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Wer eine berufliche Veränderung anstrebt, benötigt ein Arbeitszeugnis für seine Bewerbungsunterlagen.
Sie kennen schon eine Menge Zeugnisse: Schulzeugnisse, Schulabgangszeugnisse, Berufsschulzeugnisse, Ausbildungszeugnisse.
All diese Zeugnisse bewerten die erbrachten Leistungen entweder in Form von Noten oder durch beschreibende Aussagen. Genau das macht auch ein Arbeitszeugnis:
Es bewertet die Arbeitsleistung und gibt Aufschluss über Fähigkeiten, indem Tätigkeiten analysiert und beurteilt werden.
Die Grundlage für ein Arbeitszeugnis bilden innerbetriebliche Beurteilungen, die in regelmäßigen Abständen in Vier-Augen-Gesprächen geführt werden. Bei diesen Beurteilungsgesprächen erhalten die Mitarbeiter eine Rückmeldung über die Wertschätzung ihrer Arbeit. Alle Aussagen werden schriftlich festgehalten.
Beurteilung: Wie wurden Erwartungen erfüllt?
Welche Stärken und Schwächen wurden beobachtet?
Kriterium: Lösen der Fachaufgabe
Frau Muster beherrscht die fachlichen Aufgaben souverän. Sie arbeitet sorgfältig, fehlerfrei und ist absolut zuverlässig. Sie erfüllt den Qualitätsanspruch an ihre Position vollstens.
Kriterium: Arbeitsweise und Wirtschaftlichkeit
Herr Meier arbeitet sehr selbstständig und effizient. Prioritäten setzt er optimal. Auch bei hoher Belastung behält er den Überblick.
Kriterium: Verhalten gegenüber anderen
Frau Schulze ist höchst motiviert und agiert sehr flexibel. Sie ist eine gesuchte Ansprechpartnerin, die überzeugend auftritt, sachlich und ausgewogen argumentiert.
Hier werden Kriterien genannt und im Anschluss erfolgt die Beschreibung, wie das Kriterium erfüllt wurde. Somit basiert auch ein Arbeitszeugnis auf zwei tragenden Säulen:
Das Arbeitszeugnis ist ein qualifizierter Nachweis über die Arbeitsleistung, das bei jeder Bewerbung beigefügt werden muss, damit der neue Arbeitgeber sich ein Bild über das Können und die Fähigkeiten des Bewerbers machen kann.
Je positiver und aussagekräftiger ein Arbeitszeugnis ist, desto größer ist die Chance, den neuen Job zu bekommen. Bevor ich erkläre, was in einem guten Arbeitszeugnis stehen muss, gibt es noch einige Punkte, die Sie kennen und beherzigen sollten.
Grundsätzlich hat jeder Mitarbeiter das Recht auf ein Arbeitszeugnis, wenn das bestehende Arbeitsverhältnis endet und er aus dem Unternehmen ausscheidet. Nicht in jedem Unternehmen bekommt man das Arbeitszeugnis automatisch. Oft stellt der Arbeitgeber erst auf eine schriftliche Anfrage hin ein Arbeitszeugnis aus.
Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis muss innerhalb von zwei Jahren angemeldet werden. Danach gibt es nicht einmal mehr die Möglichkeit, ein Arbeitszeugnis gerichtlich einzuklagen.
Nachlesen können Sie das im Bürgerlichen Gesetzbuch, Paragraf 630. Dort steht, dass nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis ausgestellt werden muss, allerdings nur auf ausdrückliches Verlangen des Arbeitnehmers. Sie haben also eine Holschuld.
Arbeitnehmer sollten unmittelbar nach der Kündigung die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses verlangen. Reagiert der Arbeitgeber nicht auf den Wunsch, kann der ausscheidende Mitarbeiter ihn unter Fristsetzung und Klageandrohung erneut dazu auffordern. Ignoriert der Noch-Arbeitgeber die Aufforderung, ist eine Klage vor dem Arbeitsgericht erforderlich.
Arbeitgeber dürfen Arbeitszeugnisse auch dann nicht vorenthalten, wenn die Arbeitskleidung oder Arbeitsgeräte noch nicht zurückgegeben wurden. Er hat kein Rückhalterecht, sondern muss auf jeden Fall ein Arbeitszeugnis aushändigen.
Jeder Arbeitnehmer, der unselbstständig beschäftigt ist, hat einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Das sind:
Auch Leiharbeitnehmer haben einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Das Arbeitszeugnis wird allerdings nicht von der Firma ausgestellt, bei der sie leihweise arbeiten, sondern von ihrem Verleiher.
Bei Beamten heißt das Arbeitszeugnis übrigens Dienstzeugnis. Inhaltlich unterscheidet sich das Dienstzeugnis nicht vom Arbeitszeugnis. Allerdings ist bei Rechtsstreitigkeiten hier nicht das Arbeitsgericht, sondern das Verwaltungsgericht zuständig.
Das Arbeitszeugnis spielt bei einer Bewerbung eine tragende Rolle. Der potenzielle neue Arbeitgeber soll sich anhand des Arbeitszeugnisses ein Bild über die fachlichen und persönlichen Qualitäten des Bewerbers machen können. Daher hat das Bundesarbeitsgericht eine rechtliche Grundlage für die Abfassung und Formulierung von Arbeitszeugnissen festgelegt:
Was bedeutet das konkret?
Es dürfen nur die Aufgaben beschrieben werden, die ausgeübt wurden.
Es darf nur das Verhalten beschrieben werden, das bei der Ausübung der täglichen Arbeit gezeigt wurde.
Wegen der geforderten klaren und eindeutigen Formulierungen hat sich die berühmt-berüchtigte »Geheimsprache« entwickelt, mit der der Noch-Arbeitgeber den zukünftigen Arbeitgeber über die Schwächen oder Besonderheiten informiert. Wie die im Einzelnen aussehen, erfahren Sie in Teil III »Die Geheimsprache in Arbeitszeugnissen«.
An erster Stelle steht immer das Wahrheitsgebot. Andernfalls macht sich der ehemalige Arbeitgeber schadenersatzpflichtig gegenüber dem zukünftigen Arbeitgeber, insbesondere bei bewusstem Verschweigen negativer Tatbestände.
Sie merken, die Balance zwischen Wahrheit und Wohlwollen ist oft eine Gratwanderung, die es notwendig macht, sich mit der Zeugnissprache detailliert zu befassen. Keine Angst, am Ende des Buches sind Sie ein Arbeitszeugnis-Entschlüsselungsprofi und Ihnen macht keiner mehr etwas vor.
Wer nimmt schon gern ein mit Fett- und Kaffeeflecken übersätes Papier in die Hand? Ein Arbeitszeugnis ist eine Urkunde und muss daher formelle Anforderungen erfüllen:
Arbeitszeugnisse dürfen keine Flecken, Radierungen, Verbesserungen, Durchstreichungen oder Ähnliches enthalten. Wer ein solches Arbeitszeugnis bekommt, hat Anspruch auf ein neues.
So viel zur äußeren Form. In aller Regel bekommen ausscheidende Mitarbeiter das Arbeitszeugnis an ihrem letzten Arbeitstag vom Noch-Arbeitgeber mit freundlichen Abschiedsworten oder es wird ihnen auf dem Postweg zugeschickt.