Michael Vogler
Wieso arbeiten wir
eigentlich hier?
Unternehmenskultur erkennen
und bewusst gestalten
Edition Konturen
Wien · Hamburg
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Copyright © 2014 Edition Konturen Mediendesign Dr. Georg Hauptfeld GmbH – www.konturen.cc
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Umschlaggestaltung: Georg Hauptfeld, dressed by Gerlinde Gruber.
Umschlagbild: El sueño de la razón produce monstruos (Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer), aus „Capricho“ Nr. 43, ca. 1797–98, Radierung von Francisco de Goya, Madrid © TopicMedia/Silvestris/DTCL
Layout: Georg Hauptfeld, dressed by Karin Kühtreiber
Lektorat: Christa Hanten
ISBN 978-3-902968-11-1
Vor vielen Jahren bat mich ein Klient aus der Pharmaindustrie, darüber nachzudenken, wie das Leben im Betrieb besser und freudvoller und gleichzeitig das Betriebsergebnis erhöht werden könne. Kann es einen Weg geben, dass sowohl die Mitarbeiter als auch das Unternehmen zufrieden sind und gemeinsam an einem Strang ziehen? Er zitierte Martin Luther (1483–1546), der bereits vor Jahrhunderten festgestellt hatte, dass aus einem verzagten Arsch niemals ein fröhlicher Furz komme, und forderte: „Ich will, dass wir lustig furzen lernen.“
Der Weg zu seinem Ziel begann nicht mit Wirtschafts- oder Führungstheorien, sondern mit einer sehr allgemeinen Frage: Was benötigt der Mensch als Lebewesen, um gedeihen zu können? Am Ende des Projektes hatte das Unternehmen eine tragfähige Kultur der Gemeinsamkeit entwickelt, die in bemerkenswertem wirtschaftlichem Erfolg mündete.
Die Erklärung ist eigentlich ganz einfach: Alle Menschen haben dieselben Grundbedürfnisse. Sie wollen anerkannt und bestätigt werden, vor allem streben sie nach Anschluss. Anerkennung und Zugehörigkeit sind mentale Grundnahrungsmittel. Kraftvolle Unternehmenskulturen entstehen in Firmen, die diesen Bedürfnissen entsprechen. Sie sind innovativ und erfolgreich. Es wird gelacht und es ist eine Freude, dort zu arbeiten. Zweieinhalb Jahrzehnte Beratungstätigkeit haben mich durch solche Organisationen geführt.
Dass dies nicht der Normalfall ist, habe ich in anderen Betrieben erlebt. Zu oft werden Mitarbeiter nicht als Partner gesehen, denen der Erfolg ihres Unternehmens, die Zufriedenheit der Kunden oder auch die gute Laune ihrer Führungskräfte ein Anliegen sind. Vielerorts gelten sie als eine Art unwillige Untertanen oder Diener, die durch Zwang diszipliniert werden müssen. Auch wenn das niemand so ausspricht, ist es doch zu beobachten. Da Führungskräfte ebenfalls Mitarbeiter sind, werden sie genauso behandelt. Anstatt ihnen zu vertrauen, werden sie immer stärker kontrolliert, standardisiert und demotiviert. Es entsteht ein destruktiver Strudel, in dem jedes Engagement erstickt. Dabei sind alle Täter und Opfer zugleich. Das ist fatal.
Manchmal hat es den Anschein, als ob wirtschaftliches Handeln nichts mit dem Leben zu tun hätte und vor allem darin bestünde, den Menschen zu einem Maschinenteil zu pressen. Anstatt Fähigkeiten zu nutzen, wird kontrolliert und diszipliniert. Menschliche Energie konzentriert sich in der Folge auf die Abwehr von Unbill. Engagement, Loyalität, Freude und Stolz sind dagegen vom Artensterben bedroht. Negative Folgen sind unausweichlich. Sie produzieren hohe Folgekosten und halten wirtschaftlichen Überlegungen nicht stand. Warum wird es dann so gemacht? Vermutlich deshalb, weil es die meisten anderen so machen. Aus Angst, man könnte als Chef seine Autorität verlieren.
Diese Angst ist unbegründet. Nichts vermag Ansehen und Gewicht mehr zu stärken als ein Führungsverständnis, das Freiräume schafft, die Würde achtet sowie das Vertrauen und Miteinander fördert. Dann wird Führung einfach, freudvoll und geradezu mühelos. Ängstliches Beharren auf formaler Autorität hingegen zerstört sie.
Veränderungen sind nur möglich, wenn eine andere Art des Denkens einkehrt. Wer Ausweglosigkeit denkt, wird keinen Ausgang finden. Großes geschieht immer nur aus der Bereitschaft, Grenzen zu sprengen und es anders zu versuchen. Der Philosoph in mir weiß, dass es immer möglich ist, Dinge anders zu denken, oft mit überraschenden Lösungen. Der Historiker in mir weiß, dass andere, respektvollere Umgangsformen nicht nur möglich sind, sondern auch historisch erprobt und sehr erfolgreich. Der Biologe in mir weiß, dass jedes Lebewesen krank wird und dahinwelkt, wenn es gezwungen ist, sich dauerhaft wider seine Natur zu verhalten.
Die eingangs erwähnte Aufgabe schickte mich auf einen Weg, den ich seither konsequent verfolge. Ziel meiner Arbeit ist es, Organisationen und Führungskräfte bei der Entwicklung einer Kultur zu unterstützen, in der sich ihre Mitarbeiter bereits am Sonntag auf den Montag freuen. Jede Woche wieder. Ich weiß, dass es möglich ist und wie es geht. Die Erfahrung dieser Arbeit ist in diesem Buch zusammengefasst.
Hinter dem Namen jedes Autors verbergen sich viele andere, die mitgedacht, kritisiert und korrigiert haben. So ist es auch hier. Ohne Ogle Burian, der mir als damals jungem Berater vertraute und mich mit der ersten Kulturentwicklung beauftragte, hätte ich diesen Zugang nicht entwickeln können. Selbiges gilt für Anton Kellner, dem die Vereinigung mehrerer Unternehmen und die Integration in eine gemeinsame Kultur gelang. Seither haben meine Klienten mein Wissen vertieft und meine Beobachtungen reifen lassen. Insbesondere jene, denen es in wunderbarer Weise gelungen ist, innerhalb ihres jeweiligen Einflussbereiches verkrustete Strukturen aufzubrechen, ihnen Leben einzuhauchen und sie nachhaltig erfolgreich zu machen.
Meinem alten Freund und Lehrmeister Junichi Yoshida von der Research Organization for the 21st Century der Osaka Prefecture University verdanke ich sowohl die Fähigkeit, auf den Fluss der vorhandenen Kräfte zu achten, als auch die starke Ausrichtung auf die Notwendigkeit des Designs von energetisierenden Werten und Haltungen. Rudolf Krska vom Interuniversitären Department für Agrarbiotechnologie (IFA-Tulln) bereicherte mich mit seinem Wissen über alternative Stoffwechsel bei Lebewesen. Ebenso wie Monika Franta mit ihren Kenntnissen über Pädagogik.
Heinz Modlik und Alex Teufer stürzten sich auf die Erstfassung des Manuskriptes und halfen mir mit präzisen Hinweisen weiter. Mit Janos Szurcsik von der Westungarischen Universität Sopron und seiner Frau Andrea habe ich manchen Tag und einige Nächte in Diskussionen verbracht, in denen die Bedeutung von Design für die planmäßige Entwicklung von Kulturen immer konkretere Formen annahm. Meine Frau und meine Kollegen Marina Hahn, Patricia Hajek und Harald Koisser unterstützten mich tatkräftig, ebenso wie die stets gut gelaunte und ideenreiche Ingrid Famula und Jeanne Mukaruhogo, deren interkulturelles Wissen mir unersetzlich wurde.
Ohne meinen Verleger und treuen Begleiter Georg Hauptfeld jedoch hätte ich die Arbeit an diesem Buch nicht begonnen. Seiner einfühlsamen Art, mit der er stets die Spannung aufrechterhielt, ohne jemals Druck zu erzeugen, den vielen Diskussionen mit ihm und auch seiner Konsequenz verdanke ich nicht nur inhaltliche Stringenz, sondern auch Mäßigung bei der Beschreibung einiger abschreckender Beispiele. Meiner Lektorin Christa Hanten gelang es mit ihren Korrekturen, meinen manchmal etwas abschwebenden Zwischengedanken eine klare Linie zu verleihen.
Michael Vogler, 2. Mai 2014