Deutsche Erstveröffentlichung
Titel der Originalausgabe:
JACK BUNNY BAM BAM AND THE WEEPER APOCALYPSE
© 2013 by Eric S. Brown
By arrangement with Bizarro Pulp Press
© für die deutschsprachige Ausgabe 2014 by Voodoo Press
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie,
Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Alle Akteure dieses Romans sind fiktiv, Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Titelbild: © Christian Krank
eISBN: 978-3-902802-84-2
www.voodoo-press.com
Die Gestalt, die in den Raum huschte, trug einen dicken, langen Trenchcoat. Ein riesiger Hut saß auf ihrem Kopf, braune Handschuhe umhüllten die Hände. Und obwohl eine dunkle Sonnenbrille die Augen verdeckte, gelang es damit nicht, das grüne Fell an manchen Stellen des Gesichts zu verbergen. Große Vorderzähne ragten zwischen dünnen Lippen hervor, während sie eine Tasche auf den Tisch vor Nathanial abstellte. Unglaublich lange, dennoch flinke Finger glitten über die Schnallen. Die Tasche sprang auf und ein ziemlich verwester menschlicher Kopf rollte auf Nathanial zu. Nathanial zuckte zusammen, obwohl er eigentlich damit hätte rechnen sollen, was da auf ihn zukam. Er fischte ein Paar Handschuhe aus seinem teuren Anzug und stülpte sie über seine Hände. Rote Flüssigkeit floss aus dem inneren der Tasche und sammelte sich an ihrer Unterseite. Nathanial griff nach dem Kopf und drehte ihn zu sich, damit er in die eingesunkenen Augen sehen konnte.
»Er ist es«, versicherte die Gestalt. »Jetzt will ich mein Geld.«
Der Kopf stammte von Leonard. Nathanial erkannte dies an der kleinen Narbe, die sich an der Unterlippe des Kopfes befand. Dennoch wollte er es immer noch nicht richtig wahrhaben. Leonard war einer der regierenden Lords dieser Stadt gewesen. Tag und Nacht wurde er von einer virtuellen Armee und unzähligen treuen Groupies umgeben.
Als ob die Gestalt Nathanials Gedanken ablesen konnte, sagte sie: »Sie haben den Besten angeheuert, und der liefert die beste Arbeit ab.«
Zwei äußerst muskulöse Männer flankierten Nathanial. Sie waren für seine Sicherheit verantwortlich, beide von ihnen wirkten mehr als bedrohlich.
Nathanial teilte ihnen mit seiner erhobenen Hand mit, dass sie nicht einzuschreiten brauchten. Bäm-Bäm war der Beste. So viel war sicher. Nathanial war sich bewusst, dass die Männer irgendwo eine Waffe parat hielten, er wollte seine Männer um sich haben, noch bevor der Auftragskiller hier eingetroffen war.
Während Nathaniel mit seinem Zeigefinger den Knopf der Gegensprechanlage gedrückt hielt, sagte er: »Ms. Jenkins, bitte bringen Sie Mr. Bäm-Bäm sein Geld, und zwar alles. Und 2000 obendrauf.«
Ein Lächeln machte sich in Bäm-Bäms Gesicht breit, als eine schlanke Blondine in einem französischen Dienstmädchenkleid den Raum betrat. Sie hatte einen faustgroßen braunen Sack bei sich, der mit einer blauen Schnur zusammengebunden war. Ms. Jenkins überreichte ihm das Geld, Nathanial sah ihr dabei zu.
Der Sack verschwand in Jacks Trenchcoat, dann wandte er sich zum Gehen.
»Mr. Bäm-Bäm«, hielt ihn Nathanial zurück.
Jack blieb stehen, wandte sich wieder an Nathanial, der immer noch am Tisch saß. Er nahm seine Brille ab, und enthüllte helle Knopfaugen, deren scharfer Blick sich wie Messer in Nathanial bohrten.
»Ich habe noch einen Auftrag für Sie, falls Sie interessiert sind. Gute Hilfe ist schwer zu finden, heutzutage.«
»Die Heuler kommen«, sagte Bäm-Bäm. »Wen auch immer Sie aus ihrem kleinen Reich beseitigen wollen, sobald die eintreffen, wird es so oder so zerbröckeln. Sie sind nicht mehr aufzuhalten.«
Nathanial runzelte die Stirn. »Wenn Sie hier bleiben und mich beschützen, biete ich das Dreifache, sollte die Zeit gekommen sein.«
Bäm-Bäm setzte seinen Hut ab. Seine langen Ohren ragten bis zur Decke. Die Männer hinter Nathanial ließen eine Mischung aus überraschtem Grunzen und Lachen los. Das war das Schlimmste, was die beiden tun konnten, dessen war sich Nathanial sicher.
Der grüne Hase im Trenchcoat gab nicht mehr als ein Knurren von sich. Nathanial seufzte erleichtert, da Bäm-Bäm die beiden Männer nicht auseinandernahm, und sich ihr Hirn somit nicht auf der Mauer verteilte.
»Ich lege mich mit keinen Heulern an«, sagte Jack. »Wenn Sie klug sind, dann fliehen Sie. Ihnen bleibt noch ein Monat. Ich schlage vor, dass Sie diesen noch genießen.«
»Das Zehnfache«, platzte Nathanial über den Schreibtisch gebeugt heraus.
Bäm-Bäm ignorierte ihn, blieb aber noch lange genug, um Ms. Jenkins Hintern aus der Tür gehen zu sehen. Sie stieß ein halb beleidigtes, halb entzücktes Quietschen aus. Die Tür knallte zu und Bäm-Bäm war weg.
Harold, der größere der beiden Leibwächter brach in Gelächter aus. »Vielleicht hätten Sie ihm eine Karotte anbieten sollen, Sir.«
»Halt’s Maul«, schnappte Nathanial, er betete insgeheim, dass Bäm-Bäm diesen Vorschlag nicht durch die Tür gehört hatte.
***
Der schwere Münzensack klapperte in seiner rechten Manteltasche, als Jack Bunny Bäm-Bäm das Bürogebäude verließ und die Straße entlang ging. Die Respektlosigkeit der Leibwächter hatte er natürlich gehört, während er sich seinen Hut und seine Sonnenbrille aufgesetzt hatte. Das wurmte ihn. Doch Jack wollte seine Professionalität wahren, trotz seiner Reputation. Seinen Auftraggeber und dessen Wachen zu töten, schrie bei potenziellen Kunden nicht gerade nach »beauftragen Sie mich«. Ein Jahr zuvor wäre es noch so gewesen, dass er keinen zweiten Gedanken daran verschwendet hätte. Er wäre zurück in das Büro gegangen, um sie umzulegen. Doch die Probleme mit dem Syndikat hatten ihn eines Besseren gelehrt, und zwar den Dingen ihren Lauf zu lassen. Außerdem sagte er sich, war Nathanial zu dumm, und er würde nicht abhauen, bevor die Heuler kamen. Er und seine Männer würden noch früh genug sterben, oder sich in die Hosen pissen.
Jacks Finger glitten in die Tasche und umklammerten den Geldsack. Leonard zu töten war alles andere als eine leichte Aufgabe gewesen. Einen Lord zu erledigen war nie leicht. Er schuldete sich selbst eine Freude und wusste genau, wo er diese bekommen konnte. Jack schlenderte die Allee entlang. Nur wenige Leute trieben sich hier herum und blickten ihn nur kurz an. Niemand wusste genau, wann die Heuler kommen würden und keiner wollte überrascht werden. Jack marschierte die Moosy Cat Lane hinauf.
Die grell-rosa leuchtende Beschriftung über der Flashpan Bar zwang ihn, seine Augen zusammenzukneifen.
Das Flashpan war die meist oder fast meistbesuchte Bar der Welt. Ebenso gut war sie für ihre nächtliche Gewalt bekannt. Das Etablissement bot seinen Gästen drei Dinge: sich auf legale Art und Weise zu Tode zu prügeln, Sex in jeglicher erdenklicher Art mit einer Servicekraft zu haben, was Neulinge sehr beeindruckte, und einen Schwarzmarkt, auf dem man so ziemlich alles für Geld erwerben konnte. Jack suchte die Bar oft auf, um sich von seiner Arbeit zu entspannen. Die Todeskämpfe boten ihm nichts, als reinste Zufriedenheit, wie der Tod, den er auch in seinem Berufsleben gewählt hatte. Heute Abend wollte er mehr – brauchte er mehr –, als nur Zeit mit den Damen zu verbringen.
Die Bartür schwang auf und er trat ein. Ein paar Leute blickten auf, sahen allerdings schnell wieder weg, als sie ihn erkannten. Jack nickte dem Barkeeper zu, begab sich allerdings nicht zu ihm. Stattdessen trugen ihn seine langen Beine Richtung Mini-Store, am hinteren Ende der Bar. Hinter dem Tresen nahmen unterschiedlichste Dinge die gesamte Wand ein. Alles davon war von den Lords der Stadt entweder verpönt oder verboten. Jacks Sehkraft ermöglichte ihm, durch den alles verbergenden Zauber hindurchzusehen. Dieser Schleier verbarg alles Dahinterliegende, nur wenigen war es möglich, durch ihn hindurchzusehen. An seinem grünen Fell konnte er dessen strahlende Energie spüren. Martin, der Inhaber des Shops, begrüßte ihn lächelnd.
»Jack. Es ist schon so lange her. Mir ist zu Ohren gekommen, dass du bereits die ganze Stadt mit deinen Sprüchen – die Heuler sind bereits auf dem Weg hierher – verrückt machst.«
»Nicht jetzt.« Jack rümpfte seine Nase, schnüffelte in der Luft. »Du hast sicher etwas von dem erstklassigen Zeug hier hinten versteckt, hast du doch?«
Martin täuschte Unschuld vor. »Alles ist erstklassig, wenn du mich fragst, doch ich denke ich weiß, was du meinst.«
Martin duckte sich durch die kleine Tür hinter der Theke, dort wo er noch weitere eigentümliche Gegenstände für seinen Shop aufbewahrte und tauchte mit einer dermaßen orangefarbenen Karotte wieder auf, dass Jack hoffte, dass sein Sabber nicht allzu offensichtlich war, so wie es sich anfühlte. Unbewusst wischte sich Jack mit seinem Handrücken über die Lippen. »Wie viel?«