Inhaltsverzeichnis
DIE AUTORIN
Margrieta Wever, 1978 im niederländischen Gouda geboren, wurde 1995 von einem Modelscout der weltweit renommierten Agentur Elite entdeckt und startete als 17-Jährige eine erfolgreiche internationale Karriere als Model. Nach einem zweiten Platz beim »Elite Model Look«-Wettbewerb lebte und arbeitete sie unter anderem in Mailand, Sydney, New York, Miami, Hamburg und München und war in zahlreichen Modemagazinen (Cosmopolitan, Elle, Madame, joy) sowie Werbe- und Katalogkampagnen (Braun, Rodenstock, Bulgari, Escada, Douglas, Otto) zu sehen. Zurzeit lebt Margrieta Wever mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn in München und arbeitet nach wie vor als Model.
Einleitung
Champagnerpartys in Paris mit Naomi, Nadja, Heidi & Co? Filmpremierenevents in Berlin mit Hollywoodschauspielern? Im Cabrio durch L. A. fahren, um in Malibu shoppen zu gehen oder im angesagtesten New Yorker Club mit weißer Stretchlimousine vorfahren und als VIP behandelt werden? Ehrenjurymitglied sein beim Modelwettbewerb? Montags in Argentinien, dienstags in Miami und am Mittwoch in Düsseldorf arbeiten? Leben wie ein Nomade aus einem einzigen Koffer und nirgendwo länger als ein halbes Jahr? Das alles habe ich schon erlebt! Dank meiner Arbeit als Model.
Aber es gibt auch eine andere Seite: Trotz Jetlag und Schlafmangel immer tipptopp für die Fotos aussehen zu müssen, die von einem gemacht werden sollen. Trotz eines verspäteten Fluges, durch den man erst um zwei Uhr morgens im Hotel angekommen ist, um sechs Uhr schon wieder geschminkt und gestylt vor der Kamera stehen und lächeln. Ich habe 17-Stunden-Tage durchgestanden, bei minus 15 Grad oder bei plus 45 Grad Celsius im Schatten. Und manchmal musste ich 21 Stunden arbeiten, bekam aber insgesamt nur neun Stunden bezahlt.
Ich habe aber auch erfahren, wie wunderbar es ist, wenn man nach einer langen Modeltour mit viel Glamour und Prominenz zu seinen Eltern und Freunden zurückkehrt und sich an den kleinen alltäglichen Dingen erfreuen kann.
Mit zwölf, dreizehn Jahren wollte ich eigentlich Schauspielerin werden. In Gouda, einer holländischen Kleinstadt, in der ich geboren bin, habe ich mir viele Jugendtheaterstücke angeschaut. Aber ich nahm dann doch keinen Schauspielunterricht, weil ich sehr unsicher war. Stets war ich die Größte – wenn man mich fragte, wie groß ich denn sei, sagte ich 182 cm und log dabei nach unten – und die Dünnste. Ich hatte Angst, dass man mich deswegen auslachen könnte.
Klar, ich habe mir auch immer mal wieder Teenie-Magazine gekauft – in Holland hießen sie Tina oder Yes (vergleichbar etwa mit Young Miss in Deutschland) -, in denen von Models berichtet wurde. Aber ich dachte mir, dass ich dafür nicht schön genug sei. Viele Jungs sagten mir, ich solle bei meinem Aussehen doch modeln, aber ich fasste das nur als schlechte Anmache auf.
1995, ich war 17, besuchte ich mit einer Freundin eine Jugendmesse in Utrecht, nicht weit von Gouda entfernt. Auf dieser konnte man sich über alles informieren, was junge Menschen interessierte: Musik, Sport, bestimmte Berufe, zu denen man sich beraten lassen konnte. Nun gab es dort einen Stand von der internationalen Modelagentur Elite. Damals hatte diese Agentur fast alle Topmodels unter Vertrag. Dreimal schlichen meine Freundin und ich an diesem Stand vorbei, bis mich ein Typ ansprach, der selbst mal Model gewesen war und nun, als Scout für Elite Amsterdam tätig, nach Models Ausschau hielt. Er fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, Model zu werden. Ich fand das aufregend, fühlte mich geschmeichelt und nickte nur. Daraufhin nahm er meine Maße auf, machte ein Polaroid von mir und meinte, man würde sich bei mir melden.
Als ich abends wieder zu Hause war, erzählte ich meiner Mutter davon. Sofort fragte sie: »Wer ist Elite? Was wollen die von dir? Und wie siehst du überhaupt aus?« Für das Polaroid hatte man mich geschminkt – und zwar mehr, als ich es sonst tat.
Da gerade Ferien waren, fuhr mein Stiefvater mit mir zwei Tage später nach Amsterdam, um sich ein Bild von dieser Agentur zu machen. Als wir dort ankamen, herrschte in den Räumen ein unglaubliches Chaos. Die Mitarbeiter rannten telefonierend hin und her, und ich dachte nur: Wow! Dann kam jemand auf mich zu und fragte, wer ich denn sei. Ich stellte meinen Stiefvater und mich vor und erklärte ihnen, warum wir da seien. Man bat uns dann, in einem Hinterzimmer zu warten. Nach einiger Zeit – mir kam es vor wie eine Ewigkeit – erschienen ein Mann und eine Frau. Später stellte sich heraus, dass besagte Frau Marina Musch war, die damalige Geschäftsführerin der Agentur. Nach einem kurzen Gespräch fragte sie mich, ob ich nicht beim Modelwettbewerb, dem »Elite Model Look« von Holland, mitmachen möchte. Er sollte noch am selben Abend in Amsterdam stattfinden. Ich wollte und mein Stiefvater hatte auch nichts dagegen. Selbstbewusst sagte ich: »Sollte ich den Contest gewinnen, würde ich aber unbedingt meine Schule zu Ende machen wollen.« Das war in Ordnung und schon ging es für mich los. Mein Stiefvater fuhr zurück nach Gouda, er hatte leider keine Zeit, bei mir zu bleiben. Als wir uns verabschiedet hatten, wurde ein Taxi gerufen, das mich zu einem Studio fuhr. Dort wurde ich geschminkt und fotografiert. Ich fand das alles wahnsinnig spannend. Ich, die tollpatschige Bohnenstange, stand nun vor der Kamera!
Anschließend brachte man mich zur Diskothek »iT«, damals der angesagteste Club. Es waren schon einige andere Mädchen versammelt, hier sollte auch der Wettbewerb stattfinden.
War ich vorher noch einigermaßen ruhig, wurde ich jetzt langsam nervös. Alle Mädchen, die um mich herum standen, hatten lange für diesen Auftritt geübt, eine bestimmte Choreografie einstudiert und sich schon ein Modelfotobuch (Portfolio) aufgebaut. Mich hatte man geschminkt, es waren ein paar Fotos von mir gemacht worden – das war es aber auch schon. Ich wurde in diese Veranstaltung regelrecht hineingeworfen.
Manche Mädchen waren ziemlich zickig, ob aus Unsicherheit oder purer Arroganz, das konnte ich nicht genau unterscheiden. Wenn man im Freundeskreis immer als »die Schönste« gilt, ist es schwer, sich plötzlich unter 22 anderen Schönheiten zu bewegen. Aber nach den Proben gingen wir alle zusammen essen. Die Konkurrenzgedanken waren auf einmal verschwunden und wir hatten einen Riesenspaß. Stell dir vor, über 20 hübsche junge Mädchen in einer Dönerbude!
Als wir wieder in den Club zurückkehrten, übten wir – schon perfekt für unseren Auftritt geschminkt – zum letzten Mal unsere Choreografie.
Der Abend war so umwerfend, dass ich mich an die Einzelheiten gar nicht mehr so genau erinnern kann. Den Wettbewerb habe ich zwar leider nicht gewonnen, aber ich habe auch nicht als Letzte abgeschnitten- immerhin wurde ich Zweite! Einerseits war ich etwas enttäuscht, nicht zur Siegerin gekürt worden zu sein, andererseits fühlte ich auch einen gewissen Stolz, schließlich hatten sich all die anderen Mädchen ja schon seit Wochen auf diesen Abend vorbereitet. Die Worte, die man mir sagte, vergaß ich aber nicht: »Du bist eben extrem frisch.«
Es gab für die Gewinnerin und die anderen Teilnehmerinnen tolle Preise, ich war um eine Erfahrung reicher und hatte nun die Chance, als Model zu arbeiten. Ich konnte das alles kaum fassen.
Nach diesem Tag folgten noch in den Ferien zwei Testshootings, dann fing die Schule wieder an. In den nächsten Monaten bekam ich hin und wieder mal einen kleinen Job. Es war immer noch aufregend für mich, plötzlich ein Model zu sein. Ich hatte die Möglichkeit, die Welt des Glitzers, der Mode und von Claudia Schiffer kennenlernen zu können, die für mich damals ein großes Vorbild war – neben dem holländischen Topmodel Karen Mulder.
Bei all dem Glück gab es jedoch auch eine schwierige Seite: Niemand konnte mir erzählen, wie es ist, als Model zu arbeiten, was ich zu beachten hatte, welche ungeschriebenen Regeln in dieser Welt galten. Sogar meine Agentur konnte mir nicht erklären, was demnächst auf mich zukommen würde. Ich wusste nur eines: Ich wollte unbedingt mein Abi machen; die Schule einfach aufzugeben, das kam für mich nicht infrage. Fest war ich davon überzeugt: Sollte ich gut als Model sein, dann würde man noch ein oder zwei Jahre auf mich warten können.
Nun bin ich seit einem Jahrzehnt Model. Ich war nie ein prominentes Supermodel, habe aber sehr gut arbeiten können und auch genau diesen Status geliebt. Rückblickend kann ich sagen, dass ich viele Höhen und Tiefen in meinem Job erlebt habe, und immer wieder von jüngeren Mädchen gefragt wurde: »Wie funktioniert denn eigentlich die Arbeit als Model?« Oder: »Was sind denn die Voraussetzungen, um Model zu werden?« Natürlich stellte man mir auch so typische Fragen wie: »Bist du immer auf Diät?«, »Triffst du in deinem Job nicht die tollsten reichen Männer?«
Ich habe mir stets die Zeit genommen, um zu erklären, was mein Business wirklich beinhaltet und was von einem Model verlangt wird. Trotzdem bleibt der Beruf für viele junge Menschen ein Rätsel. Nicht wenigen erscheint der Modeljob als ein Traum, was sicher auch teilweise stimmt. Wer etwas anderes sagt, der lügt! Aber das Leben als Model ist nicht immer leicht. Die Konkurrenz und der Druck sind riesig, auch dein Privatleben ist nicht sehr aufregend, da du nie da bist, denn die Arbeitszeiten sind sehr unregelmäßig (wie auch dein Einkommen jeden Monat). Du bist wenig zu Hause und viel allein, du weißt manchmal nicht mal zwölf Stunden vorher, wo du am nächsten Tag sein wirst. Das ist schon sehr spannend, besonders am Anfang, aber auch sehr anstrengend. Dazu kommt, dass es sein kann, dass du auf einmal nicht mehr gefragt bist – und dann ist der Traum sehr schnell vorbei.
In meiner Zeit als Mannequin- ich bin jetzt fast 30 Jahre alt – habe ich auch erfahren, dass viele Menschen Models und ihren Beruf missverstehen. Es existieren über diesen Job mehr Klatsch und Tratsch als Wahrheiten, das konnte ich eindeutig feststellen. So kam ich auf die Idee, ein Buch zu schreiben, das genau erklärt, wie es in diesem Business wirklich zugeht, wie es funktioniert. Jetzt ist es fertig, und junge Mädchen sowie deren Eltern und Freunde können hier nachlesen, was genau ein Model macht und wie das Leben aussieht, wenn man diesen Beruf anstrebt.
Wahrscheinlich wird der Modeljob immer ein Mythos bleiben, doch unabhängig davon gibt es auch konkrete Fakten, die man wissen muss, wenn man sich entschließt, Model werden zu wollen. Dazu gehören auch Leute, die aus reiner Geldgier irgendwelche Modelwettbewerbe veranstalten und Agenturen oder Modelschulen aufmachen. Viele Mädchen und ihre Eltern werden von solchen schwarzen Schafen ausgenutzt. Millionen Euro werden weltweit ausgegeben, um an sogenannten Modelkursen oder Fotoshootings teilzunehmen, die im ernsthaften Geschäft nicht das Geringste wert sind. Junge Mädchen lassen sich vieles gefallen, um als Model in die Kartei dubioser Agenturen aufgenommen zu werden, manche setzen sich deswegen sogar dem Risiko von Schönheitsoperationen aus – leider meist erfolglos, aber oft verbunden mit emotional schwer verkraftbaren Folgen.
Neben solchen Hinweisen versuche ich aber auch, Antworten auf bestimmte Fragen zu geben: Was macht ein hübsches Mädchen überhaupt zum Model? Wenn ich optisch eine Chance habe, wie stelle ich es an, dass ich einen Fuß in die Tür des Business bekomme? Und was bedeuten Casting, Tearsheet und Sedcard? Alle Kenntnisse, die in diesem Buch teilen will, habe ich durch eigene Erfahrungen – oftmals durch Fehler – oder durch die anderer Models gesammelt.
Schritt für Schritt werde ich erklären, was dir bei deiner Suche nach einer Agentur, dem Aufbau einer Karriere, ihrer erfolgreichen Fortsetzung und bei der Frage, was nach der Karriere als Model kommt, hilfreich sein kann.
Ich selbst hatte nie ein solches Buch, hätte es aber gut gebrauchen können. Es gab zwar einige Biografien von Mannequins oder spezielle Make-up-Tipps, die sie aufgeschrieben hatten, aber nie sagte mir jemand ehrlich, wie es ist, als Model die Welt für sich zu entdecken.
Ihr werdet euch vielleicht fragen: »Wieso weiß ausgerechnet Margrieta, was richtig ist? Sie ist doch kein weltweit bekanntes Supermodel aus New York?« Die Frage ist sicherlich berechtigt. Allerdings nimmt ein Supermodel eine Sonderposition ein, es gibt auf der ganzen Welt zehn, höchstens 20 davon. Aber daneben findest du Tausende von Models, die der Öffentlichkeit zwar nicht namentlich bekannt sind, es aber dennoch geschafft haben, sehr viel Geld zu verdienen und viel Spaß in ihrem Job zu haben.
Zu diesen Frauen gehöre ich, und ich möchte, dass auch bei dir die Modelkarriere von Anfang an gut läuft und dir dieser Beruf viel Freude bereitet, statt dich in den Wahnsinn zu treiben. Ich hoffe, dass dieses Buch dir letztlich viel Geld, Zeit und Enttäuschungen erspart, damit der Traumberuf Model nicht zum Albtraum wird.
Viel Spaß und Erfolg!
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Kann ich überhaupt Model werden?
Dein Körper ist entscheidend
Auf bestimmte Maße und Größen kommt es an
Eines ist für die Arbeit als Model unablässig: eine gute Figur. Du solltest nicht nur gut aussehen, sondern in die Konfektionsgrößen 34-36 beziehungsweise eine kleine 38 passen, da die Kunden ihre Kollektionen, die sie in Katalogen oder Prospekten präsentieren wollen, immer in diesen Größen schneidern lassen. Die Konfektionsgröße 36 entspricht ungefähr den bekannten Maßen 90-60-90, die jeweils den Umfang von Brust, Taille und Hüfte in Zentimetern angeben. Gemessen wird für den Brustumfang der Brustkorb auf Höhe der Brustwarzen, die Taille ungefähr auf Höhe des Bauchnabels und die Hüfte am unteren Teil der Hüftknochen. Eine Abweichung dieser Richtlinien von bis zu vier Zentimetern wird allerdings »akzeptiert«.
Die ideale Körpergröße liegt zwischen 174 cm und 183 cm. Doch auch hier werden Ausnahmen gemacht, wenn eine Agentur von deinem Potenzial überzeugt ist. So ist zum Beispiel Kate Moss »nur« 165 cm groß.
Ein ideales Gewicht gibt es für den Beruf als Model jedoch nicht. Körperzusammensetzungen sind so unterschiedlich, dass sich das Gewicht zweier Mädchen mit der gleichen Figur durchaus um fünf Kilo unterscheiden kann. Muskeln wiegen nämlich mehr als Fett, und auch stärkere Knochen können das Gewicht beeinflussen.
Die perfekte Haut
Deine Haut sollte möglichst frei von Pickeln, Flecken und Narben sein. Hast du ein Hautproblem, solltest du dir überlegen, einen Dermatologen aufzusuchen, um dieses so gut wie möglich in den Griff zu bekommen.Von Models wird eben ein perfekter Teint ohne störende Pusteln oder Rötungen erwartet.
Ein kleiner Tipp:
Pickel gehen von allein wieder weg. Drücke nicht an ihnen herum, dadurch könnten sich die Bakterien vermehren und die Pusteln werden nur noch größer.
Piercings und Tätowierungen sind eher hinderlich beim Modeln. Für Fotos ist Körperschmuck dieser Art meist unerwünscht; ein Überschminken beziehungsweise eine digitale Nachbearbeitung ist sehr aufwendig oder wird aus Kostengründen erst gar nicht in Erwägung gezogen. Aber es gibt auch Models, die mit solchem Schmuck sehr gut arbeiten, so habe ich selbst ein Bauchnabelpiercing.
Eine Frage des Alters
Um eine ernsthafte Chance zu haben, eines Tages als Model eine Weile Vollzeit arbeiten zu können, solltest du, wenn du dich bei einer Agentur bewirbst, nicht jünger als 13 und nicht älter als 22 Jahre sein. Mädchen, die jünger sind, noch zu kindlich erscheinen, haben kaum eine Chance, als Fashionmodel Aufträge zu erhalten. Falls du nicht warten willst, bis du so alt bist, dann kannst du versuchen, Erfahrungen als Kindermodel zu sammeln. Allerdings möchte ich dir raten, dich so lange zu gedulden, bis du 15 bist. Ich persönlich halte den Druck in diesem Business für zu anstrengend, als dass ihn sehr junge Mädchen gut ertragen könnten, und ein Anfang mit 15 ist früh genug, um ein gutes Portfolio aufzubauen. Dafür sollte man im umgekehrten Fall auch wieder nicht zu lange warten, denn ab 22 wird es sehr schwer, sich noch als Model zu etablieren. Das heißt nicht, dass man mit Anfang zwanzig gar keine Möglichkeiten mehr in diesem Job hat. Katalogkunden buchen einen sehr wohl noch – auch ich habe mit meinen 29 Jahren noch zahlreiche Aufträge -, aber die meisten Zeitschriften- und Magazinaufträge, die notwendig sind, um gute Referenzen zu bekommen, erhalten Mädchen mit wenig Erfahrungen nur, wenn sie noch sehr jung sind. Im Ausland, beispielsweise in Paris, Mailand oder New York, ist es schon mit 22 Jahren unverzichtbar, ein tolles Portfolio zu besitzen. Du musst als Model in der Modewelt Fuß gefasst haben, sonst bekommst du hier überhaupt gar keine Chance mehr. Mit 22 gilt man in diesen Metropolen als »alt«, wie lächerlich das auch klingen mag.
Allerdings kenne ich einige Frauen, die erst mit 40 Jahren angefangen haben, als Mannequin tätig zu sein. Sie arbeiten meist nebenberuflich in diesem Job – dies ist doch eher die Ausnahme als die Regel. Aber immerhin: Die Nachfrage nach älteren und erwachsenen Frauen wird ständig größer, da die Fashionwelt langsam einsieht, dass man Mode für Frauen ab 40 nicht an einer Fünfzehnjährigen fotografieren kann.
Ideale Charaktereigenschaften
Ein Model ist schön und stumm – so wird es dir überall zu verstehen gegeben. Das heißt, dass von dir keine intelligenten Kommentare erwartet werden. Eigentlich könnte man dann denken, dass zum Modeln keine besonderen Charaktereigenschaften notwendig sind. Hauptsache, man sieht gut aus und die Kleidung ist passend. Dies gehört in die Welt der Klischees und Vorurteile.
Doch unabhängig von der Frage nach dem IQ sollte jedes Mädchen, das Model werden will, überprüfen, ob es bestimmte Wesenszüge hat, die aus meiner Sicht für dieses Business wichtig sind. Diese Eigenschaften helfen dir nämlich dabei, Freude an deinem Job zu haben und eine feste Kundschaft an dich zu binden. Und was eigentlich für jeden Beruf gilt, trifft auch hier zu: ohne Fleiß kein Preis.
Bist du freundlich?
Wenn es vielleicht auch etwas banal klingt, aber deine Professionalität beginnt damit, freundlich, höflich, unkompliziert und gut gelaunt aufzutreten. Besonders wenn man einen schlechten Tag hat,fällt das natürlich schwer.Versuche also, dich auf die Arbeit zu konzentrieren, zu entspannen und negative Gedanken während des Jobs für ein paar Stunden zu verbannen. Es wird zu deinem Vorteil sein.
Ein kleiner Tipp:
Denke an Stresstagen an positive Erlebnisse, an einen erholsamen Urlaub, einen schönen Geburtstag, an eine nette Freundin oder deinen Allerliebsten.
Es ist in Ordnung,wenn du sagst, dass du traurig oder miserabel gelaunt bist – zeigen solltest du es jedoch nicht. Ein Kunde, der einen negativen Eindruck von dir gewinnt, wird dich kein zweites Mal buchen.
Mir ist es einmal passiert, dass ich von einem wichtigen Auftraggeber für Katalogaufnahmen gebucht wurde und eine wahnsinnig schlechte Woche hatte und mich einfach mies fühlte. Ich habe bei den Fotoaufnahmen wohl so viel negative Energie ausgestrahlt, dass meine Agentur mich im Nachhinein fragte, was denn passiert wäre. Der Kunde war sich nämlich nicht sicher, ob er mich überhaupt noch einmal buchen wollte. Meine Agentur hat die Situation glücklicherweise retten können, aber mir war das alles äußerst peinlich – und ich hätte dadurch fast einen sehr guten Auftraggeber verloren.
Bist du mutig?
Eine weitere wichtige Eigenschaft,die ich erwähnen möchte, ist Neugier. Damit verbunden ist auch die Lust auf Neues, der Mut zu ein wenig Sorglosigkeit. Der Job als Model kann nämlich ziemlich abenteuerlich sein. Ein Beispiel: Einen Monat oder sogar länger allein im Ausland zu verbringen und seinen Weg dort zu machen, sich manchmal nur mit Händen und Füßen verständigen zu können, ist nicht immer leicht. Und dazu kommt noch das Heimweh! Um das gut verkraften zu können, brauchst du viel Unternehmungslust.
Ein anderes Beispiel: Mit einem wackeligen Sechspersonenflieger von Hamburg nach Sylt oder von Miami auf die Bermudas zu fliegen – das verlangt eiserne Nerven. Überhaupt solltest du keine Flugangst haben, denn du wirst in bestimmten Zeiten öfter ein Flugzeug von innen sehen, als du mit deinen Freundinnen Kaffee trinken kannst. Du wirst viel von zu Hause weg sein, ungewohnte Speisen essen und am Wochenende, wenn du keinen Termin hast, in einer dir unbekannten Stadt allein etwas unternehmen müssen.
Auch im Job kann einiges auf dich zukommen, etwa mit einem Fototeam durch einen Dschungel zu wandern, auf der Suche nach einer außergewöhnlichen Location für die Aufnahmen. Ein Abenteuer ist es zum Beispiel, in Tokio die U-Bahn zu benutzen, und zwar deshalb, weil sie immer so überfüllt ist, dass es extra Angestellte gibt, um die letzten Passagiere regelrecht in die einzelnen Abteile hineinzudrücken.
Auch solltest du kein Problem damit haben,dich mal »lächerlich« zu machen. Oft erscheinen dir die Positionen, die du vor der Kamera einnehmen musst, die Kleidung, die du trägst,oder der Gesichtsausdruck,den du machen sollst, als ziemlich unangenehm-auch wenn all dies später auf dem Foto überraschend gut aussieht. Oder du musst von einem Hotel beziehungsweise von einem Studio zu dem Ort, der für die Aufnahmen vorgesehen ist, mit Lockenwicklern fahren, was zur Folge hat, dass die Leute dich, wenn sie dich im Auto sehen, im besten Fall anstarren, im schlimmsten für verrückt erklären. Das alles gehört zum Job.
Ich könnte noch endlos weiter Geschichten dieser Art erzählen-sie gehören zum Modeln einfach dazu. Überlege dir also gut, ob dich der Gedanke an vielleicht eigenartige Begebenheiten in fremden Ländern und oder an ungewohnte Kulturen eher neugierig macht oder abschreckt.
Bist du spontan?
Spontaneität ist eine Eigenschaft, die alle Models haben sollten. Es passiert durchaus, dass du einen Anruf von deiner Agentur bekommst, mit der Anweisung, zwei Stunden später am Flughafen zu sein. Das bedeutet: Packen und sofort losfahren! Auch wenn du gerade ins Kino gehen oder an den See fahren wolltest. Es wäre deswegen auch nicht schlecht, eine nette Mutter, Nachbarin oder Freundin zu haben, die sich während deiner Abwesenheit um deine Pflanzen oder auch um deine Post kümmert.
Kannst du deine Meinung für dich behalten?
Bei einem normalen Modeljob wirst du nicht nach deiner Meinung gefragt, und es ist egal, ob dir Kleidung oder Make-up gefallen.
Denke auch daran: Ein gutes Model kann sogar einen Kartoffelsack so aussehen lassen, als wäre er ein schickes Designerteil. Du wirst schließlich dafür bezahlt, Mode derart gut zu präsentieren, dass der Verkauf dadurch steigt. Alle sollen denken: »Dieses Teil will ich haben, so möchte ich auch aussehen!«
Bis du ausdauernd?
Du brauchst viel Hartnäckigkeit, was das Modeln betrifft. Dabei solltest du bei allem realistisch bleiben. Das hilft dir, Enttäuschungen besser zu verkraften und deine Karriere auch nach dem Modeln sinnvoll zu gestalten.
Ein kleiner Tipp:
Gib nie beim ersten Versuch auf!
Tränen auf Long IsLand
Ich reiste einmal für ein gröβeres deutsches Versandunternehmen nach New York, um auf Long Island zu arbeiten. Schon beim Hinflug ging alles schief: Mein
Koffer war nach der Landung nicht mehr auffindbar, und ich musste mir vor Ort sämtliche Sachen neu kaufen. Am ersten Arbeitstag fiel mir auf, dass das Team alles mit dem anderen Model fotografierte, das auch gebucht worden war. Ich fühlte mich etwas nutzlos, da ich ein kleiner Workaholic bin. Aber eine solche Situation kann in diesem Job schon einmal vorkommen.
Am nächsten Tag hieβ es, ich würde erst mittags gebraucht. Ich blieb in meinem Zimmer und schaute mir amerikanische TV-Shows im Fernsehen an. Nach einer Weile klopfte es an meiner Tür. Der Assistent, der für alles Mögliche engagiert war, stand davor und sagte mir, das Team lieβe sich entschuldigen, aber man würde mich heute nicht benötigen,
Da mir die Tage in jedem Fall bezahlt wurden, hätte ich einen bezahlten Urlaub in der Sonne genieβen können. Aber das war mir nicht möglich, meine erste Reaktion waren Tränen. Der Assistent war ganz besorgt, aber ich konnte ihn beruhigen, sagte ihm, dass ich nicht wegen seiner Informationen losgeheult hätte, mir würde es einfach allgemein nicht so gut gehen – was so auch wieder nicht ganz stimmte, ich hätte einfach gern gearbeitet.
Schließlich riss ich mich zusammen, aß etwas und legte mich schließlich an den PooL Dort fielen mir drei Kinder auf, die im Wasser spielten und herauszufinden versuchten, wie man schwimmt. Da ich als Holländerin fast eher schwimmen als laufen konnte, brachte ich an diesem Nachmittag den Kindern die ersten Schwimmgrundlagen bei. So hatte ich wenigstens meine gute Tat für den Tag getan. Später schämte ich mich für meine überflüssigen Tränen. Es war mir noch nie passiert, dass ich wegen etwas so Blödem derart flennen musste. Aber manchmal ist man eben nahe am Wasser gebaut. Einen Job nicht machen zu können, ist natürlich dumm, aber auch nicht das Ende der Welt. Man muss lernen, den Dingen immer eine Perspektive zu geben und sich nicht aufgrund von Nichtigkeiten runterziehen zu lassen.
Bist du wandelbar?
Als Model schlüpfst du in viele verschiedene Rollen. Mal bist du Diva, mal Vamp oder Superstar, dann wieder sollst du eine Mutter, das Mädchen von nebenan oder eine sportliche Studentin darstellen. Ein gutes Model ist hierbei stets glaubwürdig und sehr wandelbar. Viele Mädchen, die als Model tätig sind, haben aber auf Fotos immer den gleichen (Gesichts-)Ausdruck. Sie sind deshalb nur sehr einseitig einsetzbar und werden nie wirklich groß herauskommen.
Versuche daran zu arbeiten, bei deinem Job als Model möglichst unterschiedliche Charaktere zu kreieren – und spiele mit Gesichtsausdruck und Körpersprache, damit du dich immer wieder von einer anderen Seite zeigen kannst. Somit hast du bessere Chancen, deine Einsatzmöglichkeiten und letztlich auch dein Einkommen zu vergrößern.
Ein kleiner Tipp:
Frage den Fotografen beziehungsweise den Kunden immer nach der Idee, die hinter den Aufnahmen steckt. So kannst du dir besser vorstellen, was gewünscht wird.
Wenn du weißt,was mit den Fotos ausgesagt werden soll, macht das den Job nicht nur für dich einfacher.
Ein kleiner Tipp:
Übe deine Mimik vor dem Spiegel! So lernst du im Detail, einer Emotion mit einer kleinen Änderung deines Gesichtsausdrucks mehr Kraft zu geben.
Der X-Faktor
Das gewisse Etwas, das ein hübsches Mädchen zum Model macht, wird in der Branche »Zest« oder auch »X-Faktor« genannt. Eine junge Frau hat diesen – oder eben nicht.
Ich kenne viele toll aussehende Mädchen, die keinen »Zest« besitzen und nichts Anziehendes mehr an sich haben, wenn man sie auf einem Foto abgebildet sieht. Und es gibt genauso viele, die ich nicht im üblichen Sinn als hübsch bezeichnen würde, die aber, wenn sie vor der Kamera stehen, eine unglaubliche Ausstrahlung haben, von der ich jedes Mal tief beeindruckt bin.
Ohne dieses gewisse Etwas wird ein Model nicht erfolgreich sein, und leider kann man es nicht »antrainieren«. Wie gesagt, man hat es-oder eben nicht.
Und wenn der Traum vorbei ist?
Ähnlich wie der Hochleistungssport ist Modeln ein Beruf, den man nicht ewig ausüben kann. Irgendwann wird man für dieses Business zu alt, zu faltig oder es gibt ein jüngeres Model, das besser als man selbst aussieht. Der Job verlangt großen körperlichen und emotionalen Einsatz, auch das eigene Privatleben ist stark eingeschränkt. Manchmal ist man nur vier Tage im Monat zu Hause, was den Daheimgebliebenen – und natürlich auch dir selbst – nicht immer leichtfällt. Du bringst also große Opfer für einen Beruf, der zu Ende sein kann, wenn der 30. Geburtstag näherrückt.
Ich habe viele ältere Kolleginnen erlebt, die krampfhaft versuchten, im Geschäft zu bleiben, um weiter Geld zu verdienen. Manche von ihnen haben wahnsinnig gehungert oder sich operieren lassen, um jünger auszusehen. Ich kenne aber auch Frauen, die sich dann einen reichen Partner gesucht haben, der unter Umständen nur an ihrem Äußeren interessiert war.
Damit du später nicht verzweifelt vor dem Aus stehst, solltest du einen Schulabschluss und somit die Möglichkeit haben, eine weitere Ausbildung zu machen (siehe auch Kapitel 17).
Schönheitsoperation für mehr Chancen?
Immer wieder wurde mir von jungen Frauen die Frage gestellt: Habe ich mehr Chancen, bei einer Agentur als Model angenommen zu werden, wenn ich das eine oder andere operativ an mir ändern lasse? Meine Antwort lautet darauf ganz klar: Nein!
Selbst wenn du meinst, deine Oberschenkel seien zu dick, deine Nase sei zu krumm oder dein Busen zu flach, so denke immer daran: Auch Models sind nicht perfekt!
Von einigen Ausnahmen abgesehen, finden die meisten Kunden operierte Mädchen äußerst unschön und haben auch ein sehr gutes Auge dafür, solche »Nachbesserungen« zu erkennen. Wenn du über mehrere Jahre hinweg die gleiche Stelle an deinem Körper oder in deinem Gesicht unschön findest, kannst du später immer noch überlegen, ob du dich unters Skalpell legst. Aber mache das nie, bevor du dich bei einer Modelagentur bewirbst. Es wird deine Karrierechancen nicht verbessern. Darüber hinaus empfehle ich dir, keine Beauty-OP vor deinem 21. Lebensjahr vornehmen zu lassen, da erst in diesem Alter dein Körper völlig ausgewachsen ist und du die Folgen eines solchen Eingriffs besser einschätzen kannst.
Bedenke jedoch, dass ein chirurgischer Eingriff kein Mittel ist, um glücklich zu werden – diese Fähigkeit liegt allein in dir selbst, nicht in den Händen eines Arztes.
Es kann natürlich sein, dass ein kleiner Eingriff bei einem Model, das schon sehr gut arbeitet, dazu führt, das Einkommen durch bessere Jobs zu erhöhen. Trotzdem solltest du dir immer vor Augen halten, wie gravierend und risikoreich ein solches Unterfangen für ein gesundes junges Mädchen ist.
Das Modelbusiness ist sehr abwechslungsreich
Es gibt mehrere Arten, als Model tätig zu sein. Hier geht es aber vor allem um Mannequins und Fotomodels, die dennoch ganz verschiedene Tätigkeiten ausüben können.
Mannequin/Laufstegmodel