Indem ich Demselben einige Gedichte überliefere: so befinde ich mich über demjenigen/ was ich in dieser Vorrede sagen soll/ nicht wenig betroffen. Die Poesie, wie sie von mir und vielen andern getrieben worden/hat mehrentheils einen geringen Nutzen und noch weniger Tugend in sich; und da ich in einigen Jahren manche Stunden damit zugebracht; nun aber den Nahmen Menantes, einem neuen Poetischen Buche vorsetze: so steiget bey nahe eine Röthe in mein Gesicht. Man wird mich nach meinen längst herausgegebenen Gedichten urtheilen; oder sagen: daß mir die Poesie nicht weiter gezieme. In dem ersten thut man mir zu viel. Wegen des andern ist gewiß: Die Kräntze der Blumen stehen auf dem Haupte der zarten Jugend wohl anständiger/ als wenn sie ein in das Männliche Alter getretener Junggesell sich um die Schläfe bindet. Wie werden aber Gedichte fast anders angesehen/als ein Feld voller Blumen/ die anmuthig in die Augen fallen/ aber/ ob sie noch so viele Parade machen/ keinen Vortheil als eine müßige und zum öftern verderbliche Augen-Weide bey sich führen? Ich habe zwar ernsthaftere Sachen gleichfals geschrieben: al [2] lein um desto seltsamer wird es lassen/ daß ich gleichsam aus dem Sommer/ von der Ernde Nahrungs-reicher Früchte hinweglaufe/ und mich hinwiederum in den bunten Frühling begebe.
Doch wie die Kunst in unsern/ und die Natur in warmen Ländern/ in dem Lentzen viele Früchte heraus treiben: so kan das Licht des Verstandes endlich auch aus der Poesie, die man dem Frühlinge vergleichet/ aber eben so wohl eine Frucht des Sommers und Herbstes ist/ vieles gute hervor bringen. Ich könte dieses mit grosser [3] Männer ihren Proben behaupten: doch es laufet vor dießmahl wieder mein Absehen. Ich sage allein von mir: daß wie ein älterer aus seiner Gesellschaft bißweilen zu der muntern Jugend gehet/nicht an ihren Fröhligkeiten theil zu nehmen/ sondern durch ein erbaulich Gespräch sie von ihrer allzufreyen und wilden Lust zu einem geruhigen und bessern Zeitvertreib zu leiten: so wage ich mich in gleicher Absicht/ theils durch meine itzige Poesie, und die Einleitung darzu/ theils durch diese Vorrede/ unter die in frischer Blüthe lachende Jugend/ ihnen meine Gedancken von der Poesie zu eröffnen.
Tugendhaffter Leser/ ich wünschte/ daß viele meiner Schrifften in ihrer ersten Gebuhrt erstickt wären. Denn wenn ein rechtschaffenes Buch der Aloe gleichen soll/ die nach einer langen und mühsamen Wartung ihre Blühten träget: so sind meine Kleinigkeiten viel zu zeitig an das Licht kommen. Die Thiere brüten ihre jungen sattsam aus; und also ist die Schande nicht geringe/ daß die sonst edelsten Gedancken/ von den Menschen so verwahrloset/ und so unreif oder als die angestartesten [4] Mißgebuhrten in die Welt gebracht werden. Meine Feder hatte einige Worte in ihrem Vermögen: so meinte sie schon zu fliegen. Ich war jung; von Tugenden besaß ich nichts/ und von Wissenschafften hatte ich wenige Kenntniß/ und gleichwohl wolte ich hoch hinaus. Ich hatte von der Adler ihrem Flug zur Sonnen gehöret; und gedachte mit den blöden Augen meines verfinsterten Verstandes eine so jähe Bahn gleichfals zufinden. Allein ich geriehte mit den Sinnen unter die Eulen/ welche die Nacht lieben/und den Tag scheuen/ oder vielmehr die Nacht vor den Tag halten.
Demnach kan ich zum theil aus meiner Erfahrung/oder wo diese nicht unglücklich/ und also lehrreich genug ist/ aus fremder ihrem Exempel sagen:
1. Daß es den so genandten Poeten entweder an einem Naturel/
2. an einem guten Verstande/
3. an Wissenschafften/ und unter andern an der Beredsamkeit; Oder
4. an der Tugend fehlet.
5. daß sie dahero eine gantze falsche Moral machen.
[5] 6. Lügner sind/ und die Sachen wieder die Wahrheit beschreiben.
7. Und endlich desto gefährlicher vor ein in der Tugend nicht wohl befestigtes Gemühte zu achten/ weil sie alle Künste wißen und gebrauchen/ den Leser an sich zuziehen/ und seines Hertzens sich zu bemeistern.
Wenn in den Gedichten die Worte rauhe/ schlecht/die Gedancken eiß-kalt/ gemein und niedrig sind: so kan man schließen/ daß es dem Verfaßer an dem Naturel müsse gemangelt haben. Denn solches erfordert einen Geist/ dessen Feuer man aus dem Lesen/ aus seiner Erfindung/ und die Scharfsinnigkeit in der Ausdrückung erkennet. Die Eigenliebe betrüget allhier viele/ daß wenn sie einige Reime auf eine Hochzeit oder Leiche zu wege bringen/ oder auf einen Ehren-Tag ein paar elende und in lauter Tautologien bestehende Zeilen setzen/ sie sich einbilden/ es sey eine Probe ihres Raturels. Allein sie solten nicht sich/ sondern Verständige zu rahte ziehen/ und von solchen ihre Sachen zerlegen laßen/ so würden sie ihre natürliche Fähigkeit in der rechten Blöße erblicken. [6] Sie hören nun/ daß die Erfindung vornehmlich zu einem Poeten erfordert werde; und holen hernach dieselbe von Sachen/ die sich auf das/ wovon sie reden/ gar ungleich schicken/ unanständig/ nachtheilig/ lächerlich und Kindisch sind. Das macht es nicht aus/ den Kopf auf den Arm stützen/ die Gedancken in die Lufft schicken/ spatzier gehen/ oder sich in einen Wald setzen/ und der Invention, wie der Jäger den Vögeln im Gebüsch nachstellen: Wo nichts vor sie ist/ da werden sie auch nichts bekommen. Es darf sich aber nur eine Haselmauß fangen/ so sehen sie solche vor einen Krams-Vogel an/ tragen das Wildpret nach Hause/und verzehren es. Es liegen ja solcher Bücher genug am Tage. Mein Absehen ist aber nicht/ jemanden zu kräncken. Dergleichen Leute machen zwar die Poesie bey einigen verächtlich und unnützlich; allein sie schaden in diesem Stücke der Tugend nicht sonderlich; und also wollen wir die guten Stümper laufen laßen.
Der Verstand machet zwar keinen Poeten, ist aber bey dem Naturel höchstnöhtig. Viele erfinden wohl etwas/ das manchem [7] im ersten Anblick artig vorkommt; wenn man solches aber untersuchet: so ist keine Wahrscheinlichkeit und Gleichheit darinnen. Hätten sie Verstand/ so würden sie die Erfindung prüfen/ und die guten von den falschen Gedancken unterscheiden lernen. Dieses sind ebenfals elende Poeten, und werden zum öftern Beklagungs würdige Meister-Sänger. Was kan ich darzu/ sagt man/ wenn ich keine andere Erfindungen bekomme? schmiede keine Verße. Wenn ich nun die Erfindung und Gründe vor unvergleichlich schätze? schleife deinen Verstand durch dienliche Wissenschafften.
Der Verstand wird keinem in der Vollkommenheit angebohren/ zu welcher er zum durch eine rechtschafene Erfahrung u. gründliche Wissenschaft gelanget. Wie manche blehet eine scharfsinnige oder artige Redens-Art/ die die Frantzosen ein bon mot nennen/ mit der Einbildung auf/ er brauche nichts weiter zu lernen? Er lieset auch nichts/ als dergleichen Bücher/ die seiner natürlichen Neigung schmeicheln/ Lustreiche oder leichte Gedancken in sich führen/ und ohne Kopf-brechen können begriffen [8] werden. Alsdenn schreibet er wieder der den Grund der heiligen Schrifft/ wieder die gesunde Vernunft und wieder die Principia anderer Wissenschafften.
Viele Stunden auf die Rede-Kunst zu wenden/ hält er gleichfals vor einen Raub der Zeit/ und meinet/ er gelange einige Tage später auf den Parnass, wenn er vorher eine zierliche Schreib-Art/ eine geschickte oder nachdrückliche Vorstellung einer Sache/ die Deutlichkeit/ Ordnung und andere Stücke der Wohlredenheit erlernen solte. Da doch ohne dieselben niemand wohl fortkommet/ der sich der Feder in gebundener oder ungebundener Rede bedienen muß.
Wiewohl nun alle angeführte Fehler von grosser Wichtigkeit sind: so kommen wir dennoch allererst zu denjenigen/ vor welchen/ in Ansehung der Jugend/ die Pest im Lande/ vor ein kleines Ubel zu schätzen. Diese stecket die Leiber/ jene die Seelen an; für die Pestilentz brauchet man alle ersinnliche Mittel; jene aber hält man vor keine Kranckheit/ sondern vergnüget sich/ je tiefer sie eingewurtzelt. Ich meine: die unreine/ und untugendhaffte [9] Schreib-Art der Poeten. Allhier wird die Welt anfangen zu lachen/ und mit Fingern auf meine vorige Poesie weisen. Ich höre sie schon mit höhnischer Mine ausrufen: turpe est Doctori, cum culpa redarguit ipsum. Gar recht: ich habe an meine Nase gegriffen; ein ander practicire das nosce te ipsum gleichfals. Man lese meine 3. Satyren p. 115. wie auch andere Gedichte hiervon/ und fasse mit mir den vernünftigen Entschluß: Wer ein Thor gavesen/ sey keiner mehr. Kein geheimer und feiner Ehr-Geitz sticht mich an/ andere zu tadeln. Ich nenne keinen Menschen/ meine auch nicht alle Poeten/ indem noch mancher Schwan keusch gesungen: sondern ich rede aus meiner Erfahrung. Zu dieser gehöret so wohl das Lesen anderer Poetischen Schrifften/ alsmeine eigene Ausübung der Poesie/ welche sich auf jene gegründet. Demnach kan ich/ andern zu ihrer heilsamen Nachricht sicher eröffnen/ was mir selber die Tugend vorgehalten/ und was mir die Liebe zu anderer Besserung zu melden befiehlet.
Die Wollust/ wie sie zu dem Temperament[10] eines Poeten viel beyträget/ verleitet/ zum 4.) die meisten zu gefährlichen Ausschweifungen. Sie vergaffen sich in die Schönheit der Geschöpfe/ und vertiefen das Gemüth in deren ergetzlichen Eigenschaften/ ohne an den Schöpfer zu gedencken. Die Fabel von Pygmalion wissen viele; verstehen aber nicht/ daß sie zu ihrer Lehre erfunden worden. Pygmalion trug einen unvernünftigen Haß wieder die Weibs-Personen/ und wurde so erbärmlich gestrafft/ daß er sich in eine Statue verlieben muste. Ein so todtes Wesen beten fast alle Poeten an. Frauenzimmer soll man tugendhafft lieben; aber solche Liebe hassen sie/ und verehren Bilder ohne Seele oder Tugend/ welche ihre Flavien, Sylvien, Lesbien, Selimemen, Melinden, Daphnen etc. nach ihrer Absicht sind; und weil sie also den Uhrsprung und Entzweck aller Liebe/ den höchsten GOTT hierbey nicht lieben: so müssen sie immer je mehr und mehr auf die unmäßige und schändliche Liebe der Creaturen verfallen.
Sie bauen ihren Göttinnen Tempel und Altäre auf; sie opfern ihnen/ nach [11] ihrem eigenen Geständniß/Seele und Vernunft. Ohne dieselben wissen sie nicht zu bleiben. Todt und Leben beruhet in ihrer Gewalt. Sie wünschen sich das Glück von ihren Händen zu sterben. Sie sehnen sich/ wenn keine verlangte Gegen-Liebe zu hoffen/ in den Thränen/ die sie hierüber vergiessen/ zu ertrincken; sie nennen eine Süßigkeit/wegen einer so schönen und Liebens-würdigen Person alle Marter zu erdulten; und wie sie in dieser verkehrten Liebe ihre scharfsinnigsten Gedancken ausbrüten: so äffen sie auf eine greuliche Weise der Vollkommenheit des Christenthums nach/ welches Gott im Creutze liebet/ und mitten im Elend nicht ohne Zufriedenheit ist.
Ich will ihrer ärgerlichen Redens-Arten/ welche die Abbildung ihrer geilen Gedancken sind/ nicht erwehnen. Was darinnen vor Feuer stecket/ die Wollust in andern Gemüthern zu entzünden/ wird mit solcher Lebhafftigkeit nicht ausgedrücket/ als empfunden. Selbst Tugendhafte können einige von ihren Gedichten nicht ohne Regung/ oder sonder einen harten Kampff lesen/ und zu Ende bringen. [12] So gar weit sind sie mit ihren Gedancken in das Feld der Wollust spatziert/ und haben alles auf das natürlichste abgeschildert. Welche Würckung hat nun die zarte Jugend aus dem Durchblättern solcher Bücher zu hoffen?
Durch diese höchst schädliche Liebe verfallen viele Poeten und Romanisten in die Unvernunst/ die Creaturen vollkommen zu beschreiben/ ihre Schwachheiten dem Leser zu verbergen/ und sie mit einer erdichteten Hoheit abzuspeisen. Ihre Bücher führen also zum eine der allergefährlichsten und zugleich ungereimtesten Moral ein. Das höchste Gut wird von ihnen gesucht und gepriesen/ wo es am wenigsten anzutreffen. Ihre Glückseeligkeit wird durch die Fleischlichen Begierden abgezielet/ durch reitzende Worte gelehret/ und endlich in dem Besitz der Venus erlanget. Die Unruhe/ Qvaal/ und Verdrießlichkeiten/ welche von den Lüsten der Welt nicht abzusondern/ verschweigen sie; rühmen hingegen ihr Himmelreich in solchem Leben zu finden; verfinstern den Verstand/verderben das Hertz/ und sind in ihrer Welt-Liebe recht [13] arbeitsam/ um ihre und andere Gemüther von der wahren Ruhe/ als von Gott/ gäntzlich abzuführen.
Solcher gestalt sind sie ärgere Epicurer, als vieleicht ehemals welche gewesen.
Sie sind Cynici, die allen Wohlstand verachten/und die Wollust öffentlich treiben. Sie bedienen ihre Geliebte vor den Augen aller Welt/ sie küssen sie; sie betasten ihre Glieder/ und bringen vor den Ohren derer/ die dieses lesen/ theils verblümte/ theils safftige Zoten vor. Sie verwandeln fast alle Laster in Tugenden. Doch beqvemen sie sich/ bey den Wollüstigen eine andere Moral zu schmieden als bey den Ehrgeitzigen. Bey jenen ist eine Grausamkeit/ wenn das Frauenzimmer nicht wieder liebet/ und eine wahrhaffte Tugend/ sich ihren Begierden aufzuopffern. Alles ist ehrbar; diese Liebe hat selber der Himmel erfunden; Ein Kuß verletzet nicht; sie behaupten/ daß man von solcher Liebe schreiben könne/ und schelten diejenigen vor Momus Brüder/ und Catones, welche diese Liebe zu dem schönen Geschlecht nicht vor richtig halten/ die uns ängstliche Seufzer auspresset/vor [14] die wahre Ruhe des Gemüths/ Unruhe in das Hertz einqvartiret/ Eyfersucht erwecket/ Schmertzen zeuget/ und nach demselben eine allzu empfindliche Freude zu wege bringet. Einige sind gar unvernünftig/von welchen ich oben geredet; andere aber wollen Tugendhafft scheinen/ und eine vernünftige Liebe zum Grunde legen: allein ich finde in ihren Verßen keine Wirckung der Tugend. Diese ist die Ruhe; sie melden von Marter wegen ihrer Abwesenheit. Reine Liebe verlanget zwar nach dem Geliebten; aber nicht mit brennender Sehnsucht. Ein Geist/ der in einem Hause poltert/ oder Unfrieden anrichtet/ soll ja kein guter Geist seyn; also verrathen sie durch die Wirckung ihrer Liebe/ die ühle Beschaffenheit derselben. Sie betrügen sich/ daß sie solche eine gesuchte Vereinigung der Seelen nennen. Die Schlange lieget unter den Rosen verborgen; nach und nach kriecht sie aber hervor. Wenn sie zum andern oder drittenmahl verliebte Verße an ihre Schönheit setzen/ alsdenn entwerfen sie ihre Gedancken mit Worten/ die eine gar cörperliche Vereinigung abzielen. Bey allen diesen wird der [15] Himmel angeruffen/ und die Heiligkeit Gottes schändlich gelästert. Welches nicht weniger in Hochzeit-Carminibus geschiehet/ da man ziemliche grobe fleischliche Gedancken ausläßet/ und den Allerhöchsten immer mit darunter mischet/ als ob/ weil der Ehestand erlaubet/ solche Unreinigkeiten dabey vergönnet wären. Alle Liebe muß keusch seyn und keusch ausgedruckt werden. Meine Fehler bekenne ich/ und bitte solche hertzlich ab; andrer ihre werde ich nicht beweisen/ nachdem ich ihre so genandte unschuldige Liebes-Verße nicht anführe. Wolte Gott! daß nicht alle Buchläden damit überhäuffet wären. Es ist gantz was ungemeines/ wenn ein Frauenzimmer von einer Manns-Person recht vernünftig geliebet wird/ und diese Seltenheit ist noch viel größer/ ein vernünftiges Liebes-Gedicht zu sehen: denn die vernünftig lieben/sind nicht allezeit Poeten.
Den Ehrgeitzigen heucheln sie mit einer Schreib-Art/ die nach ihrer Neigung ist. Helden und andere große Leute werden durch die Ehre/ von welcher sie ein unvergleichlich Gemählde machen/ zu allen Verrichtungen getrieben. Die Rache ist [16] süß/ und verdienet so wohl als der Ehrgeitz tausend Lob-Sprüche. Von der Demuht wissen sie nicht; Keuschheit ist ein Geist/ der zwar öffters genennet/ aber nie in ihren Schrifften gesehen wird. Sanftmuht/ Barmhertzigkeit/Friedsamkeit/ und dergleichen sind in Romanen und vielen Poeten verächtliche Laster.
Mit dieser Hendnischen auf Wollust und Ehrgeitz gegründeten Philosophie handeln sie um desto schädlicher/ weil sie zum die Sachen wieder die Wahrheit beschreiben. Keine Schönheit/ die sie abmahlen/ wird ihr selber im geringsten ähnlich seyn/ wenn man das Bildniß zu dem Original hält. Keine besitzet die gerühmte Tugenden/ und was das meiste/ so ist in keinem Ergetzen/ das sie von ihr geniessen/ die grösse der Süßigkeit und Freude noch die Beständigkeit anzutreffen/ mit welcher sie dasselbe vorstellen. So müssen junge Leute verführet werden/ Freyheiten bey Frauenzimmer zu suchen/ die sie vor unschuldig halten/ dadurch aber in die allerschuldigsten hinein fallen/ wenn sie glauben/ daß in Hände drücken/ in Hände küssen/ in Anrührung ihrer Wangen/ [17] in einem gütigen Auge/ in einem angenehmen Worte von der Schönen/ und so weiter/ eine unbeschreibliche Freude stecke/ und der Himmel auf der Erden anzutreffen. Von andern schweige ich; mich jammert vielmehr/daß ich gezwungen bin/ so viele Thorheiten von diesem sonst edlen Volcke anzuführen.
Endlich wird zum bey diesem erwehnten Mißbrauch der Poesie, dasjenige/ was sie sonsten schönes an sich hat/ gleichfals zu Gift. Die Anmuth der Worte/ die kräftigen Epitheta; die natürlichen Gleichnisse; die artigen Beschreibungen; ihre sonderbahre Erfindungen/ die Bewegungen der Affecten, und die Künste/ mit welchen sie eine Sache anfangen/ und wohl ausführen/ schleichen sich unvermerckt in des Lesers Gemüth ein/ biß sie sich dessen bemeistern/und es hinlencken/ wo sie hinwollen.
Was von den Satyren zu halten/ davon habe p. 115. & seqq. wie auch in der Einleitung meine Meinung entdecket.
So viel habe ich/ vernünftiger Leser/ sagen müssen/um demselben bekandt zu machen/ daß weder meine ehemahlige und [18] eigene Poesie, in so weit sie hierinnen gefehlet/ noch anderer ihre/ die mich zum theil verleitet/ zum Muster der Nachfolge zu nehmen. Zwar sind nicht alle Romanisten und Poeten mit einem so heydnischen Wesen angestecket; Allein die meisten. Die gar wenige vortreffliche Männer/ die ich ihrer Tugend wegen verehre/ verschweige ich billig/ damit die andern die Ausschliessung nicht öffentlich beschimpfen/ und sie mich einer Schmähung bezüchtigen mögen. Man kennet die Guten ohne meine Benennung.
Ausser diesen berührten Fehlern/ bleibt die Poesie edel/ und nicht nur annehmlich/ sondern sehr erbaulich: Wenn sie Erfindung/ Anmuth/ Kunst und Tugend beysammen führet. Sie ist zugleich nöthig/ weil sie bey vielen Gelegenheiten erfordert wird; sie schärfet das Ingenium, und hat alle dasjenige bey sich/ was ihr Monsieur Leander in seiner Wohlgesetzten Vorrede des VI. Theils der Hoffmanns-Waldauischen Gedichte beyleget/ und andere vernünftige und berühmte Männer ihr nicht absprechen.
Diese neue Gedichte/ womit ich demselben [19] aufwarte/ habe ich nun zu dem Ende wollen drucken lassen/um meine Gedancken über die Poesie, die vieleicht der studierenden Jugend nicht unnützlich seyn können/ aus Liebe hierinnen zu eröffnen. Sie sind zwar nicht alle auf dieser Hochlöbl. Friederichs-Universität/ bey meinen Neben-Stunden/ wie der Titul lautet/ sondern zum theil vorhero verfertiget worden: Ich bin aber bemühet gewesen/ alles untugendhaffte Unkraut auszugäten/ und dadurch habe ich über ein halb Alphabet von verliebten/ galanten und Satyrischen Gedichten ausgesondert. Allein ob in diesem Garten nicht hier oder dar eine kleine Nessel unter den Blumen stehen möchte/ die ich ietzo nicht erblicke/ kan ich nicht sagen; finde ich solche in Zukunft/ so will ich sie ausreissen: denn unsere eigene Gedichte lassen sich am besten beurtheilen/ wenn so viel Zeit verstreichet/ daß sie uns wie unbekandte vorkommen. Hiernechst bekenne/ daß manch Gedicht von den meinigen mit untergelaufen/ das des Drucks noch eher als die andern hätte entbehren können: weil ich viel ausmusterte/ so wurde das Werck unvermuthet zu klein; der Hr. Verleger wolte aber gern mehr als ein [20] Alphabet haben. Doch ich hoffe/ daß wenn der gütige Leser nichts ärgerliches darinnen findet/ er mir das übrige desto leichter vergeben werde. Was nun einige fremde und geschickte Gedichte in diesem Wercke anbelanget/ solche stehen vornehmen Sönnern und Freunden zu; deren Nahmen entweder ausgedruckt/ oder mit den Buchstaben bezeichnet sind. Die Einleitung zur Poesie hätte ich in übrigen gern weggelassen: weil ich keine Zeit sahe/ solche nach dem gemachten Entwurf auszuführen. Nachdem mich aber einige Freunde inständig ersuch ten/ etwas in diesem Tractat zu berühren/ was mehr den Stylum, die Gedancken und die Erfindung/ als die übrigen Stücke der Poesie angienge: so habe ich solches zwar gewagt/ auch den Vorsatz/ sie kurtz zusammen zu fassen/ gleich anfangs geheget; aber befunden/ daß es leichter/ etwas wollen als vollenden: zumahl in der Poesie, wozu man allezeit muß aufgeräumet seyn. Was ihr Entzweck ist/ wird der geehrteste Leser auf dem ersten Blat derselben sehen. Und weil solche noch nicht von andern abgehandelt worden: so werde ich mit der Zeit/ geliebt es Gott/ noch einige Bogen zu diesem unvollständigen Werck hinzufügen/ und damit meine geringe Wissenschaft in der Poesie vieleicht beschließen. Der geneigte Leser lege alles zum besten aus/ gedencke daß Fehlen menschlich/ und sich ändern vernünftig und Christlich/ und glaube inzwischen/ daß ich gern in wichtigern Dingen seyn wolte
Dessen Dienst erzebenster
Christian Friedrich Hunold/ sonsten Menantes.
Ihr Fremden fraget nicht/
Warum anitzt die treuen Preussen klagen?
Weil dieses Leid uns fast die Seele bricht/
Und ohne Thränen nicht zu sagen.
Unsre Hertzen wollen brechen/
Wenn die matten Lippen sprechen:
Daß der Preussen König todt.
Dieses Leid muß stets erschallen.
Doch so offt wir davon lallen/
Ist es neue Qvaal und Noth.
Der Weißheit Salomon/
Die Majestät von Preussens ersten Thron/
Der Schutz-Herr vor den Friedens-Stand/
Und ein August vor sein vermehrtes Land/
Der Unterthanen Lust und Leben ...
Doch Schmertzen/ was bemühst du dich/
Zu sagen/ wer der Welt den Abschied hai gegeben?
Denn alle Tugend hält in sich:
Der Nahme Friederich.
Herr/ dein Gesalbter stirbt/
Der dich unendlich liebet/
Uns lauter Heil erwirbt/
Und nie/ als itzt betrübet.
Sein gantzes Thun war Königlich.
Wir müssen seine Gnade preißen.
Uns wird allzeit unschätzbar heißen
Der theure Nahme Friederich.
Die Klage dringt nur in den Himmel ein/
Daß Friederich hat müssen sterblich seyn.
[71]
Doch Herr/ weil deine Hand
Durch Friederichs Gemüthe/
Unendlich viele Güte
Uns gnädig zugewandt:
So tragen wir Gedult.
Es fliessen tausend milde Zähren/
Ein danckbar Hertz dir zu gewähren
Vor dieses grossen Königs Huld.
Nimm solches Opffer gnädig an/
Und sende von der Sternen Bahn
Des Vaters Glück gedoppelt auf den Sohn/
Und seegne Friedrich Wilhelms Thron.
1.
Herr/ deine Güte bleibt erhoben/
Wir müssen dich bey allem Creutze loben.
Du nimmst ein unvergleichlich Gut;
Und wilst durch Friedrich Wilhelms Leben/
Durch Dessen großen Königs-Muth
Ein unvergleichlichs wieder geben.
Herr/ deine Güte bleibt erhoben/
Wir müssen dich bey allem Creutze loben.
2.
Herr Gott/ du wirst von allen Enden/
Glückseeligkeit auf unsern König senden.
Gib Ihm ein löblich Königreich/
Daß von den Mächtigsten der Erden/
Ihm keiner nicht an Größe gleich/
Sein Reich das herrlichste mag werden.
Herr Gott/ du wirst von allen Enden/
Glückseeligkeit auf unsern König senden.
Als wir in vollem Glücke lebten/
Das Friedrichs Tugend uns gebahr;
Als wir in tausend Aengsten schwebten/
Da unser König in Gefahr;
Als wir mit Freuden hörten sagen:
Die Kranckheit habe keine Noth:
So hören wir den Donner schlagen/
Daß Friederich der Erste todt.
Wie wenn in sechs und zwantzig Jahren
Ein Land in klarer Sonnen sitzt;
Kein feindlich Wetter recht erfahren;
Und denn mit eins der Himmel blitzt:
So wird ein gantzes Reich erzittern/
Da dieser hohe Fall erklingt:
Weil es das gröste von Gewittern/
Das Preussen in die Seele dringt.
Je mehr wir unser Wohl ergründen/
Das aus des Königs Liebe floß/
In welcher nie ein Grund zu finden:
Je mehr bricht unser Schmertzen loß.
Ihr Zeiten seyd zu gut gewesen/
Als daß die Nach-Welt unsre Lust/
Soll sonder unsern Jammer lesen/
Der uns durch Seinen Todt bewust.
[73]
Entkleidet euch/ belaubten Bäume!
Grün trauret nicht der Preussen Land.
Ihr Schätze der Natur seyd Träume
Vor unsern unglückseelgen Stand.
Der Himmel läßt den Frühling werden;
Uns wird das Hertz vor Schrecken kalt.
Die rauhe Zeit muß von der Erden/
Und nimt in uns den Aufenthalt.
Die Posten fliegen hin und wieder/
Und legen durch ein schwartzes Blat
Der grösten Fürsten Hertzen nieder/
Weil Friedrich sich geleget hat.
Welch klagen schallet auf der Höhe!
Das Seuffzen dringt durch jedes Thal.
Von Preussens-Wonne/ Preussens-Wehe
Gehn die Concerten allzumahl.
Wie traurig klingen doch die Glocken!
Wer fürchtet nicht den herben Thon/
Dadurch ein gantzes Reich erschrocken?
Diß Ertz klagt allenthalben schon.
Die Lufft muß unser Leiden sagen.
Man wird kein Jahr an diß Metall/
Doch länger an die Hertzen schlagen/
Ob unsers theuren Königs-Fall.
Des Hofes Seele wird gerühret/
Der Friedrichs Tugend hat gekennt.
Der Friedrichs Gnade hat verspüret/
Der noch vor Ihn von Liebe brennt.
Die Großen klagen in die Wette.
Berlin dringt mit Gewalt zur Bahr/
Und sieht auf seinem Purpur-Bette
Noch einst/ was sein Vergnügen war.
[74]
Der Unterthan kan nichts mehr sprechen;
Die Angst redt immer einerley.
Nur diß muß aus der Seelen brechen:
Daß Friederich gestorben sey.
Genug gesagt/ sich zu betrüben:
Ihr König/ der ihr aller Hertz
Und Vater biß ins Grab geblieben/
Ist auch im Todt ihr aller Schmertz.
Ihr Lebenden mögt immer weinen/
Beweint ein unvergleichlich Gut.
Denn solt' ein Todten-Heer erscheinen/
Das dreysig Jahr im Sande ruht/
Es würde mit Verwundrung sehen
Berlin in Pracht/ und Hall im Flor/
Sein Reich vermehrt/ und denn gestehen:
Dein Fürst gieng allen Fürsten vor.
Ihr Musen legt den Lorber nieder/
Cypressen stehn euch besser an.
Singt bey dem Sarge Schwanen Lieder/
Um euren König ists gethan.
Fridriciana geht im Leide/
Weil sie den Stiffter nun verliehrt/
Der sie mit Purpur und Geschmeide
Vor allen Weißheits Töchtern ziert.
Die Danckbarkeit fließt aus den Augen
In aller Wissenschafften Mund/
Der muß das Saltz der Thränen saugen/
Und machet nichts als Leiden kund.
Diß Klagen soll die Nach-Welt lesen/
Doch sonder eitler Worte Schein:
Ein König/ der so fromm gewesen/
Will fromm von uns betrauret seyn.
[75]
Der Tag/ der Ihn zur Welt gebohren/
War groß in der Zufriedenheit
Der Tag/ der Ihn zur Chur erkohren/
War noch von mehrer Herrlichkeit.
Doch dieser Tag/ der uns das Leben
Zu eben dieser Zeit verliehn/ 1
Da es der Himmel Ihm gegeben/
Ist allen Tagen vorzuziehn.
Wenn andre dieses Fest begehen
In eitler Lust/ und bloßer Pracht/
War hier der Weißheit Pomp zu sehen/
Die allen Glantz zu nichte macht.
Da hat ein Friedrich triumphiret/
So herrlich leicht kein Fürst gethan;
Und weil die Welt die Tugend zieret/
Steht Sein Gedächtniß oben an.
Wer feyrt der Todten Lebens-Tage?
Weil dieser Tugend-Tempel prangt/
Weil hier nach Weißheit eine Frage/
Wo man sie mehr als sonst erlangt/
Wird man in Reden und in Schrifften
So einer unschätzbaren That/
Dem Tag' ein Ehren Denckmahl stifften/
Da Friedrich uns geliebet hat./
Fridriciana ward gebohren/
Da man der Musen sonst vergißt/
So daß die Zeit/ die sie erkohren/
Höchst rühmlich vor den Stifter ist.
Die Weißheit bildet man in Wassen 2
Sein Heer zog damahls in das Feld/
[76]So hat er dieses Kind erschaffen
Im Harnisch als ein weiser Held.
So kondten wir glückseelig schauen
Die Feinde fern von uns bekrigt/
Den Hahn in unsers Adlers Klauen/
Der/ wenn er über ihn gesiegt/
Mit Palmen kam zurück gezogen.
Uns aber sind in stoltzer Ruh
Nur holde Tauben zugeflogen/
Die brachten uns den Oelzweig zu.
So hoch hat Friedrich uns beglücket.
Ein danckbahr Hertz vergißt es nicht.
Das gantze Reich ist noch entzücket/
Wenn es von diesem Fürsten spricht.
Verfolgte/ die Er hat geschützet/
Die rühmen Preussens Canaan/
So daß Sein Denckmahl unterstützet/
Was lebt/ und ewig leben kan.
Um Sein so Königlich bezeigen/
Da Gott voraus an Ihm gekandt/
Ließ Er Ihn wunderbahrlich steigen:
Ihm ward das Erb-Recht zugewandt.
Diß Glück war groß/ für Ihn zuwenig.
Als Chur-Fürst saß Er auf dem Thron.
Und endlich herrschte der als König/
Der in der Weißheit Salomon.
Die Welt muß zu den Wundern zehlen/ 3
Sein selbst gepflantztes Königreich.
Gott/ der die Crone seiner Seelen/
Der krönt und salbet Ihn zugleich.
Die Fürsten hatt' Er sich verbunden/
Daß sie durch Sein Verdienst gerührt/
[77]Aus Lieb' Ihm freudig zugestunden/
Was Seiner Tugend längst gebührt. 4
Was kan wohl mehr gesaget werden:
Als daß Ihn alle Welt geliebt?
Durch Liebe that Er mehr auf Erden/
Als andre durch ein Heer verübt.
Und wenn man in den schwersten Dingen
Zum öftern an zu zweifeln fieng/
Half Ihm die Gottesfurcht vollbringen/
Was über Menschen Kräfte gieng.
Ihr Großen/ diese Kunst zu lernen/
Wie Euer Scepter glücklich sey/
So wachet bey dem Glantz der Sternen/
Eh noch die Morgen-Röth herbey/
Daß Ihr ins Cabinet Euch schliesset/
Und da in tiefster Niedrigkeit
In heissen Thränen fast zerfliesset
Um Eures Landes Sicherheit.
Denn so hats Friedrich angefangen.
Aurora stund so früh nicht auf/
Als Ihm die Thränen auf den Wangen. 5
Des Himmels-Seegen folgte drauf.
Ihm ward auf Lebens-lang beschieden/
Was eines frommen Fürsten Lust:
Das Reich bekam den güldnen Frieden/
Den Himmlischen des Königs-Brust.
Kein Herr hat iemahls größre Gaben/
Kein Herr hat ein vollkommner Lob/
[78]Als unser weiser Held muß haben.
Doch wenn Ihn alles nun erhob/
Wenn aus dem allerbesten Grunde
Sein hoher Ruhm: so hörten wir
Die Demuth aus dem Königs-Munde:
Mein Ruhm ist immer/ Gott von dir. 6
Nun dieser Ruhm wird vor uns bleiben:
Die Ehrfurcht schweigt/ o König still/
Weil ihn kein Redner kan beschreiben,
Wenn er Dich würdig preisen will.
Was Klugheit/ Helden Muth erworben/
Faßt ein Geschichts-Buch kaum in sich.
Wie Du gelebt/ wie Du gestorben/
Das ist weit mehr/ als Königlich.
Wenn wir nun höchst empfindlich weinen
Um dein so gnädigs Vater Hertz:
Muß uns durch dich ein Trost erscheinen;
Du machst und linderst auch den Schmertz:
Die Hand rührt ihre schwache Glieder/
Zeigt auf den Erben deiner Cron:
Hier habt ihr einen Vater wieder 7
In meinem auserwehlten Sohn.
So sprach dein gründliches Vertrauen.
Nun Friedrich Wilhelm sey beglückt/
Der alle Tugend lässet schauen/
Die Helden Könige geschmückt.
Gott wohnte Friedrichs seinen Wegen
Mit großer Ehr und Gnade bey:
Herr! gib durch deinen Wunder-Seegen/
Daß Friedrich Wilhelm grösser sey.
1 Es ist bekandt/ daß dieser Glorwürdigste Herr die Hochlöbl. Friedrichs-Universität an Dero Geburts-Tage gestiftet und derselben Einweihung 1694. in hoher Person beygewohnet.
2 die Weißheit wird in Harnisch abgebildet/ und auf Se. Kön. Maj gedeutet/ weil Sie damahls wieder Franckreich und den Türcken Krieg führten.
3 lettres Histor. T. 19. p. 5. und Mere. Hist. T. 30. p. 3.
4 die Gratulations-Schreiben der Könige/ Chur-Fürsten etc. in germani Senceri Hof- und Staats-Schreiben.
5 daß dieser unvergleichliche König bey anbrechenden Tage sich in sein Cabinet verschlossen/ und mit solcher Inbrünstigkeit gebetet/ daß Ihm die Thränen/wenn Er heraus gegangen/ auf den Wangen gestanden/ ist dem Hoffe gar bekandt.
6 Se Königl Maj. haben im 71. Psalm den 5/ und 6. Verß zu Ihrem Leichen-Text/ aus welchen so wohl/als aus Dero gantzen Leben die Gottseligkeit Ihres Hertzens zu erkennen.
7 welches Sie vor Ihrem Ende zu den Umstehenden gethan: in dem Ehren-Gedächtniß dieses glorwürd Königes p. 20.
Der Brennen ächter Fürst/ der als das Schwerdt gezückt/
Mit zweyen Cronen kriegt/ und dennoch drey gebückt 1
Er sitzt mit oben an auf aller Helden Throne/
In seinen Thaten groß/ doch grösser in dem Sohne.
1 die Schwedische drey Cronen/ als Er auch mit Franckreich Krieg führete.
Sechs Thaten müssen Dich/ O Held/ unsterblich machen:
Ein Königreich/ das nichts/ als Deine Tugend baut;
Dein Canaan/ in dem verfolgte Fremden lachen;
Dein Glantz/ der hier zu erst die hohe Schul beschaut;
Die Siege/ die Dein Arm und tapfres Volck erstritten/
Der Zuwachs/ den Dein Reich hat unter Dir gespürt/
Dein königliches Thun/ die Majestät der Sitten/
Die Weis- und Herrlichkeit/ die Salomon geziert.
Vor diese sechse mag ein andrer tausend rahten:
Sechs solche sind noch mehr/ als Millionen Thaten.
Der Himmel gab uns Dich/ die Tugend dir ein Reich.
Dem Himmel geben wir für dich die Hertzen wieder.
Der Tugend giebst du dich/ der Wahlspruch folget gleich:
Gott/ Tugend/ König/ Wir/ das Seine kriegt ein ieder.
Dein Degen/ und dein Muht/ die uns in Ruh gesetzt
Die Weißheit/ Liebe/ Kunst und Klugheit zu regieren/
Verfolgter Trost und Schutz/ sind was Gott werth geschätzt/
Daß Held und König dich die Crone muste zieren.
Die Tugend sprach ohnlängst: Du Zweig der Obetritten/
Ich ruhe nicht/ biß dir der alte Thron erstritten.
Zum Helden wehlte sie Dir Preussens Majestät
Und deiner Sonnen Glantz dem Adler zum Magnet.
Printz voller Geist und Muth
Held/ wo des Brennus Blut
Und Friedrich Wilhelms Gaben
Die Auferstehung haben.
1.
Wenn der Canonen Donner knallt/
Wenn Paucken zu Trompeten klingen/
Wenn Millionen Lob erschallt/
Ein gantzes Königreich will singen;
Wenn sich der Lüffte Thon vermehrt/
Vom Jauchzen über Friedrichs Leben/
Und niemand meinen Jubel hört/
Wird mir Gehör der Himmel geben.
2.
Es streite Preussen mit der Welt/
Ob seinem Herrscher welche gleichen.
Es geben ihm so Hoff als Feld
Die Welt-berühmten Sieges Zeichen;
Es zehle seiner Thaten-Heer;
Sein Eyfer wird doch nichts erlangen/
Als daß es nun und nimmermehr
Satt preiset/ was es angefangen.
3.
Denn Gottes Huld ist allzugroß:
Wenn um und um Carthaunen blitzen;
Wenn aller Länder Unglück loß;
So können wir in Frieden sitzen.
Zwar Friederich hat seinen Feind/
Den kan sein Helden Arm erschrecken;
Doch die in seinem Reiche seynd/
Will Er durch Adlers Flügel decken.
[6] 4.
Diß preise mehr als Preußens Reich.
Auch ferne Länder mögens loben.
Den Erben rühme man zugleich/
In dem wir viele große Proben
Von Friedrich Willhelms Geiste sehn.
Unsterblich ist dein Hauß O König!
Der Himmel spricht/ es wird geschehn/
Und dennoch sagt ihr noch zu wenig.
5.
Wir wissen freylich deine Treu/
O höchster Gott nicht aus zu drücken/
Da des Gesalbten Leben neu/
Durch welchen du uns willst beglücken.
Drum preiß ich alle Wunder nicht/
Durch welche wir im Seegen prangen/
Nur ehr' ich dieses große Licht/
Das allen Musen aufgegangen.
6.
Da die Gelehrten hoch im Wehrt/
Die Kirch und Regiment verwalten/
Hat einst diß Königreich begehrt/
So einen Fürsten zu erhalten/
Der Land und Schulen herrlich macht.
Der Himmel sprach: Er sey erkohren
Drauf wurde Preußens Heil und Pracht/
Und auch der Musen Fürst gebohren.
7.
Es jauchze das beglückte Land/
So daß es in die Wolcken dringet!
Der Himmel rief: Es sey bekand/
Daß dieser Fürst mein Wohlseyn bringet.
Drauf ward er durch desselben Rath
Zum Erb-Printz unverhofft erlesen.
Der Chur-Hut/ war die andre That/
Daß Gott mit Ihm und uns gewesen.
[7] 8.
Der sprach: erbaue zum Behuf
Der Wissenschafft und Tugend Tempel/
Am Tage/ da ich dich erschuf;
Und sey ihr Vater und Exempel.
Fridriciana ward erzeugt/
Die Tochter eines weisen Helden.
Wie ihr sein Vater Hertz geneigt/
Wird heut ihr triumphiren melden.
9.
Da Gott nun unserm Salomon/
Mit Weißheit alles Heil gegeben/
So gab er Ihm auch Preußens Thron
Als König wohl-verdient zu leben/
Weil er Verfolgte hat geschützt/
Vor Gott ein frommes Hertz getragen/
Durch sich die Tugend unterstützt/
Sein Land geliebt/ den Feind geschlagen.
10.
Nun unser weiser König lebt!
Ihr Engel nehmet unsre Lieder/
Weil ihr vor Gottes Throne schwebt/
Legt da diß schlechte Dancken nieder.
Lobsinget jetzt mit uns dem Herrn/
Und laßt die Engels-Stimmen hören:
Ihr habet Euren König gern?
Gott wird sein Reich und Leben mehren.
Du Welt-gepriesenes Berlin/
Erlauchter Sitz der Herrlichkeiten!
Dein Glantz ist allen vorzuziehn/
Und deinem Glücke nichts zur Seiten.
Die Freude stimmt auch heute bey:
Daß alles unvergleichlich sey.
Dein Thron ist Salomonis Thron/
Dein König jenem gleich erlesen;
Nur daß er glücklicher im Sohn
Als ehmahls Salomo gewesen:
Voraus da dieser Sohn anitzt/
Den Thron mit einem Erben stützt.
In Adlers Blut ist Krafft und Geist/
Denn solches steiget zu den Sternen/
Wie es dein Cron-Printz dir verheist/
Der seinem Vater folgen lernen:
Und der/ nach welchem Er sich nennt/
Von Friedrich Wilhelms Tugend brennt.
Du bist der große Königs-Sitz/
Die Weißheit wohnt in deinen Gassen.
Allein/ weiß deiner Redner Witz/
Dein Glück in Worten abzufassen/
Dein Glück das sich/ wie sehr es blüht/
Auf künfftig schon befestigt sieht?
[9]
Gewiß der Himmel der dich liebt/
Und dir in deines Königs Leben/
So große Gnaden-Zeichen giebt/
Will Ihm itzt einen Enckel geben:
Damit Sein Reich/ das ungemein/
Zugleich unendlich möge seyn.
Betrachte deinen Zustand nur/
Und sieh/ wie manche Häuser sterben;
Da dir hingegen deine Chur
Hat Kronen wissen zu erwerben.
Da Friedrich deinen Thron erhöht;
Indeß daß mancher untergeht.
Ja da viel unbeerbet sind/
Läst Gott dir Lebens-Erben schauen.
Dein Friedrich siehet Kindes-Kind/
Was Er gebauet/ fort zu bauen.
Worinnen Ihm kein König gleich;
Als der nur aus dem Liljen Reich.
O komm/ und eile zum Altar/
Dem Höchsten dafar Danck zu sagen!
Der mach' auch allen Glückwunsch wahr/
Den wir für dich im Hertzen tragen!
Dein König/ Cron-Printz und sein Hauß.
Sey groß/ und sterbe nimmer aus.
Wem gleichet/ theurer Printz/ dein Geist und Helden Blut?
Achilles Tapferkeit/ Wilhelms des Grossen Muht/
Dem weisen Friederich/ der den berühmten Thron
Durch seine Tugend baut/ den allen gleicht der Sohn.
1.
Nimm Heldenmüht'ger Printz den Degen freudig an/
Ihn giebt ein Brennus-Held/ von dem man sagen kan:
Dein Degen habe nun so einen auch gefunden/
Mit Klugheit/ Tepferkeit/ mit Glück und Ruhm verbunden.
2.
Er giebt ihn/ Großer Printz/ nicht daß dein tapfrer Muht
Ihn in die Feinde jagt/ darzu ist deiner gut.
Nur die Unsterblichkeit sucht ihn wo aufzuhangen/
Und zwar an schönsten Ort/ drum hast du ihn empfangen.
3.
Er hat den Feind erlegt/ den festen Wall besiegt/
Verfolgte hochgeschützt/ und vor das Recht gekriegt.
Kein grösseres Geschenck kan dir verehret werden/
Kein größrer Held ist auch vor solches auf der Erden.
Liebe.
Du wilst Eugenium und Marlboroug begleiten?
Renom.
Weil gleich und gleich sich liebt/ und in Gesellschafft geht.
[11] Liebe.
Das Treffen ist zu hart.
Renom.
Recht/ wo der Cron-Printz steht/
Sey Blut/ Ermorden/ Dampf und Rauch auf allen Seiten.
Liebe.
Sein Leben letzt mich mehr/ als aller Sieg erqvickt.
Renom.
Ein Leben ohne Sieg hält Preussens Printz verlohren.
Liebe.
In großen Thaten ist zwar Friederich beglückt.
Renom.
Und Friedrich Wilhelm wird/ nur groß zu seyn/ gebohren.
Der Tugend Recht und Tapferkeit
Erregten einen edlen Streit/
Wer unter beyden wohl den König meist beglücket.
Nachdem sie Thaten gnug gethan/
Griff Moers des Königs Tugend an/
Die ohne Preussens Blut sich gleich zum Füssen bücket.
Wo der von Dessan sicht/ da spritzt der Feinde Blut.
Durch alles Feuer geht mit ihm der Preußen Muht;
Daß ihm der lange Krieg viel tausend Palmen bindet.
Die Tugend sprach: Er hat sich tapfer gnug erzeigt/
Das Ende sey gekrönt. Worauff er Möers ersteigt/
Und seines Königs Recht mit Klugheit überwindet.
im Nahmen eines andern.
Welch ungemeiner Glantz will unsre Brust bestrahlen/
Welch Sonnen-reines Licht mag unsre Felder mahlen/
Und füllt durch seinen Schein das Chur- und Fürsten-Hauß!
So rief Hanover jetzt mit seinen Landen aus.
Wie? sprach die Tugend drauf/ die mit zurück gekommen/
Ist dein Erlauchter Held dir aus der Brust genommen/
Da Ihn des Reiches Noth aus deinen Augen trennt?
Nein/ nur die Freude fragt/ die keines gleichen kennt.
Die Freude weiß sich nicht vollkommen auszulassen/
In Augen/ Schoß und Land den Fürsten einzufassen/
Der dich zu reicher Lust und höchstem Ruhm gebracht/
Und als ein Salomon vor deine Ruhe wacht.
Diß ist/ beglücktes Land/ der Chur-Fürst von den Welfen/
So dir zu allem kan durch Seine Klugheit helffen;
Er hält den Feind zurück/ denn kommt Er/ daß Er sieht/
Ob noch die güldne Zeit in seinen Landen blüth.
Komm/ Großer Fürst und Herr/ betrachte diese Gaben/
Die wir von deiner Hand und weisen Anstalt haben.
Vernim/ wie sich dein Lob in allen Stücken zeigt/
Das weder Berg noch Thal/ noch Land und Stadt verschweigt
Die Berge sind beglückt/ und mehr als Pindus Höhen/
Ob gleich die Musen da mit ihren Liedern stehen:
Weil man den Uberfluß (davon die Muse lebt
Und der/ so sie beschützt) in ihren Klüfften gräbt.
Die Thäler blühen auch von angenehmer Weide;
Das Wild bewohnt den Wald; das Feld trägt sein Geträyde;
Die Brunnen geben Saltz; die Weser ist beschifft,
Man sieht/ daß alles hier des Himmels Seegen trifft.
[13]
Die Themis heißt die Ruh in unsern Städten bleiben;
Die Ruhe macht/ daß man kan sein Gewerbe treiben.
Und diese Ruhe wächst/ weil deine Klugheit blüth/
Und auf Magneten Art die Wohlfarth an sich zieht.
Mars eifert zwar mit uns/ und hat sich stets gepriesen/
Daß er dir auch den Weg zur Ewigkeit gewiesen.
Wahr ist es/ was dein Hauß/ dein Helden Hauß gethan/
Dein unerschrockner Muth/ das schreibt man ewig an.
Allein/ das ist vielmehr: Wenn deine große Güte/
Dein allzeit kluger Rath/ Dein väterlich Gemüthe/
Und was sonst unsern Staat vor anderen erhebt/
Als wie Trajani Ruhm an allen Orten lebt.
In diesem Stande hast du Herr uns angetroffen.
Wir waren recht beglückt/ und konten nichts mehr hoffen/
Als deine Gegenwart/ die uns nunmehr ergetzt/
Und die Vollkommenheit zu unsrer Wonne setzt.
Wir können nichts als dis zu unsrem Wohl erdencken:
Der Himmel wolle dir auch das Vergnügen schencken/
Daß dich Dein treues Land mit Ehrfurcht so erfreut/
Als du dasselbe hast mit Freuden überstreut.
Daß deiner Jahre Zahl die Stuffen mag ersteigen.
Worauff sich Ehr und Ruhm und deine Klugheit zeigen.
Daß/ wie die Tugend dir des Glückes Thron gebaut/
Sich dein Erlauchtes Hauß noch mehr als Fürstlich schaut;
Daß/ Gott erhöre doch den Wunsch getreuer Hertzen/
Wir unter Dir noch mehr im Glück und Friede schertzen/
Daß Du der Vater bleibst/ (ihr Sternen stimmt mit ein/)
Wir aber länger noch Augusti Kinder seyn.