Bodo Dringenberg (Hg.)
EIN PILS, EIN SEKT,
EIN TODESFALL
7 hannoversche Kneipenkrimis
© 2015 zu Klampen Verlag · Röse 21 · D-31832 Springe
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Umschlaggestaltung und Motiv: © HildenDesign · München
Satz: thielenVERLAGSBUERO · Hannover
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
ISBN 978-3-86674-440-0
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.dnb.de› abrufbar.
Cover
Titel
Impressum
Vorwort des Herausgebers
Ein Pils, ein Sekt, ein Todesfall!
Susanne Mischke
Gaststätte: Alexander (Innenstadt)
Der falsche Graf
Rolf Cantzen
Gaststätte: Café K. (Linden-Mitte)
Engelmacherin
Christian Friedrich Sölter
Gaststätte: Béi Chéz Heinz (Limmer)
Zur falschen Zeit am falschen Ort
Richard Birkefeld
Gaststätte: Max Walloschke (Steintorviertel)
Eisbein-Boogie
Katja Merx
Gaststätte: Eliseneck (Linden-Nord)
Blut ist dicker als Bier
Bodo Dringenberg
Gaststätte: Destille (Nordstadt)
Stille in der Destille
Kersten Flenter
Gaststätte: Alte Liebe (Oststadt)
Schlechtes Timing
Die Autoren
Durßd iß billich – Suff iß Ahbmteua
Frank Schulz
Gastwirtschaften sind Orte gelebter Öffentlichkeit, jenseits heimischer TV-Abschottung, dazu sinnlicher und nachhaltiger als coolste Smartphone-Kontakte. Gast und Wirt – was für ein wunderbares Verhältnis steckt bereits in dieser Wortkomposition. Dagegen ist der unsägliche Satz »Wer nichts wird, wird Wirt« trotz seines minimalen Alliterationsfeuerwerks nichts als schlichter Blödsinn. Und wenn Schopenhauer das Gesicht seines philosophischen Lieblingsgegners Hegel eine »Bierwirtsvisage« nannte, dann offenbarte sich darin bloß die Weltferne des großen Pessimisten. Dass Hegel regelmäßig nicht unerhebliche Mengen Alkoholika genoss, hat schließlich seiner Dialektik nicht geschadet, oder?
Schreibende empfinden mehr als Sympathie für Zapfende, denn es existiert eine Art von Seelenverwandtschaft von Wirtin/Wirt mit Autorin/Autor. Um mal der Einfachheit halber bei der männlichen Spezies zu bleiben: Ebenso selten wie Wirte von Fässern erschlagen werden oder in Bier ertrinken, kommt es vor, dass sie in den Stories von Krimiautoren zu Opfern oder Tätern gemacht werden. Wirt und Autor sind eben wesensmäßig Verwandte, denen zum Beispiel der Wunsch nach beruflicher Unabhängigkeit gemein ist. Auch ist der Mangel an qualifizierten Fachkräften in der Gastronomie durchaus dem im literarischen Bereich vergleichbar. Weiterhin zeigen sich – ähnlich wie die Autoren – zwei Drittel der Gastwirte zufrieden mit ihrem Gewerbe. Was harte Zahlen angeht, so schneidet die belletristische Arbeit gegenüber der gastronomischen allerdings schlechter ab. Denn natürlich arbeiten in Deutschland nicht 1,7 Millionen Schriftsteller, die fast 70 Milliarden Euro erwirtschaften, wie es die Wirte tun.
Doch zurück zu den Getränken. Sicher, Chai-Tee ist süffig, Latte Macchiato ist lecker, Bionade tut gut, aber man kann auch mit Alkohol fröhlich sein! »Warum ist man kälter gegen die Menschen, wenn man gegessen, und wärmer, wenn man getrunken hat?«, fragte der allzeit rauschbereite Romantiker Jean Paul. Und: »Bier ist auch Stulle«, wie der durstige Volksmund hinzufügt. Außerdem sei hier einmal mehr festgestellt, dass man sich unter Alkoholeinfluss sogar in Gesellschaft von Schriftstellern wohl fühlen kann. In Hannovers Lokalitäten, wo einst über Marx und Engels geredet wurde, könnten nun, dank »Ein Pils, ein Sekt, ein Todesfall«, auch mal Merx und Engel thematisiert werden. Und so verschieden in »Ein Pils, ein Sekt, ein Todesfall« die Tatorte sind, so unterschiedlich gestalten die Autorinnen und Autoren auch ihre »Fälle«.
Wie gründlich, ja mehrfach substanzlos ein feiner Adelstitel sein kann, das erfahren zwei kulturbeflissene Damen im Alexander. Natürlich hat die Handlung nichts mit einem gleichnamigen realen Fürsten zu schaffen, sondern »Der falsche Graf« von Susanne Mischke ist hier die dritte Hauptperson. Wenn sich in dieser Konstellation die schöne Welt des Scheins mit pragmatischer Moral paart, dann kann dabei schon mal eine tödliche Pointe herausspringen.
Von Rolf Cantzen wird der hochgeschätzte Wirt des Café K. vermutlich zum ersten Mal erfahren, welche beflügelten Wesen auch in sein Etablissement kommen. Nein, nicht nur Hähnchen, Puten und Enten sind es, sondern echte Engel begleiten manche Genießende dorthin. Kommen ihnen aber Einhörner oder gar Yetis in die Quere, kann so eine »Engelmacherin« ganz achtsam das Rad der Wiedergeburt in Bewegung setzen.
Durch das kellertiefe Béi Chéz Heinz tosen nicht nur wilde Gitarrenakkorde, sondern manchmal kann dort auch ein unterirdischer Mordplan in die Wege geleitet werden. Dass tourende Bands alles andere als mobile Kuschelparadiese sind, verdeutlicht Christian Friedrich Sölter sehr eindringlich in »Zur falschen Zeit am falschen Ort«.
Max Walloschke heißt das Lokal des einst stattbekannten Catchers – heute würde man eher Wrestler sagen. In der legendären Szenerie dieser genussfreudigen Kraftpakete waren Siegabsprachen nichts Ungewöhnliches. Wer sich nicht daran hielt, konnte schon mal ins Visier von bedingungslosen Fans des Unterlegenen geraten. Wie dabei eine winzige Reißzwecke blankes Entsetzen auslösen kann, verrät Richard Birkefeld in seiner Story.
Das Eliseneck ist eine klassische Eckkneipe in Linden-Nord, welche ihren Stammgästen ein behagliches Feuchtgebiet garantiert. Da kann ein nicht unbeträchtliches Aufkommen von Todesfällen wie in »Blut ist dicker als Bier« schon mal den vertrauten Schankbetrieb stören. Katja Merx kennt die Hintergründe für solche Störfälle im Ellieck, weiß aber auch, dass die dort hausende hippe Altherren-Szene keinen der ihren einfach so verraten würde.
Die Destille ist seit jeher eine traditionsreiche Studentenkneipe mit mindestens einem Tischfußballgerät. Was man als Spieler, genauer Krökler, an diesem Gerät erleben kann, außer knallenden Bällen, Aufschreien und reichlichem Biergenuss, ist gewöhnlich nicht viel. Hat aber eine kleine schmutzigweiße Spielkugel ein besonderes Ziel gefunden, ist auch mal »Stille in der Destille«, von der Bodo Dringenberg erzählt.
Der Protagonist in Kersten Flenters Geschichte »Schlechtes Timing« meint, für die Übernahme einer Waffe, die er dringend braucht, bis ins letzte Detail vorbereitet zu sein. Und muss in der Wirtschaft Alte Liebe bitter erfahren, dass das Leben zu achtzig Prozent aus Warten und zu zwanzig Prozent aus Zufall besteht.
Trotzdem – hinsichtlich Kriminalität und Literatur bleibt man mit einem deutschen Dichterfürsten immer auf der richtigen Seite der Theke. Zeitübergreifend stellte Goethe klar: »So lange man trinken kann, lässt sich’s noch glücklich sein.«
Bodo Dringenberg
Susanne Mischke
Gaststätte: Alexander (Innenstadt)
Elsbeth und Rita kamen aus der Kälte. Ihr Weg war nicht allzu weit gewesen, nur ein paar Schritte, vom Schauspielhaus über die Prinzenstraße, und dann quer durch den Hof. Beide hatten fröstelnd die Schultern hochgezogen, als sie das Lokal betraten, doch sogleich wurden sie von einer dunstigen, bierseligen Wärme eingehüllt.
Ihre Blicke wanderten suchend herum. Nach den Theatervorstellungen war das Alexander immer gut besucht, aber auch weniger kulturbeflissene Nachtschwärmer wussten, dass es hier bis spät in den Abend hinein noch ein deftiges, warmes Essen gab.
»Da hinten!« Elsbeth hatte einen freien Tisch erspäht, und schon pflügte sie wie ein Eisbrecher durch die Gaststube. Rita folgte in ihrem Windschatten. »Der ist reserviert«, musste sie erkennen, als sie am Ziel angelangt waren.
Aber Elsbeth war nicht die Frau, die sich von einem Pappschild einschüchtern ließ. In voller Leibesgröße stellte sie sich dem Kellner in den Weg, der gerade, beladen mit drei vollen Tellern, um die Ecke bog.
Was mit dem Tisch da los sei.
Der sei reserviert.
Ab wann?
Ab elf.
»Siehst du!«, sagte Elsbeth triumphierend, und ihr knallroter Fingernagel tippte dabei auf ihre goldene Armbanduhr. »Noch über eine halbe Stunde. Bis dahin haben wir längst gegessen.«
Rita nickte und hängte ihren Persianer an einen der Wandhaken, neben Elsbeths mondänes Wollcape. Auch sie war froh um den Platz, denn sie hatte einen schrecklichen Hunger. Theatervorstellungen machten sie immer geradezu gefräßig. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie dieses Abo schon vor Jahren gekündigt. Je älter sie wurde, desto lieber blieb sie am Abend zu Hause, ganz besonders in der kalten, dunklen Jahreszeit. Aber Elsbeth, schon seit der gemeinsamen Schulzeit stets die Tonangebende, hatte auf dem Theater-Abo bestanden. Ein wenig Kultur täte ihnen beiden gut, anderenfalls verblöde man vor der Glotze, so ihre Worte. Ritas Einwand, es gebe doch auch arte und den Theaterkanal, ließ Elsbeth nicht gelten, und sie hatte ja Recht. Arte rangierte auf Ritas Fernbedienung irgendwo in den Zwanzigern, und vom Theaterkanal hatte sie nur in der Zeitung gelesen.
Sie setzten sich an den Vierertisch, und Rita schnappte sich die Speisekarte, denn es war stets beruhigend, zu sehen, dass ihr Lieblingsgericht noch darin stand und nicht, Gott bewahre, inzwischen durch ein veganes Gericht ersetzt worden war. Heutzutage wusste man ja nie. Aber die Kleine Schweinerei hatte sich ihren Platz sichern können, ebenso wie die Große Schweinerei, und schon das Lesen der Karte bewirkte, dass Rita das Wasser im Mund zusammenlief.
»Wo bleibt denn dieser Kellner?«, beschwerte sich Elsbeth, kaum dass ihr Gesäß den Stuhl berührt hatte. »Ist ja wieder typisch! Die vier da drüben sind nach uns gekommen, und haben schon bestellt. Aber so ist das eben, wenn man alt und alleinstehend ist: Dauernd wird man übersehen. Hey! Junger Mann! Werden wir auch mal bedient?« Mühelos übertönte Elsbeths Organ das Stimmengewirr.
Rita, peinlich berührt, hob die Speisekarte höher, so dass ihr Gesicht dahinter verschwand. Elsbeths Sorge, übersehen zu werden, entbehrte nach Ritas Auffassung jeder Grundlage. Dafür sorgte schon deren Statur. Als wollte sie ihr walkürenhaftes Äußeres noch extra betonen, trug sie heute ein mehrlagiges, flatteriges Ensemble, dessen Farbspektrum von aquamarinblau über zitronengelb bis violett reichte. Neben Elsbeth wirkte Rita, im dunkelblauen Kostüm, recht bieder, aber aufzufallen war einfach nicht ihre Art.
»So, die Damen, was darf es sein?«
»Na endlich! Wenn wir bis elf Uhr nicht fertig sind, ist das nicht unsere Schuld, dann müssen Sie uns einen anderen Tisch besorgen.«
»Keine Panik, das kriegen wir schon hin«, sagte der junge Mann, der die Robustheit und stoische Ruhe eines Pflegers einer psychiatrischen Anstalt ausstrahlte. Rita fiel ein, dass ins Alexander regelmäßig Leute vom Theater kamen, weshalb man hier wohl an Exzentriker aller Art gewöhnt war. Sogar Elsbeth war der Wind aus den Segeln genommen worden, ohne weitere Drohungen bestellte sie zweimal die Kleine Schweinerei, dazu ein Herrenhäuser vom Fass, für Rita, und ein irisches Kilkenny für sich.
»Bestimmt Leute vom Theater«, sinnierte Rita, nachdem der Kellner ihre Bestellung in einen kleinen Apparat getippt hatte, und wieder gegangen war.
»Wer?«
»Die, die unseren Tisch reserviert haben. Schauspieler vielleicht. Wer sonst kommt erst um elf?«
»Apropos. Wie hat dir denn das Stück gefallen?«
»Es geht so«, murmelte Rita, aber dann brach es plötzlich aus ihr heraus: »Wenn das Ganze bloß nicht immer so lange dauern würde!« Sie wappnete sich innerlich für die zu erwartende Standpauke der theaterbegeisterten Elsbeth. Aber die nickte nur und meinte: »Stimmt schon, es war recht langatmig.«
»Mit diesem modernen Zeug werde ich einfach nicht warm, tut mir leid. Allein schon dieses kahle Bühnenbild! Müssen die ausgerechnet daran sparen? Man geht doch ins Theater, um etwas Schönes zu sehen. Ich jedenfalls.«
»Die vielen Gewaltszenen müssten auch nicht sein, wenn es nach mir ginge«, ergänzte Elsbeth. »Nicht so brutal jedenfalls. Man kann solche Dinge ja auch nur andeuten. Das gilt erst recht für diese Ferkeleien auf offener Bühne.«
Von Elsbeths Worten ermuntert fuhr Rita fort: »Ich finde, das Theater ist … ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll … es ist so künstlich. Ganz anders als das Fernsehen. Ganz ehrlich: Ich sitze einfach lieber zu Hause, besonders, seit ich dieses HD habe. Da kann ich die Füße hochlegen und zwischendurch mal was knabbern. Und ich kann umschalten, wenn mir das Programm nicht gefällt.«
»Ein Herri und ein Kilkenny, zum Wohl.«
Wieder typisch, dachte Rita, deren Magen knurrte, was ihre Laune stets auf den Tiefpunkt sinken ließ. Madame kann kein einheimisches Bier trinken, nein, es muss was Exotisches sein.
Sie stießen an. Elsbeth hatte einen guten Zug, schon im ersten Anlauf leerte sie ihr Glas bis zur Hälfte. »Hast du diese Woche unsere Serie gesehen?«, fragte sie dann.
»Natürlich, was denkst du denn?«, antwortete Rita. »Darauf freue ich mich immer schon den ganzen Tag. Jetzt, wo es so früh dunkel wird und die Abende so endlos lang sind, bin ich froh, wenn ich um sechs Uhr einen Grund habe, den Fernseher anzuschalten.«
Ja, gestand Elsbeth, ähnlich gehe es auch ihr.
Darauf nahmen beide noch einen großen Schluck, und Elsbeth machte dem Kellner ein Zeichen, ihnen eine zweite Lage zu bringen.
»Was meinst du, Elsbeth, wird Camilla diesen Grafen Frederic wirklich heiraten?«
Elsbeth seufzte. »Ich fürchte, ja.«
Rita nickte und räumte ein: »Schlecht sieht er ja nicht aus, und er hat gute Manieren. Aber trotzdem … Ich finde, er hat etwas Verschlagenes an sich.«
»Ja, wie der schon guckt!«, bestätigte Elsbeth. »Diese eng stehenden Augen … Wer weiß, was der zu verbergen hat. Er wirkt auf mich irgendwie halbseiden. Aber der Adelstitel, der zieht halt.«
»Der Titel ist Camilla doch egal!«, entrüstete sich Rita. »Denkst du wirklich, dieses bescheidene Mädchen lässt sich davon blenden?«
»Sie nicht, aber ihr Vater«, versetzte Elsbeth.
»Meinst du nicht, dass Camilla sich für den Dr. Helmer entscheiden wird? Ich meine, ein Doktortitel ist doch auch etwas«, meinte Rita, geradezu flehend.
»Unsinn«, zischte Elsbeth und schüttelte so heftig den Kopf, dass ein klirrendes Geräusch entstand. Es kam von den metallenen Gehängen, die aussahen wie Angelköder und ihre Ohrläppchen in die Länge zogen, was Rita daran erinnerte, dass ihr Dackel nachher noch raus musste. »Den Doktortitel würde Camilla als Ehefrau ja gar nicht führen, das macht man heute nicht mehr«, klärte Elsbeth sie auf »Aber den Adelstitel schon. Sie wäre dann Camilla Gräfin von Wusterhagen.«
»Zwei Kleine Schweinereien. Einen guten Appetit, die Damen.« Schwungvoll platzierte der junge Mann die Teller mit den Toasts vor Rita und Elsbeth auf den Tisch, und für eine Weile herrschte Schweigen. Die Hingabe ans Essen wurde lediglich unterbrochen vom Kellner, der die zweite Runde Bier brachte. Die Mahlzeit machte durstig, und bald war auch das zweite Herri ausgetrunken. »Wir sollten nach Hause gehen«, mahnte Rita. »Morgen kommt mein Sohn mit der Familie. Hoffentlich kann ich trotzdem unsere Sendung sehen. Jetzt, wo es gerade so aufregend …«
»Entschuldigung, ist hier noch frei?«
Ein Mann, etwa Mitte dreißig, war an ihren Tisch getreten.
»Sind Sie die Reservierung?«, fragte Elsbeth und schaute auf ihre Uhr, die zehn Minuten nach elf zeigte.
»Ja«, antwortete der Mann. »Aber meine Kollegen haben mich versetzt, ich bin also allein.«
»Wenn das so ist, dann nehmen Sie doch Platz«, sagte Elsbeth und wies auf die beiden freien Stühle. »Wir sind eh gerade am Gehen.«
Der Mann hängte seine Jacke über die Stuhllehne und rief dem vorbeieilenden Kellner »wie immer« zu.
Derweil starrte Elsbeth dem Gast ungeniert ins Gesicht. Auch Rita konnte den Blick kaum noch von ihm abwenden. Sie wusste, sie kannte ihn. Aber woher nur? Ob er vom Theater sei, fragte sie.
Er nickte.
Hatte er vielleicht in diesem schrecklichen Stück mitgespielt, das sie gerade gesehen hatten? Ohne Schminke und mit ihren normalen Frisuren sahen die Leute ja völlig anders aus.
Im selben Moment, in dem es Rita dämmerte, platzte Elsbeth heraus: »Ich kenne Sie! Sie sind Graf Frederic!«
»Oh, mein Gott, ja«, hauchte nun auch Rita.
»Graf – wer?«
»Graf Frederic von Wusterhagen«, entgegnete Elsbeth hoheitsvoll. »Aus der Serie Gestüt Rosenlund.«
Der Mann sah Elsbeth und Rita an, sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Überraschung und Resignation.
»Leugnen hat keinen Zweck.« Elsbeth drohte ihrem Gegenüber scherzhaft mit dem Zeigefinger.
Der Schauspieler kapitulierte. Er stand auf und deutete eine burleske Verbeugung an. »Chapeau, meine Damen! Sie haben mich entlarvt.«
»In Ihrem Haar ist jetzt keine Pomade«, stellte Elsbeth fest. »Das hat mich einen Moment lang irritiert.«
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