und die Beine leicht geöffnet.
- Nehmen Sie Ihren Körper insgesamt wahr, einschließlich der Stellen, an denen er die Oberfläche des Bettes oder des Fußbodens berührt.
- Schließen Sie die Augen und richten Sie Ihre Achtsamkeit auf Ihre Füße. Wackeln Sie mit den Zehen, beugen Sie die Füße und lassen Sie dann alle Spannung abfließen, sodass Ihre Füße mit der Unterlage »verschmelzen«.
- Verlagern Sie Ihr Bewusstsein auf Ihre Unterschenkel, Oberschenkel und Hüften. Stellen Sie sich vor, dass sie schwer werden, sich entspannen und mit dem Boden verschmelzen. Falls Ihnen das Bild des Verschmelzens nicht gefällt, versuchen Sie es mit dem Versinken.
- Richten Sie Ihr Bewusstsein auf den Unterleib. Stellen Sie sich vor, wie alle Spannung abfließt, Ihr Atem sich vertieft, Ihr Bauch sich öffnet und weich wird. Richten Sie Ihr Bewusstsein auf Ihren Oberkörper, Brust, Nacken und Hals, und fühlen Sie, wie sie sich öffnen und weich werden.
- Richten Sie Ihr Bewusstsein auf Ihre Schultern, Oberarme, Unterarme und Hände. Stellen Sie sich vor, wie sie schwer werden, sich entspannen und mit dem Boden verschmelzen.
- Richten Sie Ihr Bewusstsein auf Ihren Kopf und das Gesicht. Fühlen Sie, wie die Spannung von Ihrem Gesicht über Ihren Kopf in den Boden fließt.
- Beobachten Sie Ihren Körper vom Kopf bis Fuß und suchen Sie nach verbleibenden Bereichen mit Spannung oder Unbehagen. Entspannen Sie diese vollkommen.
- Erfahren Sie Ihren Körper als pure Entspannung – ohne einzelne Teile oder scharfe Kanten.
- Bleiben Sie in diesem Zustand fünf, zehn Minuten oder länger. Beginnen Sie dann langsam, mit Ihren Fingern und Zehen zu wackeln. Strecken Sie Ihre Glieder, öffnen Sie die Augen und setzen Sie sich langsam auf.
Spüren Sie in sich hinein und beobachten Sie, wie Sie sich fühlen. Sind Sie entspannter? Fühlt sich Ihr Körper leichter oder ausgedehnter an? Wirkt die Welt anders auf Sie? Stehen Sie jetzt vorsichtig auf und gehen Sie Ihrer täglichen Arbeit nach.