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David Deida

Erleuchteter Sex

Ekstase als spiritueller Weg

Aus dem Englischen
von Andrea Panster

Inhaltsverzeichnis
 

Wichtiger Hinweis
Einleitung
 

TEIL EINS – Energiefluss
1. Wie Sie Ihre Geschlechtsorgane mit Hilfe des Atems in Erregung versetzen und entspannen
2. Üben Sie neue Gewohnheiten
1. Beseitigen Sie Blockaden
2. Ganz wichtig: Energie in Fluss bringen
3. Wie Sie auch mit einem starken Energiefluss gut umgehen können
4. Selbstheilung und Verjüngung durch fließende Energie
5. Auch beim Sex: reines Bewusstsein und Liebe
6. Liebe überwindet alles
3. Benutzen Sie die Zunge wie einen Schalter
4. Wie Sie den Energiefluss mit den Augen lenken
 

TEIL ZWEI – Orgasmus
5. Umgehen Sie die Ejakulation für größeren Lustgewinn
6. Wege aus der Ejakulationssucht
1. Evolution
2. Frühe sexuelle Erfahrungen
3. Schlechte Lebensgewohnheiten
7. Schluss mit der Zappelei
8. Gute Ejakulationen setzen Energie frei
9. Wie Sie durch richtiges Ejakulieren Ihrem Leben mehr Fülle verleihen
10. Ejakulieren Sie nur, wenn der Körper es braucht
11. Die drei Orgasmen der Frau
12. Einfach genießen: klitorale Orgasmen
13. Einfach lustvoll: vaginale Orgasmen
14. Einfach göttlich: Muttermundorgasmen
15. Entscheiden Sie selbst über Ihre Orgasmen
16. Lassen Sie orgastische Vielfalt zu
 

TEIL DREI – Variationen
17. Wie Sie die sexuellen Energiebahnen stimulieren
18. Beißen, schlagen und kneifen Sie, um stockende Energie in Schwung zu bringen
19. Leiten Sie den Energiefluss durch Lippen, Brustwarzen und Geschlechtsorgane
20. Stimulieren Sie den Anus
21. Kümmern Sie sich um die Füße
22. Tiefe und flache Stöße
23. Bringen Sie Muttermund und Penis in Kontakt
24. Wie Sie mit Vibrationen den Energiefluss erhöhen und harmonisieren
25. Entspannen Sie Körper und Atmung
26. Fünfundvierzig Minuten sind das Minimum
 

TEIL VIER – Übungen
27. Wie Sie mit dem Atem den Kreislauf sexueller Energie bilden
28. Lenken Sie genitale Energie mit Hilfe des Atems nach oben
29. Atmen Sie die Energie an der Vorderseite des Körpers nach unten
30. Den Beckenboden versiegeln
31. Konzentrieren Sie die Energie in den Weichteilen
Halsgegend
Bauchgegend
 

Zusammenfassung
Über den Autor
Copyright

Wichtiger Hinweis

Bitte diesen Abschnitt aufmerksam lesen. Die in diesem Buch beschriebenen Übungen, Lehren und Einsichten dürften allen Menschen von Nutzen sein. Dennoch wird es in dem Verständnis veröffentlicht, dass weder Autor noch Herausgeber hier ausdrücklich medizinischen, psychologischen, emotionalen, sexuellen oder spirituellen Rat erteilen. Der Inhalt dieses Buches ist zudem weder als Diagnose noch als Verordnung, Empfehlung oder Heilmittel für spezielle Probleme medizinischer, psychologischer, emotionaler, sexueller oder spiritueller Art gedacht. Jeder Mensch hat einzigartige Bedürfnisse, und das vorliegende Buch kann auf diese individuellen Unterschiede keine Rücksicht nehmen. Jeder Mensch sollte erst nach Rücksprache mit einem Arzt, Therapeuten oder mit anderen Fachleuten ein Therapieprogramm zur Behandlung, Vorbeugung, Heilung oder ganz allgemein zur gesundheitlichen Vorsorge beginnen. Wer unter Geschlechtskrankheiten, lokalen Erkrankungen der Geschlechtsorgane oder der Prostata leidet, sollte einen Arzt und einen erfahrenen Lehrer im Bereich des tantrisch orientierten Yogas konsultieren, ehe er mit den in diesem Buch beschriebenen Sexualtechniken beginnt.

Einleitung

Gute Künstler verfügen über großes Können, doch große Künstler bringen mit ihrer Kunst eine enorme Gefühlstiefe zum Ausdruck. Das gilt auch für die Kunst der Sexualität. Ein guter Liebhaber weiß, wie er den Körper zum Singen bringt. Doch der wahre Liebhaber, ein überlegener Liebhaber, lässt einen Chor des Entzückens erklingen.
Ein guter Orgasmus befriedigt, doch ein wahrer Orgasmus kann Ihnen Ihr tiefstes Sein enthüllen, kann Ihnen in der lustvollen Vereinigung mit dem geliebten Menschen die vollkommene Wahrheit darüber offenbaren, wer Sie sind. Sex kann das Licht der Liebe in jeder Zelle heller leuchten lassen, über die Angst hinaus, und Ihre Herzen im unendlichen, gleißenden Licht des Seins verschmelzen. Sex kann erleuchtet sein – oder auch nicht.
Die meisten Menschen nehmen ihre Probleme mit ins Bett: die Anspannung eines aufreibenden Tages, eine Vorgeschichte sexueller Misserfolge, den Wunsch nach Bestätigung, dass sie geliebt werden. Während wir all diese Aspekte unserer Sexualität ans Licht holen, werden uns die Schwierigkeiten verraten, in welchen Bereichen wir uns als Nächstes öffnen müssen – körperlich, emotional und spirituell. Die helle Gegenwart der Liebe beleuchtet jeden Zwiespalt und legt ihn bloß. Wir sehen jeden Streit mit offenen Augen, nehmen ihn an, akzeptieren ihn und verstehen ihn als mögliches Tor zu den wahren Sehnsüchten der Seele.
Erleuchteter Sex zeigt, wie man das oft unkontrollierbare Aufwallen genitaler Energie in Gefühlstiefe, Offenheit und wirkliche Ekstase verwandeln kann. Sexuelle Energie kann Ihren Körper mit Licht erfüllen, Ihnen vor Wonne die Sinne schwinden lassen und alle Unterschiede in ewiger Liebe auflösen, die als ein einziges Herz erstrahlt.
Wenn die sexuelle Energie ihrer spirituellen Quelle entströmt, belebt eben jene Kraft, die sich sonst in banaleren Schauern und Zuckungen verströmt hätte, Ihre Zellen und verjüngt Ihren Geist. Wenn Sie sexuelle Intensität mit offenherziger Tiefe verschmelzen, entsteht Entzücken ganz spontan, befruchtet von der Kraft Ihrer Ängste, Befürchtungen und Hoffnungen.
Sie können das Licht Ihrer Seele im körperlichen Liebesspiel erstrahlen lassen, vorausgesetzt, Sie wissen, wie Sie den Gewohnheiten begegnen, die ein erleuchtetes Lieben verhindern. Mit den hier beschriebenen Übungen können Sie Ihre sexuellen Fähigkeiten zu einem Geschenk spiritueller Verzückung machen.
In Teil eins wird beschrieben, wie Sie die innere Energie zirkulieren lassen, um Ihr Liebesspiel mit der Freude tiefer Entspannung, genussvoller Sinnlichkeit und der Liebe des Herzens zu erfüllen. Teil zwei beschäftigt sich in erster Linie damit, wie Männer und Frauen in den Genuss multipler Ganzkörperorgasmen kommen können, die ihnen die höchste, müheloseste Seligkeit des Seins in Erinnerung rufen. In Teil drei werden Ihnen eine Reihe von Techniken zur Steigerung sexueller Lust und spiritueller Offenheit vorgestellt. Teil vier enthält Übungen für Fortgeschrittene. Sie sind für all jene Leser gedacht, die ihre sexuellen Fähigkeiten weiter ausbauen möchten.
Die in diesem Buch vorgestellten Übungen richten sich an Partner in Beziehungen jeder Art: an Männer und Frauen, homo- oder heterosexuell. Von Zeit zu Zeit werden wir von »maskuliner Energie« und »femininer Energie« sprechen, die von den Partnern beiderlei Geschlechts – unter Umständen sogar abwechselnd – zum Ausdruck gebracht werden kann, um mit den Polen der Anziehung sowohl in gleichgeschlechtlichen Beziehungen als auch in Beziehungen zwischen Partnern unterschiedlichen Geschlechts zu arbeiten. An anderer Stelle werden wir bestimmte Techniken anhand von Beispielen mit einem Mann und einer Frau erläutern. Im Laufe der Lektüre werden Sie natürlich auch Gelegenheit haben, selbst mit den Übungen zu experimentieren, sie auf Ihre eigene sexuelle Situation zu übertragen und anzupassen.
Wenn Sie dann bereit sind, die Kunst einer erleuchteten Sexualität zu praktizieren, wird Ihnen der vierte Teil des Buches als Anleitung dienen. Sie können die Übungen unabhängig von Ihrer sexuellen Orientierung, alleine oder mit einem Partner machen. Der erste Schritt besteht darin, dass Sie nachlesen, wie Sie Ihr inneres Leuchten mit anderen Menschen teilen können. Wenn Sie anschließend mit den Übungen anfangen, werden Sie den Weg des überlegenen Liebhabers einschlagen. Dann werden Sie alles verzehrende Lust bereiten, um alte Wunden zu heilen, und sich völlig offen im grenzenlosen Strahlen der Liebe hingeben.
Jeder Mensch wurde von seinen Eltern durch das Licht der Sexualität geboren. Wir erfüllen die Bestimmung unserer Geburt, indem wir diesem Licht vertrauen, das uns Gestalt gab, das uns nährt und in dem wir selig vergehen. Jahrzehntelang gaben meine Lehrer die Fertigkeiten einer erleuchteten Sexualität an mich weiter. Nun lege ich dieses Wissen in Ihre Hände.

TEIL EINS

Energiefluss
Das Licht der Liebe möchte auf die eine oder andere Weise körperlich zum Ausdruck kommen. Doch manchmal wird der sexuellen Gabe tiefster Liebe von einem Teil unseres Selbst Grenzen gesetzt, das die inneren Grenzen bewacht: von emotionaler Abwehr, einer Angst, sich zu öffnen und die tiefe Liebe zum Ausdruck zu bringen, die uns innewohnt.
Wir widersetzen uns dieser grenzenlosen Offenheit, da unser oberflächliches Selbst lieber etwas – und sei es nur ein angespanntes, unbefriedigtes Etwas – sein möchte als nichts, völlige Offenheit, grenzenlose Liebe, tiefes, unendliches Sein.
In Wirklichkeit sind wir unendliche Liebe. Gleichzeitig weigern wir uns, diese Liebe zu leben. Diese Weigerung ist der Hauptgrund für unsere Anspannung. Unser bittersüßes Sexualleben spiegelt das Drama vom Hin und Her zwischen tiefer Sehnsucht, offen zu lieben, und dem reflexhaften Festhalten an Sicherheit und einem oberflächlichen Selbstwertgefühl. Beim Sex sehnen wir uns danach, unser oberflächliches Selbst abzustreifen und ganz und gar in körperlicher Freude aufzugehen, aber zugleich fürchten wir diesen Verlust. Wir sehnen uns danach, mit dem geliebten Menschen zu verschmelzen, bis unsere verletzlichen Herzen als ein Licht erstrahlen, aber wir widersetzen uns diesem Einssein. Wir sehnen uns danach, all unsere Schutzschichten aufzugeben und der Liebe nackt und bloß entgegenzutreten, aber wir fürchten diese Verletzlichkeit.
Wir sehnen uns danach, bei der körperlichen Liebe unser tiefstes Sein – die Tiefe Gottes – zu verschenken, aber wir zögern. Es gibt nicht mehr als diese Offenheit des Seins, wir sind dieses offene Sein, und doch halten wir uns voneinander fern und schützen uns voreinander. Wir weigern uns zu vertrauen.
Unsere Weigerung zu vertrauen hat ihre Wurzeln oft in der Vergangenheit: Wir wurden als Kinder missbraucht. Ein Ex-Liebhaber hat uns sitzengelassen. Unser Partner ist egoistisch, verschlossen, nicht bei der Sache, oder aber es mangelt ihm an Einfühlungsvermögen.
Es ist sehr wichtig, dass wir uns mit diesen Tatsachen des Lebens in der Begegnung, in einer Therapie, mit hilfsbereiten Freunden, weisen Lehrern und im ureigenen Hinterfragen und Erforschen auseinandersetzen. Darüber hinaus müssen wir uns tatsächlich oft – körperlich und emotional – vor Missbrauch und zerstörerischen Beziehungen schützen.
Trotz alledem lernen wir irgendwann, dass es unsere eigene Entscheidung ist, wenn wir uns emotional verschließen. Nur wir selbst sind dafür verantwortlich. Wir haben jeden Augenblick die Wahl, uns zu öffnen oder zu verschließen. Jenseits von uns selbst gibt es nichts, was unserer Fähigkeit, Liebe zu geben und zu empfangen, Grenzen setzen könnte. Sogar während wir die Täter anklagen und die Wunden heilen, die man uns zugefügt hat, gilt: Wenn das Herz nicht offen ist, weigern wir uns schlicht und einfach, uns unserem tiefsten Sein anzuvertrauen. Wir weigern uns, unser offenes und unendliches Wesen zum Ausdruck zu bringen. Wir weigern uns, in diesem Augenblick als Liebe zu leben.
Das Licht der Liebe möchte durch unseren Körper zum Ausdruck kommen. Und obwohl unser tiefstes Selbst sich öffnen und als Liebe leben möchte, hat unser oberflächliches Selbst Angst. Aus diesem Grund hemmen wir den spontanen Ausdruck der Liebe, der unsere Körper durchströmt. Wir tun das in erster Linie durch eine verhaltene Atmung.
Über den Atem können unsere Körper Gottes Liebe erfahren. Wenn wir willens sind, Liebe zu sein, sind wir willens, Liebe zu atmen. Wenn wir nicht willens sind, Liebe zu sein, wenn wir uns dem spontanen Ausdruck der tiefen und natürlichen Offenheit unseres Seins widersetzen, hemmen wir unsere Atmung. Wir ziehen den Bauch ein. Unser Herz schnürt sich zusammen. Wir verkrampfen uns innerlich, und es wird dunkel in uns. Unser ganzer Körper hemmt den Fluss der Energie, die durch uns erstrahlen möchte. Wir leiden darunter, dass wir uns dieser göttlichen Offenheit widersetzen. Wir leiden unter unserer Weigerung, Liebe zu sein.
Die Vorstellung, im Handumdrehen perfekten Sex zu haben, mag sich gut verkaufen. In Wirklichkeit ist viel Übung nötig, um die Blockaden zu beseitigen, die wir jahrelang in unserem Körper und in unserer Gefühlswelt aufgebaut haben. Erleuchteter Sex ist eine Möglichkeit, die Knoten zu lösen, die unser Herz einschnüren, um unsere Liebe wieder ungehindert leben zu können. Unser Atem ist der Schlüssel dazu, die Knoten in unserem Inneren zu entwirren, damit unsere Liebe voll zum Ausdruck kommen kann. Wir können anfangen, uns zu öffnen, indem wir lernen, das Licht der Liebe als sexuelle Energie wahrzunehmen. Wie fühlt sich Ihre sexuelle Energie an?
Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach der Arbeit müde nach Hause. Sie legen sich aufs Sofa und entspannen sich. Sie möchten am liebsten ewig so liegen bleiben. Ihr Partner setzt sich neben Sie und massiert Ihnen sanft die Schultern. Nachdem er Ihre Muskeln geknetet hat, streicht er mit den Fingerspitzen federleicht über Ihren Hals, beugt sich über Sie und küsst Sie. Ihr Geliebter fährt fort, Sie zu massieren, er küsst Ihren Hals, Ihre Ohren, Ihre Lippen.
Ihre Atmung vertieft sich. Allmählich spüren Sie, wie etwas Energie Sie durchströmt. Ihr Geliebter lässt seine Hände über Ihre Schenkel bis zu Ihren Füßen hinabwandern. Eine Zeit lang massiert er Ihre Füße, dann nimmt er Ihre Zehen nacheinander in den Mund und saugt daran.
Sie blicken ihm in die Augen und sehen Liebe und Offenheit darin. Sie haben das Gefühl, in einen Garten der Liebe entführt zu werden. Eben war Ihr Körper noch erschöpft und leer, eine ausgelaugte Hülle. Nun ist er voller Freude, bewegt sich energiegeladen, atmet tief, schwelgt im Glück, windet und wendet sich, lebt.
Ihr Geliebter küsst sich von Ihren Füßen über Beine und Bauch bis zu Ihren Brüsten nach oben. Er öffnet die Knöpfe Ihrer Bluse und küsst die Brustwarzen. Schließlich schmiegen Sie sich eng aneinander. Seine Zunge liebkost Ihren Hals.
Jetzt werden Sie von Energie durchströmt. Sie atmen voll und tief. Sie sind hellwach. Sie reiben Ihre Lenden aneinander, Ihr Rücken wölbt sich, im Inneren Pulsieren.
Wie können Sie nun den Fluss sexueller Energie weiter verstärken, Ganzkörperorgasmen genießen, sich selbst verjüngen, Ihr Herz öffnen und sich vereint in ekstatischer Liebe hingeben? Dazu müssen Sie zunächst das Zusammenspiel zwischen Atem und sexueller Energie verstehen.

1. Wie Sie Ihre Geschlechtsorgane mit Hilfe des Atems in Erregung versetzen und entspannen

Ihr Atem hat viele feinstoffliche Aspekte, seine beiden wichtigsten sexuellen Funktionen sind jedoch das Aufnehmen und Abgeben von Energie. Beim Einatmen öffnen Sie sich und nehmen Atem und Energie in Ihren Körper auf. Beim Ausatmen lassen Sie los und geben Energie ab. Nach der Geburt gehört das Einatmen zu den ersten Dingen, die Sie tun. Sie saugen Luft in Ihren Körper. Wenn Sie sterben, ist das Ausatmen eines der letzten Dinge, die Sie tun. Sie lassen das Leben los. Mit dem Werden und Vergehen Ihrer sexuellen Erregung verhält es sich ganz ähnlich.
Männer, denen es schwerfällt, eine Erektion zu bekommen oder zu behalten, sowie Frauen mit einer trockenen Vagina oder Vaginalschmerzen atmen oft nicht tief genug ein. Sie tun sich schwer damit, Energie und Emotionen aufzunehmen. Ihr Bauch ist nicht offen, nicht lebendig, vermag sich mit der Atemenergie nicht auszudehnen, wenn die Kraft beim tiefen Einatmen an der Vorderseite des Körpers nach unten in die Geschlechtsorgane fließt. Diese Menschen sind auch im Leben oft schwächer, als sie eigentlich sein müssten. Sie sind entweder nicht in der Lage, die Energie aufzubringen, um etwas zu erledigen, oder sie sind oft angespannt und ganz auf ihr Ziel ausgerichtet, statt in Fülle und entspannt zu sein, wenn sie etwas erledigen.
Wenn es Ihnen Schwierigkeiten bereitet, eine Erektion zu bekommen oder zu behalten, oder wenn Ihre Scheide beim Sex oft trocken bleibt und schmerzt, könnte es Ihnen helfen, die Einatmung zu verbessern. Achten Sie darauf, während des Tages und ganz besonders beim Sex kräftig und tief einzuatmen. Lassen Sie den Atem an der Vorderseite Ihres Körpers nach unten fließen, dehnen Sie den Bauch mit Ihrem Atem aus und füllen Sie die Geschlechtsorgane mit der eingeatmeten Energie. Sie sollten so kräftig einatmen, dass Sie den Druck Ihres Atems auf Ihren Genitalbereich spüren können, wenn Sie vollständig eingeatmet haben. Sie sollten bei jedem Atemzug das Gefühl haben, Sie würden eine Pumpe mit Wasser füllen, würden Geschlechtsorgane und Unterleib mit Energie füllen.
Beim Ausatmen setzen Sie Energie beziehungsweise Kraft frei. Männer und Frauen mit zu viel Energie, mit vielleicht häufigen, aber oberflächlichen Orgasmen atmen oft nicht richtig aus. Es fällt ihnen schwer, loszulassen und die Energie durch den ganzen Körper und darüber hinaus in Fluss zu lassen. Sie sind nur zu gerne bereit, Energie in sich aufzunehmen. Weil sie diese Energie jedoch weder entspannt ausatmen noch fließen lassen können, wollen sie sie unbedingt auf anderem Wege wieder loswerden. Solche Menschen werden meist schnell wütend, sind gierig nach Essen und orgasmuszentriertem Sex. Ausatmen ist eine Form von Hingabe. Auf emotionaler Ebene ist es meist so, dass sich Menschen mit unzureichender Ausatmung beim Liebesspiel nicht hingeben und deshalb nicht in der Lage sind, tief empfundene Liebe zu geben und zu empfangen.
Wenn es Ihnen Schwierigkeiten bereitet, die Ejakulation hinauszuzögern oder Sie beim Sex zu keiner tiefen emotionalen Hingabe fähig sind, wäre es möglicherweise angezeigt, die Ausatmung zu verbessern. Atmen Sie langsam und vollständig aus, lassen Sie den Atem ganz und gar entweichen, so als »vergingen« Sie vor Glück. Geben Sie beim Ausatmen jegliche Kontrolle über sich auf, damit Sie die völlige Hingabe an den Augenblick, an Ihren Partner und die Liebe spüren können. Geben Sie sich mit jedem tiefen Ausatmen mehr hin, während Sie Ihrem Partner das Geschenk Ihrer Lebenskraft und Ihrer Liebe darbringen. Lassen Sie den Atem aus Ihrem ganzen Körper, auch aus der unteren Körperhälfte entweichen, damit Ihr Bauch und Ihre Geschlechtsorgane vollkommen entspannt und in Liebe hingegeben sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unzureichendes Einatmen ein geringes Erregungsniveau der Geschlechtsorgane zur Folge hat. Unzureichendes Ausatmen zeugt von einer schwach ausgeprägten Fähigkeit zur Energiezirkulation. Wenn Sie das Erregungsniveau Ihrer Geschlechtsorgane erhöhen möchten, sollten Sie sich in erster Linie auf das Einatmen konzentrieren. Wenn Sie die Erregung Ihrer Geschlechtsorgane dämpfen möchten, sollten Sie sich in erster Linie auf das Ausatmen konzentrieren. Beim Einatmen öffnen Sie sich, um Liebe, Leben und Energie ganz in sich aufzunehmen. Beim Ausatmen geben Sie sich hin, verschenken sich so vollkommen, dass kein Quäntchen Liebe in Ihnen zurückbleibt. Die sexuelle Begegnung ist eine Gelegenheit, die beiden emotionalen Hauptaspekte der Atmung – das Aufnehmen und das Loslassen – intensiv zu üben. Sex kann Sie mit so viel Liebesenergie erfüllen, dass die Lust und die gleißende Helligkeit beinahe unerträglich werden. Und Sex kann Sie zu so tiefer Hingabe führen, dass Sie ganz und gar loslassen, all Ihre Gaben restlos verschenken, jede Unze Ihrer Liebe und Ihrer Energie verströmen.
Wenn Sie üben, sich beim Sex mit Hilfe der Atmung mit Energie zu füllen und sich hinzugeben, verbessern Sie Ihre Fähigkeit, dies auch während des Tages zu tun. Das Ein- und Ausatmen soll Sie daran erinnern, Liebe und Energie aufzunehmen und sie wieder vollständig abzugeben, Ihre größten Gaben zu verschenken, nichts für sich zu behalten – um daraufhin von neuem erfüllt zu werden.
Eine genaue Beschreibung der Atemübungen finden Sie in Teil vier dieses Buches. Wenn Sie dann dazu bereit sind, können Sie das Buch weglegen und mit den Atemübungen beginnen.

2. Üben Sie neue Gewohnheiten

Um Ihre Sexualität zu erleuchten, müssen Sie und Ihr Partner sich darin üben, sich mühelos Ihrem tiefsten Sein zu öffnen, während Sie zugleich die Energie ungehindert zirkulieren lassen. Leidenschaftliches sexuelles Verlangen wird als transparenter Schimmer in der Offenheit des Seins spürbar. Das Suchen endet in der Fülle strahlender Liebe.
Ein Teil dieser Techniken soll das Nervensystem mit Hilfe des Atems neu programmieren. Die meisten Menschen haben sich an Küsse und Umarmungen, an ein paar Liebkosungen und ein wenig Gefummel, vielleicht sogar an ein wenig Lecken und Saugen gewöhnt. Daran, ihre warmen, feuchten Genitalien ein paar Minuten lang aneinander zu reiben, bis die Energie sich schließlich in einer Explosion entlädt, die in ein friedliches, spannungsfreies Gefühl gelöster Erschöpfung mündet. Sex dieser Art gilt als normal, ja sogar als gut. Bedauerlicherweise trägt unsere Kultur nicht dazu bei, die Menschen in die höheren Genüsse und tieferen Wonnen der Sexualität einzuweihen.
Wenn Sie eine neue Ebene der Sexualität erreichen möchten, können Sie Ihr Nervensystem neu programmieren. Sie können lernen, Ihre bisherige Neigung zu einem gewohnheitsmäßigen Auf- und Abbau sexueller Spannung zu verringern. Sie können lernen, die Energie mit Hilfe des Atems den ganzen Tag lang ungehindert durch Ihren Körper und jede Facette Ihres emotionalen Spektrums kreisen zu lassen. Sie können üben, sich in das Entzücken Ihres tiefen Seins hineinzuentspannen, um es anschließend als Licht der Liebe in der Offenheit Ihres Körpers zum Ausdruck zu bringen. Dieser Vorgang lässt sich in sechs Einzelschritte gliedern:

1. Beseitigen Sie Blockaden

Stellen Sie sich vor, dass die Energie durch den inneren Kreislauf Ihres Körpers fließt wie Wasser durch einen Schlauch. Wenn der Schlauch geknickt wird, wird der Fluss des Wassers blockiert und der Wasserstrahl verkümmert zu einem Rinnsal. Unterdessen steigt am Knick der Druck. Vielleicht wird der Schlauch sogar undicht und das Wasser spritzt ungenutzt heraus.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Nehmen wir an, Ihr Vater war sehr laut und hat Sie als Kind oft heftig beschimpft. Zuerst bekamen Sie Angst, und Ihr sensibles Herz trug tiefe Wunden davon. Dann verschlossen Sie Ihr Herz, hielten den Atem an und verkrampften sich körperlich, um sich vor weiteren Verletzungen zu schützen. Das Ende vom Lied: Die Lebensenergie Ihres Körpers konnte nicht mehr frei fließen, wenn Sie mit maskuliner Energie in Berührung kamen. Angst, Anspannung und angestaute Energie blockierte Ihren Energiekreislauf: Auf laute, maskuline Energie reagierten Sie mit einer emotionalen Blockade.
Später, wenn Sie längst erwachsen sind, staut sich Ihre Energie immer dann, wenn Sie den scharfen, fordernden Aspekt maskuliner Energie zu spüren bekommen, zum Beispiel wenn Ihre Geliebte die Stimme hebt und Ihnen sagt, was Sie tun sollen. Die Blockade hemmt den Energiefluss. Ihr Herz verschließt sich, Ihr Atem stockt und Ihr Körper verkrampft sich.
Währenddessen steigt der Druck an. Vielleicht sind Sie wütend, hasserfüllt, fühlen sich eingeengt. Ihr innerer »Energieschlauch« ist drauf und dran zu platzen. Wenn Sie in einer eher maskulinen Verfassung sind, explodieren Sie vielleicht, greifen jemanden an oder schlagen ein Loch in die Wand. Wenn Sie in einer eher femininen Verfassung sind, richten Sie Ihre Wut vermutlich gegen sich selbst, »implodieren« und schaden sich, indem Sie sich mit Essen vollstopfen, in einen Kaufrausch verfallen oder Ihre Pflichten vernachlässigen.
Zu den emotionalen kommen möglicherweise noch körperliche Blockaden hinzu. Ihr Bauch könnte sich durch falsches Training oder eine flache Atmung verhärtet haben. Ihr Unterleib ist nicht mehr entspannt und offen. Die Energie kann nicht hindurchfließen. Eine solche Blockade kann viele Auswirkungen haben: mangelndes sexuelles Verlangen, fehlende Erregungsfeuchte, die Unfähigkeit, eine Erektion oder einen Orgasmus zu bekommen, ja sogar fehlendes Durchsetzungsvermögen im Umgang mit anderen. Der harte Bauch verhindert, dass die Energie mit ihrer ganzen Kraft an der Vorderseite Ihres Körpers nach unten fließen und Ihnen die Kraft zum Handeln geben kann, die Ihnen andernfalls zur Verfügung stünde.
Außer emotionalen und körperlichen Blockaden können auch geistige Blockaden den Energiefluss hemmen. Vielleicht ergehen Sie sich tagaus, tagein wie besessen in denselben sexuellen Fantasien: Sie werden gefesselt und zum Orgasmus gezwungen, verführen die Frau Ihres besten Freundes, finden einen Liebhaber, der sie niemals verlässt. Möglicherweise kreisen Ihre Gedanken auch um Dinge, die jemand bei der Arbeit über Sie gesagt hat.
Eine solche geistige Blockade kann Ihren Energiefluss hemmen – ganz besonders, da sich dieser beim Sex verstärkt. Während Sie versuchen, den Sex zu genießen, kann sich die gesteigerte sexuelle Energie in endlosen Gedanken-, Hoffnungs- und Bilderschleifen verfangen und deshalb nicht in der Lage sein, einen Kreislauf der Fülle in Ihrem Körper aufzubauen. Teile Ihres Körpers werden taub, verkrampfen sich oder schmerzen. Sexuell gesehen wird es Ihnen an Kraft fehlen, und Ihre Lust bleibt gering. Präsenz und Liebesenergie sind in Ihrem Kopf gefangen und werden von einer geistigen Blockade gehemmt.
Der erste Schritt besteht also darin, emotionale, körperliche und geistige Blockaden abzubauen. Dazu gibt es viele Möglichkeiten. Weil jeder Mensch einzigartig ist, müssen Sie herausfinden, welche Methoden bei Ihnen am besten funktionieren. Für gewöhnlich ist eine Kombination aus verschiedenen Praktiken am wirkungsvollsten, und es kann sein, dass sich Ihr tägliches Übungsprogramm mit der Zeit verändert, während Sie wachsen und Belastungen in Ihr Leben treten und wieder daraus verschwinden.
Sie könnten zum Beispiel zum Psychotherapeuten gehen, um einige Mutterprobleme zu lösen, die Sie offenbar alleine nicht bewältigen können. Zudem könnten Sie Massagen, Hatha-Yoga oder Tai Chi einsetzen, um die Kanäle im Körper zu öffnen und die Energie ungehinderter fließen zu lassen. Auch eine Ernährungsumstellung könnte angezeigt sein. Ehrenamtliches Engagement und der Dienst am Nächsten sind oft gute Möglichkeiten, den vollen Fluss der Liebe im Körper in Schwung zu bringen. Auch Singen und Tanzen können sehr dazu beitragen, dass die inneren Energiekanäle geöffnet bleiben.
Probieren Sie herum, hören Sie auf den Rat der Menschen, denen Sie vertrauen, und finden Sie so heraus, auf welche Behandlungsmethoden und Therapien Ihre gegenwärtigen Probleme am besten ansprechen und wie die Methoden helfen, Blockaden zu beseitigen, die Sie emotional, körperlich oder geistig hemmen. Entscheiden Sie sich für die Möglichkeiten, die auf Ihre individuellen Bedürfnisse eingehen und Ihnen helfen, Ihre größten Gaben zum Ausdruck zu bringen. Ein Grundsatz spirituellen Wachstums lautet, dass die größten Gaben oft hinter den hartnäckigsten Blockaden verborgen sind.

2. Ganz wichtig: Energie in Fluss bringen