FASZINATION CAMINO
Gesund werden und gesund bleiben auf dem Jakobsweg
Caminho Portugues und Camino Inglés
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2013
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Copyright (2013) Engelsdorfer Verlag Leipzig
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Dieses Buch widme ich all den Mitpilgern, die auf der Suche sind, die auf ihrem Wege Einkehr und Umkehr suchen, um zu einem besseren Leben in ihrer Heimat zurückzukehren. Mögen sie stets das finden, was sie gesucht haben, um später ein Leben in einem inneren Reichtum führen zu können, der ihnen allen in ihrem weiteren Leben in Gesundheit erhalten bleiben möge.
Cover
Titel
Impressum
Widmung
Vorwort
Die Rolle der Gesundheit in unserem Leben
Gesundheit und Camino – Zusammenhänge
Geschichtliches zu den Caminos: Jakobswege in Europa
Caminho Portugues: Lissabon – Santiago de Compostela (570 km): Informationen zum Caminho Portugues
Reiseverlauf:
1. Tag: 24.5.2012, Hamburg – Palma de Mallorca
2. Tag: 25.5.2012, Palma de Mallorca – Lissabon
3. Tag: 26.5.2012, Lissabon
4. Tag: 27.5.2012, Lissabon – Alverca de Rabatejo (20 km und mehr)
5. Tag: 28.5.2012, Alverca de Ribatejo – Azambuja (26,7 km)
6. Tag: 29.5.2012, Azambuja – Santarém (31,5 km)
7. Tag: 30.5.2012, Santarem – Arneiro das Milharicas (20,5 km)
8. Tag: 31.5.2012, Arneiro das Milharicas – Minde (18,5 km)
9. Tag: 1.6.2012, Minde – Fatima (18,2 km und mehr)
10. Tag: 2.6.2012, Fatima – Caxarias (19 km)
11. Tag: 3.6.2012, Caxarias – Ansiao (29 km, 23 km Taxi)
12. Tag: 4.6.2012, Ansiao – Condeixa a Nova (29,5 km und 1,5 km zum Quartier)
13. Tag: 5.6.2012, Condeixa a Nova – Coimbra (17,8 km)
14. Tag: 6.6.2012, Coimbra – Mealhada (21 km)
15. Tag: 7.6.2012, Mealhada – Agueda (23 km)
16. Tag: 8.6.2012, Agueda – Albergaria a Velha (15,5 km)
17. Tag: 9.6.2012, Albergaria a Velha – Sao Jao da Madeira (28 km)
18. Tag: 10.6.2012, Sao Joao da Madeira – Porto (32 km)
Abschlussbetrachtung zum 1. Teil des Caminho Portugues von Lissabon bis Porto:
19. Tag: 11.6.2012, Porto – Vila do Conde (27 km Metro)
20. Tag: 12.6.2012, Vila do Conde – Pause
21. Tag: 13.6.2012, Vila do Conde – Vilarinho (6 km Bus) – Pedra Furada (19 km)
22. Tag: 14.6.2012, Pedra Furada – Barcelos (8,5 km)
23. Tag: 15.6.2012, Barcelos – Vitorino de Piaes (20,5 km)
24. Tag: 16.6.2012, Vitorino dos Piaes – Ponte de Lima (12,5 km)
25. Tag: 17.6.2012, Ponte de Lima – Sao Roques (17,5 km)
26. Tag: 18.6.2012, Sao Roques – Valenca (18 km)
27. Tag: 19.6.2012, Valenca – O Porrino (19,5 km)
28. Tag: 20.6.2012, O Porrino – Arcade (25 km)
29. Tag: 21.6.2012, Arcade – Pontevedra (13 km)
30. Tag: 22.6.2012, Pontevedra – Caldas de Reis (23 km)
31. Tag: 23.6.2012, Caldas de Reis – Padron (19 km)
32. Tag: 24.6.2012, Padron – Santiago de Compostela (22 km)
Ende des Caminho Portugues: Zwischenbilanz:
Camino Inglés: Ferrol – Santiago de Compostela (118 km): Informationen zum Camino Inglés
33. Tag: 25.6.2012, Santiago de Compostela – Ferrol (120 km Bus)
34. Tag: 26.6.2012, Ferrol – Pontedeume (25 km)
35. Tag: 27.6.2012, Pontedeume – Betanzos (22 km)
36. Tag: 28.6.2012, Betanzos – Hospital de Bruma (29 km)
37. Tag: 29.6.2012, Hospital de Bruma – Siguero (24 km)
38. Tag: 30.6.2012, Sigueiro – Santiago de Compostela (18 km)
39. Tag: 1.7.2012, Santiago de Compostela
40. Tag: 2.7.2012, Santiago de Compostela – Finisterre (120 km Bus) – Kap Finisterre (7 km)
41. Tag: 3.7.2012, Finisterre – Santiago de Compostela (120 km Bus)
42. Tag: 4.7.2012, Santiago de Compostela – Hamburg
Nachwort
Anhang: Packliste
Literaturliste
Danksagung
Biographie und Bibliographie
Endnoten
Das Leben hält glücklicherweise immer wieder Überraschungen bereit und so begebe ich mich wieder auf die Reise. In diesem Jahr führt mich mein Weg nach Portugal zum Caminho Portugues, den ich mit ca. 590 km von Lissabon bis nach Santiago de Compostela bereisen will. Im Anschluss daran plane ich, mit dem Bus nach Ferrol zu fahren, um von dort aus die 116 km auf dem Camino Inglés zu laufen. Zusammen ergibt sich für mich somit eine Reisestrecke von ca. 700 km.
Und wieder werde ich mich allein auf den Weg machen, immer in der Hoffnung und Erwartung auf ein Treffen mit anderen Pilgern auf dem Camino, die mir ihre Gesellschaft und ihre Geschichte schenken mögen.
Gewollt und gefürchtet von mir ist das Alleinsein wie in jedem Jahr wieder, denn Alleinsein bedeutet immer eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben, mit Erfahrungen, mit Enttäuschungen, mit Erwartungen, kurz gesagt mit Gefühlen, die auf einmal da sind und sich nicht so schnell wieder verscheuchen lassen wollen. Es ist stets spannend wie in einem Kriminalroman: Sobald ich auf dem Weg bin, kann ich es nicht mehr steuern, woran ich denke, wohin meine Gedanken sich auf den Weg machen. Nach wenigen Stunden und wenigen Tagen des Laufens entwickelt sich eine Eigendynamik, die mein Denken und Fühlen bestimmt. Isolation macht hilflos, einsam, manchmal auch traurig, denn sie lässt alte Wunden, die noch nicht so recht vernarbt sind, wieder aufbrechen, überrollt so manches Mal völlig unvermittelt den Pilger, der sich nicht immer mitteilen kann und möchte, sondern der es wieder einmal mit sich allein aushalten muss. Dieses ist in unserer Gesellschaft im Allgemeinen eine Seltenheit: Alleinsein ist nicht üblich, schon gar nicht ohne die Medien, die als Dauerberieselung stets dazu verhelfen, dass Geräusche, Musik oder Sprache, in das eigene Leben getragen werden.
Dementsprechend gehört Mut dazu, sich dem Alleinsein, sei es auch nur für Stunden, zu stellen, es auszuhalten und einfach einmal zu beobachten, was es mit einem so macht. Wo gehen die Gedanken zuerst hin, wohin später? Wo bleiben sie immer wieder, weil offensichtlich eine oder mehrere Baustellen im Leben nicht abgeschlossen sind oder nicht verarbeitet wurden. Auf dem Pilgerweg bleibt Zeit, in Ruhe sich selbst und seine Gedanken zu beobachten, sich selbst als Zaungast zu betrachten, um Rückschlüsse über die eigene Befindlichkeit zu ziehen, um Erkenntnisse über das vergangene Leben zu finden und um Pläne für das kommende Leben zu schmieden.
Wie soll es nach der Pilgerwanderung weitergehen? Will ich so weiter leben wie bisher? Hier gilt es sich selber Fragen zu stellen, um dann auf dem Weg vielleicht die passenden Antworten für die Zukunft zu finden. In diesem Zusammenhang stellen die Bekanntschaft und die Gesellschaft mit anderen Pilgern eine große Hilfe und Bereicherung dar, denn alle Menschen, die sich auf den Weg begeben, um eine Pilgerreise zu machen, wollen ihrem Leben eine Wende geben. Nur ist vielen von ihnen dieses, bevor sie aufbrechen, noch gar nicht bewusst. Vieles lässt sich klarer betrachten, wenn man mit etwas Abstand von zu Hause darauf sieht. Demnach ist es sehr hilfreich, sich für eine gewisse Zeit aus seinem normalen Leben zu verabschieden, um dann mit zeitlichem Abstand das eigene Leben betrachten zu können.
Für viele, die eigentlich nicht mehr so genau wissen, was sie mit ihren noch verfügbaren Lebensjahren anfangen wollen und werden, zeigt es sich sehr schnell, dass sich neue Wünsche und Pläne entwickeln, dass sich eintönige, fest gefahrene Lebenssituationen wieder mit Leben füllen lassen, sobald man Zeit dafür hat. Die meisten Pilger sind von den Veränderungen, die mit ihnen auf dem Weg geschehen, selbst am meisten überrascht, sind doch sehr viele Pilger das erste Mal in ihrem Leben allein unterwegs und haben nach vielen Jahren der Betriebsamkeit das erste Mal wieder die Möglichkeit, die eigene Befindlichkeit überhaupt wahrzunehmen. Und diese Befindlichkeit macht sich Tag für Tag deutlich bemerkbar, wenn der Rucksack zu schwer erscheint, wenn die Waden vor Muskelkater schmerzen, wenn die Erschöpfung nach dem Weg am Abend so groß ist, dass der Pilger bereits um 21 Uhr im Bett liegt und schläft, obwohl um ihn herum noch das Herbergsleben stattfindet.
Und immer mal wieder fragt sich ein jeder: Wozu die Quälerei, wozu die Strapazen in sengender Sonne, im strömenden Regen? Wenn die Antworten dafür so einfach zu finden wären, dann hätte jeder eine Antwort für sein Leben parat, könnte jeder auch schwierige Lebenssituationen in seinem Leben mit einem Fingerschnipsen überwinden. Vieles im Leben benötigt einfach Zeit und Raum, so dass jeder Pilger immer wieder feststellen kann, welche wichtige Bedeutung im Leben dem Faktor Zeit zukommt. „Ich habe jetzt keine Zeit!“, wie oft hat ein jeder in seinem Leben diese Floskel wohl schon benutzt? „Später, wenn ich Zeit habe, dann …“, auch diese Worte begleiten die Menschen ein Leben lang. Und oft zeigt sich, dass es ein Später nicht gibt, dass sich so manche vertane Chance nicht nachholen lässt. Also, gilt es immer wieder, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und das Beste aus dem eigenen Leben und der zur Verfügung stehenden Zeit zu machen.
In diesem Sinne wünsche ich allen, die mich auf meiner Reise begleiten wollen, „Buen Camino“!
Viele, vor allem meist junge Leute, gehen mit ihrer Gesundheit sehr unkritisch um: Sie kommen gesund auf die Welt und sind sehr häufig der Meinung, dass dieses das Normale sei, dass sie ein Anrecht darauf hätten, gesund zu sein und zu bleiben. In jungen Jahren leben die meisten Menschen schmerzfrei und beschwerdefrei, genießen ihr Leben, können alles ohne gesundheitliche Einschränkungen tun.
Viele junge Menschen bringen sich im Sport und bei anderen Tätigkeiten immer wieder in Gefahr, sehen diese Gefahr aber oft nicht, weil sie denken, dass schon nichts passieren wird, dass sie jedenfalls immer gesund aus Gefahrenbereichen herauskommen. Diese Gleichgültigkeit der Gesundheit gegenüber zeigt sich besonders bei jungen Menschen auch in der Ernährung, in dem Mangel an Bewegung, in dem Genuss von Rauschmitteln aller Art. In jungen Jahren denken viele, dass sie trotz allem ein Anrecht darauf haben, gesund zu bleiben, denn der junge, starke Körper macht diese unklugen Belastungen meist sehr lange mit.
Irgendwann jedoch verändert sich das Bild und es treten Unfälle oder im Älterwerden Krankheiten auf: Es kommen die ersten Einschränkungen entweder für kurze Zeiträume oder für die restliche Dauer des Lebens auf einen zu. In diesen Phasen fangen die Menschen oft das erste Mal an, über ihre Lebenssituation nachzudenken, bemerken sehr häufig das erste Mal, dass in ihrem Leben etwas falsch läuft. Wer gesundheitliche Einschränkungen in seinen Lebensabläufen hinnehmen muss, der ist zuerst einmal sehr irritiert und wehrt sich dagegen. Oft dauert es sehr lange, bis man in der Lage ist, diese Art der Einschränkungen anzunehmen.
Häufig stellt der Betroffene aber auch fest, dass er oder sie durchaus in der Lage wäre, an der persönlichen Situation etwas zu verändern und eventuell zu verbessern. Wer als an Diabetes Erkrankter Diät hält und seine Medikamente zu sich nimmt, kann über lange Zeiträume fast Beschwerde frei leben. Wer nach einem Unfall mit Physiotherapie an sich arbeitet, kann sehr häufig wieder Beschwerdefreiheit erreichen. Jedoch erfordert all das eine große Selbstdisziplin und auch einen starken Willen und Durchhaltevermögen.
„Jeder ist seines Glückes Schmied“, das ist ein altbekanntes Sprichwort. Sicherlich kann man seinen Gesundheitszustand nicht immer beeinflussen, aber durch eine geeignete Lebensweise kann sehr häufig die Abwehrlage des Körpers verbessert werden, so dass man nicht so empfänglich für Krankheiten ist. Demnach spielt die Lebensweise bei der Gesunderhaltung eine große Rolle.
Spätestens dann, wenn der Mensch Beschwerden in irgendeiner Art bekommt und damit leben muss, fängt er oder sie an, nach Möglichkeiten zu suchen, die persönliche Lebenssituation zu verbessern. Als einfacher Weg erscheint sehr häufig der Griff nach Medikamenten, die die Situation oft kurzfristig verbessern können. Jedoch ist allgemein bekannt, dass Medikamente auch Nebenwirkungen haben, die nicht erwünscht sind. Und so bleibt die Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten für die persönliche Gesundheit, die keine oder nur wenige Nebenwirkungen aufweisen.
Und nun kommt der Gedanke, das Leben an sich zu verändern, Lebensstrukturen, die sich eingespielt haben, kritisch zu durchleuchten. Und schon erkennen viele, dass sie zu wenige Pausen und Ruhezeiten haben, dass sie sich zu wenig bewegen, dass sie sich ungesund ernähren, dass sie zu viel Gewicht haben, dass sie immer im Stress und in Hetze ihr Leben führen.
Auf jeden Fall haben fast alle erwachsenen Menschen, die in der Tretmühle des Alltags, in dem Spagat von Beruf und Familie zerrieben werden, zu wenig Zeit für sich selbst, für Hobbies, für Freunde und Anderes. Hierbei gilt es, den Frauen einen besonderen Raum zu geben, denn auch heute ist es noch so, dass die Mehrzahl der Frauen neben ihren Berufen die Hauptarbeit bei der Kindererziehung und im Haushalt übernimmt. Zwar bahnt sich gerade, politisch erwünscht, bei der jungen Generation ein gewisser Wandel an, aber der verändert die Grundsituation zurzeit noch nicht nennenswert.
Auch wenn heute – ebenso wie früher – noch immer viele Pilger aus religiösen Gründen einen Pilgerweg belaufen, kommen heute noch viele andere Aspekte dazu, die die Attraktivität des Pilgerns ausmachen: Hier seien sportliche Aktivität, Kennenlernen von Menschen aus anderen Ländern und Kontinenten, Neugierde auf ein anderes Land, kulturelle Interessen und Abenteuerlust als weitere Intentionen beim Pilgern genannt.
All’ diese Aspekte führen dazu, dass eine Pilgerreise auf einem der zahlreichen Caminos für viele Menschen eine Chance wäre, sich für eine gewisse Zeit auf das eigene Leben zu besinnen, ganz egal in welcher beruflichen oder privaten Situation man gerade steckt. Dieses kann ein Segen sein, wenn man Krankheiten vorbeugen will oder wenn man nach überstandenen Krankheiten weitere Hilfen für die Heilung geben will.
Wer sich für eine längere Zeit, mindestens zwei bis drei Wochen, aus seinem Beziehungsgeflecht lösen kann, weil andere in der Familie die anstehenden Aufgaben übernehmen, hat die Chance, eine aktive Gestaltung der freien Zeit wie z.B. Urlaub zu versuchen. Eine überschaubare Zeit mit sich allein zu verbringen, Zeit zu haben, neue Orte, neue Länder, interessante Natur kennenzulernen und zu bewundern, das kann jeden Pilger bereichern, beglücken, aus seiner Lethargie des Alltags herausreißen. Zeit für neue Gedanken, Zeit für neue Menschen und ihre Gedanken, Zeit für sich selbst ohne Rücksichtnahme auf andere, das kann für jeden Menschen eine neue Chance bedeuten. Probleme verblassen, werden weit zurückgelassen, und der Pilger taucht in eine neue Welt ein, die sich ausschließlich mit den lösbaren Problemen des Tages beschäftigt. Wie ist das Wetter? Wie weit ist meine Tagesetappe? Reicht mein Trinkwasser aus? All das sind Probleme, die lösbar sind, die aber auf dem Wege an jedem Tage wieder auftreten werden.
Gut bekommt dem Pilger eine Auszeit, um seinen Körper in frischer Luft in der Natur zu kräftigen, wenn man jeden Tag auf neuen Wegen läuft. Mit jedem Tag fällt es leichter, den schweren Rucksack zu tragen, fällt es leichter, den nächsten Berg zu erklimmen. Guter Schlaf und Konzentration auf die Beschaffenheit der oft sehr steinigen Wege, all das lenkt ab von den normalen Sorgen des Alltags. Die Natur verwöhnt die Seele, die Freiheit des Wanderns macht das Herz leicht und die Anstrengung kräftigt den Körper.
Das alles gibt neue Impulse für das weitere Leben. Dazu kommen Gespräche mit anderen Pilgern, die über neue Dinge und über ihr Leben berichten, und so verändert sich die Blickweise auf das eigene Leben, wenn man ein wenig Abstand davon gewinnt. Und schließlich finden die meisten Pilger, auch wenn sie durchaus nicht alle aus religiösen Gründen unterwegs sind, eine Form der Spiritualität, die sie auf ihrem Weg begleitet, die sie verändert und für ihr weiteres Leben stärkt.
Viele erringen auf dem Camino einen Sieg über sich selbst, weil sie mit einem starken Willen die Aufgabe bewältigen, die sie sich gesteckt haben. Und das macht sie dann dankbar und glücklich und gibt ihnen Stärke, weil sie wissen, dass sie in der Lage dazu sind, viel mehr zu schaffen, als sie sich ursprünglich zugetraut haben.
Und so bedeutet das Laufen auf den Jakobswegen eine ungeheure Bereicherung für den ganzen Menschen, verändert ihn, gibt neue Impulse und zeigt im wahrsten Sinne des Wortes „neue Wege“, auch neue Wege für das künftige Leben.
Als Jakobsweg, im Spanischen „Camino de Santiago“, bezeichnet man das Wegenetz, das, durch ganz Europa verlaufend, zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela in Galizien in Spanien führt. Seit gut tausend Jahren sind Pilger unterwegs, um Santiago zu erreichen. Sie wandern, fahren mit dem Rad oder reiten auf Pferden, was früher sicherlich häufiger der Fall war als heute. In den Jahren 1970 bis 1980 begann man besonders in Spanien die Jakobswege wieder zu beleben und zu kennzeichnen. Dies führte dazu, dass bereits 1993 der spanische Hauptweg, der Camino Frances, in das Unesco-Welterbe aufgenommen wurde. Und ab 1987 gab der Europarat den Wegen der Jakobspilger in ganz Europa den Namen „Europäische Kulturroute“.
Die Namensgebung des Jakobsweges rührt von Jakobus her, einem der Jünger von Jesus Christus, der an dem Ort begraben sein soll, an dem die Kathedrale von Santiago de Compostela errichtet wurde. Bereits im Mittelalter pilgerten die Menschen nicht nur nach Rom und Jerusalem, sondern auch nach Santiago de Compostela, um einen Ablass von ihren Sünden zu erreichen. Jedoch führten Jahre der Kriege und auch Pestepidemien dazu, dass diese Wege nach Santiago de Compostela viele Jahre nur noch wenig genutzt wurden, sogar fast in Vergessenheit gerieten. So ist in den letzten dreißig bis vierzig Jahren ein immer mehr anwachsendes Interesse am Jakobsweg zu verzeichnen, was sich in den ständig wachsenden Pilgerzahlen besonders in den heiligen Jahren zeigt. Heilige Jahre werden dann ausgerufen, wenn der 25. Juli, der Tag des Apostels, auf einen Sonntag fällt. Dann wird der vollkommene Sündenerlass gewährt und demnach steigen in den heiligen Jahren, zuletzt in 2010, die Pilgerzahlen kräftig an.
Aus den Informationen des Pilgerbüros in Santiago de Compostela aus dem Jahre 2011 geht hervor, dass zu 53 Prozent Spanier auf dem Jakobsweg laufen, gefolgt von Deutschen, Italienern, Portugiesen und Franzosen. 121 weitere Länder der Welt werden genannt, aus denen die Pilger nach Santiago gekommen sind. Die größte Gruppe der Pilger stellt die Gruppe der Dreißig- bis Sechzigjährigen (57,7%). Die kleinste Gruppe bildet die Gruppe derjenigen, die älter als sechzig sind (13,9%). Im Jahre 2010 erreichten zu 44% Frauen und zu 56 % Männer ihr Ziel in Santiago.
Aus Deutschland kamen im Jahre 2011 gut 16 000 Pilger in Santiago de Compostela an. Dem gegenüber steht die Zahl von 648 deutschen Pilgern aus dem Jahre 1989.
Die Pilgerzahlen sind in der Höhe beeindruckend und haben sich allein von 2005 bis 2012 mehr als verdoppelt, so dass sich im Jahre 2012 190.591 registrierte Pilger im Pilgerbüro angemeldet haben. Dem gegenüber stehen folgende Zahlen: Auf dem Camino Francés waren 132.652 (72 %) unterwegs, auf dem Caminho Portugues 22.062 (12%), auf dem Camino del Norte 11.729 (6%), auf der Via de la Plata 8.061 (4 %), auf dem Camino Primitivo 5.544 (3%), auf dem Camino Inglés 2.720 (1%).1
Fragt man in Spanien jemanden, wo der Jakobsweg beginnt, so erhält man zur Antwort: „Der Weg beginnt in Ihrem Haus.“ Damit ist gemeint, dass der Weg für jeden dort beginnt, wo er wohnt. Früher liefen die Menschen bei sich zu Hause in allen Ländern Europas los. Die Pilger waren dann manchmal sogar Jahre unterwegs, sofern sie die Reise überlebten und auch Santiago erreichten. Heute jedoch hat es sich verändert: Die Pilger reisen mit dem Flugzeug oder mit der Bahn an, um dann einen Teil der Jakobswege zu belaufen oder mit dem Fahrrad zu befahren.
Für die Menschen im Mittelalter war die Pilgerbewegung ein Segen, denn es wurden damals entlang der Pilgerwege Kirchen, Gasthäuser, Straßen und Krankenhäuser erbaut. Demnach wuchsen die Orte und Städte und erhielten einen wirtschaftlichen Aufschwung. Auch heute profitieren ganze Wirtschaftszweige von den Pilgerscharen, die in unterschiedlich großer Anzahl zunehmend die Pilgerwege beschreiten.
Aus der damaligen Zeit kommen auch die Dinge, die heute noch gebräuchlich sind: Die Jakobsmuschel, an der Kleidung oder am Rucksack getragen, ist ein Symbol für die Pilgerschaft und sollte sowohl früher als auch heute die Pilger beschützen. Zudem ist der Pilger durch die Muschel als Pilger gekennzeichnet, so dass die Bevölkerung den Pilger mit Ehrfurcht betrachtet und der Pilger sich somit im fremden Land sicher fühlen kann.
Die Kalebasse, ein Kürbisgefäß, war in früherer Zeit ein Trinkgefäß, in dem das Trinkwasser transportiert wurde. Heute ist dieses sicherlich von Trinkflaschen ersetzt worden. Der Wanderstock diente zum Abstützen, aber auch zur Verteidigung. Hier werden heute jedoch vielfach Walkingstöcke als Hilfsmittel beim Laufen verwendet.
Der Pilgerpass findet heute auch noch Verwendung. Dieser diente früher dazu, dass Pilger sich als solche ausweisen konnten und damit keine Steuern für Brücken und Straßen usw. bezahlen mussten. Heute sollte man sich den Pilgerausweis bereits zu Hause bei den Jakobusgesellschaften im Internet bestellen und diesen dann täglich dort abstempeln lassen, wo man übernachtet. Ein Übernachten in den Pilgerherbergen ist ohne Pilgerpass nicht möglich. Weiterhin benötigt der Pilger den Nachweis, dass er fortlaufend unterwegs war, indem er die Einträge im Pilgerpass vorweisen kann, um damit die Compostela, die Pilgerurkunde, in Santiago zu bekommen.
Die Compostela, die man in Santiago im Pilgerbüro erhalten kann, wenn man nachweist, dass man mindestens hundert Kilometer gelaufen oder zweihundert Kilometer mit dem Rad gefahren ist, dient heute als Andenken. Früher jedoch war sie der Nachweis, dass man sein Ziel erreicht hatte und somit für den Fall, dass man als straffällig Gewordener pilgern musste, seine Strafe verbüßt hatte.
Zwar hat sich im Laufe der Zeit Vieles verändert, aber der Grundgedanke des Pilgerns ist geblieben.
Die ersten Erwähnungen des Weges gehen bis auf die vorchristliche Zeit zurück. Vielfach wurden wenig später die alten Römerstraßen für den Wegverlauf benutzt, wobei besonders die Via Romana XIX. von Bedeutung war. Vom 10. Jahrhundert nach Christus an begannen dann die ersten Pilger an das Grab des Apostels Jakobus zu pilgern, jedoch erst ab Mitte des 12. Jahrhunderts vergrößerte sich die Pilgerzahl nennenswert. Verstärkt erleben die Pilgerzahlen in der Neuzeit ab dem heiligen Jahr 1999 einen Aufschwung, wobei die Zahl der Pilger seitdem mehr und mehr anwächst.2
Der Caminho Portugues ist zwischen Lissabon und Porto noch nicht sehr stark frequentiert, die Ausschilderung ist manches Mal nicht ausreichend und es gibt auf dieser Streckenführung, die auch immer wieder an Straßen verläuft, noch fast keine Herbergen. Jedoch lassen sich nahezu überall preisgünstige Zimmer zur Übernachtung anmieten. Hier ist in den kommenden Jahren eine veränderte Streckenführung, mehr durch die Natur verlaufend, zu erwarten und auch die Übernachtungsmöglichkeit in Herbergen wird sicherlich zukünftig vielfach möglich werden.
Ab Porto dann ist der Weg sehr gut ausgeschildert, verläuft meist auf den Wegen der Natur und weist auch eine Vielzahl von Herbergen auf. Viele kleine Orte und Dörfer werden durchquert, die zum großen Teil durch ihre idyllische Lage bestechen.
Und schließlich bietet sich der Caminho Portugues als Einstiegsweg sehr gut an, da er, wenn man ab Porto startet, ca. 235 km aufweist, die man in zwei Wochen gut bewältigen kann. Zudem hat dieser Weg keinen großen Schwierigkeitsgrad. Nur zwischen S. Roques und Rubiäes sind felsige, gebirgige Laufstrecken zu begehen. Das alles führt dazu, dass der Caminho Portugues zurzeit nach dem Camino Francés der beliebteste Pilgerweg ist.
Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.
(Laotse, chinesischer Philosoph)
Heute Morgen, am 25. Mai, weckt mich mein Reisewecker. Als ich in die Sonne blinzle, die durch die Jalousien scheint, muss ich mich erst sortieren. Richtig, ich bin in Palma de Mallorca, gestern angereist. Allerdings war mein eigentliches Ziel Lissabon und ich frage mich, wie das alles passieren konnte.
Der Abschied von zu Hause war auch dieses Mal wieder schwierig, alle Freunde, Kinder und andere mir lieben Mitmenschen wollen sich noch von mir verabschieden. So klingelt der letzte Besuch noch gegen 21.00 Uhr kurz vor der Abreise und wühlt in mir den latenten Abschiedsschmerz so richtig auf. Wiedersehen sagen tut weh – immer, und so schlafe ich spät ein, schlafe unruhig und fühle mich am nächsten Tag, meinem Reisetag, durchaus gestresst. Die letzten Tage zu Hause waren schwierig, zu viel gab es für eine derart lange Abwesenheit noch zu regeln.
Die Anreise mit dem Zug bis Hamburg verläuft zum Glück problemlos. Ich sitze im Zug und warte und träume, mein Blick gleitet auf die vielen gelben Rapsfelder, die immer noch in voller Blüte stehen und die Natur in ein zauberhaftes Licht voller Sonne tauchen. In Hamburg angekommen, bin ich voller Erwartung auf alles Kommende und nach dem selbsttätigen Einchecken kann ich mein Gepäck, Rucksack im Koffer, bereits aufgeben, gut zwei Stunden vor dem eigentlich geplanten Flug.
Ein wenig lebt die Angst in mir: Werde ich diese Reise wieder gesundheitlich unbeschadet überstehen? Nachdem ich auf meiner letzten Pilgerreise erhebliche Probleme mit meinen Knien hatte, hoffe ich, dass ich in diesem Jahr wieder ausreichend vortrainiert bin. Nun, ich werde sehen, was wird.
Nachdem ich also eingecheckt habe, warte ich entspannt auf meinen Flug, bin termingerecht am Terminal, jedoch – nichts passiert. Verspätung, Wartezeit: zwanzig Minuten, eine Stunde, Flug auf unbestimmte Zeit verschoben … Ich bin enttäuscht, verwirrt, denn so eine Situation hatte ich noch nicht. So heißt es weiterhin warten, warten, warten …
Nach einer guten Stunde kommt nicht nur das Flugzeug, sondern auch die Information: Die Crew muss ausgetauscht werden, da sie bereits zu lange im Dienst ist. Also, noch eine weitere Stunde Wartezeit. Und so starten wir dann endlich – mit gut zwei Stunden Verspätung – in einen Flug ins Ungewisse, denn keiner der „Umsteigepassagiere“ weiß, ob es die Anschlussflüge ab Palma noch geben wird. Ich ergebe mich meinem Schicksal, ändern kann ich auf jeden Fall nichts – und verschlafe fast den Start in Hamburg. Die drei Flugstunden sind im Nu vorbei und wir landen in Palma de Mallorca und haben noch immer keine Information, ob und wie es heute noch weitergeht. Und schließlich werden alle Umsteiger an der Gangway abgeholt und erhalten die niederschmetternde Nachricht, dass wir feststecken – heute gibt es keine Möglichkeit mehr, unseren Zielort zu erreichen.
Vielmehr, nachdem wir uns alle mit Reklamationsunterlagen versorgt haben, werden wir per Bus in ein Hotel in Palma gebracht, wo wir auf Kosten der Fluggesellschaft eine Nacht schlafen können und auch verpflegt werden sollen. Alle sind ein wenig sprachlos, was jedoch nicht bedeutet, dass nicht alle aufgeregt durcheinander reden. Diesen Tagesabschluss hätte ich so nicht erwartet und ich fühle mich furchtbar enttäuscht, dass ich heute nicht mehr meinen Zielort erreichen und demnach meine Reise wie geplant beginnen kann.
Als ich schließlich gegen 17 Uhr mein Hotelzimmer beziehe, bin ich jedoch mit meinem Schicksal fast wieder ausgesöhnt: Das Hotel und mein Zimmer sind sehr schön und komfortabel, eben vier Sterne, und ich habe den Rest eines freien Tages vor mir, denn der Bus zum Flughafen holt uns erst am kommenden Tag um 12 Uhr zum Weiterflug ab.
Nach kurzer Zeit habe ich mich in meinem Zimmer notdürftig eingerichtet, und nun gehe ich hinaus, um auf der Promenade entlang des Yachthafens spazieren zu gehen. Blauer Himmel und Sonnenschein mit sommerlicher Wärme umfängt mich und ich bin schlagartig mit meinem Schicksal ausgesöhnt. So etwas wie Urlaubsstimmung macht sich breit, als ich in die Altstadt weiterlaufe, die bereits von Weitem von der alten, ehrwürdigen und riesengroßen Kathedrale überragt wird. Ich staune und genieße und bin mir sofort wieder sicher, dass Gott es gut mit mir meint, indem er mir solch ein unverhofftes Geschenk gibt.
Als ich später beim Abendessen auch noch nette Gesellschaft für ein Gespräch habe – mit meinem Leidensgenossen, der in Lissabon seinen Arztkongress verpasst – ist die Welt für mich wieder völlig in Ordnung.
So schlafe ich traumlos und entspannt neuen Abenteuern und hoffentlich Lissabon entgegen.
Und nach dem Aufstehen nehme ich ein wundervolles Frühstück am Frühstücksbuffet ein, draußen in der heißen Sonne sitzend. Hier ist es Hochsommer und somit genieße ich auch den kommenden Spaziergang entlang des Wassers auf der Strandpromenade, bis ich dann zu 12 Uhr mit erneut gepackten Sachen auf den Bus zum Flughafen warte. Wieder warten, warten, warten, eineinhalb Stunden Verspätung, wieder ist unklar, ob und wann es weitergeht. Also warten, laufen, hoffen, warten, laufen, hoffen, bis schließlich zum Boarding aufgerufen wird. Erleichterung auf allen Gesichtern und auch auf meinem, aber, im Flugzeug sitzend, gibt es vorerst keine Starterlaubnis. Also, wieder warten! Unverständnis auf allen Gesichtern, bis endlich die Erklärung kommt: Auf dem Flughafen in Lissabon wird gestreikt, aber nicht dauerhaft, sondern immer wieder für kürzere Zeiträume. Schließlich, nach weiteren fünfunddreißig Minuten, geht es endlich los.
Ich sitze entspannt im Flugzeug und bin voller Erwartung, als ich endlich nach 18 Uhr wiederum mit fast drei Stunden Verspätung mit meinem Gepäck den Flughafen verlasse. Mit dem Taxi komme ich heute im Berufsverkehr und auf vollen Straßen ins Zentrum, fahre Richtung Rossio Bahnhof, weil ich mich hier auskenne, da ich dort bereits vor einigen Jahren war. Und hier habe ich Glück und bekomme in der Pension, die ich bereits kenne, ein Zimmer zu einem bezahlbaren Preis.
Am Abend kann ich heute nicht mehr viel beginnen, zu sehr bin ich von den beiden langen Reisetagen mitgenommen. So mache ich einen langen Spaziergang, gehe eine Kleinigkeit essen und habe Mühe, die vielen Erlebnisse bisher zu verarbeiten. Ich schlafe früh, träume viel und versuche, auf meiner Reise anzukommen und den Alltag hinter mir zu lassen.
Für meine Verhältnisse sehr früh werde ich wach, denn 6:30 Uhr ist nun wirklich keine Zeit, um auf meiner Reise in einer neuen Stadt am ersten freien Tag aufzuwachen. Jedoch, ich bin unruhig, neugierig, reiselustig und demnach stehe ich doch gleich auf. Als ich aus meinem Hotel trete, bin ich ein wenig enttäuscht, denn die Sonne scheint nicht, es ist zwar warm, aber der Himmel zeigt sich Wolken verhangen. Schade, aber vielleicht wird es noch …
Ich gehe durch die Straßen, um ein Frühstück zu finden, sitze draußen und lasse mich von einem Croissant und einem Kaffee verwöhnen. Um mich herum lebt eine Großstadt, geschäftiges Treiben allenthalben. Touristen laufen mit Stadtplänen in der Hand durch die Straßen, Geschäftsleute schreiten in Anzügen oder Hosenanzügen an den Geschäften vorbei, junge Leute im Schlabberlook, den Laptop unterm Arm, treffen sich in Gruppen, lärmen, lachen und sorgen dafür, dass um mich herum eine lockere und ungezwungene Stimmung vorherrscht.
Ich sitze entspannt, genieße mein Frühstück und erhasche die ersten warmen Sonnenstrahlen, denn offensichtlich meint es die Sonne heute doch gut mit mir. Ein Ankommen ist möglich, von südlicher Sonne begleitet, mit aufgeregten Empfindungen, was den Start in den Tag, in meine Reise, beinhaltet.
Und dann gehe ich zu einer Besichtigungstour los. In vielen Informationsbroschüren habe ich gelesen, dass Lissabon so viele Sehenswürdigkeiten aufweist, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll, dass Lissabon die Stadt der Kontraste ist, denn Alt trifft immer wieder Neu und bildet eine einzigartige Verbindung zu einem Stadtbild mit Flair. Auf sieben Hügeln erbaut, am Rio Tejo liegend, gibt es in Lissabon eine Oberstadt, Barrio Alto, und eine sogenannte Unterstadt. Die Höhenunterschiede lassen sich Schweiß treibend per Treppe oder mit den Fahrstühlen „Elevador da Gloria“ an der Praca dos Restauradores oder mit dem „Elevador de Santa Justa“ an der Avenida da Liberdade, allerdings kostenpflichtig, überwinden.
Vom Praca de Dom Pedro IV, dem sogenannten Rossio Platz, in dessen Nähe ich wohne, laufe ich die Avenida da Liberdade, Lissabons Hauptgeschäftsstraße im Zentrum, entlang. Der geflieste Boden der Avenida weist geographische Muster in einer vielfältigen Perfektion auf und lädt den Besucher zu einer Besichtigung ein. Ein Straßencafé reiht sich an das Andere, ein meist kleines Geschäft ist neben dem Anderen zu finden. Und dazwischen Menschen, viele, die teils hastig, aber meist entspannt auf der Straße entlang schlendern, in den Lokalen draußen sitzen, essen, reden, Touristen, mit gezückten Kameras, sich in vielfältigen Sprachen miteinander unterhaltend. Vom Sari bis zum Mini-Rock, von der weiten Schlabberhose bis zum Smoking – hier ist wirklich alles zu finden. Und an vielen Ecken wird Straßenmusik gemacht, bieten Händler ihre Waren feil, und immer wieder stehen Menschen als Statuen verkleidet, um von den zahlreichen Besuchern ihren Obolus zu erhalten. Diese Stadt strahlt eine faszinierende Lebendigkeit aus, lockt den Besucher, damit sich dieser mit der Menge fortspülen lässt, um an der nächsten Ecke ein weiteres altes Bauwerk zu bewundern.
Weiter geht es durch die Altstadt, die Baixa, entlang der Rua Augusta, von der aus der Fahrstuhl Santa Justa zu sehen ist. Schließlich erreiche ich, durch einen hohen Torbogen gehend, den Praca do Comercio. Hier eröffnet sich mir ein wundervoller Blick auf den Rio Tejo und damit zur Rechten auf die Brücke des 25. April, Ponte 25 de Abril, die mit 2,3 km Länge eine der längsten Hängebrücken Europas ist. Zwar gibt es seit der Expo eine weitere Brücke, die Brücke „Ponte Vasco da Gama“, die den Tejo überquert, jedoch bleibt die zentral gelegene Brücke des 25. April die meist frequentierte Brücke in Lissabon.
Zur Linken erreiche ich wenig später die Kathedrale, kann sie für 2,50 € besichtigen, denn diese ist geöffnet. Mit einem verwitterten Einheitsgrau begrüßt mich diese Kathedrale Sé mit ihren hohen gotischen Mauern, mit ihren bunten runden, wundervollen Glasfenstern. Hier erhalte ich nun meinen 1. Pilgerstempel in meinen Pilgerpass als Beweis, dass ich am 26.5.2012 meine Pilgerreise angetreten habe.
Dieser Pilgerpass, bereits in Deutschland per Internet bestellt, dient mir als Nachweis, dass ich täglich unterwegs bin, dass ich an fast jedem neuen Tag zu einem anderen Ort weitergelaufen bin. Somit kann ich dann später – in Santiago de Compostela – meine Compostela, meine Pilgerurkunde, erhalten. Zusätzlich eröffnet mir der Pilgerpass auch die Möglichkeit, dass ich in den Pilgerherbergen, sofern es welche gibt, gegen eine geringe Gebühr übernachten kann.
Unmittelbar bei der Kathedrale gibt es eine große Ausgrabungsstätte, bei der Funde aus römischer und islamischer Zeit zu besichtigen sind. Hier gibt es Stege und Brücken oberhalb der Ausgrabungen, so dass man einen beeindruckenden Blick auf diese hat.
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