(Matth. 21, 8)
1.
Wie soll ich dich empfangen
Und wie begegn' ich dir?
O aller Welt Verlangen,
O meiner Seelen Zier!
O Jesu, Jesu, setze
Mir selbst die Fackel bei,
Damit, was dich ergötze,
Mir kund und wissend sei.
2.
Dein Zion streut dir Palmen
Und grüne Zweige hin,
Und ich will dir in Psalmen
Ermuntern meinen Sinn.
Mein Herze soll dir grünen
In stetem Lob und Preis
Und deinem Namen dienen,
So gut es kann und weiß.
3.
[1]Was hast du unterlassen
Zu meinem Trost und Freud?
Als Leib und Seele saßen
In ihrem größten Leid,
Als mir das Reich genommen,
Da Fried und Freude lacht,
Da bist du, mein Heil, kommen
Und hast mich froh gemacht.
4.
Ich lag in schweren Banden,
Du kommst und machst mich los;
Ich stund in Spott und Schanden,
Du kommst und machst mich groß
Und hebst mich hoch zu Ehren
[2]Und schenkst mir großes Gut,
Das sich nicht läßt verzehren,
Wie irdisch Reichtum tut.
5.
Nichts, nichts hat dich getrieben
Zu mir vom Himmelszelt
Als das geliebte Lieben,
Damit du alle Welt
In ihren tausend Plagen
Und großen Jammerlast,
Die kein Mund kann aussagen,
So fest umfangen hast.
6.
Das schreib dir in dein Herze,
Du hochbetrübtes Heer,
Bei denen Gram und Schmerze
Sich häuft je mehr und mehr.
Seid unverzagt, ihr habet
Die Hilfe vor der Tür;
Der eure Herzen labet
Und tröstet, steht allhier.
7.
Ihr dürft euch nicht bemühen
Noch sorgen Tag und Nacht,
Wie ihr ihn wollet ziehen
Mit eures Armes Macht.
Er kommt, er kommt mit Willen,
Ist voller Lieb und Lust,
All Angst und Not zu stillen,
Die ihm an euch bewußt.
8.
Auch dürft ihr nicht erschrecken
Vor eurer Sündenschuld.
Nein, Jesus will sie decken
Mit seiner Lieb und Huld.
[3]Er kommt, er kommt den Sündern
Zum Trost und wahren Heil,
Schafft, daß bei Gottes Kindern
Verbleib ihr Erb und Teil.
9.
Was fragt ihr nach dem Schreien
Der Feind und ihrer Tück?
Der Herr wird sie zerstreuen
In einem Augenblick.
Er kommt, er kommt, ein König,
Dem wahrlich alle Feind
Auf Erden viel zu wenig
Zum Widerstande seind.
10.
Er kommt zum Weltgerichte,
Zum Fluch dem, der ihm flucht,
Mit Gnad und süßem Lichte
Dem, der ihn liebt und sucht.
Ach komm, ach komm, o Sonne,
Und hol uns allzumal
Zum ewgen Licht und Wonne
In deinen Freudensaal.
(1. Mose 24, 31)
1.
Warum willst du draußen stehen,
Du Gesegneter des Herrn?
Laß dir bei mir einzugehen
Wohl gefallen, du mein Stern!
Du, mein Jesu, meine Freud,
Helfer in der rechten Zeit,
Hilf, o Heiland, meinem Herzen
Von den Wunden, die mich schmerzen.
[4] 2.
Meine Wunden sind der Jammer,
Welchen oftmals Tag und Nacht
Des Gesetzes starker Hammer
Mir mit seinem Schrecken macht.
O der schweren Donnerstimm,
Die mir Gottes Zorn und Grimm
Also tief ins Herze schläget,
Daß sich all mein Blut beweget.
3.
Dazu kommt des Teufels Lügen,
Der mir alle Gnad absagt,
Als müßt ich nun ewig liegen
In der Höllen, die ihn plagt;
Ja auch, was noch ärger ist,
So zermartert und zerfrißt
Mich mein eigenes Gewissen
Mit vergift'ten Schlangenbissen.
4.
Will ich dann mein Elend lindern
Und erleichtern meine Not
Bei der Welt und ihren Kindern.
Fall ich vollends in den Kot:
Da ist Trost, der mich betrübt,
Freude, die mein Unglück liebt,
Helfer, die mir Herzleid machen,
Gute Freunde, die mein lachen.
5.
In der Welt ist alles nichtig,
Nichts ist, das nicht kraftlos wär:
Hab ich Hoheit, die ist flüchtig!
Hab ich Reichtum, was ist's mehr
Als ein Stücklein armer Erd?
Hab ich Lust, was ist sie wert?
Was ist's, das mich heut erfreuet,
Das mich morgen nicht gereuet?
[5] 6.
Aller Trost und alle Freude
Ruht in dir, Herr Jesu Christ;
Dein Erfreuen ist die Weide,
Da man sich recht fröhlich ißt.
Leuchte mir, o Freudenlicht,
Ehe mir mein Herze bricht;
Laß mich, Herr, an dir erquicken;
Jesu, komm, laß dich erblicken!
7.
Freu dich, Herz, du bist erhöret,
Jetzo zeucht er bei dir ein,
Sein Gang ist zu dir gekehret,
Heiß ihn nur willkommen sein
Und bereite dich ihm zu,
Gib dich ganz zu seiner Ruh,
Öffne dein Gemüt und Seele,
Klag ihm, was dich drückt und quäle.
8.
Siehst du, wie sich alles setzet,
Was dir vor zuwider stund?
Hörst du, wie er dich ergötzet
Mit dem zuckersüßen Mund?
Ei, wie läßt der große Drach
All sein Tun und Toben nach!
Er muß aus dem Vorteil ziehen
Und in seinen Abgrund fliehen.
9.
Nun, du hast ein süßes Leben;
Alles, was du willst, ist dein.
Christus, der sich dir ergeben,
Legt sein Reichtum bei dir ein.
Seine Gnad ist deine Kron
Und du bist sein Hütt' und Thron.
Er hat dich in sich geschlossen,
Nennt dich seinen Hausgenossen.
[6] 10.
Seines Himmels güldne Decke
Spannt er um dich ringsherum,
Daß dich fort nicht mehr erschrecke
Deines Feindes Ungestüm.
Seine Engel stellen sich
Dir zur Seiten, wann du dich
Hier willst oder dorthin wenden,
Tragen sie dich auf den Händen.
11.
Was du Böses hast begangen,
Das ist alles abgeschafft.
Gottes Liebe nimmt gefangen
Deiner Sünde Macht und Kraft.
Christi Sieg behält das Feld,
Und was Böses in der Welt
Sich will wider dich erregen,
Wird zu lauter Glück und Segen.
12.
Alles dient zu deinem Frommen,
Was dir bös und schädlich scheint,
Weil dich Christus angenommen
Und es treulich mit dir meint.
Bleibst du deme wieder treu,
Ist's gewiß und bleibt dabei,
Daß du mit den Engeln droben
Ihn dort ewig werdest loben.
(Jes. 7, 14, Ps. 14, 7)
1.
Wir singen dir, Immanuel,
Du Lebensfürst und Gnadenquell,
Du Himmelsblum und Morgenstern,
Du Jungfraunsohn, Herr aller Herrn!
Halleluja!
[7] 2.
Wir singen dir in deinem Heer
Aus aller Kraft Lob, Preis und Ehr,
Daß du, o lang gewünschter Gast,
Dich nunmehr eingestellet hast.
Halleluja!
3.
Vom Anfang, da die Welt gemacht,
Hat so manch Herz nach dir gewacht;
Dich hat gehofft so lange Jahr
Der Väter und Propheten Schar.
Halleluja!
4.
Vor andern hat dein hoch begehrt
Der Hirt und König deiner Herd,
Der Mann, der dir so wohl gefiel,
Wann er dir sang auf Saitenspiel.
Halleluja!
5.
Ach, daß der Herr aus Zion käm
Und unsre Bande von uns nähm!
Ach, daß die Hilfe bräch herein,
So würde Jakob fröhlich sein.
Halleluja!
6.
Nun du bist hier, da liegest du,
Hältst in dem Kripplein deine Ruh;
Bist klein und machst doch alles groß,
Bekleidst die Welt und kommst doch bloß.
Halleluja!
7.
Du kehrst in fremder Hausung ein,
Und sind doch alle Himmel dein;
Trinkst Milch aus deiner Mutter Brust
Und bist doch selbst der Engel Lust.
Halleluja!
[8] 8.
Du hast dem Meer sein Ziel gesteckt
Und wirst mit Windeln zugedeckt;
Bist Gott und liegst auf Heu und Stroh,
Wirst Mensch und bist doch A und O.
Halleluja!
9.
Du bist der Ursprung aller Freud
Und duldest so viel Herzeleid;
Bist aller Heiden Trost und Licht,
Suchst selber Trost und findst ihn nicht.
Halleluja!
10.
Du bist der süße Menschenfreund,
Doch sind dir so viel Menschen feind;
Herodis Heer hält dich für Greul
Und bist doch nichts als lauter Heil.
Halleluja!
11.
Ich aber, dein geringster Knecht,
Ich sag es frei und mein es recht:
Ich liebe dich, doch nicht so viel,
Als ich dich gerne lieben will.
Halleluja!
12.
Der Will ist da, die Kraft ist klein;
Doch wird dir nicht zuwider sein
Mein armes Herz, und was es kann,
Wirst du in Gnaden nehmen an.
Halleluja!
13.
Hast du doch selbst dich schwach gemacht,
Erwähltest, was die Welt veracht't;
Warst arm und dürftig, nahmst vorlieb
Da, wo der Mangel dich hintrieb.
Halleluja!
[9] 14.
Du schliefst ja auf der Erden Schoß;
So war das Kripplein auch nicht groß;
Der Stall, das Heu, das dich umfing,
War alles schlecht und sehr gering.
Halleluja!
15.
Darum so hab ich guten Mut:
Du wirst auch halten mich für gut.
O Jesulein, dein frommer Sinn
Macht, daß ich so voll Trostes bin.
Halleluja!
16.
Bin ich gleich sünd- und lastervoll,
Hab ich gelebt nicht, wie ich soll,
Ei, kommst du doch deswegen her,
Daß sich der Sünder zu dir kehr.
Halleluja!
17.
Hätt ich nicht auf mir Sündenschuld,
Hätt ich kein Teil an deiner Huld;
Vergeblich wärst du mir geborn,
Wenn ich nicht wär in Gottes Zorn.
Halleluja!
18.
So faß ich dich nun ohne Scheu,
Du machst mich alles Jammers frei;
Du trägst den Zorn, du würgst den Tod,
Verkehrst in Freud all Angst und Not.
Halleluja!
19.
Du bist mein Haupt, hinwiederum
Bin ich dein Glied und Eigentum
Und will, so viel dein Geist mir gibt,
Stets dienen dir, wie dir's beliebt.
Halleluja!
[10] 20.
Ich will dein Halleluja hier
Mit Freuden singen für und für
Und dort in deinem Ehrensaal
Solls schallen ohne Zeit und Zahl.
Halleluja!
1.
O Jesu Christ,
Dein Kripplein ist
Mein Paradies, da meine Seele weidet!
Hier ist der Ort,
Hier liegt das Wort,
Mit unserm Fleisch persönlich angekleidet.
2.
Dem Meer und Wind
Gehorsam sind,
Gibst sich zum Dienst und wird ein Knecht der Sünder.
Du, Gottes Sohn,
Wirst Erd und Ton,
Gering und schwach wie wir und unsre Kinder.
3.
Du, höchstes Gut,
Hebst unser Blut
In deinen Thron hoch über alle Höhen.
Du, ewge Kraft,
Machst Brüderschaft
Mit uns, die wie ein Dampf und Rauch vergehen.
4.
Was will uns nun
Zuwider tun
Der Seelenfeind mit allem Gift und Gallen?
Was wirft er mir
Und andern für,
Daß Adam ist, und wir mit ihm, gefallen?
[11] 5.
Schweig arger Feind!
Da sitzt mein Freund,
Mein Fleisch und Blut, hoch in dem Himmel droben;
Was du gefällt,
Das hat der Held
Aus Jakobs Stamm zu großer Ehr erhoben.
6.
Sein Licht und Heil
Macht alles heil;
Der Himmelsschatz bringt allen Schaden wieder.
Der Freudenquell
Immanuel
Schlägt Teufel, Höll und all ihr Reich darnieder.
7.
Drum frommer Christ,
Wer du auch bist,
Sei gutes Muts und laß dich nicht betrüben;
Weil Gottes Kind
Dich ihm verbind't,
So kanns nicht anders sein, Gott muß dich lieben.
8.
Gedenke doch,
Wie herrlich hoch
Er über alle Jammer dich geführet!
Der Engel Heer
Ist selbst nicht mehr
Als eben du mit Seligkeit gezieret.
9.
Du siehest ja
Vor Augen da
Dein Fleisch und Blut die Luft und Wolken lenken;
Was will doch sich –
Ich frage dich –
Erheben, dich in Angst und Furcht zu senken?
[12] 10.
Dein blöder Sinn
Geht oft dahin,
Ruft Ach und Weh, läßt allen Trost verschwinden.
Komm her und richt
Dein Angesicht
Zum Kripplein Christi, da, da wirst du's finden.
11.
Wirst du geplagt?
Ei, unverzagt!
Dein Bruder wird dein Unglück nicht verschmähen;
Sein Herz ist weich
Und gnadenreich,
Kann unser Leid nicht ohne Tränen sehen.
12.
Tritt zu ihm zu!
Such Hilf und Ruh!
Er wird's so machen, daß du ihm wirst danken.
Er weiß und kennt
Was beißt und brennt,
Versteht wohl, wie zu Mute sei dem Kranken.
13.
Denn eben drum
Hat er den Grimm
Des Kreuzes auch am Leibe wollen tragen,
Daß seine Pein
Ihm möge sein
Ein unverrückt Erinnrung unsrer Plagen.
14.
Mit einem Wort:
Er ist die Pfort
Zu dieses und des andern Lebens Freuden;
Er macht behend
Ein seligs End
An alle dem, was fromme Herzen leiden.
[13] 15.
Laß aller Welt
Ihr Gut und Geld
Und siehe nur, daß dieser Schatz dir bleibe!
Wer den hier fest
Hält und nicht läßt,
Den ehrt und krönt er dort an Seel und Leibe.
1.
Fröhlich soll mein Herze springen
Dieser Zeit,
Da vor Freud
Alle Engel singen.
Hört, hört, wie mit vollen Choren
Alle Luft
Laute ruft:
Christus ist geboren.
2.
Heute geht aus seiner Kammer
Gottes Held,
Der die Welt
Reißt aus allem Jammer.
Gott wird Mensch, dir Mensch zugute;
Gottes Kind,
Das verbind't
Sich mit unserm Blute.
3.
Sollt uns Gott nun können hassen,
Der uns gibt,
Was er liebt
Über alle Maßen?
Gott gibt, unserm Leid zu wehren,
Seinen Sohn
[14]Aus dem Thron
Seiner Macht und Ehren.
4.
Sollte von uns sein gekehret,
Der sein Reich
Und zugleich
Sich selbst uns verehret?
Sollt uns Gottes Sohn nicht lieben
Der jetzt kömmt,
Von uns nimmt,
Was uns will betrüben?
5.
Hätte für der Menschen Orden
Unser Heil
Einen Greul,
Wär er nicht Mensch worden;
Hätt er Lust zu unserm Schaden,
Ei, so würd
Unsre Bürd
Er nicht auf sich laden.
6.
Er nimmt auf sich, was auf Erden
Wir getan,
Gibt sich an,
Unser Lamm zu werden,
Unser Lamm, das für uns stirbet
Und bei Gott
Für den Tod
Gnad und Fried erwirbet.
7.
Nun er liegt in seiner Krippen,
Ruft zu sich
Mich und dich,
Spricht mit süßen Lippen:
Lasset fahrn, o lieben Brüder,
[15]Was euch quält,
Was euch fehlt;
Ich bring alles wieder.
8.
Ei, so kommt und laßt uns laufen;
Stellt euch ein,
Groß und klein,
Eilt mit großen Haufen;
Liebt den, der vor Liebe brennet,
Schaut den Stern,
Der euch gern
Licht und Labsal gönnet.
9.
Die ihr schwebt in großem Leiden,
Sehet, hier
Ist die Tür
Zu der wahren Freuden.
Faßt ihn wohl, er wird euch führen
An den Ort,
Da hinfort
Euch kein Kreuz wird rühren.
10.
Wer sich fühlt beschwert im Herzen,
Wer empfind't
Seine Sünd
Und Gewissensschmerzen,
Sei getrost, hier wird gefunden,
Der in Eil
Machet heil
Die vergift'ten Wunden.
11.
Die ihr arm seid und elende,
Kommt herbei,
Füllet frei
Eures Glaubens Hände!
[16]Hier sind alle guten Gaben
Und das Gold,
Da ihr sollt
Euer Herz mit laben.
12.
Süßes Heil, laß dich umfangen,
Laß mich dir,
Meine Zier,
Unverrückt anhangen.
Du bist meines Lebens Leben;
Nun kann ich
Mich durch dich
Wohl zufrieden geben.
13.
Meine Schuld kann mich nicht drücken,
Denn du hast
Meine Last
All auf deinem Rücken.
Kein Fleck ist an mir zu finden,
Ich bin gar
Rein und klar
Aller meiner Sünden.
14.
Ich bin rein um deinetwillen,
Du gibst gnug
Ehr und Schmuck,
Mich darein zu hüllen.
Ich will dich ins Herze schließen;
O mein Ruhm.
Edle Blum,
Laß dich recht genießen.
15.
Ich will dich mit Fleiß bewahren,
Ich will dir
Leben hier,
[17]Dir will ich abfahren.
Mit dir will ich endlich schweben
Voller Freud,
Ohne Zeit
Dort im andern Leben.
1.
Ich steh an deiner Krippen hier,
O Jesulein, mein Leben;
Ich komme, bring und schenke dir,
Was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin
Und laß dir's wohlgefallen.
2.
Du hast mit deiner Lieb erfüllt
Mein Adern und Geblüte,
Dein schöner Glanz, dein süßes Bild
Liegt mir ganz im Gemüte.
Und wie mag es auch anders sein:
Wie könnt ich dich, mein Herzelein,
Aus meinem Herzen lassen!
3.
Da ich noch nicht geboren war,
Da bist du mir geboren
Und hast mich dir zu eigen gar,
Eh ich dich kannt, erkoren.
Eh ich durch deine Hand gemacht,
Da hast du schon bei dir bedacht,
Wie du mein wolltest werden.
4.
Ich lag in tiefster Todesnacht,
Du warest meine Sonne,
[18]Die Sonne, die mir zugebracht
Licht, Leben, Freud und Wonne.
O Sonne, die das werte Licht
Des Glaubens in mir zugericht't,
Wie schön sind deine Strahlen!
5.
Ich sehe dich mit Freuden an
Und kann mich nicht satt sehen,
Und weil ich nun nicht weiter kann,
So tu ich, was geschehen.
O daß mein Sinn ein Abgrund wär
Und meine Seel ein weites Meer,
Daß ich dich möchte fassen!
6.
Vergönne mir, o Jesulein,
Daß ich dein Mündlein küsse,
Das Mündlein, das den süßen Wein,
Auch Milch und Honigflüsse
Weit übertrifft in seiner Kraft;
Es ist voll Labsal, Stärk und Saft,
Der Mark und Bein erquicket.
7.
Wenn oft mein Herz im Leibe weint
Und keinen Trost kann finden,
Da ruft mir's zu: Ich bin dein Freund,
Ein Tilger deiner Sünden!
Was trauerst du, mein Brüderlein?
Du sollst ja guter Dinge sein,
Ich zahle deine Schulden.
8.
Wer ist der Meister, der allhier
Nach Würdigkeit ausstreichet
Die Händlein, so dies Kindlein mir
Anlachende zureichet?
Der Schnee ist hell, die Milch ist weiß,
[19]Verlieren doch beid ihren Preis,
Wann diese Händlein blicken.
9.
Wo nehm ich Weisheit und Verstand,
Mit Lobe zu erhöhen
Die Äuglein, die so unverwandt
Nach mir gerichtet stehen?
Der volle Mond ist schön und klar,
Schön ist der güldnen Sterne Schar,
Dies' Äuglein sind viel schöner.
10.
O daß doch ein so lieber Stern
Soll in der Krippen liegen!
Für edle Kinder großer Herrn
Gehören güldne Wiegen.
Ach, Heu und Stroh ist viel zu schlecht,
Samt, Seide, Purpur wären recht,
Dies Kindlein drauf zu legen.
11.
Nehmt weg das Stroh, nehmt weg das Heu,
Ich will mir Blumen holen,
Daß meines Heilands Lager sei
Auf lieblichen Violen.
Mit Rosen, Nelken, Rosmarin
Aus schönen Gärten will ich ihn
Von obenher bestreuen.
12.
Zur Seiten will ich hier und dar
Viel weißer Lilien stecken,
Die sollen seiner Äuglein Paar
Im Schlafe sanft bedecken.
Doch liebt viel mehr das dürre Gras
Dies Kindelein, als alles das,
Was ich hier nenn und denke.
[20] 13.
Du fragest nicht nach Lust der Welt
Noch nach des Leibes Freuden,
Du hast dich bei uns eingestellt,
An unsrer Statt zu leiden,
Suchst meiner Seelen Herrlichkeit,
Durch dein selbsteignes Herzeleid,
Das will ich dir nicht wehren.
14.
Eins aber, hoff ich, wirst du mir,
Mein Heiland, nicht versagen:
Daß ich dich möge für und für
In, bei und an mir tragen.
So laß mich doch dein Kripplein sein;
Komm, komm und lege bei mir ein
Dich und all deine Freuden.
15.
Zwar sollt ich denken, wie gering
Ich dich bewirten werde,
Du bist der Schöpfer aller Ding,
Ich bin nur Staub und Erde.
Doch bist du so ein frommer Gast,
Daß du noch nie verschmähest hast
Den, der dich gerne siehet.
1.
Schaut, schaut, was ist für Wunder dar?
Die schwarze Nacht wird hell und klar,
Ein großes Licht bricht dort herein,
Ihm weichet aller Sterne Schein.
2.
Es ist ein rechtes Wunderlicht
Und gar die alte Sonne nicht,
[21]Weils, wider die Natur, die Nacht
Zu einem hellen Tage macht.
3.
Was wird hierdurch uns zeigen an
Der die Natur so ändern kann?
Es muß ein großes Werk geschehn,
Wie wir aus solchem Zeichen sehn.
4.
Sollt auch erscheinen dieser Zeit
Die Sonne der Gerechtigkeit,
Der helle Stern aus Jakobs Stamm,
Der Heiden Licht, des Weibes Sam?
5.
Es ist also. Des Himmels Heer,
Das bringt uns jetzt die Freudenmär,
Wie sich nunmehr hab eingestellt
Zu Bethlehem das Heil der Welt.
6.
O Gütigkeit! Was lange Jahr
Ihm hat der frommen Väter Schar
Gewünscht und sehnlich oft begehrt,
Des werden wir von Gott gewährt.
7.
Drum auf, ihr Menschenkinder, auf!
Auf, auf, und nehmet euren Lauf
Mit mir hin zu der Stell und Ort,
Davon gemeld't der Engel Wort.
8.
Schaut hin, dort liegt im finstern Stall,
Des Herrschaft gehet überall!
Da Speise vormals sucht ein Rind,
Da ruht jetzt der Jungfrauen Kind.
9.
O Menschenkind, betracht es recht
Und strauchle nicht, dieweil so schlecht,
[22]So elend scheint dies Kindelein;
Es ist und soll auch uns groß sein.
10.
Es wird im Fleisch hier vorgestellt,
Der alles schuf und noch erhält.
Das Wort, so bald im Anfang war
Bei Gott, selbst Gott, das lieget dar.
11.
Es ist der eingeborne Sohn
Des Vaters, unser Gnadenthron,
Das A und O, der große Gott,
Der Siegsfürst, der Herr Zebaoth.
12.
Denn weil die Zeit nunmehr erfüllt,
Da Gottes Zorn muß sein gestillt,
Wird sein Sohn Mensch, trägt unsre Schuld,
Wirbt uns durch sein Blut Gottes Huld.
13.
Dies ist die rechte Freudenzeit.
Weg Trauern, weg, weg alles Leid!
Trotz dem, der ferner uns verhöhnt!
Gott selbst ist Mensch. Wir sind versöhnt.
14.
Der Sünden Büßer ist nun hier,
Den Schlangentreter haben wir,
Der Höllen Pest, des Todes Gift,
Des Lebens Fürsten man hier trifft.
15.
Es hat mit uns nun keine Not,
Weil Sünde, Teufel, Höll und Tod
Zu Spott und Schanden sind gemacht
In dieser großen Wundernacht.
16.
O selig, selig alle Welt,
Die sich an dieses Kindlein hält!
[23]Wohl dem, der dieses recht erkennt
Und gläubig seinen Heiland nennt!
17.
Es danke Gott, wer danken kann,
Der unser sich so hoch nimmt an
Und sendet aus des Himmels Thron
Uns, seinen Feinden, seinen Sohn.
18.
Drum stimmt an mit der Engel Heer:
Gott in der Höhe sei nun Ehr!
Auf Erden Frieden jederzeit!
Den Menschen Wonn und Fröhlichkeit!
(Luk. 2, 15.)
1.
Kommt und laßt uns Christum ehren,
Herz und Sinnen zu ihm kehren:
Singet fröhlich, laßt euch hören,
Wertes Volk der Christenheit!
2.
Sünd und Hölle mag sich grämen,
Tod und Teufel mag sich schämen,
Wir, die unser Heil annehmen,
Werfen allen Kummer hin.
3.
Sehet, was hat Gott gegeben!
Seinen Sohn zum ewgen Leben.
Dieser kann und will uns heben
Aus dem Leid ins Himmels Freud.
4.
Seine Seel ist uns gewogen,
Lieb und Gunst hat ihn gezogen
[24]Uns, die Satanas betrogen,
Zu besuchen aus der Höh.
5.
Jakobs Stern ist aufgegangen,
Stillt das sehnliche Verlangen,
Bricht den Kopf der alten Schlangen
Und zerstört der Höllen Reich.
6.
Unser Kerker, da wir saßen
Und mit Sorgen ohne Maßen
Uns das Herze selbst abfraßen,
Ist entzwei und wir sind frei.
7.
O du hochgesegnte Stunde,
Da wir das von Herzensgrunde
Glauben und mit unserm Munde
Danken dir, o Jesulein!
8.
Schönstes Kindlein in dem Stalle,
Sei uns freundlich, bring uns alle
Dahin, da mit süßem Schalle
Dich der Engel Heer erhöht.
1.
Alle, die ihr, Gott zu ehren,
Unsre Christlust wollt vermehren,
Eya, eya,
Steht und hört vor allen Dingen
Gottes Mutter fröhlich singen
[25]Bei dem Kripplein ihres Sohns:
Eya, eya,
Schlaf und ruhe,
Schlaf, schlaf, liebes Jesulein!
2.
Schlaf, du großer Weltberater,
Bräutgam, Sohn und selbst auch Vater,
Eya, eya,
Bett und Lager, das dich träget,
Hab ich dir zurecht geleget,
Schlaf, du schönstes Kindelein!
Eya, eya,
Schlaf und ruhe,
Schlaf, schlaf, trautes Herzelein!
3.
Schlaf, mein Krönlein! Licht und Leben,
Was dir lieb, will ich dir geben,
Eya, eya,
Schlaf, du Ausbund aller Gaben,
Laß dich speisen, laß dich laben
Bei der armen Krippen hier!
Eya, eya,
Schlaf und ruhe,
Schlaf, schlaf, du mein Ehr und Ruhm!
4.
Schlaf, o bestes aller Güter,
Schlaf, o Perle der Gemüter,
Eya, eya,
Schlaf mein Trost, dem nichts zu gleichen,
Milch und Honig muß dir weichen,
Schlaf, du edler Herzensgast!
Eya, eya,
Schlaf und ruhe,
Schlaf, schlaf, werte Lilienblum!
[26] 5.
Schlaf, o Kind, den Gott erkoren,
Schlaf, o Schatz, den ich geboren,
Eya, eya,
Schlaf, du frommer Seelen Weide,
Schlaf, du frommer Herzen Freude,
Schlaf, du meines Leibes Frucht!
Eya, eya,
Schlaf und ruhe,
Schlaf, schlaf, allersüß'stes Lieb!
6.
Ich will dir dein Bettlein zieren,
Ganz mit Blumen überführen,
Eya, eya,
Schlaf, du Lust, die wir erwählen,
Schlaf, du Paradies der Seelen,
Schlaf, du wahres Himmelsbrot!
Eya, eya,
Schlaf und ruhe,
Schlaf, schlaf, Heiland aller Welt!
1.
Nun laß uns gehn und treten
Mit Singen und mit Beten
Zum Herrn, der unserm Leben
Bis hierher Kraft gegeben.
2.
Wir gehn dahin und wandern
Von einem Jahr zum andern,
Wir leben und gedeihen
Vom alten bis zum neuen;
[27] 3.
Durch soviel Angst und Plagen,
Durch Zittern und durch Zagen,
Durch Krieg und große Schrecken,
Die alle Welt bedecken.
4.
Denn wie von treuen Müttern
In schweren Ungewittern
Die Kindlein hier auf Erden
Mit Fleiß bewahret werden:
5.
Also auch nichts minder
Läßt Gott ihm seine Kinder,
Wenn Not und Trübsal blitzen,
In seinem Schoße sitzen.
6.
Ach Hüter unsers Lebens,
Fürwahr, es ist vergebens
Mit unserm Tun und Machen,
Wo nicht dein Augen wachen.
7.
Gelobt sei deine Treue,
Die alle Morgen neue,
Lob sei den starken Händen,
Die alles Herzleid wenden.
8.
Laß ferner dich erbitten,
O Vater, und bleib mitten
In unserm Kreuz und Leiden
Ein Brunnen unsrer Freuden.
9.
Gib mir und allen denen,
Die sich von Herzen sehnen
Nach dir und deiner Hulde,
Ein Herz, das sich gedulde.
[28] 10.
Schleuß zu die Jammerpforten
Und laß an allen Orten
Auf so viel Blutvergießen
Die Freudenströme fließen.
11.
Sprich deinen milden Segen
Zu allen unsern Wegen,
Laß Großen und auch Kleinen
Die Gnadensonne scheinen.
12.
Sei der Verlaßnen Vater,
Der Irrenden Berater,
Der Unversorgten Gabe,
Der Armen Gut und Habe.
13.
Hilf gnädig allen Kranken,
Gib fröhliche Gedanken
Den hochbetrübten Seelen,
Die sich mit Schwermut quälen.
14.
Und endlich, was das Meiste,
Füll uns mit deinem Geiste,
Der uns hier herrlich ziere
Und dort zum Himmel führe.
15.
Das alles wollst du geben,
O meines Lebens Leben,
Mir und der Christen Schare
Zum selgen neuen Jahre.
1.
Warum machet solche Schmerzen,
Warum machet solche Pein,
Der von unbeschnittnem Herzen,
Dir, herzliebstes Jesulein,
Mit Beschneidung, da du doch
Frei von des Gesetzes Joch.
Weil du, einem Menschenkinde
Zwar gleich, doch ganz ohne Sünde?
2.
Für dich darfst du dies nicht dulden,
Du bist ja des Bundes Herr,
Unsre, unsre große Schulden,
Die so grausam, die so schwer
Auf uns liegen, daß es dich
Jammert herz- und inniglich,
Die trägst du ab, uns zu retten,
Die sonst nichts zu zahlen hätten.
3.
Freut, ihr Schuldner, euch deswegen,
Ja, sei fröhlich alle Welt,
Weil heut anhebt zu erlegen
Gottes Sohn das Lösegeld;
Das Gesetz wird heut erfüllt,
Heut wird Gottes Zorn gestillt.
Heut macht uns, so sollten sterben,
Gottes Blut zu Gottes Erben.
4.
Wer mag recht die Gnad erkennen?
Wer kann dafür dankbar sein?
Herz und Mund soll stets dich nennen
Unsern Heiland, Jesulein!
[30]Deine Güte wollen wir
Nach Vermögen preisen hier,
Weil wir in der Schwachheit wallen;
Dort soll baß dein Lob erschallen.
(Joh. 1, 29 und Jes. 53, 4-7)
1.
Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld
Der Welt und ihrer Kinder;
Es geht und büßet in Geduld
Die Sünden aller Sünder.
Es geht dahin, wird matt und krank,
Ergibt sich auf die Würgebank,
Verzeiht sich allen Freuden;
Es nimmet an Schmach, Hohn und Spott,
Angst, Wunden, Striemen, Kreuz und Tod
Und spricht: Ich wills gern leiden.
2.
Das Lämmlein ist der große Freund
Und Heiland meiner Seelen;
Den, den hat Gott zum Sündenfeind
Und Sühner wollen wählen.
»Geh hin, mein Kind, und nimm dich an
Der Kinder, die ich ausgetan
Zur Straf und Zornesruten;
Die Straf ist schwer, der Zorn ist groß;
Du kannst und sollst sie machen los
Durch Sterben und durch Bluten.«
3.
»Ja, Vater, ja von Herzensgrund,
Leg auf, ich will dirs tragen.
Mein Wollen hängt an deinem Mund;
[31]Mein Wirken ist dein Sagen.«
O Wunderlieb, o Liebesmacht,
Du kannst, was nie kein Mensch gedacht,
Gott seinem Sohn abzwingen.
O Liebe, Liebe, du bist stark,
Du strecktest den ins Grab und Sarg,
Vor dem die Felsen springen.
4.
Du marterst ihn am Kreuzesstamm
Mit Nägeln und mit Spießen;
Du schlachtest ihn als wie ein Lamm,
Machst Herz und Adern fließen:
Das Herze mit der Seufzer Kraft,
Die Adern mit dem edlen Saft
Des purpurroten Blutes.
O süßes Lamm, was soll ich dir
Erweisen dafür, daß du mir
Erweisest so viel Gutes?
5.
Mein Lebetage will ich dich
Aus meinem Sinn nicht lassen;
Dich will ich stets, gleich wie du mich,
Mit Liebesarmen fassen.
Du sollst sein meines Herzens Licht,
Und wenn mein Herz in Stücken bricht,
Sollst du mein Herze bleiben.
Ich will mich dir, mein höchster Ruhm,
Hiermit zu deinem Eigentum
Beständiglich verschreiben.
6.
Ich will von deiner Lieblichkeit
Bei Nacht und Tage singen,
Mich selbst auch dir nach Möglichkeit
Zum Freudenopfer bringen.
Mein Bach des Lebens soll sich dir
[32]Und deinem Namen für und für
In Dankbarkeit ergießen;
Und was du mir zu gut getan,
Das will ich stets, so tief ich kann,
In mein Gedächtnis schließen.
7.
Erweitre dich, mein Herzensschrein,
Du sollst ein Schatzhaus werden
Der Schätze, die viel größer sein
Als Himmel, Meer und Erden.
Weg mit dem Gold Arabia!
Weg Kalmus, Myrrhen, Kassia!
Ich hab ein Bessers funden:
Mein großer Schatz, Herr Jesu Christ,
Ist dieses, was geflossen ist
Aus deines Leibes Wunden.
8.
Das soll und will ich mir zu nutz
Zu allen Zeiten machen;
Im Streite soll es sein mein Schutz,
In Traurigkeit mein Lachen,
In Fröhlichkeit mein Saitenspiel,
Und wenn mir nichts mehr schmecken will,
Soll mich dies Manna speisen.
Im Durst solls sein mein Wasserquell,
In Einsamkeit mein Sprachgesell
Zu Haus und auch auf Reisen.
9.
Was schadet mir des Todes Gift?
Dein Blut, das ist mein Leben.
Wenn mich der Sonnen Hitze trifft,
So kann mirs Schatten geben.
Setzt mir der Wehmut Schmerzen zu,
So find ich bei dir meine Ruh
Als auf dem Bett ein Kranker.
[33]Und wenn des Kreuzes Ungestüm
Mein Schifflein treibet üm und üm,
So bist du dann mein Anker.
10.
Wenn endlich ich soll treten ein
In deines Reiches Freuden,
So soll dies Blut mein Purpur sein,
Ich will mich darin kleiden;
Es soll sein meines Hauptes Kron,
In welcher ich will vor dem Thron
Des höchsten Vaters gehen
Und dir, dem er mich anvertraut,
Als eine wohlgeschmückte Braut
An deiner Seite stehen.
1.
O Welt, sieh hier dein Leben
Am Stamm des Kreuzes schweben!
Dein Heil sinkt in den Tod!
Der große Fürst der Ehren
Läßt willig sich beschweren
Mit Schlägen, Hohn und großem Spott.
2.
Tritt her und schau mit Fleiße:
Sein Leib ist ganz mit Schweiße
Des Blutes überfüllt;
Aus seinem edlen Herzen
Vor unerschöpften Schmerzen
Ein Seufzer nach dem andern quillt.
3.
Wer hat dich so geschlagen,
Mein Heil, und dich mit Plagen
So übel zugericht't?
[34]Du bist ja nicht ein Sünder
Wie wir und unsre Kinder,
Von Übeltaten weißt du nicht.
4.
Ich, ich und meine Sünden,
Die sich wie Körnlein finden
Des Sandes an dem Meer,
Die haben dir erreget
Das Elend, das dich schläget,
Und das betrübte Marterheer.
5.
Ich bins, ich sollte büßen,
An Händen und an Füßen
Gebunden, in der Höll;
Die Geißeln und die Banden
Und was du ausgestanden,
Das hat verdienet meine Seel.
6.
Du nimmst auf deinen Rücken
Die Lasten, die mich drücken
Viel sehrer als ein Stein.
Du wirst ein Fluch, dagegen
Verehrst du mir den Segen;
Dein Schmerzen muß mein Labsal sein.
7.
Du setzest dich zum Bürgen,
Ja lässest dich gar würgen
Für mich und meine Schuld;
Mir lässest du dich krönen
Mit Dornen, die dich höhnen,
Und leidest alles mit Geduld.
8.
Du springst ins Todes Rachen,
Mich frei und los zu machen
Von solchem Ungeheur.
[35]Mein Sterben nimmst du abe,
Vergräbst es in dem Grabe,
O unerhörtes Liebesfeur!
9.
Ich bin, mein Heil, verbunden
All Augenblick und Stunden
Dir überhoch und sehr.
Was Leib und Seel vermögen,
Das soll ich billig legen
Allzeit an deinen Dienst und Ehr.
10.
Nun, ich kann nicht viel geben
In diesem armen Leben;
Eins aber will ich tun:
Es soll dein Tod und Leiden
Bis Leib und Seele scheiden,
Mir stets in meinem Herzen ruhn.
11.
Ich wills vor Augen setzen,
Mich stets daran ergötzen,
Ich sei auch, wo ich sei;
Es soll mir sein ein Spiegel
Der Unschuld und ein Siegel
Der Lieb und unverfälschten Treu.
12.
Wie heftig unsre Sünden
Den frommen Gott entzünden,
Wie Rach und Eifer gehn,
Wie grausam seine Ruten,
Wie zornig seine Fluten,
Will ich aus diesem Leiden sehn.
13.
Ich will daraus studieren,
Wie ich mein Herz soll zieren
Mit stillem, sanften Mut,
[36]Und wie ich die soll lieben,
Die mich doch sehr betrüben
Mit Werken, so die Bosheit tut.
14.
Wenn böse Zungen stechen,
Mir Glimpf und Namen brechen.
So will ich zähmen mich;
Das Unrecht will ich dulden,
Dem Nächsten seine Schulden
Verzeihen gern und williglich.
15.
Ich will mich mit dir schlagen
Ans Kreuz und dem absagen,
Was meinem Fleisch gelüst't.
Was deine Augen hassen,
Das will ich fliehn und lassen,
So viel mir immer möglich ist.
16.
Dein Seufzen und dein Stöhnen
Und die viel tausend Tränen,
Die dir geflossen zu,
Die sollen mich am Ende
In deinen Schoß und Hände
Begleiten zu der ewgen Ruh.