Es ward von unsern Vätern mit treue uns vermacht
Die Sage, wie die Väter sie ihnen überbracht,
Wir werden unsern Kindern vererben sie auf's neu,
Es wechseln die Geschlechter, die Sage bleibt sich treu.
A.v. Chamisso.
Als im Jahre 1817 die Gebrüder Grimm dem deutschen Volke ihre Sammlung deutscher Sagen überlieferten, da leiteten sie dieselben mit den Worten ein: »Es wird dem Menschen von Heimathswegen ein guter Engel beigegeben, der ihn, wenn er in's Leben auszieht, unter der vertraulichen Gestalt eines Mitwandernden begleitet; wer nicht ahnt, was ihm Gutes dadurch widerfährt, der mag es fühlen, wenn er die Grenze des Vaterlands überschreitet, wo ihn jener verläßt. Diese wohlthätige Begleitung ist das unerschöpfliche Gut der Märchen, Sagen und Geschichte, welche neben einander stehen und uns nach einander die Vorzeit als einen frischen und belebenden Geist nahe zu bringen streben.« Der allgemeine Beifall, mit dem das deutsche Volk diese erste ungeschmückte Sammlung vaterländischer Sagen begrüßte, zeigt am Besten, wie wahr jene Worte waren, aber erst lange nachher (1835) führte Jacob Grimm durch seine Deutsche Mythologie den Beweis, wie ohne eine möglichst vollständige Zusammenstellung der in den verschiedenen Theilen unseres großen Gesammtvaterlandes noch bewahrten Localsagen ein vollständiges System der altgermanischen Religion nicht aufgestellt werden könne, weil erst durch die von ihm und seinem Bruder gegebene Anregung zur vaterländischen Sagenforschung auch von anderer Seite her Material zu jenem classischen Werke herbeigeschafft ward, welches wir eben erst wieder in einer viel vermehrten und verbesserten Ausgabe (d.h. als Abdruck der zweiten von 1844) vor uns liegen haben. Ist aber der rein wissenschaftliche Nutzen, welchen die Sagenforschung, insofern jeder Sage ein wirkliches Factum zum Grunde liegt, dem Alterthumsforscher und Historiker gewährt, an sich schon Grund genug, warum dieselbe nach besten Kräften gepflegt werden muß, so wird sich auch noch eine so zu sagen moralische Nothwendigkeit zu ihrer Empfehlung herausstellen, insofern die Sage unbezweifelt als Nährerin und Pflegerin der Vaterlandsliebe betrachtet werden darf. Darum hat man auch den früher so verschrieenen Vater der Baierschen Geschichte, Aventinus, erst in neuerer Zeit so hoch schätzen gelernt, weil [4] er fast der einzige Geschichtschreiber der drei letzten Jahrhunderte ist, der seine Quellen nicht blos in trockenen Urkunden und Jahrbüchern, sondern auch in den mündlichen Ueberlieferungen der Nation suchte, während ein späteres Geschlecht dieselben vornehm verachtete und dadurch die Geschichtschreibung ihrer romantischen Arabesken beraubte. Denn diesen Namen verdienen unsere Sagen, da in ihnen ein ganzer Schatz frischer Volkspoesie verborgen liegt, und seitdem die moderne Aufklärung, das nüchterne Princip der Negation, dem Volke seine Wunder- und Märchenwelt geraubt hat, seitdem mit den alten Volksbüchern auch der alte Aberglaube vertrieben wurde, ist die alte Gemüthlichkeit, Treue und Glaube im Volke um Vieles seltner geworden. Der modernen Bildungsperiode aber, die über Alles Auskunft zu geben sich vermißt, die das Gräschen wachsen hört, die das gemüthvolle Leben deutscher Vorzeit verhöhnt, ist gleichwohl Eins nicht möglich, sie kann keine echten Volkssagen erfinden, denn es mangelt ihr die wahre Poesie. Doch das deutsche Volk hat sich nicht so leicht seine Sagen nehmen lassen, es hängt so fest an ihnen wie an der Scholle, worauf es geboren ist, und darum haben sich auch noch so zahlreiche Reste alter Gebräuche, Sitten und romantischer Traditionen erhalten, daß wir fast von den meisten deutschen Ländern mehr oder weniger vollständige Sagensammlungen vor uns haben. Es kann hier nicht der Ort sein, ein vollständiges Verzeichniß dieser in neuerer Zeit täglich zusehends anwachsenden Literatur zu geben, ich beschränke mich nur darauf, zu bemerken, daß außer den Gebrüdern Grimm neuerdings Bechstein die bedeutendsten Sagen unseres gemeinsamen Vaterlandes zusammenzustellen suchte, während speciell den Sagenschatz von Thüringen und Franken der letztgenannte Gelehrte, den rheinischen Simrock, den elsässischen Stöber, den niederländischen und niederdeutschen Wolf, Schwartz und die Gebrüder Colshorn, den schleswig-holsteinschen Müllenhoff, den preußischen Tettau und Temme, den märkischen Temme und Kuhn, den schwäbischen Schwab und Meyer den badischen Schnetzler und Baader, den baierschen Panzer und Schöppner, den des Harzes Pröhle etc. mit großem Fleiße zusammen trugen und so die Strebepfeiler des einstigen Rundbaues deutscher Sagenvergleichung aufführten. Freilich fehlt zur Vollendung desselben noch mancher Stein, weil, abgesehen davon, daß einige neuerlich angelegte Sammlungen, wie z.B. die über Luxemburger, Mecklenburger, Anhaltiner etc. Sagen durch Beimischung [5] fremder Zuthaten verballhornt wurden, ganze Staaten, wie z.B. Oestreich, Sachsen etc. bis jetzt noch fast gar nicht vertreten sind, allein die Gründung eines förmlichen Organs für unsere Wissenschaft durch J.W. Wolf's treffliche Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde (Göttingen 1853) hat diesem Studium einen neuen Impuls gegeben, der hoffentlich bald die bisher noch fühlbaren Lücken auszufüllen streben wird.
Darum übergebe ich denn auch hiermit dem deutschen und vorzugsweise dem sächsischen Volke einen kleinen Beitrag zur Vervollständigung des großen Cyclus seiner Nationalsagen, indem ich, was ich seit langer Zeit, freilich anfangs zu einem andern Zwecke (zur allgemeinen Sagenvergleichung), über die Sagen des Königreichs Sachsen zusammengebracht habe, veröffentliche. Ich kann sagen, daß meine Arbeit, so mangelhaft sie auch vielleicht sein mag, jedenfalls der erste Versuch ist, die sächsischen Sagen in ihrer ursprünglichen Form, so wie dieselben in Chroniken und Zeitbüchern, sowie in andern Werken und im Munde des Volks erhalten sind, wiederzugeben. Darum vermeide ich es auch, hier weitläufiger von den von mir benutzten Quellen zu sprechen, da dieselben bei jeder einzelnen Sage angegeben sind, nur das will ich erwähnen, daß wesentliche Vorarbeiten nicht existiren, denn die Werke von W. Ziehnert (Sachsens Volkssagen. Annaberg 1838-39. III. 8. 1851. 8.) und Ad. Segnitz (Sagen, Legenden, Märchen und Erzählungen aus der Geschichte des sächsischen Volkes. Meißen 1839-54. II. 8.) können, weil sie in gebundener Rede abgefaßt sind, nicht als solche betrachtet werden, wären sie selbst, was eben ihrer Form wegen nicht möglich war, vollständig. Außerdem hat sich besonders Ziehnert vielfacher, unverzeihlicher Abweichungen und Veränderungen der einzelnen Sagenstoffe schuldig gemacht, was bei Segnitz, der sich einer möglichst treuen Auffassung derselben befliß, nicht der Fall ist. Indeß gilt von der poetischen Behandlungsweise der Volkssagen das Urtheil, welches Grimm, Deutsche Mythologie. (II. Ausg.) S. XII. über die Behandlung der Sagenstoffe in folgenden Worten gefällt hat: »Die Volkssage will aber mit keuscher Hand gelesen und gebrochen sein. Wer sie hart angreift, dem wird sie die Blätter krümmen und ihren eigensten Duft vorenthalten. In ihr steckt ein solcher Fund reicher Entfaltung und Blüte, daß er auch unvollständig mitgetheilt in seinem natürlichen Schmuck genug thut, aber durch fremden Zusatz [6] gestört und beeinträchtigt wäre. Wer diesen wagen wollte, müßte, um keine Blöße zu geben, in die Unschuld der ganzen Volkspoesie eingeweiht sein, wie der ein Wort zu ersinnen ausgienge, in alle Sprachgeheimnisse etc.« Uebrigens haben beide Herren Verfasser ihre Aufgabe von ihrem Gesichtspunkte aus glücklich gelöst, und die von ihnen gewählte Form hat neuerlich noch an Schöppner (Baiersches Sagenbuch I. S. XI.) einen warmen Vertheidiger gefunden, allein jedenfalls habe ich mit ihnen, da sie überdem einen ganz andern Zweck verfolgen, durchaus keine Vergleichung zu scheuen und bemerke nur noch, daß mir des Herrn Rentamtmann Dr. Preusker treffliche Blicke in die vaterländische Vorzeit (Leipz. 1841. III. 8.) von besonderem Nutzen gewesen sind, wie denn auch die Sammlung Lausitzer Volkssagen von Gräve (Bautzen 1839. III Hefte. 8.) stets eine der Hauptquellen für diesen Theil Sachsens bleiben wird 1 , während wiederum Hager in seinen Voigtländischen Sagen (1839-40. II Hefte. 8.) seine Stoffe poetisch behandelt und darum für die critische Benutzung fast unbrauchbar gemacht hat. 2 Sonst haben Herr Dr. Wilhelm Schäfer hierselbst, durch seine Forschungen über sächsische Geschichte rühmlichst bekannt, und der bekannte Lyriker, Herr Professor J. Schanz die Güte gehabt, mich mit verschiedenen schätzbaren Notizen zu unterstützen, wofür ich ihnen hiermit pflichtschuldigst danke. Zu bedauern ist es, daß der bekannte Dresdner Geistliche Hilscher, der zu Anfange des vorigen Jahrhunderts verschiedene Monographieen über hier einschlagende Gegenstände veröffentlichte, aus übel angebrachter Aufklärungswuth Vieles, was er wußte und seitdem verloren gegangen ist, ganz verschwieg, und das, was er mittheilte, aus Zelotismus verdrehte und verdarb. Was endlich die Einrichtung meines Werkes selbst anlangt, so habe ich gewissermaßen als Einleitung des Ganzen einige sich an den Namen der Sachsen knüpfende Sagen vorausgeschickt, die zwar speciell nicht auf das heutige Königreich Sachsen Bezug haben, aber doch nicht füglich wegzulassen sind, schon weil [7] sie ein treues Bild des alten naiven Chronikenstyls geben; auf diese habe ich einige das sächsische Fürstenhaus betreffende Traditionen folgen lassen und dann die übrigen Sagen, nach den Kreisdirectionen geordnet, hinzugefügt; am Schlusse des Werkes werden einige Anmerkungen verschiedene Stellen im Texte erläutern, und hoffe ich, daß die geehrten Leser, wenn sie berücksichtigen, wie viele Bücher durchgelesen werden mußten, ehe gegenwärtiges Werk entstehen konnte, etwa noch gelassene Lücken nachsichtig beurtheilen werden.
Dresden, den 25. November 1854.
1 Dies ist ein Irrthum. Neuerdings hat Hr. Dr. Haupt in seinem trefflichen Sagenbuche der Lausitz, einer gekrönten Preisschrift (Lpzg. 1862. 2 Bde. m. Nachtr. im N. Laus. Mag. Bd. 41 u. 44.) nachgewiesen, daß Gräve viele Sagen durch fremdartige Zusätze verballhornt hat. Folglich kann man eigentlich jetzt nur Haupt folgen.
2 Diese Lücke ist jetzt ausgefüllt durch: J.A.E. Köhler, Volksbrauch, Aberglauben, Sagen etc. im Voigtlande. Lpzg. 1867 in 8. – R. Eisel's Sagenbuch des Voigtlandes. Gera, 1871 in 8. betrifft das sächsische Voigtland nicht.
Im Laufe von 19 Jahren, denn soviel Zeit liegt zwischen der ersten und dieser zweiten Auflage, ist im sächsischen Volke trotz mancher äußerer politischer Veränderungen die Liebe zum sächsischen Vaterlande nicht geringer geworden und darum hoffe ich auch, wird diese neue Auflage meines sächsischen Sagenschatzes, der bei seinem ersten Erscheinen so viele Freunde fand, gewiß mit Freude begrüßt werden. Derselbe ist im Ganzen ziemlich unverändert geblieben, nur sind als weniger passend die in der ersten Auflage die Einleitung bildenden allgemeinen Sagen über den Ursprung der Sachsen weggelassen worden, weil dieselben eigentlich auf unser spezielles engeres Vaterland keinen Bezug haben. Dafür ist eine große Anzahl anderer Sagen, namentlich Dresden und Leipzig betreffend, hinzugekommen, überhaupt sind mehrere Sagen der ersten Auflage nochmals durchgesehen und überarbeitet worden. Einzelne etwas modern gehaltene Sagen der ersten Auflage hätte ich gern geändert, allein da es zufällig solche waren, welche mir von Andern mitgetheilt worden, z.B. von dem zu früh verstorbenen (1874) Dichter Kauffer, glaubte ich aus Pietätsgründen verbunden zu sein, sie so, wie sie ursprünglich geschrieben waren, auch beibehalten zu müssen. Für die historische Begründung mich bei einigen Sagen verantwortlich zu machen, wird wohl Niemandem, der überhaupt ein Verständniß für Sagen hat, einfallen: ich habe eben zusammengestellt und nacherzählt, was mir mitgetheilt ward, ohne weiter groß zu untersuchen, in wieweit der mir zugekommene Stoff einen Fond hatte oder nicht. So ist es gekommen, daß auch einige offenbar erst neugemachte Sagen in meine Sammlung sich eingeschlichen haben, z.B. Nr. 520. Durch Versehen ist eine andere Sage (Nr. 13) doppelt erzählt worden (Nr. 598). Für letztere will ich gleich hier noch eine mir neuerlich erst [8] bekannt gewordene einschalten 1 . Noch muß ich hier dem Hrn. Pastor Dr. Haupt zu Lerchenborn bei Liegnitz und Hrn. Oberlehrer Scholze in Bautzen, sowie Hrn. Dr. Löbe in Rasephas für die mir gemachten Mittheilungen meinen besten Dank sagen.
In Bezug auf den bei dieser neuen Auflage hinzugekommenen Anhang, die Sagen des Herzogthums Sachsen-Altenburg, habe ich zu bemerken, daß ich es für passend fand, um mein Buch abzurunden, diese allerdings nicht sehr reichhaltige Sammlung hinzuzufügen, weil gerade dieser Theil des deutschen Vaterlands bisher von den neuern Sagenforschern noch wenig berücksichtigt worden war, denn Greß in seinen Holzlandsagen und Eisel in seinem Voigtländischen Sagenbuche hatten die Altenburgischen Sagen nur in soweit, als es der Plan ihrer Arbeiten verlangte, in ihren Bereich gezogen. Freilich ist das Herzogthum Sachsen-Altenburg überhaupt arm an Sagen, weil das einheimische Volk, Slaven, mißtrauisch gegen ihre deutschen Bezwinger, gegen diese wohl absichtlich nicht mittheilsam in Bezug auf ihre nationalen Mythen waren. Vieles haben auch die verschiedenen religiösen Richtungen, in welche man namentlich die Dorfschullehrer hineinlenkte, seit Ende des vorigen Jahrhunderts gänzlich vernichtet. Auch die Geschichts- und Alterthumsforschende Gesellschaft in Altenburg hat ihre höchst verdienstvollen Forschungen lediglich der reinen Geschichte gewidmet und sich gerade dieser Branche nicht angenommen, weshalb mein Versuch in dieser Beziehung, als der erste, wohl Entschuldigung finden dürfte und Andern Anregung und Veranlassung geben soll, weiter zu sammeln und meine Sammlung nur als Grundlage zu betrachten.
Dresden, den 1. Junius 1874.
Dr. J.G. Th. Gräße.
1 In Dresden auf der Ostraallee Nr. 3 befindet sich das königliche Hofwaschhaus für die Leibwäsche JJ. Majest., (nicht zu verwechseln mit dem Hofwaschhaus für die königl. Tafelwäsche auf der Sophienstraße), welches an der Stelle eines frühern Mönchsklosters errichtet worden ist. In diesem soll es angeblich umgehen, man hört des Nachts vielen Lärm mit Thürenwerfen, scharfen Tritten wie von geharnischten Personen etc. und namentlich im Keller, von dem aus ein noch offener, aber bis an seine Endpunkte wohl noch nicht genau erforschter Gang bis zu der Kreuzkirche und Sophienkirche führen soll, scheint es nicht geheuer zu sein. Im obern Stock ließ sich bis auf die neuere Zeit manchmal in der Nacht eine weißgekleidete Nonne sehen, ja man behauptet, in einem Alkofen öffne sich zuweilen eine Wand und man erblicke dann für kurze Zeit darin eine Nonne mit einem Kinde auf dem Armen. Einmal hat man auch, als in einer Nacht wieder furchtbarer Lärm gewesen war, früh auf dem Tisch eine sehr alte Münze gefunden, die der angebliche Geist dort zurückgelassen hatte. Natürlich kann ich für die Begründung dieser Erzählung nicht einstehen.
Crantz. Sax. V. 26. IX. 19.
Horn, Sächs. Handbibliothek Bd. I. S. 16. Beust, Histor. Aufs. über die Sächs. Lande. Altenb 1797. Bd. I. S. 53. A.B.J. Michelsen, Ueber die Ehrenstücke und die Rautenkrone als histor. Probleme der Heraldik.
Jena 1854. 4°. S.a. Sachsengrün 1861. S. 145.
Als der Herzog Bernhard von Ascanien durch Kaiser Friedrich I. mit dem Herzogthum Sachsen, welches Heinrich der Löwe, nachdem er in die Acht erklärt worden war, verloren hatte, belehnt ward, soll er den Kaiser um ein Unterscheidungszeichen seines Wappens gebeten haben: da warf derselbe, der eben statt der Krone wegen der großen Sonnenhitze einen Rautenkranz auf dem Haupte trug, diesen schräg über Bernhards Schild als künftiges Wappenzeichen. Eine andere Sage erzählt, Herzog Bernhard habe auf der Heimkehr von einer Pilgerfahrt zu Venedig, da ihm sein Geld ausgegangen, bei einem reichen Handelsherrn, um sein Leben zu fristen, in Dienst treten müssen, und hier ein Liebesverhältniß mit der schönen Tochter desselben angeknüpft; als er nun fortgezogen, habe sie ihm zum Abschied einen grünen Kranz ver ehrt, den habe er in zwei Hälften zertrennt, die eine habe er über sein Schild gehängt, die andere aber ihr als Andenken zurückgegeben.
Mündlich.
Auf dem großen Winterberge in der sächsischen Schweiz stehen 7 herrlich gewachsene Buchen; von diesen erzählt sich [2] das Volk, daß, so lange diese stehen und grünen, das Sachsenland sein angestammtes Herrscherhaus nicht verlieren wird.
L. Peccenstein, Theatrum Saxonicum Th. II. S. 7.
Agnes, eine Tochter des Königs Wenzel von Böhmen, war die zweite Gemahlin Markgraf Heinrichs des Erlauchten von Meißen. Als sie nun an einer schmerzhaften Krankheit darnieder lag, kam ihr kurz vor ihrem Tode (13. Sept. 1268) im Traume vor, als sehe sie einen Engel mit einem goldenen Becher vor sich stehen, der ihr zu trinken anbot. Als sie nun den Becher nahm und trank, däuchte ihr der Trank gar bitter; sie klagte es dem Engel und sprach zu ihm: ach, wie gar bitter geht das ein! Da versetzte der Engel: ei sei zufrieden, auf diese Bitterkeit wird bald eitel Süßigkeit folgen, weil Jesus diesen Trank versüßen und verzuckern wird. So geschah es auch, denn bald, nachdem sie lächelnd ihrem Herrn und Gemahl diesen Traum erzählt, ist sie sanft und selig eingeschlafen. Das hat sich begeben auf dem Schlosse Scharffenberg bei Meißen.
F. Maurer, Amphitheatrum magiae universae. Nürng. 1714 S. 360.
Ehe die beiden jungen sächsischen Prinzen, Ernst und Albrecht, Söhne des Churfürsten Friedrich II des Sanftmüthigen zu Sachsen, durch Kunz von Kauffungen zu Altenburg entführt wurden, hat ihre Frau Mutter folgendes Traumbild gesehen. Es ist ihr vorgekommen, als wenn ein großes wildes Schwein ihren Garten durchwühlte und unter andern grünen Kräutern die Raute beschädigte, es habe aber Niemand dem wilden Thiere wehren können, bis daß ein schwarzer Bär dazu gekommen, der den Grimm des Schweines unterbrochen. Dieser ist der Köhler Triller (sonst Schmid [3] genannt) gewesen, das Schwein der Kunz, die Raute aber die sächsischen Fürsten, am 7. Julius des Jahres 1455.
Chr. Lehmann, Histor. Schauplatz des Meißnischen Obererzgebirges. Lpzg. 1699. 4. S. 809. sq. S. A. Heumann. Poecile T. III. L. II. p. 88. sq.
Im Jahre 1591 lebte zu Joachimsthal Magister Bartholomäus Schönbach, ein Geistlicher, von Rochlitz gebürtig, der eine eigenhändige Handschrift des dasigen Superintendenten Antonius Musa besaß, in welcher Folgendes von Wort zu Wort enthalten war:
»Der ehrwürdige Herr Georg Spalatinus hat mir, Antonio Musae, glaubwürdig erzehlet einen Traum, welchen Herzog Friedrich, Churfürst zu Sachsen, gehabt hat zu Schweidnitz, die Nacht zuvor, ehe D. Martin Luther seine erste Propositiones wider den Papst und beyde Johann Tezels Predigten, von der Röm. Gnade und Ablaß, zu Wittenberg öffentlich zu vertheidigen hat angeschlagen, welchen Traum auch Seine Churfürstl. Gnaden bald frühe morgens ihnen zum Gedächtniß hat auffgezeichnet, auch denselben ihrem Herrn Bruder Herzog Hansen zu Sachsen, in Beyseyn des Canzlers, referiret und gesaget hat: Herr Bruder, Euer Liebe muß ich erzehlen, was mir diese Nacht geträumet hat, und möchte ich gerne seine Bedeutung wissen, denn ich ihn so eigentlich und wohl gemerket und mir so tief eingebildet, daß mich dünket, ich könne ihn nicht vergessen, wenn ich auch 1000 Jahre leben sollte, weil er mir dreimal nach einander vorkommen, doch immer verbessert. Herzog Johannes fragte: War es denn ein guter oder böser Traum? Wir wissen es nicht, Gott weiß es, sagte der Churfürst. Herzog Johannes fragte weiter: Herr Bruder, E.L. setzen nicht viel darauff: Wenn mir etwas träumet, so bitte ich allezeit unsern HErrn GOtt, er wolle es zum Besten [4] wenden, oder schlag mir's aus dem Sinn, wiewohl ich auch dies bekennen muß, daß mir viele Träume, beyde gut und böse sind fürkommen, welche ich hernach allererst verstanden habe, aber gemeiniglich in schlechten Sachen, E.L. sagen doch, was war denn der Traum? Churfürst Friedrich sagte: Ich will's E.L. sagen: Als ich mich auff dem Abend zu Bette legte, ziemlich matt und müde, war ich halb über dem Gebet eingeschlaffen, und hatte bey dritthalb Stunden fein sanffte geruhet. Als ich nun erwachte und ziemlich munter worden, lag ich und hatte allerley Gedanken biß nach 12 Uhr: Gedachte unter andern, wie ich allen lieben Heiligen, und neben mir mein Hoffgesinde, zu Ehren bringen wollte, betete auch für die lieben Seelen im Fegfeuer, und beschloß bei mir, ihnen auch zu Hülffe in ihrer Gluth zu kommen, bat daher Gott um seine Gnade, daß er doch mich und meine Räthe und Landschafft in rechter Wahrheit wolle leiten und zur Seligkeit helffen, auch alle bösen Buben, die uns unser Regiment sauer machen, nach seiner Allmacht wehren. Nach Mitternacht war ich bald auff solche Gedanken wieder eingeschlaffen, da träumet mir, wie der Allmächtige Gott einen Mönch, eines feinen erbarn Angesichtes zu mir schickte, der war. S. Pauli des lieben Apostels natürlicher Sohn, der hatte bey sich zum Gefährten auf GOttes Befehl alle liebe Heiligen, die solten den Mönch vor mir Zeugniß geben, daß es kein Betrug mit ihm wäre, sondern es sey wahrhafftig ein gesandter GOttes, und ließ mir GOtt gebieten, ich sollte dem Mönch gestatten, daß er mir etwas an mein Schloß Capell zu Wittenberg schreiben dürffte, es würde mich nicht gereuen. Ich ließ ihm durch den Canzler sagen: Weil mich GOtt solches heist, und er auch sein gewaltig Zeugniß hat, so möchte er schreiben, was ihm befohlen. Darauff fähet der Mönch an zu schreiben, und machte so grobe Schrifft, daß ich sie hier zu Schweinitz erkennen kunte; er führete auch eine so lange Feder, daß sie auch bis gen Rom mit ihrem Hintertheil reichte, und einem Löwen, der zu Rom lag, mit dem Sturtz in ein Ohr stach, daß der Sturtz zum andern Ohr wieder heraus ging, und [5] strackte sich die Feder ferner biß an der Päbstlichen Heiligkeit dreyfache Krone und stieß so hart daran, daß sie begunte zu wackeln und wolte ihrer Heiligkeit vom Haupte fallen. Wie sie nun also im Fall ist, däucht mich, ich und E.L. stunden nicht weit davon, strackte auch meine Hand aus, und wolte sie helffen halten: in denselben geschwinden zugreiffen erwachte ich und hielt meinen Arm noch in die Höhe, war ganz erschrocken und auch zornig mit auff den Mönch, daß er seine Feder im Schreiben nicht bescheidener führete. Als ich mich aber recht besann, da war es ein Traum, ich aber war noch voll Schlaffs, gingen mir die Augen bald wieder zu, und ich war wieder fest eingeschlaffen, ehe ichs recht gewahr worden, da ist mir dieser Traum wieder vorkommen, denn ich hatte wider mit den Mönch zu thun, und sahe ihm zu, wie er immer fortschriebe und mit dem Sturtz der Feder stach er immer weiter auff den Löwen zu Rom, und durch den Löwen auff den Pabst, darüber der Löwe so greulich brüllete, daß die gantze Stadt Rom und alle Stände des H. Reichs zulieffen, zu erfahren, was da wäre, und da begehrte Päbstl. Heiligkeit an die Stände, man solte doch den Mönch wehren, und sonderlich mich dieses Frevels berichten. Darüber erwachte ich zum andern mahl, verwunderte mich, daß der Traum wiederkommen war, ließ mich doch so gar nichts anfechten, bat aber, GOtt wolle Päbstl. Heiligkeit für alle Uebel behüten und schlieff also zum dritten mahl wieder ein. Da kam mir der Mönch wider zum dritten mahl vor, und wir bemüheten uns sehr, dieses Mönches Feder zu zerbrechen, und den Pabst hinwegzuleiten, aber je mehr wir uns an der Feder versuchten, je mehr sie starrete und knarrete, daß mir's im Ohren wehe thät; endlich wurden wir alle so verdrossen und müde darüber, daß wir abließen, und verlohr sich einer nach dem andern, und besorgten uns, der Mönch möchte mehr können, als Brod essen, er möchte uns irgend einen Schaden zufügen. Nichtsdestoweniger ließ ich den Mönch fragen (denn jetzt war ich zu Rom, bald zu Wittenberg), wo er doch zu solcher Feder kommen wäre? und wie es zugehe, [6] daß sie so zehe und fest sey? ließ er mir sagen: sie wäre von einer alten Böhmischen 100jährigen Ganß 1 , einer seiner alten Schulmeister hätte ihn damit verehret, und gebeten, weil sie sehr gut wäre, er wolte sie zu seinem Gedächtniß behalten und brauchen. Er hätte sie auch selbst temperiret: daß sie aber so lang wehret und so fest wäre, käme daher, weil man ihr den Geist nicht nehmen, noch die Seele, wie mit andern Federn geschicht, herausziehen konte, darüber er auch sich selbst nicht genug verwundern könne. Bald darnach kommt ein ander Geschrey aus, es wären aus der langen Mönchsfeder unzehlig viel andere Schreibfedern hier zu Wittenberg gewachsen, und es sey mit Lust anzusehen, wie sich viel gelehrte Leute darum reissen, und meynen einestheils, diese neue junge Federn würden mittler Zeit auch so groß und lang werden, wie dieses Mönchs Feder, und es würde gewiß etwas sonderliches auff diesen Mönch und seine lange Feder erfolgen. Da ich nun gäntzlich im Traum bey mir beschloß, mich je eher je besser mit dem Mönch in eigner Person zu unterreden, da wachte ich endlich zum dritten mahl auf, und war jetzo Morgen worden, wunderte mich sehr über den Traum, gedacht ihm nach und bildete mir wohl ein, wie er mir nach einander vorkommen und zeichnete mir bald die vornehmsten Stücke zum Gedächtniß auf, bei gäntzlicher Meinung, dieser Traum sey nicht ohne Bedeutung, weil er mir so oft ist vorkommen, und bin bald willens, ihn meinem Beichtvater zu offenbaren, doch habe ich E.L. vorhin auch etwas wissen lassen, E.L. und Cantzler sagen mir ihr Gutdünken davon. Herzog Johann sagte: Herr Cantzler, was dünket euch? von Träumen ist nicht viel allemal zu halten, doch sind sie auch nicht gar zu verwerffen! Wenn wir hier einen verständigen, frommen Joseph oder Daniel hätten, der könte es treffen. Der Cantzler spricht: E. Churf. Gnaden[7] wissen, daß man pflegt zu sagen: Jungfrauen, gelehrter Leuten und großer Herren Träume haben gemeiniglich etwas hinter sich. Allein, was es sey, wird man allererst gewahren, wenn sie sich nach etlicher Zeit, da sich etwa Händel zutragen, daraus man alsdann Vermuthungen nimmet, entdecken, da man spricht: Siehe, darauff hat gewißlich jener Traum gewiesen, wie E. Churf. Gnaden viel solcher Exempel werden bekand sein. So spricht Joseph: Träume auslegen, stehet GOTT allein zu, und Daniel sagt: GOTT im Himmel allein kan verborgene Dinge offenbaren. Darum befehlen E.L. und E. Churfürstl. Gnaden nur diesen Traum den lieben GOtt, die Mönche haben offt bey großen Herrn viel Unglück gestifftet. An diesem Traum vom Mönche ist diß das beste, daß er von GOTT gesand ist, es wäre dann, daß der Teuffel unter einen guten Schein sein Spiel haben wolte. E. Churfürstl. Gnaden wird am besten wissen, den Sachen neben andächtigen Gebet, Christlich nachzudencken. Herzog Johann sagte: Ich halte es mit euch, Herr Cantzler, denn daß wir uns lange darüber grämen und martern sollen, ist nicht zu achten, GOTT wird alles, so dieser Traum von ihm herkommt, wissen zum besten zu wenden, und uns zu seiner Zeit die rechte Bedeutung mitzutheilen, oder, so es ein böses bedeutet, abzuschaffen. Der Churfürst sagte: Das thue der getreue GOTT, allein daß ich des Traumes indessen nicht vergesse, ich habe auch wohl bey mir meine Gedanken und Auslegung, aber die behalt ich noch zur Zeit bey mir allein, doch will ich sie auffzeichnen, es wird's vielleicht die Zeit hernach geben, ob ichs recht getroffen habe, und wir wollen uns diese Tage wieder miteinander unterreden.«
1 Damit ist unbezweifelt Huß gemeint, von dem erzählt wird, er habe auf dem Scheiterhaufen gesagt: Jetzt bratet Ihr eine Gans (Huß, böhmisch = Gans), doch in 100 Jahren wird ein Schwan (Luther, böhmisch = Schwan) kommen, den werdet Ihr ungebraten lahn.
Hondorff, Promt. exempl. S. 148 b.
Einst fuhren die beiden sächsischen Fürsten, der Churfürst Friedrich der Weise und sein Bruder, Herzog Johann, [8] von Torgau auf der Elbe in einem Schifflein, kurz nachdem das Eis aufgebrochen war und während große Eisschollen wider das Fahrzeug anrannten, gen Wittenberg. Wie sie nun daselbst an dem Wassergraben, der neben dem Schlosse ist, anlangten und daselbst aus dem Schiffe stiegen, da zertheilte sich dasselbe in mehrere Theile und zerschellte, die Fürsten aber mit ihrem Gefolge und Dienern blieben steif vor Verwunderung stehen und betrachteten erstaunt dieses große Wunderwerk Gottes, wie derselbe nach seinem gnädigen und väterlichen Willen das Schiff ganz erhalten, bis sie an das sichere Gestade gekommen waren, und der Churfürst Friedrich sprach zu seinem Bruder: Wir müssen hiermit ja augenscheinlich wissen und erfahren, daß uns Gott wunderbarlich in diesen und andern Gefährlichkeiten durch seine lieben Engel bis hierher erhalten hat und die Wohlthat Gottes dankbarlich rühmen, welcher uns in dieser Gefahr und andern beschützet hat, daß aber das Schiff, nachdem wir ausgestiegen, gespalten, fürchte ich fürwahr unseres Schiffes, das ist des sächsischen Hauses Zerrüttung. Solche Prophezeihung ist nachmals erfüllt worden, als die Churwürde von der Ernestinischen an die Albertinische Linie gekommen.
Brunner, De fato P. II. p. 469. cf. P. I. p. 112.
Friedrich der Weise hielt einen Hirsch im Graben des Schlosses zu Lochau, der jährlich zur Brunstzeit denselben verließ und, wenn diese Zeit um war, freiwillig dahin zurückkehrte. In demselben Jahre aber, wo der Churfürst starb, nämlich 1525, ist er nicht wiedergekommen, wohl aber hat er sich, wie Martin Luther selbst bezeugt, bei nächtlicher Weile sehen lassen und so des Churfürsten Tod vorausgesagt. So wird auch erzählt, daß in dem Jahre, wo sein Bruder Johann der Beständige starb (1532), in den großen sächsischen Waldungen auch nicht ein Stück Wild erlegt ward,[9] gleichsam als wenn die wilden Thiere ihrem bald sterbenden Fürsten den Gehorsam versagen wollten.
Fabricii Orig. Saxon. VII. f. 797.
Als der Erzbischof Ernst von Magdeburg, ein Sohn des Churfürsten Ernst zu Sachsen und Bruder Friedrichs des Weisen, starb (3. August 1513), sind kurz vorher in der Kapelle des alten Schlosses Moritzburg bei Halle die Leuchter, ohne daß sie Jemand angerührt hat, vom Altar herabgefallen.
Brunner, De fato P. I. p. 175.
Einst soll Johann, Herzog zu Sachsen, Sohn Georgs des Bärtigen, Luthern durch den Maler Lucas Cranach haben sagen lassen, wäre ihm, Luthern, sein Herr Vater eisern gewesen, so wollte er ihm, wenn er zum Regieren komme, stählern sein, da hat ihm Luther statt der Antwort die Weissagung seines Todes zugesendet, indem er sagte, vor Herzog Hansens Drohworten sei ihm nicht leid, der Herr Herzog werde besser thun, wenn er sich nicht um ein Regiment, wozu er nicht gelangen würde, sondern um ein seliges Absterben bekümmerte. So ist es auch geschehen, denn er starb schon im Jahre 1537.
J. Müller, Leichenpredigt auf Hertzog Johann Friedrich. Wittenberg 1595. 4. S. G. 3.
Als zu Herzberg, der nicht weit von Mühlberg gelegenen Churstadt, an demselben Sonntag Misericordiae Domini,[10] wo die Schlacht ist geschlagen worden, in der Kirche über das vorgeschriebene Evangelium vom guten Hirten gepredigt wurde, ist ganz nahe vor der Stadt ein Wolf, wie noch nie dagewesen, unter die dort weidenden Schafe gestürzt und hat sie zerstreut, so daß Alles aus der Kirche herauslief. Dies hat bedeutet, daß der fromme Churfürst, so in seinem Amte ein guter Hirte gewesen, geschlagen und die armen Unterthanen als Schäflein zerstreut werden würden, wie denn am selbigen Tage geschehen. Am folgenden Tage sind denn die Spanier auch nach erlangtem Siege vor der genannten Churstadt angelangt und haben freien Durchzug begehrt, den hat man ihnen auch bewilligt, allein die Spanier haben Solches nicht gehalten, sondern die Stadt angefangen zu plündern, daher hat man, als sie um sich zu stärken wieder hinausgezogen, die Stadt vor ihnen geschlossen und sich zur Gegenwehr gesetzt, bis auf Fürbitten des neuen Churfürsten Moritz der Stadt von dem Kaiser Karl V. ist Sicherheit gewährt worden.
Cyprian. De praesagiis mortis §. 7 nr. c. Wolf. Lect. Memor. T. II. p. 652.
An demselben Tage, wo Churfürst Johann Friedrich starb (3. März 1554), ist Vormittags um die neunte Stunde ihm ein Mann von hoher und schöner Gestalt erschienen, der trat vor ihm hin und sprach: ei, mein Lieber, wenn derjenige, der Dich auferzogen und erhalten, Dir allezeit beigestanden hat und dem alle Dein Inneres unverborgen ist, bei Dir wäre, so wärest Du gewißlich selig. Bei diesen Worten ist der Churfürst, der ein wenig geschlummert, aus dem Schlafe erwacht, hat mit fröhlichem Gesicht, was er gesehen, den Seinigen erzählt und, nachdem er das heilige Abendmahl genossen, sich zum letzten Stündlein seines Lebens [11] bereit gemacht. Dreiviertel Jahr vorher ließen sich aber (den 27. October 1553) in dem Schlosse zu Wittenberg drei Männer in weißen Kleidern sehen, die über drei Stunden darin herumgingen; sie setzten sich auf den Kreuzgängen nieder, als ob sie mit einander redeten und sahen auf den Schloßhof herunter, kamen bald aus den Gemächern des Fürsten heraus, bald gingen sie wieder hinein und wurden von vielen Leuten gesehen, bis sie auf einmal verschwunden waren.
F. Maurer, Amphitheatrum magiae universae. S. 689.
Den Tag vor seinem Absterben ließ sich der Herzog Heinrich, genannt der Fromme, wie wenn er eine Heilstätte suchen wollte, aus einem Bette in das andere tragen, dann aber in Betten auf dem Boden legen und begann schon mit sehr schwacher Stimme zu reden, daß man sich nichts Gewisseres, als daß er sogleich entschlafen werde, versah, er segnete auch seine Gemahlin, sowie seine beiden Töchter, die bei ihm waren – seine Söhne waren nicht zugegen, denn Herzog Moritz war bei dem Landgrafen zu Hessen und Herzog August mit seinem Lehrer J. Rivius zu Leipzig –, allein es schien dann wieder besser zu werden, und seine Aerzte und die Hofprediger verließen ihn in der Hoffnung, ihn am Morgen wiederzufinden. Da kam aber an demselben Abend ein schreckliches Gewitter und furchtbarer Sturmwind, der Blitz schlug in die Scheune des alten Secretarius Thomas Nebel ein, zerriß das Dach, zündete aber nicht, und gleichzeitig ist der fromme Herzog zwischen 7-8 Uhr (18. August 1541) in dem Herrn verschieden.
G. Arnold, Beschreibung des Churfürsten Moritz. Gießen und Frankfurt. 1719. 8. S. 254 sq.
Jedermann weiß, daß der Churfürst Moritz und Markgraf Albrecht von Brandenburg, ehe sie mit unversöhnlichem Hasse gegen einander uneins wurden, in vertrauter Freundschaft lebten. Als nun Churfürst Moritz einstmals zu Torgau seine Fastnacht feierte und seiner Gewohnheit nach den Markgraf Albert und Herzog August dazu eingeladen hatte, trug es sich an einem dieser Tage zu, daß, als der Markgraf sich wie gewöhnlich im Trinken etwas übernommen hatte und Churfürst Moritz nebst seinem Bruder neben ihm saß und von unterschiedlichen Dingen sich unterredete, eine weißgekleidete Jungfrau in's Gemach trat und sich zwischen Markgraf Albert und den Churfürst niedersetzte. Da aber Herzog Augustus solches zuerst sah und über die Gestalt des Gespenstes erschrak, so bat er seinen Bruder, er möchte doch mit ihm das Tafelzimmer verlassen, denn es ahne ihm nichts Gutes und er könne nicht länger hier bleiben. Darauf sah nun der Churfürst die Jungfrau auch, erschrak darüber und sprach zu Markgraf Albert: was habt Ihr hier für eine Jungfrau sitzen? Der antwortete ihm jedoch: laßt sie nur sitzen, und fluchte heftig über sie. Da aber die beiden Fürsten von dem Markgrafen Abschied nahmen, verschwand die Frau auch. Markgraf Albrecht ließ sich aber das nicht anfechten, sondern blieb sitzen, ließ etliche vom Adel zu sich holen und brachte die Nacht, wie er angefangen hatte, mit Trinken zu.
a) Maurer, Amphith. Magiae S. 390.
Ehe der Churfürst Moritz im Sievershausischen Treffen umkam, da kam es dem Verwalter des Schlosses Moritzburg, [13] welches der Churfürst nicht weit von Dresden erbaut hatte, vor, derselbe lange mit seinem Gefolge daselbst Nachts um 12 Uhr an. Er begab sich, nachdem das Thor geöffnet war, die Treppe hinauf in seinen gewöhnlichen Speisesaal, setzte sich zu Tische, ließ sich die befohlenen Speisen auftragen, und als er gegessen und getrunken, stand er mit den Seinigen von der Tafel auf und ritt mit denselben gegen 1 Uhr, so wie er gekommen war, stumm davon.
b) Epistola Viti Winshemii ad Joa. Stigelium, data Vitebergae die 26. Martii 1553, bei Struv. Acta Litt. T.I.f. IV. p. 92. sq.
In der Nacht des 8.-9. Januars des Jahres 1553 erhob sich in dem Schlosse zu Berlin um die Mitternachtsstunde ein ungeheurer Lärm als wie von einem Donnerwetter, während, wie sich am folgenden Tage ergab, in der ganzen Nachbarschaft des Schlosses von allem diesen nichts vernommen wurde. Der Churfürst, seine Familie und Dienerschaft wurden davon aus dem Schlafe aufgeschreckt und weil sie meinten, es müsse das Ende der Welt oder wenigstens ein schreckliches Ereigniß in der Nähe sein, so betete Jeder inbrünstig zu Gott, er möge solches gnädigst abwenden. Endlich hörte der Lärm und das Poltern auf und die frühere Stille kehrte wieder; als man aber bei Tagesanbruch auf Befehl des Churfürsten Maurer und Zimmerleute zusammenrief, welche das Schloß untersuchen sollten, wo denn irgendwo einzelne Theile eingestürzt waren, fanden diese Alles unversehrt, nur von der massiven steinernen Bildsäule des Churfürsten Moritz von Sachsen, die unter den Statuen der übrigen vornehmsten deutschen Fürsten im Schloßhofe stand, war der Kopf heruntergerissen. Da nun menschliche Hände solches nicht ohne lange Arbeit vermocht hätten, so hat man sogleich an ein betrübendes Ereigniß gedacht, und Vitus Winsheim, der darüber drei Monate vor dem Tode des Churfürsten berichtet, scheint diese Begebenheit als ein für das churfürstliche Haus Sachsen unglückliches Anzeichen betrachtet zu haben.
[14] c) Fabric. Rer. Misn. L.I.p. 27. Thuanus L. XI. p. 243. Maurer, Amphith. S. 309. Bunting, Braunschweig. Chronik S. 328.
Dem traurigen Siege bei Sievershausen sind viele schreckliche Anzeichen vorhergegangen. In der Stadt Leipzig ist vier Tage lang ein beständiges Bellen und Rasen der Hunde gehört worden, daß die Leute davor nicht schlafen konnten, und hat man des Morgens in der Frühe dergleichen hin und wieder auf den Gassen todt gefunden, so sich unter einander todt gebissen. Auf dem Thomaskirchhofe haben zwei sehr große Hunde dermaßen und mit solcher Heftigkeit gegen einander gesetzt, daß sie alle Beide an dem Orte, wo sie zusammengetroffen waren, todt liegen blieben. Den Tag vorher, ehe Churfürst Moritz die Schlacht angenommen, ist nach Aussage vieler Bauern an dem Orte, wo dieses Treffen geschehen, ein unglaubliches Geschrei von Menschen, Schießen großer Feldstücke, Wiehern der Pferde und ein heftiges Waffengerassel gehört worden, also daß vor dem Getümmel und Krachen viele Leute aus ihren Häusern geflohen sind und dieselben stehen gelassen haben. Auch als Churfürst Moritz auf sein Pferd steigen wollte, gleitete er mit dem Fuße, da er bereits den Sattelknopf in der Hand hatte, aus und fiel zur Erde nieder. Etliche erzählen aber, der Churfürst hätte sich sehr darüber entsetzt, da er aber darauf fortgezogen, hat ein ungestümer Wirbelwind alsobald sein Zelt, darin er die Nacht über gewesen und welches noch nicht abgespannt war, mit aller Gewalt zu Boden geworfen und hin und her zerstreuet. Endlich hat man auch die Sonne desselbigen Tages ganz roth gesehen, nicht anders, als wenn sie mit Blut begossen wäre, dann ist auch ein heftiges Brausen und Sausen der Winde gehört worden, daß auch diejenigen, so weit von den Kriegsheeren entfernt gewesen, daraus gemuthmaßt haben, es werde etwas Außerordentliches geschehen. Auch sind im Junius desselben Jahres vom Himmel Blutstropfen auf Bäume, Steine und Gebäude gefallen und eine ungeheure Masse von Schmetterlingen ist über das [15] ganze Meißner Land gezogen. Desgleichen ist auch im Kloster Walkenried der an der Wand hängende Harnisch des Churfürsten, während der Abt an der Mittagstafel saß, ohne daß ihn Jemand angerührt hätte, heruntergestürzt.