Franky Kuchenbecker
Farang und Lotosblüten
Der Fluch des Schamanen
Band 3
Reiseroman
© 2016 AAVAA Verlag
Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2016
Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag
Coverbild und Fotos: Franky Kuchenbecker
Printed in Germany
AAVAA Verlag
Taschenbuch: ISBN 978-3-8459-2152-5
Großdruck: ISBN 978-3-8459-2153-2
eBook epub: ISBN 978-3-8459-2154-9
eBook PDF: ISBN 978-3-8459-2155-6
Sonderdruck: Mini-Buch ohne ISBN
AAVAA Verlag, Hohen Neuendorf, bei Berlin
www.aavaa-verlag.com
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Alle Personen und Namen innerhalb dieses Buches sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Jedes Jahr reise ich am zweiten Augustwochenende ins Bundesland Brandenburg, um meinen Freund Fredy zu treffen. So auch im Jahr 2009. Das ist schon Kult und wie Urlaub für mich. Am Freitag nach der Arbeit setzte ich mich dann in mein Auto und fuhr los.
Dieses Mal kamen Karl und Werner mit. Ich traf die beiden tags zuvor in unserer köllschen Stammkneipe am Eigelstein.
Karl lebt seit vielen Jahren in Thailand auf einer Insel. Als Hippie zog es ihn einst in die Tropen. Damals konnte man dort noch ungestört Haschisch konsumieren.
Er raucht zwar heute noch ab und an einen Joint, aber nicht mehr so viel wie früher. „Haschisch ist keine Droge,“ meint er, „es wird nur verboten, weil sonst die Alkoholindustrie Pleite geht und dann haben die Regierungen weniger Steuereinnahmen mit denen sie Waffen kaufen können.“
In Thailand hatte er einst ein Haus gebaut. Obwohl er es finanziert hat, gehört es seiner Frau, denn Ausländer, die „Farangs“ dürfen in Thailand keine Immobilie besitzen. Nach Deutschland kommt er nur ab und zu. „Geschäfte“, sagte er. So auch jetzt.
Werner, einige nennen ihn auch Professor, hält sich für einen Thailand - Experten. Er reist schon seit einigen Jahren regelmäßig nach Thailand. Dort trifft er sich mit seiner Freundin Gai. Sie ist sechsunddreißig Jahre alt und behauptet, sie wäre Lehrerin. Er sendet ihr ab und zu Geld. „Das hält die Liebe frisch“, meint er.
Wenn Werner dann in Thailand ist, lässt sie sich angeblich vom Schulunterricht beurlauben. In vier Jahren geht er in den Ruhestand und möchte dann für immer zu ihr ziehen. Die Vorbereitungen hat er schon getroffen. Im letzten Winter ließ er auf dem Grundstück seiner Herzallerliebsten ein Haus bauen.
Ich war auch schon einige Male in Thailand, aber nicht wegen der Frauen. Mir gefällt dieses exotische Land. Was die Damenwelt anbetraf, war ich eher ein Greenhorn. Ich war auch einmal verheiratet, aber das ging bald in die Brüche. Es folgte eine schmutzige Scheidung und ich schwor mir - nie wieder eine feste Beziehung mit einer Frau!
Jedoch bei meiner letzten Reise hatte ich auch ein nettes Arrangement mit einer Thailänderin. Sie hieß Neu. Aber etwas Längerfristiges kam für mich nicht in Frage. Mir gefällt eben mein Junggesellenleben. Ab und zu telefonierte ich mit ihr, machte ihr aber klar, dass ich an einer festen Beziehung nicht interessiert bin.
Während unserer Fahrt hatten wir viel Zeit zum Erzählen. Wir sprachen über Fredy, die Ossis und die neuen Bundesländer. Fredy war ja eigentlich ein „Wossi“. Mit seiner Familie ist er 1989 in die Freiheit geflüchtet, wie er es nannte. Arbeit fand er in der Firma, in der auch ich beschäftigt war und immer noch bin. Fünfzehn Jahre lang waren wir Kollegen. Daraus entstand eine Männerfreundschaft. Fredy ist mein einziger, richtiger Freund.
Dann ging er zurück in den Osten und baute dort ein Haus. Seine Frau wollte da aber nicht mit. Sie hatte sich in einen anderen verliebt und ließ sich letztendlich von ihm scheiden. Fredys Versuche, danach eine neue Beziehung einzugehen, scheiterten.
Deshalb ging auch er vor einem Jahr nach Thailand. Nach einigem Suchen fand er Mu und wähnte sich am Ziel. „Sie ist eine intelligente, fleißige und hübsche Frau. Das ist genau die richtige für mich“, schrieb er mir in einer E-Mail. „Sie kann gut Kochen und was wir im Bett alles erleben - Alex, da würdest Du als eingefleischter Junggeselle Deine Meinung über die Frauen ändern!“
Mu durfte aber nicht nach Deutschland reisen. Trotz Fredys Einladung zu seinem fünfzigsten Geburtstag wurde ihr Visumsantrag abgelehnt. Man sagte ihnen: Sie hätte kein festes Einkommen und keinen Grundbesitz, das ginge nicht.
Fredy telefonierte regelmäßig mit ihr. Während er in den Sommermonaten auf seinem Campingplatz die Sommersaison bestritt, arbeitete sie in Thailand bei einem Reisbauern. Was sie da verdiente, war nicht viel. Es reichte nicht einmal für die Miete. Im Haus ihrer Mutter durften sie und ihre Söhne nicht wohnen. Das gehörte jetzt der jüngeren Schwester und die wollte das nicht. Deshalb hat ihr Fredy ab und zu Geld überwiesen.
Sie fragte ihn auch schon einige Male, ob sie ein Haus bauen wollen. Dann wären sie finanziell unabhängiger und die Chancen stünden besser, ein Visum für Deutschland zu bekommen. Außerdem hätte Fredy eine Beschäftigung und eine Bleibe in Thailand. Fredy war nicht abgeneigt und sein Vagabundenleben wäre vorbei. Er hätte eine Basis, von der aus er seine Reisen starten könnte und für seinen Lebensabend hätte er einen Altersruhesitz.
Unsere Fahrt dauerte lange und ab und zu standen wir im Stau. Karl und Werner hatten damit kein Problem. Sie tranken eine Flasche Bier nach der anderen. „Es ist Freitagnachmittag. Dann ist das oft so auf der A 2. Viele Spätaussiedler aus Polen fahren für einige Tage in ihre alte Heimat. „Ja,“ meinte Werner scherzhaft, „man nennt diese Autobahn auch die ‚Warschauer Allee‘. Aber wir sind ja bald da. Schaut Euch doch nur die zerfallenen Häuser hier an!“ Dabei schaute er aus dem Fenster. „Daran erkennt man, dass wir im Osten sind. Ja, der Osten“ murmelte Karl. „Der hat uns viel Geld gekostet.“
Die Wiedersehensfreude bei Fredy war wie immer herzlich. Sein Kumpel Lutze hatte schon ein Lagerfeuer entzündet und wartete mit gekühltem Bier auf uns. Fredy freute sich und sagte: „Das ist ja ein richtiges Farangtreffen heute.“
Karl hatte wohl Entzugserscheinungen und drehte sich sofort erstmal einen Joint. Der Professor sagte: „Mensch Karl, musst Du immer dieses verdammte Zeug rauchen.“ Als hätte er das nicht gehört, leckte der das Papier an, klebte es aneinander und entzündete es. Nachdem er dreimal genüsslich daran gezogen hatte, schaute er auf Lutze, hielt ihm den Joint entgegen und fragte: „Kennt Ihr so was hier im Osten auch?“ Der winkte dankend ab und sagte lachend: „Ich halte mich lieber an Flüssigkeiten, aber Du meinst wohl, wir leben hier immer noch in Dunkeldeutschland?“
Lutze merkte sofort, dass Karl einer dieser ‚Besser–Wessis‘ ist, und musste sofort einen Witz loswerden: „Kennt Ihr den Unterschied zwischen einem Fuchs und einem Wessi?“ Kannte keiner und alle sahen Lutz fragend an. „Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm…, beim Wessi ist es andersrum.“ Fredy und Lutz lachten.
Wir nicht.
„Nehmt mir das nicht übel Leute,“ meinte Lutze, „wer mich kennt der weiß, dass ich gerne mal solche Spitzen schmeiße, Prost Männer!“ Jetzt lachten alle und tranken.
„Und ein Prost auf die schönen Thaifrauen!“ sagte Fredy, fast schon ungeduldig. Er musste unbedingt von seiner bevorstehenden Reise erzählen.
„Schon in einem Monat fliege ich wieder nach Thailand und kann es kaum erwarten, meine Mu wiederzusehen. Dann wollen wir viel reisen.“ „Na dann komm auch mal bei mir vorbei! Ich wohne auf der Insel Koh Mak“, unterbrach ihn Karl, kramte eine Visitenkarte aus seiner Brieftasche und reichte sie dem Fred. „Von Koh Mak ist es nicht weit nach Kambodscha. Da musst Du eh hin, wenn Du Dein Visum verlängern lassen möchtest. Hier hast Du meine Adresse und Telefonnummer.“
Fredy nahm die Visitenkarte und bedankte sich für die Einladung. „Das mach´ ich gern“ sagte er und redete gleich weiter: „Irgendwann werden wir eine Reisegesellschaft gründen und für deutsche Touristen geführte Touren durch Südostasien anbieten. Dann ist es vorteilhaft, wenn man sich gut auskennt. Ich glaube, es gibt viele Menschen, die auf eigene Faust dorthin reisen wollen, sich das aber nicht trauen.“
Etwas zweifelnd fragte ich: „Na da hast Du ja Pläne, aber meinst Du, so etwas rechnet sich? Ich glaube nicht, dass es dafür einen Markt gibt. Touristen, die Thailand kennen lernen möchten, reisen entweder so wie Du und ich mit dem Rucksack und einem Reisehandbuch im Gepäck, oder buchen in einem Reisebüro eine Pauschalreise.“
„Vielleicht hast Du ja recht, Alex. Aber einen Versuch ist es wert. Ich investiere ja nicht viel. Als ich damals in unserer Firma kündigte, und hier diesen Campingplatz gründete, hast Du auch nicht glauben wollen, dass ich es schaffe. Selbst wenn das mit den geführten Reisen nichts wird, auf jeden Fall spare ich Geld, wenn ich in Thailand bin.“
„Was, Du sparst sogar noch Geld?“ fragte Lutz ungläubig, „Und wer bezahlt Dir Deinen Flug, das Reisen und Deinen Lebensunterhalt?“ Fredy lächelte: „Essen und trinken muss ich dort auch, das ist richtig. Aber rechne Dir mal aus, was Du hier in der kalten Jahreszeit an Kosten hast: Heizung, warme Kleidung, Versicherungen, Strom, Kraftfahrzeugsteuer, Rundfunkgebühren und, und, und. All das brauche ich in Thailand nicht und vieles ist dort günstiger. So kostet zum Beispiel eine 400 Kilometer- Busfahrt nur fünf, oder ein Essen im Restaurant nur drei Euro.
Mein diesjähriger Winterplan sieht so aus: Für siebzig Tage nach Thailand, dieses Mal möchte ich von dort aus auch Vietnam besuchen. Ja, und Koh Mak würde mich auch reizen.“ Dabei schaute er auf Karl.
„Weihnachten werde ich wieder in Deutschland sein - die Steuererklärung machen und dann im neuen Jahr noch einmal für siebzig Tage nach Südostasien. Siebzig Tage deshalb, weil meine Auslandskrankenversicherung bis zu siebzig Tage im Jahr einen Versicherungsschutz gewährt. Die kostet immer nur acht Euro im Jahr. Meine Krankenversicherung in Deutschland melde ich ab. Somit spare ich schon mal 380 Euro an Krankenkassengebühren im Monat. Für mich als selbstständiger Unternehmer ist das möglich. Wenn ich die Auslandskrankenkasse nicht in Anspruch nehme, kann ich dieses Spiel mehrmals im Jahr wiederholen. In Thailand reise ich mit einem Touristenvisum ein. Das gilt dreißig Tage und kostet nichts. Dann verlasse ich das Land für einige Zeit. Ich möchte eh die Nachbarländer näher kennenlernen. Wenn ich dann erneut einreise, bekomme ich ein neues Touristenvisum.
Na und hier läuft mein Geschäft auch weiter: Die untere Etage meines Hauses habe ich mittlerweile vermietet und mein Angestellter macht Winterdienst. So kommt von dort auch etwas Geld rein. Diese zusätzlichen Einnahmen kann ich dann in Thailand in mein neues Reiseunternehmen investieren. In der nächsten Saison wird dann meine Mu hier sein. Wir wollen dann ein Thailändisches Restaurant und einen Massagesalon eröffnen.“
Werner fand Fredys Plan gut, hatte aber Zweifel: „Fredy, bist Du sicher, dass Deine Mu mit herkommen möchte? Dazu muss sie doch erstmal Deutsch lernen. Möchte sie das? Viele Farangs habe ich kennengelernt, die so etwas wie Du wollten. Aber letztendlich sind sie doch in Thailand geblieben und irgendwann kam das böse Erwachen: In Wirklichkeit lieben die Frauen nur das Geld des Farangs. Wenn er keins mehr hat oder gibt, ist es mit der Liebe vorbei. Manch einen Farang konnte eine solche Frau sogar überzeugen, ihr ein Auto zu kaufen oder gar ein Haus zu bauen.
In Thailand können wir als Ausländer keine Immobilien erwerben. So gehört das Haus nicht dem Farang, sondern der Thailänderin. Fredy pass bloß auf! Ich habe schon von vielen gestrandeten Auswanderern gehört. Ich baue zwar auch ein Haus, aber bei meiner Gai ist das anders. Sie ist eine anständige Frau.“
Bei diesen Worten musste Karl lachen, zog am Stummel seines Joints und sagte spöttisch: „Ha ha, anständige Frau! Glaubst Du wirklich, dass Deine Gai Lehrerin ist? Während Du in Deutschland Kohle verdienst, macht die doch bestimmt in Pattaya die Beine breit. So ist es bei allen. Die Farangs wollen es bloß nicht wahrhaben.“ Werner sah Karl strafend an: „Mensch Karl, Du hast schon wieder zu viel von diesem Gras geraucht.“
Bei Karl war das mit der Liebe wohl nicht mehr so. Damit ihn seine Thai-Frau nicht aus „seinem Haus“ wirft, zahlt er regelmäßig Geld an sie. Vor einigen Jahren hatte er Geld und Immobilien geerbt, und konnte sich so in Thailand über Wasser halten.
„Werner glaub mir, auch Deine Gai ist nur auf Dein Geld aus, solltest Du ihr eines Tages keins mehr geben, dann lässt sie Dich fallen wie eine heiße Kartoffel. Ich habe mal einen Farang gekannt, der hat vor Wut und Enttäuschung sein Haus in Thailand abgefackelt, nachdem seine Alte mit einem anderen Farang durchgebrannt war.“
Für einen Moment wurde es still und alle schauten ins Feuer. Ich stellte mir vor, wie es aussieht, wenn ein Haus brennt und sagte: „Nun hört mal auf, alles so verbissen zu sehen!“ „Genau“, sagte auch Fredy und hielt seine Bierflasche hoch. „Auf die schönen thailändischen Frauen.“ Wir stießen an und es klang vertraut.
„Wie ist das eigentlich mit Dir, Alex? Du gehst mittlerweile auf die Fünfzig zu; denkst Du nicht manchmal daran, eine Familie zu gründen?“ Alle schauten fragend auf mich. Ich nahm einen kräftigen Schluck aus meiner Flasche und erwiderte: „Ja, das stimmt, ich bin mittlerweile vierzig Jahre alt. Aber was soll ich mit einer Frau? Schauen wir uns an! Wir sind doch alle geschieden. Und was haben wir nicht alles durchgemacht. Die Weiber haben uns doch nur abgezockt.“
„Das stimmt“, unterbrach mich Lutze. „Bei mir war es genauso. Das war am Schluss ein Rosenkrieg und die Schlammschlacht während der Scheidung war das Schlimmste. Unser Haus wurde versteigert und nun sind wir beide insolvent. Das ist ein hartes Brot. Aber ich habe meine Paula und alles ist gut.“ Dabei nahm er seine Hündin, die ihn die ganze Zeit angeschaut hatte, auf den Schoß und streichelte sie liebevoll.
„Ne nee“, redete ich weiter, „das erspare ich mir. Ich habe einen guten Job, tue und lasse was ich will und gebe mein schwer verdientes Geld alleine aus. Vierzig Jahre, das ist zu alt, um eine Familie zu gründen. In meinen Zukunftsplänen hat so etwas keinen Platz. Ich verstehe auch nichts von Frauen. Bestes Beispiel ist neu, das ist die Thailänderin, die ich bei meiner letzten Reise kennengelernt habe. Auf einmal schreibt sie mir nicht mehr. Sie hat den Kontakt abgebrochen. Jedes Mal schrieb sie mir, wie sehr sie mich liebt - und in ihrer letzten E-Mail stand plötzlich, dass sie mich nie wiedersehen möchte, und mich nicht weiter belästigen will! Verstehe einer die Frauen! Dass ich nicht an einer festen Beziehung interessiert bin, hatte ich ihr von Anfang an gesagt.
Aber lass uns noch einmal von Dir reden. Fredy, ich glaube, so wie Du verknallt bist, wirst Du irgendwann ganz nach Thailand ziehen“. Alle blickten wieder auf Fredy.
„Nein“ antwortete der, „“ Mit diesen Worten gab er mir den schwarzen Peter zurück und sagte verschmitzt: Einem gelegentlichen ‚Stößchen bist Du doch auch nicht abgeneigt? In der letzten Nacht in Thailand, da ist doch mit Dir und Neu noch was gelaufen. Oder?