Richard, ein alter reicher Mann vom Lande.
Jungwitz, ein junger wohlhabender Mensch vom Lande.
Jacob, Jungwitzens Bedienter.
Laconius, ein Philosoph.
Frau Praatgern, eine Bürgerswittwe.
Charlotte, Richards vorgegebene Tochter.
Leonore, der Frau Praatgern vorgegebene Tochter.
Cathrine, die Bediente der Frau Praatgern.
Cathrine. Jacob.
JACOB.
Nun! ist denn hier kein Mensch zu hören noch zu sehen?
Wie lange sollen denn die Herren draussen stehen ?
Es regt und rührt sich nichts. Bediente! Mägdchen! He!
CATHRINE hinter der Scene.
Nun! nun! wer ist denn da? Geduld! wir trinken Thee.
JACOB.
Hier ist Besuch.
CATHRINE hinter der Scene.
Es wird kein Mensch hier angenommen.
Wer uns besuchen will, mag den Neujahrstag kommen.
Soll meine Frau denn stets geputzt im Hause gehn?
Und im Alltagshabit läßt man sich doch nicht sehn.
Sie kömmt heraus.
Mein Freund, es ist schon gut. Wem dient ihr? darf ich fragen?
Die Frau ist nicht recht wohl, ich will es ihr schon sagen.
JACOB.
So hoff ich, daß man doch die Jungfer sehen kann.
CATHRINE.
Wie? Jungfern? nehmen die auch Mannspersonen an?
Nein! Gott bewahr uns!
JACOB.
Nun! ist das ein solch Verbrechen?
Sie darf doch wenigstens den eignen Vater sprechen.
CATHRINE.
Was? ist Herr Richard hier? der Jungfer ihr Papa?
JACOB.
Ja! und es ist mit ihm noch jemand anders da,
Vor dem die Jungfern sonst nicht, Gott bewahr uns, sagen.
[286]CATHRINE.
Nun! sagt doch, wer denn?
JACOB.
Wie? ist da noch viel zu fragen?
CATHRINE.
Die Herren seyn so gut, und treten nur herein.
Denn meine Frau ist wohl, und wird nicht lange seyn.
Richard. Jungwitz.
RICHARD.
Es sind nun zwanzig Jahr, da bracht ich von dem Lande,
Hier meine Tochter her in meinem Wittwerstande.
Denn diese Bürgersfrau hab ich vorher gekannt:
Sie hat auch allen Fleiß auf ihre Zucht gewandt.
Nun werd ich sie doch sehn. Man hat es mir geschrieben,
Das ist ein englisch Kind, das Mägdchen muß man lieben.
Mein Herz klopft schon in mir vor lauter Lust, Herr Sohn.
JUNGWITZ.
Und meins vor Ungeduld. Mich dünkt, ich liebe schon.
RICHARD.
Sie hat ein schön Gesicht und Augen, die recht brennen.
JUNGWITZ.
Vom Vater wird sie die nicht anders haben können.
RICHARD.
Er schmeichelt: doch im Ernst, man sagt, sie sieht, wie ich.
JUNGWITZ.
Wenn sie noch besser sieht, ist es nicht schlimm für mich.
RICHARD.
Sonst ist sie Meisterin in allen Wirthschaftssachen.
Herr Jungwitz, sie wird ihm recht gute Süppchen machen.
JUNGWITZ.
So viel verlang ich nicht von ihrer eignen Hand.
RICHARD.
Hat, was sie schreibet, gleich nicht allemal Verstand:
Wenn sie mir Briefe schreibt; so sind es lauter Sprüche.
Und in der Rechenkunst versteht sie gar die Brüche.
JUNGWITZ.
So hat sie viel gelernt?
RICHARD.
Gelernt? mehr als genug.
Jetzund erzieht man fast die Mägdchen gar zu klug.
Sie müssen sich den Kopf mit tausend Zeug zerbrechen.
Das dächt er nicht einmal: Drey Sprachen kann sie sprechen.
JUNGWITZ.
Doch, ist sie auch belebt, und spricht mit jedermann?
RICHARD.
Ey! das versteht sich wohl, wenn sie drey Sprachen kann.
JUNGWITZ.
Und spricht sie mit Verstand?
RICHARD.
Das weiß ich nicht so eben.
Doch sagt man, sie versteht, recht nach der Welt zu leben.
Sie spielt, sie putzt sich gut, sie trägt sich mit Manier,
Und klimpert über das recht schön auf dem Clavier.
JUNGWITZ.
Ach! wie bin ich vergnügt! Ich schließ aus allen Sachen,
Sie ist nach meinem Wunsch, und wird mich glücklich machen.
Das Hauptwerk einer Frau ist nicht der Fleiß allein.
Zum Umgang nehm ich sie, nicht um bedient zu seyn.
[287] Zwar viele freyen so, wie man Gesinde miethet,
Und wählen eine Frau, die nur das Haus wohl hütet,
Die man zur Rechenschaft für alle Sachen zieht,
Und die, sobald man winkt, uns nach den Augen sieht.
Doch ich ...
RICHARD.
Ihr junges Volk sprächt gern, wie kluge Leute,
Und wißt doch alles nur seit gestern oder heute.
Wenn er nur eine Frau, die ihn hübsch pfleget, hat:
Der Umgang dient zu nichts, davon wird man nicht satt.
Laß er dem grossen Volk den Wind von Complimenten;
Da thun oft Mann und Frau, als ob sie sich nicht kennten.