Eveline Wild

WILD auf

SCHOKOLADE

Torten, Tartes, Desserts, Pralinen & Co

Fotografiert von Stefan Eder

INHALT

Cover

Titel

Vorwort

Wie die Schokolade nach Europa kam

Schokoladenherstellung

Verarbeitung von Schokolade

Die wichtigsten Kakaosorten

Schokoladesorten

Arbeitsgeräte

SCHOKOLADE HEISS – KALT

Eisspitzen mit Zimtparfait und Blue Curaçao

Seelenwärmende Trinkschokoladen

Tea meets Chocolate

Hot Bounty

Wie Samt und Seide – dickflüssige Trinkschokolade

Magnum mini selbst gemacht

Tobleroneparfait mit Maracuja

Schokoladen-Holunderblüten-Eistorte mit Schokoladenstroh

Thai-Mango trifft Tonkabohne

Schokoladenfondue

DESSERTS

Lavakuchen mit Karamell und Beeren

Schokoladekuchen mit Kokoseisball

Manjari-Mousse mit Marille, Karamell und Pericon

Rosmarin-Schokoladen-Mousse

Schokoladen-Crème-Brûlée

Weißer Schokoladen-Zitronen-Igel

Yuzucreme unter knackigem Karamell mit Zitrusfrüchten

Schneeballen mit Nougatespuma

Die Kuh macht muh!

TORTEN

Bananen-Limetten-Schokoladentorte

Beeren im Schokolademantel

Black & White Schokoladenmousse-Orangentorte

Abwandlung zur Biskuitroulade

Blumiges Törtchen zum Valentinstag

Zebra-Topfentorte

Schwarzwälder-Kirsch-Baumstamm

Schwarzwälder-Kirsch-Trifle

Original Schwarzwälder Kirsch

Moderne Schwarzwälder Kirsch

Winterwonderland

Oh la la Kranzkuchen

KUCHEN UND TARTES

Frankfurter Kranz auf Steirisch

Karamelltörtchen mit gesalzenen Erdnüssen

Mousse-au-Chocolat-Tarte

Speckiger Schokoladekuchen

Birnen-Schokoladen-Tarte

KNUSPRIGE KLEINIGKEITEN

Dunkles Spritzgebäck mit „Gelinggarantie“

Rosen-Butter-Trüffel

Nussknacker

Schokoladen-Früchtetaler

Papas Lieblinge

Müsliriegel selbst gemacht

Knusperzoo und Knusperbombe

Knusperhäuschen

Macarons „Rot-Weiß-Rot“

Schokoladensalami

Marzipanpralinen

Cookies

DEKO-IDEEN & ARBEITSTECHNIKEN

Glossar

Register

Die Autorin / Der Fotograf

Impressum

Das Buch

LIEBE SCHOKOHOLICS!

Eigentlich war es bei mir und dem Thema Schokolade Liebe auf den zweiten Blick und das ist jetzt wohl die beste Möglichkeit, diese Tatsache aufzuklären und in ein besseres Licht zu rücken.

Zucker, und jetzt meine ich nicht das weiße Granulat, das so oft bei meinen Kreationen eine unerlässliche Zutat ist, sondern Zucker, verwandelt in filigrane, bunte, hochglänzende und scheinbar schwerelose Schaustücke, war einmal meine ganz große Passion. Nachdem bei den verschiedensten Konditorei-Wettbewerben immer auch Schokolade eine wichtige Rolle spielte, „musste“ ich mich quasi auch damit beschäftigen. Und wie so oft wurde aus dem „Muss“ – wenn man es nur lange genug durchzieht und sich eine gewisse Routine einstellt – etwas, das ich heute als Leidenschaft bezeichnen würde, die mich nicht mehr loslässt. So sehe ich mich zwar immer noch als Konditorin, aber nicht minder als Chocolatière.

Mit ein Grund, warum ich mich gerade jetzt zur Chocolatière entwickelt habe, ist sicher die Tatsache, dass ich meinen Lebensmittelpunkt in der Steiermark gefunden habe und im familiär geführten Wohlfühl Hotel Eder schlicht und ergreifend keine Konditorei-Backstube vorhanden war. Aus der Not eine Tugend machend, begann ich vor etwa fünf Jahren mit der Herstellung von ganz banalem Holunderblütensirup, und wenn Sie jetzt denken, das hat ja nichts mit Schokolade zu tun, haben Sie nicht ganz unrecht. ABER ich habe gemerkt, dass unsere Gäste beträchtliches Interesse an „Selbstgemachtem“ haben – und so gibt es heute in unserem Hotel neben verschiedensten Marmeladen und dem Hollersaft auch Lavendel-, Verbene-, Minze-, Rosengeranie-, Almkräuter- und Duftrosensirup und immer wieder neue Kreationen. Bestärkt von der überaus positiven Resonanz, habe ich mir den Luxus von personalisierten Schokoladetafel-Formen geleistet, und siehe da, die Idee hat eingeschlagen wie eine Bombe. Was mir am meisten Freude bereitet, ist, wenn ich meine Pralinenvitrine mit den frischesten Trüffeln befülle und dann vor vergänglichen Köstlichkeiten stehe, die immer rasch begeisterte Fans finden.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich in meiner Ausbildungszeit immer Zugang zu qualitativ hochwertiger Schokolade hatte. So bekam ich ein Gefühl dafür, dass das braune Gold nicht nur süß schmecken, sondern auch viele andere Geschmacksnuancen spielen kann. Nun ist es ja eine Sache, Schokolade zu verschmausen, aber etwas ganz anderes, diese in eine hochglänzende Tafel, in wunderschöne Schaustücke oder in erlesene Pralinen zu verwandeln. Hier bedarf es eines grundlegenden Verständnisses vom Temperaturverhalten der unterschiedlichen Schokoladesorten und natürlich viel, viel Übung und daraus resultierende Erfahrungswerte. Auf den folgenden Seiten werde ich versuchen, Ihnen Ideen, Anregungen und auch so manchen Kniff näherzubringen, wie Sie am besten an das Thema Backen mit Schokolade herangehen. Ich lade Sie ein, viele schokoladige Rezepte auszuprobieren. Lassen Sie sich beim Durchblättern inspirieren und vielleicht graben Sie den einen oder anderen eigenen Schokoladenklassiker aus und hübschen ihn mit neuen, kreativen Tricks ein wenig auf.

Viel Spaß und schokoladiges Vergnügen mit meinem zweiten Buch

Eveline Wild

Wenn auch die Heimat des Kakaobaumes in den tropischen Regenwäldern des Amazonas in Brasilien und am Orinoko in Venezuela liegen dürfte, so finden sich erste Hinweise auf die Kultivierung dieses Baumes in Mittelamerika. Man kann davon ausgehen, dass bereits die Olmeken – die erste bedeutende Zivilisation in Mittelamerika, die ab ungefähr 1500 v. Chr. im Tiefland der mexikanischen Golfküste entstanden war – Schokolade bzw. Kakao kannten. So gehörte etwa das Wort „cacao“ („kakawa“ ausgesprochen) schon um 1000 v. Chr. zu ihrem Wortschatz, und es spricht einiges dafür, dass auch die Maya von ihnen das Wissen über den „cacao“ übernommen haben.

Das Siedlungsgebiet der Maya reichte von der Halbinsel von Yucatán über Chiapas bis zur Pazifikküste Guatemalas, und für ihre Kultur, die ihre Blütezeit im ersten nachchristlichen Jahrtausend erlebte, gibt es Funde, die belegen, dass Kakao kultiviert wurde. Manchen Quellen zufolge sollen Kakaobohnen bei den Maya als Zahlungsmittel gedient haben und auch gehandelt worden sein – nicht nur untereinander, sondern auch mit Nachbarreichen. Neben Wandzeichnungen fanden sich auch Gefäße, in denen Spuren von Kakao festgestellt wurden, so etwa in Guatemala ein Maya-Trinkgefäß, auf dessen Deckel die „cacao“-Hieroglyphe zu erkennen ist. Kakao wurde von den Maya nicht in fester Form genossen – zumindest findet sich darauf kein Hinweis –, sondern in Form eines ungesüßten, herb-bitteren Tranks zubereitet oder auch zum Würzen von Speisen verwendet. Kakao war bei den Maya – wie auch später noch lange in seiner Geschichte – kein Lebensmittel für das breite Volk, sondern einer kleinen Oberschicht vorbehalten.

Auch bei den Azteken spielte Kakao als Genuss- und Zahlungsmittel eine zentrale Rolle. Sie schrieben den Kakao als Geschenk des Himmels ihrem Gott Quetzalcoatl zu, der sein Land verlassen musste, laut einer Prophezeiung aber versprochen hatte, dereinst in sein Reich zurückzukommen. Als der Aztekenherrscher Montezuma im Jahr 1519 erfuhr, dass Schiffe an der östlichen Küste seines Landes gelandet waren, glaubte er an die Wiederkehr des Gottes und bereitete den Ankömmlingen einen festlichen Empfang – ein fataler Irrtum, der den Untergang des Aztekenreiches einleitete: Bei den Seefahrern handelte es sich um spanische Konquistadoren unter dem Kommando von Hernando Cortéz. Diese machten auf ihrem Zug durch das Aztekenreich Bekanntschaft mit den Früchten des Kakaobaumes und erkannten in der Folge sehr bald den Stellenwert der Kakaobohne für die Azteken. Zwar war bereits Christoph Kolumbus auf seiner vierten und letzten „Indienreise“ im Jahr 1502 mit Kakaobohnen in Berührung gekommen, er hatte jedoch deren Bedeutung für die mittelamerikanischen Ureinwohner nicht erkannt.

Schokolade bzw. Kakao war auch bei den Azteken das Getränk der Oberschicht. Wenn auch die ersten Kolonisten die Schokolade verschmähten, so schilderten jedoch zahlreiche Reisende sehr präzise, wie die Indios das Getränk zubereiteten. Die Kakaobohnen wurden getrocknet und gemahlen und dann mit Nelkenpfeffer in heißem Wasser angerührt. Ein englischer Chronist, Thomas Gage, erwähnt spezielle Zutaten wie Annatto (Samen des Orleanstrauches), Mais, Chili und Anis. Wie auch immer die Zubereitung ausgesehen haben mag, die nahrhaften und anregenden – auch aphrodisischen – Eigenschaften der Schokolade wurden von den Indios geschätzt.

Welchen Wert Kakaobohnen zur Zeit des Aztekenreiches hatten, lässt sich heute nicht mehr feststellen, aber dass Kakaobohnen auch später, unter spanischer Herrschaft als Währung verwendet wurden, lässt sich – neben anderen Quellen – etwa durch eine Preisliste belegen, die im März 1545 in Tlaxcala, einer Stadt im zentralen mexikanischen Hochland, der Bevölkerung bekannt gemacht wurde. So hatte etwa ein Truthahn den Wert von 200 Kakaobohnen, ein Hahn von 20 Kakaobohnen, eine große Tomate entsprach dem Wert von einer Kakaobohne oder eine frisch gepflückte Avocado dem von drei Kakaobohnen.

Mit der zunehmenden Besiedelung Mittelamerikas durch die Spanier änderte sich deren reservierte Haltung gegenüber der Schokolade. Das hing zum einen damit zusammen, dass vermehrt Ehen zwischen Spaniern und einheimischen Frauen geschlossen wurden und es so zu einer Annäherung der Kulturen kam. Gleichzeitig erfuhr das Getränk aber auch eine Reihe von Abwandlungen, deren wichtigste die Beifügung von Zucker war, wodurch der bittere, herbe Geschmack der Schokolade gemildert wurde. Ermöglicht wurde dies durch den intensiven Anbau von Zuckerrohr durch die Spanier, wodurch die Karibik bereits ab dem 16. Jahrhundert zu einem der Hauptanbaugebiete wurde. Im 17. Jahrhundert war die Schokolade für die Einwanderer jeden Standes zu einem alltäglichen Getränk geworden, Chronisten berichteten sogar von einer „Schokoladenwut“, die zu dieser Zeit unter den Spaniern geherrscht haben soll. Dies förderte das Entstehen von Kakaoplantagen. Bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts berichtet ein Reisender von zwei spanischen Plantagen in Mexiko, 1660 gibt es die erste Plantage auf Martinique, kurz danach auf den Philippinen und in der Folge dann auch bald in Ecuador, Brasilien und auf Trinidad.

Wer die ersten Kakaobohnen nach Europa brachte, lässt sich nicht gesichert feststellen, doch ab Mitte des 16. Jahrhunderts sorgten zahlreiche aus Amerika zurückkehrende Spanier für die Verbreitung dieses Genussmittels. Ihren wahren Aufschwung in Europa erlebte die Schokolade dann ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert mit den regelmäßigen Kakaolieferungen aus den Kolonien. Der Madrider Hof wurde so zum Ausgangspunkt des Siegeszuges der Schokolade, die nach und nach die Höfe und in der Folge auch die Salons der feinen Gesellschaft Italiens, Frankreichs oder Englands eroberte.

Wurde Schokolade anfangs aufgrund ihrer wohltuenden Wirkung vor allem als Stärkungsmittel konsumiert, das auch zu wissenschaftlichen und religiösen Debatten Anlass gab – so beschäftigte den Klerus etwa die Frage, ob Schokolade ein Getränk sei und auch während der Fastenzeit genossen werden dürfe oder doch ein Nahrungsmittel und folglich während des Fastens zu verbieten sei –, so entwickelte sie sich später von der Arznei zur Leckerei. Sie wurde für Wohlhabende zum Zeichen eines verfeinerten Geschmacks, neue, immer raffiniertere Ingredienzien wurden beigemengt, und mit dem beginnenden 18. Jahrhundert bekam man schließlich überall in Europa Schokolade auch in fester Form, als Tafeln, Dragees oder Plätzchen.

Mit der Verbreitung der Schokolade änderten sich auch die Methoden der Herstellung. In den Mitte des 17. Jahrhunderts entstandenen Schokoladebetrieben unterschieden sich die angewandten Techniken noch nicht allzu sehr von denen der Mexikaner – die Bohnen wurden beispielsweise noch mit der Hand zerkleinert. Doch Ende des 18. Jahrhunderts erreichte der technische Fortschritt auch die Schokoladefabriken, etwa in Form von hydraulischen Mahlmaschinen und Pressen.

Wenn auch der amerikanische Unabhängigkeitskrieg, die Französische Revolution und die nachfolgenden Kriege für einen Rückgang bei der Produktion und beim Konsum von Schokolade sorgten, so erlebte diese ab 1815 eine wahre Renaissance. In den Jahrzehnten danach entstand ein blühender Industriezweig, der mit technischen Innovationen wie der Conche oder dem Mélangeur die Grundlagen dafür schuf, dass aus der „göttlichen Speise“ ein Genussmittel für alle wurde.

SCHOKOLADENHERSTELLUNG

Der Kakaobaum – die biologische Bezeichnung ist „theobroma cacao“ (Speise der Götter) – wächst nur in heißem und feuchtem Klima und verträgt weder direkte Sonnenbestrahlung noch abrupte Temperaturumschwünge. Er gedeiht im Schatten großer tropischer Bäume, im Halbdunkel, und fühlt sich zwischen 20° nördlicher und 20° südlicher Breite am wohlsten, in diesen Regionen trägt er auch Früchte. Die Hauptanbaugebiete von Kakao liegen heute nicht mehr in Mittel- und Südamerika, sondern in Afrika; die führenden Produzentenländer sind Elfenbeinküste, Ghana, Indonesien und Nigeria.

Die Blüten des Kakaobaumes sitzen direkt am Stamm und bringen das ganze Jahr über Früchte hervor, sie haben eine ledrige Schale, wobei sich die reifen Früchte durch ihre gelbe bis rotbraune Farbe auszeichnen. Im Inneren der Schoten – zehn bis 20 cm langen kürbisähnlichen Früchten – befinden sich die von weißem, süß-säuerlich schmeckendem Fruchtfleisch (Pulpe) umhüllten Kakaobohnen.

Bei der Kakaoernte werden die Früchte mit speziellen Messern von den Bäumen geschnitten. Anschließend werden sie mit Macheten geöffnet, die Kakaosamen und das Fruchtfleisch aus der Schale geholt, für die Fermentation auf Bananenblätter geschüttet und mit Blättern zugedeckt oder – vor allem in größeren Plantagen – auch in Holzkisten oder Körbe gegeben. Bei der Fermentation handelt es sich um einen Gärungsvorgang – den entscheidenden Prozess bei der Umwandlung der Kakaosamen in Rohkakao –, der zwischen zwei und sieben Tagen dauert. Dabei entstehen Temperaturen von 45 bis 50 °C, das Fruchtfleisch verflüssigt sich, die Kakaobohnen beginnen zu keimen und sterben dann ab. Mit dem Abtöten der Keimfähigkeit werden die Bohnen haltbar und damit lager- und transportfähig. Gleichzeitig bilden sich auch erste Geschmacksaromen und die Kakaobohnen nehmen ihre braune Färbung an.

Nach diesem Prozess werden die Kakaobohnen getrocknet, um den hohen Wassergehalt auf maximal sieben Prozent zu reduzieren – erst dann wird von Rohkakao gesprochen. Vor der Weiterverarbeitung werden die Kakaobohnen noch von Verunreinigungen wie Staub, Sand, Holz- oder Glasteilen befreit.

Mit dem Röstvorgang durchlaufen die Kakaobohnen den nächsten wichtigen Verarbeitungsschritt auf dem Weg zur Schokolade. In der Röstmaschine kann sich der typische Kakaogeschmack, der sich bereits bei der Fermentation und beim Trocknen gebildet hat, vollständig entfalten. Die Temperaturen liegen dabei zwischen etwa 100 und 150 °C, abhängig von Kakaosorte, -qualität