Paul Gerhardt: Gedichte

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[1] Advents-Gesang

Wie soll ich dich empfangen

(Matth. 21, 8)

 

1.

Wie soll ich dich empfangen

Und wie begegn' ich dir?

O aller Welt Verlangen,

O meiner Seelen Zier!

O Jesu, Jesu, setze

Mir selbst die Fackel bei,

Damit, was dich ergötze,

Mir kund und wissend sei.

 

2.

Dein Zion streut dir Palmen

Und grüne Zweige hin,

Und ich will dir in Psalmen

Ermuntern meinen Sinn.

Mein Herze soll dir grünen

In stetem Lob und Preis

Und deinem Namen dienen,

So gut es kann und weiß.

 

3.

[1]

Was hast du unterlassen

Zu meinem Trost und Freud?

Als Leib und Seele saßen

In ihrem größten Leid,

Als mir das Reich genommen,

Da Fried und Freude lacht,

Da bist du, mein Heil, kommen

Und hast mich froh gemacht.

 

4.

Ich lag in schweren Banden,

Du kommst und machst mich los;

Ich stund in Spott und Schanden,

Du kommst und machst mich groß

Und hebst mich hoch zu Ehren

[2]

Und schenkst mir großes Gut,

Das sich nicht läßt verzehren,

Wie irdisch Reichtum tut.

 

5.

Nichts, nichts hat dich getrieben

Zu mir vom Himmelszelt

Als das geliebte Lieben,

Damit du alle Welt

In ihren tausend Plagen

Und großen Jammerlast,

Die kein Mund kann aussagen,

So fest umfangen hast.

 

6.

Das schreib dir in dein Herze,

Du hochbetrübtes Heer,

Bei denen Gram und Schmerze

Sich häuft je mehr und mehr.

Seid unverzagt, ihr habet

Die Hilfe vor der Tür;

Der eure Herzen labet

Und tröstet, steht allhier.

 

7.

Ihr dürft euch nicht bemühen

Noch sorgen Tag und Nacht,

Wie ihr ihn wollet ziehen

Mit eures Armes Macht.

Er kommt, er kommt mit Willen,

Ist voller Lieb und Lust,

All Angst und Not zu stillen,

Die ihm an euch bewußt.

 

8.

Auch dürft ihr nicht erschrecken

Vor eurer Sündenschuld.

Nein, Jesus will sie decken

Mit seiner Lieb und Huld.

[3]

Er kommt, er kommt den Sündern

Zum Trost und wahren Heil,

Schafft, daß bei Gottes Kindern

Verbleib ihr Erb und Teil.

 

9.

Was fragt ihr nach dem Schreien

Der Feind und ihrer Tück?

Der Herr wird sie zerstreuen

In einem Augenblick.

Er kommt, er kommt, ein König,

Dem wahrlich alle Feind

Auf Erden viel zu wenig

Zum Widerstande seind.

 

10.

Er kommt zum Weltgerichte,

Zum Fluch dem, der ihm flucht,

Mit Gnad und süßem Lichte

Dem, der ihn liebt und sucht.

Ach komm, ach komm, o Sonne,

Und hol uns allzumal

Zum ewgen Licht und Wonne

In deinen Freudensaal.

Warum willst du draußen stehen, du Gesegneter des Herrn?

(1. Mose 24, 31)

 

1.

Warum willst du draußen stehen,

Du Gesegneter des Herrn?

Laß dir bei mir einzugehen

Wohl gefallen, du mein Stern!

Du, mein Jesu, meine Freud,

Helfer in der rechten Zeit,

Hilf, o Heiland, meinem Herzen

Von den Wunden, die mich schmerzen.

 

[4] 2.

Meine Wunden sind der Jammer,

Welchen oftmals Tag und Nacht

Des Gesetzes starker Hammer

Mir mit seinem Schrecken macht.

O der schweren Donnerstimm,

Die mir Gottes Zorn und Grimm

Also tief ins Herze schläget,

Daß sich all mein Blut beweget.

 

3.

Dazu kommt des Teufels Lügen,

Der mir alle Gnad absagt,

Als müßt ich nun ewig liegen

In der Höllen, die ihn plagt;

Ja auch, was noch ärger ist,

So zermartert und zerfrißt

Mich mein eigenes Gewissen

Mit vergift'ten Schlangenbissen.

 

4.

Will ich dann mein Elend lindern

Und erleichtern meine Not

Bei der Welt und ihren Kindern.

Fall ich vollends in den Kot:

Da ist Trost, der mich betrübt,

Freude, die mein Unglück liebt,

Helfer, die mir Herzleid machen,

Gute Freunde, die mein lachen.

 

5.

In der Welt ist alles nichtig,

Nichts ist, das nicht kraftlos wär:

Hab ich Hoheit, die ist flüchtig!

Hab ich Reichtum, was ist's mehr

Als ein Stücklein armer Erd?

Hab ich Lust, was ist sie wert?

Was ist's, das mich heut erfreuet,

Das mich morgen nicht gereuet?

 

[5] 6.

Aller Trost und alle Freude

Ruht in dir, Herr Jesu Christ;

Dein Erfreuen ist die Weide,

Da man sich recht fröhlich ißt.

Leuchte mir, o Freudenlicht,

Ehe mir mein Herze bricht;

Laß mich, Herr, an dir erquicken;

Jesu, komm, laß dich erblicken!

 

7.

Freu dich, Herz, du bist erhöret,

Jetzo zeucht er bei dir ein,

Sein Gang ist zu dir gekehret,

Heiß ihn nur willkommen sein

Und bereite dich ihm zu,

Gib dich ganz zu seiner Ruh,

Öffne dein Gemüt und Seele,

Klag ihm, was dich drückt und quäle.

 

8.

Siehst du, wie sich alles setzet,

Was dir vor zuwider stund?

Hörst du, wie er dich ergötzet

Mit dem zuckersüßen Mund?

Ei, wie läßt der große Drach

All sein Tun und Toben nach!

Er muß aus dem Vorteil ziehen

Und in seinen Abgrund fliehen.

 

9.

Nun, du hast ein süßes Leben;

Alles, was du willst, ist dein.

Christus, der sich dir ergeben,

Legt sein Reichtum bei dir ein.

Seine Gnad ist deine Kron

Und du bist sein Hütt' und Thron.

Er hat dich in sich geschlossen,

Nennt dich seinen Hausgenossen.

 

[6] 10.

Seines Himmels güldne Decke

Spannt er um dich ringsherum,

Daß dich fort nicht mehr erschrecke

Deines Feindes Ungestüm.

Seine Engel stellen sich

Dir zur Seiten, wann du dich

Hier willst oder dorthin wenden,

Tragen sie dich auf den Händen.

 

11.

Was du Böses hast begangen,

Das ist alles abgeschafft.

Gottes Liebe nimmt gefangen

Deiner Sünde Macht und Kraft.

Christi Sieg behält das Feld,

Und was Böses in der Welt

Sich will wider dich erregen,

Wird zu lauter Glück und Segen.

 

12.

Alles dient zu deinem Frommen,

Was dir bös und schädlich scheint,

Weil dich Christus angenommen

Und es treulich mit dir meint.

Bleibst du deme wieder treu,

Ist's gewiß und bleibt dabei,

Daß du mit den Engeln droben

Ihn dort ewig werdest loben.

Wir singen dir, Immanuel

(Jes. 7, 14, Ps. 14, 7)

 

1.

Wir singen dir, Immanuel,

Du Lebensfürst und Gnadenquell,

Du Himmelsblum und Morgenstern,

Du Jungfraunsohn, Herr aller Herrn!

Halleluja!

 

[7] 2.

Wir singen dir in deinem Heer

Aus aller Kraft Lob, Preis und Ehr,

Daß du, o lang gewünschter Gast,

Dich nunmehr eingestellet hast.

Halleluja!

 

3.

Vom Anfang, da die Welt gemacht,

Hat so manch Herz nach dir gewacht;

Dich hat gehofft so lange Jahr

Der Väter und Propheten Schar.

Halleluja!

 

4.

Vor andern hat dein hoch begehrt

Der Hirt und König deiner Herd,

Der Mann, der dir so wohl gefiel,

Wann er dir sang auf Saitenspiel.

Halleluja!

 

5.

Ach, daß der Herr aus Zion käm

Und unsre Bande von uns nähm!

Ach, daß die Hilfe bräch herein,

So würde Jakob fröhlich sein.

Halleluja!

 

6.

Nun du bist hier, da liegest du,

Hältst in dem Kripplein deine Ruh;

Bist klein und machst doch alles groß,

Bekleidst die Welt und kommst doch bloß.

Halleluja!

 

7.

Du kehrst in fremder Hausung ein,

Und sind doch alle Himmel dein;

Trinkst Milch aus deiner Mutter Brust

Und bist doch selbst der Engel Lust.

Halleluja!

 

[8] 8.

Du hast dem Meer sein Ziel gesteckt

Und wirst mit Windeln zugedeckt;

Bist Gott und liegst auf Heu und Stroh,

Wirst Mensch und bist doch A und O.

Halleluja!

 

9.

Du bist der Ursprung aller Freud

Und duldest so viel Herzeleid;

Bist aller Heiden Trost und Licht,

Suchst selber Trost und findst ihn nicht.

Halleluja!

 

10.

Du bist der süße Menschenfreund,

Doch sind dir so viel Menschen feind;

Herodis Heer hält dich für Greul

Und bist doch nichts als lauter Heil.

Halleluja!

 

11.

Ich aber, dein geringster Knecht,

Ich sag es frei und mein es recht:

Ich liebe dich, doch nicht so viel,

Als ich dich gerne lieben will.

Halleluja!

 

12.

Der Will ist da, die Kraft ist klein;

Doch wird dir nicht zuwider sein

Mein armes Herz, und was es kann,

Wirst du in Gnaden nehmen an.

Halleluja!

 

13.

Hast du doch selbst dich schwach gemacht,

Erwähltest, was die Welt veracht't;

Warst arm und dürftig, nahmst vorlieb

Da, wo der Mangel dich hintrieb.

Halleluja!

 

[9] 14.

Du schliefst ja auf der Erden Schoß;

So war das Kripplein auch nicht groß;

Der Stall, das Heu, das dich umfing,

War alles schlecht und sehr gering.

Halleluja!

 

15.

Darum so hab ich guten Mut:

Du wirst auch halten mich für gut.

O Jesulein, dein frommer Sinn

Macht, daß ich so voll Trostes bin.

Halleluja!

 

16.

Bin ich gleich sünd- und lastervoll,

Hab ich gelebt nicht, wie ich soll,

Ei, kommst du doch deswegen her,

Daß sich der Sünder zu dir kehr.

Halleluja!

 

17.

Hätt ich nicht auf mir Sündenschuld,

Hätt ich kein Teil an deiner Huld;

Vergeblich wärst du mir geborn,

Wenn ich nicht wär in Gottes Zorn.

Halleluja!

 

18.

So faß ich dich nun ohne Scheu,

Du machst mich alles Jammers frei;

Du trägst den Zorn, du würgst den Tod,

Verkehrst in Freud all Angst und Not.

Halleluja!

 

19.

Du bist mein Haupt, hinwiederum

Bin ich dein Glied und Eigentum

Und will, so viel dein Geist mir gibt,

Stets dienen dir, wie dir's beliebt.

Halleluja!

 

[10] 20.

Ich will dein Halleluja hier

Mit Freuden singen für und für

Und dort in deinem Ehrensaal

Solls schallen ohne Zeit und Zahl.

Halleluja!

O Jesu Christ, dein Kripplein ist mein Paradies

1.

O Jesu Christ,

Dein Kripplein ist

Mein Paradies, da meine Seele weidet!

Hier ist der Ort,

Hier liegt das Wort,

Mit unserm Fleisch persönlich angekleidet.

 

2.

Dem Meer und Wind

Gehorsam sind,

Gibst sich zum Dienst und wird ein Knecht der Sünder.

Du, Gottes Sohn,

Wirst Erd und Ton,

Gering und schwach wie wir und unsre Kinder.

 

3.

Du, höchstes Gut,

Hebst unser Blut

In deinen Thron hoch über alle Höhen.

Du, ewge Kraft,

Machst Brüderschaft

Mit uns, die wie ein Dampf und Rauch vergehen.

 

4.

Was will uns nun

Zuwider tun

Der Seelenfeind mit allem Gift und Gallen?

Was wirft er mir

Und andern für,

Daß Adam ist, und wir mit ihm, gefallen?

 

[11] 5.

Schweig arger Feind!

Da sitzt mein Freund,

Mein Fleisch und Blut, hoch in dem Himmel droben;

Was du gefällt,

Das hat der Held

Aus Jakobs Stamm zu großer Ehr erhoben.

 

6.

Sein Licht und Heil

Macht alles heil;

Der Himmelsschatz bringt allen Schaden wieder.

Der Freudenquell

Immanuel

Schlägt Teufel, Höll und all ihr Reich darnieder.

 

7.

Drum frommer Christ,

Wer du auch bist,

Sei gutes Muts und laß dich nicht betrüben;

Weil Gottes Kind

Dich ihm verbind't,

So kanns nicht anders sein, Gott muß dich lieben.

 

8.

Gedenke doch,

Wie herrlich hoch

Er über alle Jammer dich geführet!

Der Engel Heer

Ist selbst nicht mehr

Als eben du mit Seligkeit gezieret.

 

9.

Du siehest ja

Vor Augen da

Dein Fleisch und Blut die Luft und Wolken lenken;

Was will doch sich –

Ich frage dich –

Erheben, dich in Angst und Furcht zu senken?

 

[12] 10.

Dein blöder Sinn

Geht oft dahin,

Ruft Ach und Weh, läßt allen Trost verschwinden.

Komm her und richt

Dein Angesicht

Zum Kripplein Christi, da, da wirst du's finden.

 

11.

Wirst du geplagt?

Ei, unverzagt!

Dein Bruder wird dein Unglück nicht verschmähen;

Sein Herz ist weich

Und gnadenreich,

Kann unser Leid nicht ohne Tränen sehen.

 

12.

Tritt zu ihm zu!

Such Hilf und Ruh!

Er wird's so machen, daß du ihm wirst danken.

Er weiß und kennt

Was beißt und brennt,

Versteht wohl, wie zu Mute sei dem Kranken.

 

13.

Denn eben drum

Hat er den Grimm

Des Kreuzes auch am Leibe wollen tragen,

Daß seine Pein

Ihm möge sein

Ein unverrückt Erinnrung unsrer Plagen.

 

14.

Mit einem Wort:

Er ist die Pfort

Zu dieses und des andern Lebens Freuden;

Er macht behend

Ein seligs End

An alle dem, was fromme Herzen leiden.

 

[13] 15.

Laß aller Welt

Ihr Gut und Geld

Und siehe nur, daß dieser Schatz dir bleibe!

Wer den hier fest

Hält und nicht läßt,

Den ehrt und krönt er dort an Seel und Leibe.

Fröhlich soll mein Herze springen

1.

Fröhlich soll mein Herze springen

Dieser Zeit,

Da vor Freud

Alle Engel singen.

Hört, hört, wie mit vollen Choren

Alle Luft

Laute ruft:

Christus ist geboren.

 

2.

Heute geht aus seiner Kammer

Gottes Held,

Der die Welt

Reißt aus allem Jammer.

Gott wird Mensch, dir Mensch zugute;

Gottes Kind,

Das verbind't

Sich mit unserm Blute.

 

3.

Sollt uns Gott nun können hassen,

Der uns gibt,

Was er liebt

Über alle Maßen?

Gott gibt, unserm Leid zu wehren,

Seinen Sohn

[14]

Aus dem Thron

Seiner Macht und Ehren.

 

4.

Sollte von uns sein gekehret,

Der sein Reich

Und zugleich

Sich selbst uns verehret?

Sollt uns Gottes Sohn nicht lieben

Der jetzt kömmt,

Von uns nimmt,

Was uns will betrüben?

 

5.

Hätte für der Menschen Orden

Unser Heil

Einen Greul,

Wär er nicht Mensch worden;

Hätt er Lust zu unserm Schaden,

Ei, so würd

Unsre Bürd

Er nicht auf sich laden.

 

6.

Er nimmt auf sich, was auf Erden

Wir getan,

Gibt sich an,

Unser Lamm zu werden,

Unser Lamm, das für uns stirbet

Und bei Gott

Für den Tod

Gnad und Fried erwirbet.

 

7.

Nun er liegt in seiner Krippen,

Ruft zu sich

Mich und dich,

Spricht mit süßen Lippen:

Lasset fahrn, o lieben Brüder,

[15]

Was euch quält,

Was euch fehlt;

Ich bring alles wieder.

 

8.

Ei, so kommt und laßt uns laufen;

Stellt euch ein,

Groß und klein,

Eilt mit großen Haufen;

Liebt den, der vor Liebe brennet,

Schaut den Stern,

Der euch gern

Licht und Labsal gönnet.

 

9.

Die ihr schwebt in großem Leiden,

Sehet, hier

Ist die Tür

Zu der wahren Freuden.

Faßt ihn wohl, er wird euch führen

An den Ort,

Da hinfort

Euch kein Kreuz wird rühren.

 

10.

Wer sich fühlt beschwert im Herzen,

Wer empfind't

Seine Sünd

Und Gewissensschmerzen,

Sei getrost, hier wird gefunden,

Der in Eil

Machet heil

Die vergift'ten Wunden.

 

11.

Die ihr arm seid und elende,

Kommt herbei,

Füllet frei

Eures Glaubens Hände!

[16]

Hier sind alle guten Gaben

Und das Gold,

Da ihr sollt

Euer Herz mit laben.

 

12.

Süßes Heil, laß dich umfangen,

Laß mich dir,

Meine Zier,

Unverrückt anhangen.

Du bist meines Lebens Leben;

Nun kann ich

Mich durch dich

Wohl zufrieden geben.

 

13.

Meine Schuld kann mich nicht drücken,

Denn du hast

Meine Last

All auf deinem Rücken.

Kein Fleck ist an mir zu finden,

Ich bin gar

Rein und klar

Aller meiner Sünden.

 

14.

Ich bin rein um deinetwillen,

Du gibst gnug

Ehr und Schmuck,

Mich darein zu hüllen.

Ich will dich ins Herze schließen;

O mein Ruhm.

Edle Blum,

Laß dich recht genießen.

 

15.

Ich will dich mit Fleiß bewahren,

Ich will dir

Leben hier,

[17]

Dir will ich abfahren.

Mit dir will ich endlich schweben

Voller Freud,

Ohne Zeit

Dort im andern Leben.

Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesulein, mein Leben

1.

Ich steh an deiner Krippen hier,

O Jesulein, mein Leben;

Ich komme, bring und schenke dir,

Was du mir hast gegeben.

Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,

Herz, Seel und Mut, nimm alles hin

Und laß dir's wohlgefallen.

 

2.

Du hast mit deiner Lieb erfüllt

Mein Adern und Geblüte,

Dein schöner Glanz, dein süßes Bild

Liegt mir ganz im Gemüte.

Und wie mag es auch anders sein:

Wie könnt ich dich, mein Herzelein,

Aus meinem Herzen lassen!

 

3.

Da ich noch nicht geboren war,

Da bist du mir geboren

Und hast mich dir zu eigen gar,

Eh ich dich kannt, erkoren.

Eh ich durch deine Hand gemacht,

Da hast du schon bei dir bedacht,

Wie du mein wolltest werden.

 

4.

Ich lag in tiefster Todesnacht,

Du warest meine Sonne,

[18]

Die Sonne, die mir zugebracht

Licht, Leben, Freud und Wonne.

O Sonne, die das werte Licht

Des Glaubens in mir zugericht't,

Wie schön sind deine Strahlen!

 

5.

Ich sehe dich mit Freuden an

Und kann mich nicht satt sehen,

Und weil ich nun nicht weiter kann,

So tu ich, was geschehen.

O daß mein Sinn ein Abgrund wär

Und meine Seel ein weites Meer,

Daß ich dich möchte fassen!

 

6.

Vergönne mir, o Jesulein,

Daß ich dein Mündlein küsse,

Das Mündlein, das den süßen Wein,

Auch Milch und Honigflüsse

Weit übertrifft in seiner Kraft;

Es ist voll Labsal, Stärk und Saft,

Der Mark und Bein erquicket.

 

7.

Wenn oft mein Herz im Leibe weint

Und keinen Trost kann finden,

Da ruft mir's zu: Ich bin dein Freund,

Ein Tilger deiner Sünden!

Was trauerst du, mein Brüderlein?

Du sollst ja guter Dinge sein,

Ich zahle deine Schulden.

 

8.

Wer ist der Meister, der allhier

Nach Würdigkeit ausstreichet

Die Händlein, so dies Kindlein mir

Anlachende zureichet?

Der Schnee ist hell, die Milch ist weiß,

[19]

Verlieren doch beid ihren Preis,

Wann diese Händlein blicken.

 

9.

Wo nehm ich Weisheit und Verstand,

Mit Lobe zu erhöhen

Die Äuglein, die so unverwandt

Nach mir gerichtet stehen?

Der volle Mond ist schön und klar,

Schön ist der güldnen Sterne Schar,

Dies' Äuglein sind viel schöner.

 

10.

O daß doch ein so lieber Stern

Soll in der Krippen liegen!

Für edle Kinder großer Herrn

Gehören güldne Wiegen.

Ach, Heu und Stroh ist viel zu schlecht,

Samt, Seide, Purpur wären recht,

Dies Kindlein drauf zu legen.

 

11.

Nehmt weg das Stroh, nehmt weg das Heu,

Ich will mir Blumen holen,

Daß meines Heilands Lager sei

Auf lieblichen Violen.

Mit Rosen, Nelken, Rosmarin

Aus schönen Gärten will ich ihn

Von obenher bestreuen.

 

12.

Zur Seiten will ich hier und dar

Viel weißer Lilien stecken,

Die sollen seiner Äuglein Paar

Im Schlafe sanft bedecken.

Doch liebt viel mehr das dürre Gras

Dies Kindelein, als alles das,

Was ich hier nenn und denke.

 

[20] 13.

Du fragest nicht nach Lust der Welt

Noch nach des Leibes Freuden,

Du hast dich bei uns eingestellt,

An unsrer Statt zu leiden,

Suchst meiner Seelen Herrlichkeit,

Durch dein selbsteignes Herzeleid,

Das will ich dir nicht wehren.

 

14.

Eins aber, hoff ich, wirst du mir,

Mein Heiland, nicht versagen:

Daß ich dich möge für und für

In, bei und an mir tragen.

So laß mich doch dein Kripplein sein;

Komm, komm und lege bei mir ein

Dich und all deine Freuden.

 

15.

Zwar sollt ich denken, wie gering

Ich dich bewirten werde,

Du bist der Schöpfer aller Ding,

Ich bin nur Staub und Erde.

Doch bist du so ein frommer Gast,

Daß du noch nie verschmähest hast

Den, der dich gerne siehet.

Schaut, schaut, was ist für Wunder dar?

1.

Schaut, schaut, was ist für Wunder dar?

Die schwarze Nacht wird hell und klar,

Ein großes Licht bricht dort herein,

Ihm weichet aller Sterne Schein.

 

2.

Es ist ein rechtes Wunderlicht

Und gar die alte Sonne nicht,

[21]

Weils, wider die Natur, die Nacht

Zu einem hellen Tage macht.

 

3.

Was wird hierdurch uns zeigen an

Der die Natur so ändern kann?

Es muß ein großes Werk geschehn,

Wie wir aus solchem Zeichen sehn.

 

4.

Sollt auch erscheinen dieser Zeit

Die Sonne der Gerechtigkeit,

Der helle Stern aus Jakobs Stamm,

Der Heiden Licht, des Weibes Sam?

 

5.

Es ist also. Des Himmels Heer,

Das bringt uns jetzt die Freudenmär,

Wie sich nunmehr hab eingestellt

Zu Bethlehem das Heil der Welt.

 

6.

O Gütigkeit! Was lange Jahr

Ihm hat der frommen Väter Schar

Gewünscht und sehnlich oft begehrt,

Des werden wir von Gott gewährt.

 

7.

Drum auf, ihr Menschenkinder, auf!

Auf, auf, und nehmet euren Lauf

Mit mir hin zu der Stell und Ort,

Davon gemeld't der Engel Wort.

 

8.

Schaut hin, dort liegt im finstern Stall,

Des Herrschaft gehet überall!

Da Speise vormals sucht ein Rind,

Da ruht jetzt der Jungfrauen Kind.

 

9.

O Menschenkind, betracht es recht

Und strauchle nicht, dieweil so schlecht,

[22]

So elend scheint dies Kindelein;

Es ist und soll auch uns groß sein.

 

10.

Es wird im Fleisch hier vorgestellt,

Der alles schuf und noch erhält.

Das Wort, so bald im Anfang war

Bei Gott, selbst Gott, das lieget dar.

 

11.

Es ist der eingeborne Sohn

Des Vaters, unser Gnadenthron,

Das A und O, der große Gott,

Der Siegsfürst, der Herr Zebaoth.

 

12.

Denn weil die Zeit nunmehr erfüllt,

Da Gottes Zorn muß sein gestillt,

Wird sein Sohn Mensch, trägt unsre Schuld,

Wirbt uns durch sein Blut Gottes Huld.

 

13.

Dies ist die rechte Freudenzeit.

Weg Trauern, weg, weg alles Leid!

Trotz dem, der ferner uns verhöhnt!

Gott selbst ist Mensch. Wir sind versöhnt.

 

14.

Der Sünden Büßer ist nun hier,

Den Schlangentreter haben wir,

Der Höllen Pest, des Todes Gift,

Des Lebens Fürsten man hier trifft.

 

15.

Es hat mit uns nun keine Not,

Weil Sünde, Teufel, Höll und Tod

Zu Spott und Schanden sind gemacht

In dieser großen Wundernacht.

 

16.

O selig, selig alle Welt,

Die sich an dieses Kindlein hält!

[23]

Wohl dem, der dieses recht erkennt

Und gläubig seinen Heiland nennt!

 

17.

Es danke Gott, wer danken kann,

Der unser sich so hoch nimmt an

Und sendet aus des Himmels Thron

Uns, seinen Feinden, seinen Sohn.

 

18.

Drum stimmt an mit der Engel Heer:

Gott in der Höhe sei nun Ehr!

Auf Erden Frieden jederzeit!

Den Menschen Wonn und Fröhlichkeit!

Weihnachts-Gesang

Kommt und laßt uns Christum ehren

(Luk. 2, 15.)

 

1.

Kommt und laßt uns Christum ehren,

Herz und Sinnen zu ihm kehren:

Singet fröhlich, laßt euch hören,

Wertes Volk der Christenheit!

 

2.

Sünd und Hölle mag sich grämen,

Tod und Teufel mag sich schämen,

Wir, die unser Heil annehmen,

Werfen allen Kummer hin.

 

3.

Sehet, was hat Gott gegeben!

Seinen Sohn zum ewgen Leben.

Dieser kann und will uns heben

Aus dem Leid ins Himmels Freud.

 

4.

Seine Seel ist uns gewogen,

Lieb und Gunst hat ihn gezogen

[24]

Uns, die Satanas betrogen,

Zu besuchen aus der Höh.

 

5.

Jakobs Stern ist aufgegangen,

Stillt das sehnliche Verlangen,

Bricht den Kopf der alten Schlangen

Und zerstört der Höllen Reich.

 

6.

Unser Kerker, da wir saßen

Und mit Sorgen ohne Maßen

Uns das Herze selbst abfraßen,

Ist entzwei und wir sind frei.

 

7.

O du hochgesegnte Stunde,

Da wir das von Herzensgrunde

Glauben und mit unserm Munde

Danken dir, o Jesulein!

 

8.

Schönstes Kindlein in dem Stalle,

Sei uns freundlich, bring uns alle

Dahin, da mit süßem Schalle

Dich der Engel Heer erhöht.

Christ-Wiegenlied

Alle, die ihr, Gott zu ehren, unsere Christlust wollt vermehren, steht und hört

1.

Alle, die ihr, Gott zu ehren,

Unsre Christlust wollt vermehren,

Eya, eya,

Steht und hört vor allen Dingen

Gottes Mutter fröhlich singen

[25]

Bei dem Kripplein ihres Sohns:

Eya, eya,

Schlaf und ruhe,

Schlaf, schlaf, liebes Jesulein!

 

2.

Schlaf, du großer Weltberater,

Bräutgam, Sohn und selbst auch Vater,

Eya, eya,

Bett und Lager, das dich träget,

Hab ich dir zurecht geleget,

Schlaf, du schönstes Kindelein!

Eya, eya,

Schlaf und ruhe,

Schlaf, schlaf, trautes Herzelein!

 

3.

Schlaf, mein Krönlein! Licht und Leben,

Was dir lieb, will ich dir geben,

Eya, eya,

Schlaf, du Ausbund aller Gaben,

Laß dich speisen, laß dich laben

Bei der armen Krippen hier!

Eya, eya,

Schlaf und ruhe,

Schlaf, schlaf, du mein Ehr und Ruhm!

 

4.

Schlaf, o bestes aller Güter,

Schlaf, o Perle der Gemüter,

Eya, eya,

Schlaf mein Trost, dem nichts zu gleichen,

Milch und Honig muß dir weichen,

Schlaf, du edler Herzensgast!

Eya, eya,

Schlaf und ruhe,

Schlaf, schlaf, werte Lilienblum!

 

[26] 5.

Schlaf, o Kind, den Gott erkoren,

Schlaf, o Schatz, den ich geboren,

Eya, eya,

Schlaf, du frommer Seelen Weide,

Schlaf, du frommer Herzen Freude,

Schlaf, du meines Leibes Frucht!

Eya, eya,

Schlaf und ruhe,

Schlaf, schlaf, allersüß'stes Lieb!

 

6.

Ich will dir dein Bettlein zieren,

Ganz mit Blumen überführen,

Eya, eya,

Schlaf, du Lust, die wir erwählen,

Schlaf, du Paradies der Seelen,

Schlaf, du wahres Himmelsbrot!

Eya, eya,

Schlaf und ruhe,

Schlaf, schlaf, Heiland aller Welt!

Neujahrs-Gesang

Nun laßt uns gehn und treten

1.

Nun laß uns gehn und treten

Mit Singen und mit Beten

Zum Herrn, der unserm Leben

Bis hierher Kraft gegeben.

 

2.

Wir gehn dahin und wandern

Von einem Jahr zum andern,

Wir leben und gedeihen

Vom alten bis zum neuen;

 

[27] 3.

Durch soviel Angst und Plagen,

Durch Zittern und durch Zagen,

Durch Krieg und große Schrecken,

Die alle Welt bedecken.

 

4.

Denn wie von treuen Müttern

In schweren Ungewittern

Die Kindlein hier auf Erden

Mit Fleiß bewahret werden:

 

5.

Also auch nichts minder

Läßt Gott ihm seine Kinder,

Wenn Not und Trübsal blitzen,

In seinem Schoße sitzen.

 

6.

Ach Hüter unsers Lebens,

Fürwahr, es ist vergebens

Mit unserm Tun und Machen,

Wo nicht dein Augen wachen.

 

7.

Gelobt sei deine Treue,

Die alle Morgen neue,

Lob sei den starken Händen,

Die alles Herzleid wenden.

 

8.

Laß ferner dich erbitten,

O Vater, und bleib mitten

In unserm Kreuz und Leiden

Ein Brunnen unsrer Freuden.

 

9.

Gib mir und allen denen,

Die sich von Herzen sehnen

Nach dir und deiner Hulde,

Ein Herz, das sich gedulde.

 

[28] 10.

Schleuß zu die Jammerpforten

Und laß an allen Orten

Auf so viel Blutvergießen

Die Freudenströme fließen.

 

11.

Sprich deinen milden Segen

Zu allen unsern Wegen,

Laß Großen und auch Kleinen

Die Gnadensonne scheinen.

 

12.

Sei der Verlaßnen Vater,

Der Irrenden Berater,

Der Unversorgten Gabe,

Der Armen Gut und Habe.

 

13.

Hilf gnädig allen Kranken,

Gib fröhliche Gedanken

Den hochbetrübten Seelen,

Die sich mit Schwermut quälen.

 

14.

Und endlich, was das Meiste,

Füll uns mit deinem Geiste,

Der uns hier herrlich ziere

Und dort zum Himmel führe.

 

15.

Das alles wollst du geben,

O meines Lebens Leben,

Mir und der Christen Schare

Zum selgen neuen Jahre.

[29] Von der Beschneidung Christi

Warum machet solche Schmerzen

1.

Warum machet solche Schmerzen,

Warum machet solche Pein,

Der von unbeschnittnem Herzen,

Dir, herzliebstes Jesulein,

Mit Beschneidung, da du doch

Frei von des Gesetzes Joch.

Weil du, einem Menschenkinde

Zwar gleich, doch ganz ohne Sünde?

 

2.

Für dich darfst du dies nicht dulden,

Du bist ja des Bundes Herr,

Unsre, unsre große Schulden,

Die so grausam, die so schwer

Auf uns liegen, daß es dich

Jammert herz- und inniglich,

Die trägst du ab, uns zu retten,

Die sonst nichts zu zahlen hätten.

 

3.

Freut, ihr Schuldner, euch deswegen,

Ja, sei fröhlich alle Welt,

Weil heut anhebt zu erlegen

Gottes Sohn das Lösegeld;

Das Gesetz wird heut erfüllt,

Heut wird Gottes Zorn gestillt.

Heut macht uns, so sollten sterben,

Gottes Blut zu Gottes Erben.

 

4.

Wer mag recht die Gnad erkennen?

Wer kann dafür dankbar sein?

Herz und Mund soll stets dich nennen

Unsern Heiland, Jesulein!

[30]

Deine Güte wollen wir

Nach Vermögen preisen hier,

Weil wir in der Schwachheit wallen;

Dort soll baß dein Lob erschallen.

Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld

(Joh. 1, 29 und Jes. 53, 4-7)

 

1.

Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld

Der Welt und ihrer Kinder;

Es geht und büßet in Geduld

Die Sünden aller Sünder.

Es geht dahin, wird matt und krank,

Ergibt sich auf die Würgebank,

Verzeiht sich allen Freuden;

Es nimmet an Schmach, Hohn und Spott,

Angst, Wunden, Striemen, Kreuz und Tod

Und spricht: Ich wills gern leiden.

 

2.

Das Lämmlein ist der große Freund

Und Heiland meiner Seelen;

Den, den hat Gott zum Sündenfeind

Und Sühner wollen wählen.

»Geh hin, mein Kind, und nimm dich an

Der Kinder, die ich ausgetan

Zur Straf und Zornesruten;

Die Straf ist schwer, der Zorn ist groß;

Du kannst und sollst sie machen los

Durch Sterben und durch Bluten.«

 

3.

»Ja, Vater, ja von Herzensgrund,

Leg auf, ich will dirs tragen.

Mein Wollen hängt an deinem Mund;

[31]

Mein Wirken ist dein Sagen.«

O Wunderlieb, o Liebesmacht,

Du kannst, was nie kein Mensch gedacht,

Gott seinem Sohn abzwingen.

O Liebe, Liebe, du bist stark,

Du strecktest den ins Grab und Sarg,

Vor dem die Felsen springen.

 

4.

Du marterst ihn am Kreuzesstamm

Mit Nägeln und mit Spießen;

Du schlachtest ihn als wie ein Lamm,

Machst Herz und Adern fließen:

Das Herze mit der Seufzer Kraft,

Die Adern mit dem edlen Saft

Des purpurroten Blutes.

O süßes Lamm, was soll ich dir

Erweisen dafür, daß du mir

Erweisest so viel Gutes?

 

5.

Mein Lebetage will ich dich

Aus meinem Sinn nicht lassen;

Dich will ich stets, gleich wie du mich,

Mit Liebesarmen fassen.

Du sollst sein meines Herzens Licht,

Und wenn mein Herz in Stücken bricht,

Sollst du mein Herze bleiben.

Ich will mich dir, mein höchster Ruhm,

Hiermit zu deinem Eigentum

Beständiglich verschreiben.

 

6.

Ich will von deiner Lieblichkeit

Bei Nacht und Tage singen,

Mich selbst auch dir nach Möglichkeit

Zum Freudenopfer bringen.

Mein Bach des Lebens soll sich dir

[32]

Und deinem Namen für und für

In Dankbarkeit ergießen;

Und was du mir zu gut getan,

Das will ich stets, so tief ich kann,

In mein Gedächtnis schließen.

 

7.

Erweitre dich, mein Herzensschrein,

Du sollst ein Schatzhaus werden

Der Schätze, die viel größer sein

Als Himmel, Meer und Erden.

Weg mit dem Gold Arabia!

Weg Kalmus, Myrrhen, Kassia!

Ich hab ein Bessers funden:

Mein großer Schatz, Herr Jesu Christ,

Ist dieses, was geflossen ist

Aus deines Leibes Wunden.

 

8.

Das soll und will ich mir zu nutz

Zu allen Zeiten machen;

Im Streite soll es sein mein Schutz,

In Traurigkeit mein Lachen,

In Fröhlichkeit mein Saitenspiel,

Und wenn mir nichts mehr schmecken will,

Soll mich dies Manna speisen.

Im Durst solls sein mein Wasserquell,

In Einsamkeit mein Sprachgesell

Zu Haus und auch auf Reisen.

 

9.

Was schadet mir des Todes Gift?

Dein Blut, das ist mein Leben.

Wenn mich der Sonnen Hitze trifft,

So kann mirs Schatten geben.

Setzt mir der Wehmut Schmerzen zu,

So find ich bei dir meine Ruh

Als auf dem Bett ein Kranker.

[33]

Und wenn des Kreuzes Ungestüm

Mein Schifflein treibet üm und üm,

So bist du dann mein Anker.

 

10.

Wenn endlich ich soll treten ein

In deines Reiches Freuden,

So soll dies Blut mein Purpur sein,

Ich will mich darin kleiden;

Es soll sein meines Hauptes Kron,

In welcher ich will vor dem Thron

Des höchsten Vaters gehen

Und dir, dem er mich anvertraut,

Als eine wohlgeschmückte Braut

An deiner Seite stehen.

O Welt, sieh hier dein Leben

1.

O Welt, sieh hier dein Leben

Am Stamm des Kreuzes schweben!

Dein Heil sinkt in den Tod!

Der große Fürst der Ehren

Läßt willig sich beschweren

Mit Schlägen, Hohn und großem Spott.

 

2.

Tritt her und schau mit Fleiße:

Sein Leib ist ganz mit Schweiße

Des Blutes überfüllt;

Aus seinem edlen Herzen

Vor unerschöpften Schmerzen

Ein Seufzer nach dem andern quillt.

 

3.

Wer hat dich so geschlagen,

Mein Heil, und dich mit Plagen

So übel zugericht't?

[34]

Du bist ja nicht ein Sünder

Wie wir und unsre Kinder,

Von Übeltaten weißt du nicht.

 

4.

Ich, ich und meine Sünden,

Die sich wie Körnlein finden

Des Sandes an dem Meer,

Die haben dir erreget

Das Elend, das dich schläget,

Und das betrübte Marterheer.

 

5.

Ich bins, ich sollte büßen,

An Händen und an Füßen

Gebunden, in der Höll;

Die Geißeln und die Banden

Und was du ausgestanden,

Das hat verdienet meine Seel.

 

6.

Du nimmst auf deinen Rücken

Die Lasten, die mich drücken

Viel sehrer als ein Stein.

Du wirst ein Fluch, dagegen

Verehrst du mir den Segen;

Dein Schmerzen muß mein Labsal sein.

 

7.

Du setzest dich zum Bürgen,

Ja lässest dich gar würgen

Für mich und meine Schuld;

Mir lässest du dich krönen

Mit Dornen, die dich höhnen,

Und leidest alles mit Geduld.

 

8.

Du springst ins Todes Rachen,

Mich frei und los zu machen

Von solchem Ungeheur.

[35]

Mein Sterben nimmst du abe,

Vergräbst es in dem Grabe,

O unerhörtes Liebesfeur!

 

9.

Ich bin, mein Heil, verbunden

All Augenblick und Stunden

Dir überhoch und sehr.

Was Leib und Seel vermögen,

Das soll ich billig legen

Allzeit an deinen Dienst und Ehr.

 

10.

Nun, ich kann nicht viel geben

In diesem armen Leben;

Eins aber will ich tun:

Es soll dein Tod und Leiden

Bis Leib und Seele scheiden,

Mir stets in meinem Herzen ruhn.

 

11.

Ich wills vor Augen setzen,

Mich stets daran ergötzen,

Ich sei auch, wo ich sei;

Es soll mir sein ein Spiegel

Der Unschuld und ein Siegel

Der Lieb und unverfälschten Treu.

 

12.

Wie heftig unsre Sünden

Den frommen Gott entzünden,

Wie Rach und Eifer gehn,

Wie grausam seine Ruten,

Wie zornig seine Fluten,

Will ich aus diesem Leiden sehn.

 

13.

Ich will daraus studieren,

Wie ich mein Herz soll zieren

Mit stillem, sanften Mut,

[36]

Und wie ich die soll lieben,

Die mich doch sehr betrüben

Mit Werken, so die Bosheit tut.

 

14.

Wenn böse Zungen stechen,

Mir Glimpf und Namen brechen.

So will ich zähmen mich;

Das Unrecht will ich dulden,

Dem Nächsten seine Schulden

Verzeihen gern und williglich.

 

15.

Ich will mich mit dir schlagen

Ans Kreuz und dem absagen,

Was meinem Fleisch gelüst't.

Was deine Augen hassen,

Das will ich fliehn und lassen,

So viel mir immer möglich ist.

 

16.

Dein Seufzen und dein Stöhnen

Und die viel tausend Tränen,

Die dir geflossen zu,

Die sollen mich am Ende

In deinen Schoß und Hände

Begleiten zu der ewgen Ruh.