Buch
Detective Inspector John Rebus hat schlechte Laune: Es ist bitterkalt, ein eisiger Wind fegt durch die Straßen von Edinburgh, und statt gemütlich in einem Pub zu sitzen, jagt er zwei halbstarken Jugendlichen hinterher. Angeblich haben die beiden die Tochter von Lord Provost Kennedy, einem der einflussreichsten und mächtigsten Männer der Stadt, entführt und eine hohe Lösegeldsumme gefordert. So recht mag ihnen Rebus so etwas nicht zutrauen, doch bevor er sie festnehmen und verhören kann, kommt es zur Katastrophe: Hand in Hand springen die beiden Jungen von einer hohen Brücke in den Tod. Da Rebus sich für diesen schrecklichen Vorfall mitverantwortlich fühlt, setzt er alles daran, die Wahrheit über die beiden und die Entführung herauszufinden. Dabei führen ihn seine Ermittlungen bald in höchste wirtschaftliche und politische Kreise – bis hin zu dem Mann, der Schottland heimlich regiert …
Weitere Informationen zu Ian Rankin sowie zu lieferbaren Titeln des Autors finden Sie am Ende des Buches.
Ian Rankin
Ein eisiger Tod
Kriminalroman
Aus dem Englischen
von Giovanni und Ditte Bandini
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Die Originalausgabe erschien 1995 unter dem Titel »Let It Bleed« bei Orion, an imprint of Orion Books Ltd., London.
Neuveröffentlichung Oktober 2019
Copyright © der Originalausgabe 1995 by Ian Rankin
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2004
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München
Umschlagmotiv: Christie Goodwin / Arcangel
Redaktion: Irmgard Perkounigg
Th · Herstellung: mw
ISBN: 978-3-641-03828-1
V003
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Habgier, der Antrieb des Fleißes.
David Hume, Of Civil Liberty
Die gebildeteren Leser wiederholten lediglich das italienische Sprichwort: »Wenn es nicht wahr ist, ist es gut erfunden.«
Muriel Spark, The Public Image
Ohne Frauen ist das Leben eine Kneipe.
Martin Amis, Money
Eins
Eine Winternacht, die aus Edinburgh hinausschrie.
Das vordere Auto wurde von drei anderen verfolgt. In den verfolgenden Autos saßen Polizeibeamte. Schneeregen peitschte durch die Dunkelheit. Inspector John Rebus saß im zweiten Polizeiwagen und biss die Zähne zusammen. Mit einer Hand klammerte er sich am Türgriff fest, mit der anderen an der Vorderkante des Beifahrersitzes. Chief Inspector Lauderdale schien am Lenkrad rund dreißig Jahre abgeschüttelt zu haben. Er war wieder ein Halbwüchsiger, der das Machtgefühl des Schnellfahrens, Ein-bisschen-zuschnell-Fahrens auskostete. Er saß weit vornübergebeugt und spähte angestrengt durch die Windschutzscheibe.
»Wir kriegen die!«, schrie er zum x-ten Mal. »Wir kriegen die Scheißkerle!«
Rebus bekam die Zähne nicht lang genug auseinander, um eine Antwort zu artikulieren. Es lag nicht an Lauderdales dürftigen Fahrkünsten … Na ja, okay, es lag nicht nur an Lauderdales dürftigen Fahrkünsten; auch das Wetter machte Rebus Sorgen. Als sie in den zweiten Kreisel am Barton Interchange eingebogen waren, hatte Rebus gespürt, wie die Hinterräder des Wagens auf dem rutschigen Straßenbelag jegliche Bodenhaftung verloren. Zum einen waren die Reifen nicht mehr die Neuesten, und dazu wahrscheinlich ohnehin nur runderneuert. Dann lag die Lufttemperatur knapp über null, und der Schneeregen lauerte tückisch im Hinterhalt. Jetzt waren sie aus der Stadt, hatten Ampeln und Kreuzungen hinter sich gelassen. Eine Verfolgungsjagd hätte jetzt eigentlich weniger gefährlich sein müssen. Aber Rebus fühlte sich deswegen nicht sicherer.
Im Auto vor ihnen saßen zwei junge, eifrige Uniformierte, in dem dahinter ein Detective Sergeant und ein Detective Constable. Rebus warf einen Blick in den Außenspiegel und sah Scheinwerfer. Er schaute aus dem Seitenfenster und sah nichts. Verdammt, war das dunkel da draußen.
Rebus dachte: Ich will nicht im Dunkeln sterben.
Ein Telefongespräch am Vortag.
»Zehn Riesen, und wir lassen Ihre Tochter laufen.«
Der Vater leckte sich die Lippen. »Zehn? Das ist ein Haufen Geld.«
»Nicht für Sie.«
»Moment, lassen Sie mich nachdenken.« Der Vater sah auf den Notizblock, auf dem Rebus gerade etwas gekritzelt hatte. »So kurzfristig bekomm ich’s nicht zusammen«, sagte er zum Anrufer. Rebus hörte über Kopfhörer mit und starrte auf die sich lautlos drehenden Spulen des Tonbandgeräts.
»So ’ne Einstellung könnt sich für die Kleine böse auswirken.«
»Nein … bitte.«
»Dann seh’n Sie zu, dass Sie die Knete beischaffen.«
»Werden Sie sie mitbringen?«
»Wir sind keine Betrüger, Mister. Wenn der Zaster da ist, wird sie auch da sein.«
»Wo?«
»Wir melden uns heute Abend mit den genauen Anweisungen. Und noch eins: keine Bullen, kapiert? Die kleinste Spur, auch nur ’ne Sirene in weiter Ferne, und Sie seh’n sie im Leichen-Co-op wieder.«
»Wir kriegen sie!«, schrie Lauderdale.
Rebus spürte, wie sich seine Zähne voneinander lösten. »Schön, wir kriegen sie. Warum gehen wir’s dann nicht ein bisschen ruhiger an?«
Lauderdale warf ihm einen Blick zu und grinste. »Hosen voll, John?« Dann riss er das Lenkrad herum und scherte aus, um einen Lieferwagen zu überholen.
Der Anrufer hatte jung geklungen, Unterschicht. Aus seinem Mund hatte sich jedes »sie« wie s’ angehört. Er hatte vom Co-op gesprochen. Er hatte das Wort »Mister« verwendet. Ein Junge aus der Unterschicht, vielleicht ein bisschen naiv, Rebus war sich aber nicht sicher.
»Die Kollegen aus Fife warten doch auf der anderen Seite der Brücke, oder?«, beharrte er, gegen den heulenden Motor anbrüllend. Lauderdale schien vergessen zu haben, dass der Wagen auch einen vierten Gang besaß.
»Stimmt«, pflichtete ihm Lauderdale bei.
»Also wozu die Hetze?«
»Seien Sie kein Weichei, John. Die gehören uns.«
Rebus wusste, was sein Vorgesetzter meinte. Wenn es das Fluchtauto über die Forth Road Bridge schaffte, dann war es in Fife, und die Polizei von Fife erwartete es mit einer Straßensperre. Die Festnahme würde dann Fife auf ihrem Konto verbuchen.
Lauderdale hatte sich das Funkgerät gegriffen und redete mit dem Vorderwagen. Einhändig fuhr er kaum schlechter als zweihändig, und Rebus wurde gehörig durcheinander gerüttelt. Lauderdale legte das Funkgerät wieder weg.
»Was meinen Sie?«, fragte er. »Fahren die in Queensferry runter?«
»Ich weiß nicht«, sagte Rebus.
»Na, diese zwei Sonntagsfahrer vor uns meinen, wenn die beschließen sollten durchzufahren, erwischen wir sie an der Mautstelle.«
Und sie würden wahrscheinlich durchfahren, von Angst und Adrenalin getrieben. Diese Kombination pflegte dem Selbsterhaltungstrieb Scheuklappen anzulegen. Man rannte stur geradeaus, ohne nachzudenken oder nach links oder rechts zu schauen. Man dachte an nichts anderes als an Flucht.
»Sie könnten sich wenigstens anschnallen«, sagte Rebus.
»Könnte ich«, sagte Lauderdale. Tat’s aber nicht. Jugendliche Raser schnallten sich nicht an.
Allmählich kam die letzte Ausfahrt. Das Fluchtauto schoss daran vorbei. Jetzt blieb nur noch die Brücke. Die greller werdende Straßenbeleuchtung zeigte an, dass sie sich der Mautstelle näherten. Rebus kam plötzlich der irrwitzige Gedanke, dass die Flüchtigen anhalten könnten, um wie alle anderen auch die Maut zu zahlen. Das Fenster herunterkurbeln, nach passendem Kleingeld kramen …
»Sie werden langsamer.«
Die Straße fächerte sich auf, war plötzlich ein halbes Dutzend Spuren breit. Vor ihnen lag die Reihe der Mauthäuschen und dahinter die Brücke, die sich, von den Stahltrossen in der Schwebe gehalten, zu ihrer Mitte hin emporwölbte, sodass man von der Fahrbahn aus selbst an einem klaren, sonnigen Tag ihr jenseitiges Ende nicht sehen konnte.
»Sie werden eindeutig langsamer.«
Die vier Autos waren jetzt nur noch wenige Meter auseinander, und Rebus konnte zum ersten Mal seit einer ganzen Weile wieder das Heck des Fluchtautos erkennen. Es war ein 82er Ford Cortina. Im Licht der Straßenbeleuchtung sah er zwei Köpfe, Fahrer und Beifahrer, beide männlich.
»Vielleicht ist sie im Kofferraum«, meinte er zweifelnd.
»Vielleicht«, pflichtete ihm Lauderdale bei.
»Wenn sie nicht im Auto ist, können sie ihr auch nichts tun.«
Lauderdale nickte, ohne richtig zugehört zu haben, und griff dann wieder nach dem Funkgerät. Es rauschte ziemlich stark. »Wenn sie auf die Brücke fahren«, sagte er, »dann war’s das, Sackgasse. Die können nicht mehr entwischen, solang die Fifer es nicht verbocken.«
»Dann bleiben wir also hier?«, sagte Rebus hoffnungsvoll. Lauderdale lachte nur. »Dachte ich mir schon«, sagte Rebus.
Aber jetzt tat sich etwas. Das verdächtige Fahrzeug … rote Heckscheinwerfer. Bremsten sie? Nein, sie setzten zurück, und zwar schnell. Sie rammten den ersten Polizeiwagen, der daraufhin zurückrollte und gegen Lauderdales Auto knallte.
»Scheißkerle!«
Dann machte der Cortina wieder einen Satz nach vorn und scherte scharf nach rechts aus. Er hielt auf eine der geschlossenen Mautstellen zu, knallte gegen die Schranke, riss sie zwar nicht aus den Angeln, verbog sie aber so weit, dass er sich durchquetschen konnte. Das Geräusch von Metall, das Funken schlagend gegen Metall schrappte, und dann waren sie weg. Rebus traute seinen Augen nicht.
»Sie sind auf der falschen Fahrbahn!«
Das waren sie wirklich – ob versehentlich oder mit Absicht. Rasch beschleunigend, raste das Auto mit eingeschaltetem Fernlicht die Fahrbahn für den Südverkehr in nördlicher Richtung entlang. Nach kurzem Zögern nahm der erste Polizeiwagen die Verfolgung auf. Lauderdale schien es ihm gleichtun zu wollen, aber Rebus griff ihm ins Lenkrad und riss es mit aller Kraft herum, sodass sie wieder auf die richtige Fahrbahn kamen.
»Blöder Idiot!«, stieß Lauderdale hervor und trat das Gaspedal durch.
Zu dieser späten Nachtstunde war auf der Straße nicht viel los. Trotzdem ging der Fahrer des Fluchtautos ein ziemliches Risiko ein.
»Die werden doch wohl nur diese Fahrbahn gesperrt haben, oder?«, überlegte Rebus laut. »Wenn diese Irren es bis zur anderen Seite schaffen, könnten sie uns entwischen.«
Lauderdale sagte nichts. Er starrte über die Mittelabsperrung hinweg und ließ die zwei anderen Autos nicht aus den Augen. Als er die Hand nach dem Funkgerät ausstreckte, hätte er um ein Haar die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Der Wagen machte einen Schlenker nach rechts, dann einen ausgeprägteren nach links und knallte gegen die Leitplanken. Rebus mochte nicht an den Firth of Forth denken, der über hundert Meter tief unter ihnen lag. Aber er dachte trotzdem daran. Er hatte die Brücke schon ein paarmal zu Fuß überquert – außen an den Fahrbahnen verlief je ein Fußgängerweg. Das hatte ihm als Mutprobe durchaus gereicht, zumal man dabei riskierte, vom ständig heulenden Wind über die Brüstung geweht zu werden. Er verspürte ein elektrisches Kribbeln in den Zehen: Höhenangst.
Derweil zeichnete sich auf der anderen Fahrbahn bereits das Unvermeidliche ab. Ein Lkw-Fahrer, der nach dem mühsamen Aufstieg zur Brückenmitte seinem Sattelschlepper die Zügel schießen ließ, sah vor sich Scheinwerfer, wo keine hätten sein dürfen. Das Auto der Verdächtigen hatte sich bereits an zwei entgegenkommenden Fahrzeugen vorbeigemogelt und wäre auf die Außenspur ausgewichen, um am Laster vorbeizukommen, aber der Lkw-Fahrer verlor den Kopf. Er fuhr selbst auf die Außenspur, und seine Hände erstarrten am Lenkrad, der Fuß auf dem Gaspedal. Der Sattelschlepper knallte gegen Metall und hob ab. Er flog in die Luft und landete auf der Mittelbegrenzung aus straff gespannten Stahltrossen. Der Auflieger blieb auf der einen Seite hängen, während die Zugmaschine vornüber abknickte und, von ihrer Last befreit, auf die Gegenfahrbahn segelte, wo sie auf Funken und hochspritzendem Wasser weiterschlitterte – direkt auf das Auto zu, in dem Lauderdale und Rebus saßen.
Lauderdale bremste, so gut er konnte, aber er hatte keinerlei Ausweichmöglichkeiten. Die Zugmaschine schlitterte diagonal und nahm dabei beide Spuren ein. Kein Ausweg. Rebus hatte ein paar Sekunden Zeit, diese Tatsache zu verarbeiten. Er spürte, wie sein ganzes Ich sich zusammenkrampfte und sich in seinem Unterleib konzentrierte. Er riss die Knie hoch, stemmte Hände und Füße gegen das Armaturenbrett, presste das Gesicht an die Oberschenkel …
Rumms.
Da er die Augen zusammengekniffen hatte, konnte sich Rebus allein nach seinen akustischen und körperlichen Wahrnehmungen orientieren. Etwas schlug ihm gegen das Jochbein und war dann weg. Glasscherbenknirschen, wie berstendes Eis, und das Geräusch von gequältem Metall. Seine Eingeweide verrieten ihm, dass das Auto sich rückwärts bewegte. Es waren auch weitere, entferntere Geräusche zu hören. Noch mehr Metall, noch mehr Glas.
Die Zugmaschine des Sattelschleppers hatte schon ein gut Teil ihres Schwungs verloren, und der Zusammenstoß mit dem Auto hatte sie vollends zum Stillstand gebracht. Rebus hatte das Gefühl, seine Wirbelsäule würde entzweibrechen. Peitschenhiebtrauma nannte man das? Knüppeltrauma hätte es eher getroffen, Ladung-Backsteine-Trauma. Das Auto blieb stehen, und er stellte fest, dass sein Unterkiefer schmerzte – das war im ersten Moment alles. Er wandte sich zum Fahrersitz, da er annahm, Lauderdale habe ihm aus nicht näher angegebenen Gründen eine gelangt, und stellte fest, dass sein Vorgesetzter nicht mehr da war.
Gut, sein Hintern war da und starrte Rebus aus seiner unvorteilhaften Position – etwa von da aus, wo sich bis eben noch die Frontscheibe befunden hatte – ins Gesicht. Lauderdales Füße hatten sich unter dem Lenkrad verhakt. Einer davon unbeschuht. Die Beine hingen ausgestreckt über das Lenkrad. Und der Rest von ihm lag auf dem, was von der Motorhaube übrig geblieben war.
»Frank!«, rief Rebus. »Frank!« Er hütete sich, Lauderdale ins Auto zurückzuziehen; hütete sich, ihn auch nur anzufassen. Er versuchte, seine Tür zu öffnen, aber da war keine Tür mehr. Also öffnete er stattdessen seinen Sicherheitsgurt und wand sich durch die ehemalige Windschutzscheibe ins Freie. Seine Hand kam mit Metall in Berührung, und er verspürte etwas wie ein Brutzeln. Fluchend riss er die Hand zurück und sah, dass er sich auf den teilweise offen liegenden Motorblock gestützt hatte.
Hinter ihm blieben Autos stehen. Der D.S. und der D. C. kamen auf ihn zugerannt.
»Frank«, sagte Rebus leise. Er sah auf Lauderdales blutüberströmtes, aber noch lebendiges Gesicht. Ja, er hatte keinen Zweifel, dass Lauderdale noch lebte. Da war einfach noch etwas … Er rührte sich nicht, man hätte nicht einmal beschwören können, dass er atmete. Aber irgendetwas war da, irgendeine unsichtbare Energie, die ihn nicht verlassen hatte. Jedenfalls noch nicht.
»Alles in Ordnung?«, fragte jemand.
»Helfen Sie ihm«, befahl Rebus. »Rufen Sie einen Rettungswagen. Und sehen Sie im Laster nach, wie es dem Fahrer geht.«
Dann schaute er hinüber zur anderen Fahrbahn, und was er da sah, ließ ihn erstarren. Im ersten Moment war er sich nicht sicher, nicht hundertprozentig. Also kletterte er auf die Metallstangen, die die zwei Fahrbahnen voneinander trennten. Und dann war er sich sicher.
Der Wagen der Verdächtigen war von der Fahrbahn abgekommen. Gründlich abgekommen. Irgendwie hatte er einen Satz über die Leitplanke gemacht, war diagonal über den Fußgängerweg geschlittert und hatte dann noch genügend Schwung gehabt, um das äußerste Geländer zu durchbrechen – dasjenige, das den Fußgängerweg von der Leere trennte, unter der, tief unten, der Firth of Forth lag. Ein scharfer Wind zerrte an Rebus und peitschte ihm den Schneeregen in die Augen. Er kniff sie zusammen und sah dann noch einmal hin. Der Cortina war noch da: Motorhaube und Vorderräder hingen zwischen den verbogenen Geländerstäben über dem Abgrund, aber Hinterräder und Heck standen noch auf dem Fußgängerweg. Rebus fragte sich, was sich im Kofferraum befinden mochte.
»O mein Gott«, sagte er. Dann fing er sofort an, über die Metallpfeiler zu klettern.
»Was machen Sie da?«, schrie jemand. »Kommen Sie zurück!«
Aber Rebus kraxelte weiter, ohne allzu sehr an seine Höhe über dem Meeresspiegel oder den Abstand zwischen den einzelnen Metallstangen zu denken. Mehr Abstand als Metall. Der kalte Stahl tat seiner brennenden Handfläche gut. Er ging am Aufleger des Sattelschleppers vorbei, der auf der Seite lag, halb auf der Fahrbahn, halb auf dem Mittelstreifen. Auf der Seite verlief ein Schriftzug: Byars Haulage. Herrgott, war das kalt. Dieser Wind, dieser verdammte Wind. Trotzdem merkte Rebus, dass er schwitzte. Ich hätte einen Mantel anziehen sollen, dachte er. Ich hol mir noch den Tod.
Dann war er auf der gegenüberliegenden Fahrbahn angelangt, wo inzwischen eine ganze Reihe Autos unordentlich zum Stehen gekommen waren. Zwischen Fahrbahn und Fußgängerweg klaffte eine richtige Lücke; nur ein kleiner Sprung, aber jeder Zentimeter davon frische Luft. An der Stelle, gegen die der Cortina geprallt war, waren die Stäbe des Geländers auseinander gebogen. Rebus ging darauf zu und hüpfte dann hinüber auf den Fußgängerweg.
Die zwei Jungen waren aus ihrem Wagen herausgestolpert.
Um aussteigen zu können, hatten sie über ihre Sitze nach hinten klettern müssen. Die Vordertüren öffneten sich nur ins Leere. Die Teenager sahen verängstigt nach links und rechts. Von Norden her waren Sirenen zu hören. Die Polizei von Fife war im Anmarsch.
Rebus hob die Hände in die Höhe. Hinter ihm standen die zwei uniformierten Beamten. Die zwei jungen Leute sahen Rebus nicht an; alles, was sie sehen konnten, waren Uniformen. Sie hatten einen schlichten Verstand, mit dem sie einfache Sachverhalte begriffen. Sie verstanden, was Uniformen bedeuteten. Sie sahen sich wieder um, suchten nach einem Fluchtweg, der nicht da war, dann nahm der eine von beiden – blond, groß, eine Spur älter als der andere – den Jüngeren bei der Hand und begann, ihn mit sich rückwärts zu ziehen.
»Macht keine Dummheiten, Jungs«, sagte einer der Uniformierten. Aber das waren nur Worte. Keiner hörte zu. Die zwei Teenager standen jetzt mit dem Rücken am Geländer, vielleicht drei Meter vom demolierten Auto entfernt. Rebus trat langsam vor und deutete mit dem Finger, damit klar war, dass er zum Auto ging. Durch den Aufprall hatte sich der Kofferraum ein paar Finger breit geöffnet. Rebus hob den Deckel vorsichtig hoch.
Es lag niemand drin.
Als er den Kofferraum schloss, wippte der Wagen auf seinem Auflagepunkt und kam dann wieder zum Stillstand. Rebus sah den älteren Jungen an.
»Es ist eisig hier draußen«, sagte er. »Setzen wir uns in ein Auto.«
Dann lief alles in Zeitlupe ab. Der blonde Junge schüttelte fast lächelnd den Kopf und nahm seinen Freund in die Arme, drückte ihn regelrecht an sich. Dann lehnte er sich gegen das Geländer und lehnte sich einfach immer weiter zurück, ohne seinen Freund loszulassen. Ihre billigen Turnschuhe behielten noch für einen Augenblick den Kontakt mit dem Straßenbelag, rutschten dann aus, Beine flogen hoch und über die Brüstung, und die beiden stürzten ins Dunkel.
Vielleicht war es Selbstmord, vielleicht ein Fluchtversuch, dachte Rebus später. So oder so war es der sichere Tod. Wenn man aus der Höhe aufs Wasser traf, war es wie ein Aufschlag auf Beton. Ein solcher Sturz durch die Dunkelheit – und sie schrien nicht, gaben keinen Laut von sich und sahen das Wasser nicht auf sich zurasen.
Nur dass sie nicht auf dem Wasser landeten.
Eine Fregatte der Royal Navy war gerade aus der Werft von Rosyth ausgelaufen und steuerte die offene See an, und das war’s dann auch, womit sie zusammenstießen: ein eisernes Deck.
Was, wie später alle auf dem Revier meinten, den Polizeitauchern einen unerfreulichen Einsatz bei Minustemperaturen ersparte.
Sie brachten Rebus ins Krankenhaus.
Er fuhr im Fond eines Streifenwagens. Frank Lauderdale in einer Ambulanz. Noch wusste niemand, wie schwer seine Verletzungen waren. Die Fregatte war von Rosyth aus angefunkt worden, aber die Matrosen hatten die Leichen ohnehin schon gefunden. Ein paar von ihnen hatten sie auf dem Deck aufprallen hören. Die Fregatte kehrte wieder zum Stützpunkt zurück. Es würde seine Zeit brauchen, das Deck wieder auszubeulen.
»Ich fühl mich selbst ziemlich ausbeulungsbedürftig«, teilte Rebus im Krankenhaus der Schwester mit. Er kannte sie; sie hatte ihn vor einiger Zeit wegen Verbrennungen behandelt, hatte eine Salbe aufgetragen und die Verbände gewechselt. Lächelnd verließ sie das Kabuff, in dem er auf einem Untersuchungstisch lag. Als sie gegangen war, machte er eine kurze Bestandsaufnahme: Sein Unterkiefer schmerzte infolge des Fausthiebs, den ihm Lauderdale vor seinem Flug durch die Frontscheibe verpasst hatte. Der Schmerz schien sich tief in ihn hineinzubohren, als greife er auf die Zahnnerven über. Abgesehen davon fühlte er sich aber nicht allzu schlecht; nur recht wackelig. Er hob die Hände und hielt sie sich vor die Augen. Ja, das Zittern konnte er auf den Unfall schieben, auch wenn er wusste, dass er in letzter Zeit auch ohne irgendwelche Blechschäden einen ziemlichen Tatterich hatte. Sein Handteller wies eine sehr hübsche Blase auf. Vor dem Verbinden hatte ihn die Schwester gefragt, woher die Verbrennung komme.
»Hab einen heißen Motor angefasst«, hatte er erklärt.
»Passt.«
Rebus hatte hingeschaut und gesehen, was sie meinte: Ein Teil der Seriennummer des Motors hatte sich ihm ins Fleisch gebrannt.
Endlich ließ sich der Arzt blicken. In dieser Nacht war einiges los. Rebus kannte den Arzt. Er hieß George Klasser und war Pole oder so was Ähnliches, oder zumindest seine Eltern waren es. Rebus hatte immer gedacht, Klasser stehe ein bisschen zu weit oben in der Krankenhaushierarchie, um Nachtdienst zu schieben, aber da war er.
»Ganz schön kalt draußen, wie?«, meinte Dr. Klasser.
»Machen Sie Witze?«
»Nur ein bisschen Konversation, John. Wie fühlen Sie sich?«
»Ich glaube, ich krieg Zahnschmerzen.«
»Sonst noch was?« Dr. Klasser murkste mit seinem Handwerkszeug herum: Stableuchte und Stethoskop, Klemmbrett und kaputtem Kuli. Schließlich war er so weit, dass er seinen Patienten untersuchen konnte. Rebus leistete nicht allzu viel Widerstand. Er dachte ans Trinken: an die sahnige Schaumkrone auf einem großen Stout. An den wärmenden Duft, der aus einem Glas Malt aufstieg.
»Wie geht’s meinem Chief Inspector?«, fragte Rebus, als die Krankenschwester zurückkam.
»Er wird gerade geröntgt«, antwortete sie.
»Verfolgungsjagden in Ihrem Alter!«, brummelte Dr. Klasser. »Kommt alles vom Fernsehen.«
Als Rebus ihn ausführlich musterte, wurde ihm bewusst, dass er den Mann noch nie richtig angeschaut hatte. Klasser war Anfang vierzig, hatte stahlgraues Haar und ein vorzeitig gealtertes Gesicht. Sah man von ihm nur Kopf und Schultern, hätte man ihn für größer gehalten, als er tatsächlich war. Er wirkte sehr distinguiert, weswegen Rebus ihn wohl für einen Oberarzt oder was in der Richtung gehalten hatte.
»Ich dachte, nur Kalfakter und Grünschnäbel arbeiteten nachts«, kommentierte er, während ihm Dr. Klasser mit seiner Lampe in die Augen leuchtete.
Klasser legte das Lämpchen beiseite und fing an, Rebus den Rücken zu kneten, mit Handgriffen, als plusterte er ein Kissen auf.
»Tut’s hier irgendwo weh?«
»Nein.«
»Und hier?«
»Nicht mehr als sonst.«
»Hmmm … Um auf Ihre Frage zurückzukommen, John: Offenbar arbeiten Sie nachts. Weist Sie das als Kalfakter oder als Grünschnabel aus?«
»Das tut weh.«
Dr. Klasser lächelte.
»Also«, sagte Rebus, während er vorsichtig wieder in sein Hemd schlüpfte, »was hab ich?«
Klasser fand einen funktionierenden Stift und kritzelte etwas auf sein Klemmbrett. »Nach meiner Schätzung noch ein, vielleicht zwei Jahre zu leben.«
Die zwei Männer starrten sich gegenseitig an. Rebus wusste ganz genau, wovon der Arzt redete.
»Ich mein’s ernst, John. Sie rauchen, Sie saufen wie ein Loch, und Sie bewegen sich nicht. Seit Patience aufgehört hat, Sie zu bekochen, ist Ihre Ernährung die reine Katastrophe. Tonnenweise Kohlenhydrate, gesättigte Fettsäuren …«
Rebus schaltete ab. Er wusste selbst, dass er seit einiger Zeit ein Alkoholproblem hatte, und zwar gerade weil er es gelernt hatte, sich zusammenzunehmen. Die Folge war, dass nur wenige merkten, dass er ein Problem hatte. Er war im Dienst immer gut gekleidet und ging während der Mittagspause sogar manchmal ins Fitness-Center. Er aß, was es gerade gab, und vielleicht zu reichlich, und ja, er rauchte wieder. Aber schließlich war niemand vollkommen.
»Eine Besorgnis erregende Prognose, Doktor.« Er knöpfte sich das Hemd zu und fing an, es sich in die Hose zu stopfen, überlegte es sich dann aber anders. Es war ihm angenehmer, das Hemd über der Hose zu tragen. Noch angenehmer wäre es gewesen, die Hose aufgeknöpft zu tragen. »Und um das zu erkennen, brauchen Sie nur meinen Rücken abzutasten?«
Dr. Klasser lächelte wieder. »So etwas können Sie vor einem Arzt nicht geheim halten, John.«
Er schlüpfte behutsam in sein Jackett. »Gut«, sagte er, »sehen wir uns dann später im Pub?«
»Ich bin gegen sechs da.«
»Gut.«
Rebus verließ das Krankenhaus und atmete tief durch.
Es war halb drei, die kälteste und dunkelste Zeit der Nacht. Er spielte mit dem Gedanken, bei Lauderdale vorbeizuschauen, aber er wusste, dass das bis zum Morgen warten konnte. Seine Wohnung lag direkt auf der anderen Seite der Meadows, aber auf den Weg hatte er momentan keine gesteigerte Lust. Der Schneeregen hatte nicht aufgehört und ging allmählich in richtigen Schnee über, und der Wind schnitt einem ins Fleisch.
Dann ertönte eine Hupe: Rebus erkannte einen kirschroten Renault 5 und darin D.C. Siobhan Clarke; sie winkte ihm zu. Er schwebte beinahe zum Auto.
»Was machen Sie denn hier?«
»Ich hab davon gehört.«
»Wie das?« Er öffnete die Beifahrertür.
»Ich war neugierig. Ich hatte dienstfrei, aber ich hab beim Revier angerufen, nur um zu hören, wie die Geldübergabe abgelaufen war. Als ich vom Unfall hörte, hab ich mich angezogen und bin hergefahren.«
»Jedenfalls ist Ihr Anblick Balsam für meine Zähne.«
»Zähne?«
Rebus rieb sich den Unterkiefer. »Klingt verrückt, aber ich glaube, ich hab von diesem Schlag Zahnschmerzen gekriegt.«
Sie ließ den Motor an. Im Auto war es warm und gemütlich. Rebus spürte, dass er sofort schläfrig wurde.
»Also eine mittlere Katastrophe?«, sagte sie.
»Eine mittlere, ja.« Sie verließen das Krankenhausgelände und bogen nach links ab, Richtung Tollcross.
»Wie geht’s dem C. I.?«
»Ich weiß nicht. Er wird geröntgt. Wo fahren wir hin?«
»Ich bring Sie nach Haus.«
»Ich sollte mich zurückmelden.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab angerufen. Vor morgen früh werden Sie nicht benötigt.«
Rebus entspannte sich ein wenig mehr. Vielleicht fingen die Schmerztabletten ja an zu wirken. »Wann ist die Leichenschau?«
»Halb zehn.« Sie durchquerten gerade den Lauriston Place.
»Da hinten gab’s eine Abkürzung, die Sie hätten nehmen können«, meinte Rebus.
»Das war eine Einbahnstraße.«
»Schon, aber zu dieser Uhrzeit fährt da niemand durch.« Ihm wurde bewusst, was er gesagt hatte. »Herrgott«, flüsterte er und rieb sich die Augen.
»Also, was war’s?«, fragte Siobhan Clarke. »Ich meine, war’s ein Unfall, oder versuchten sie zu entkommen?«
»Weder noch«, erwiderte Rebus leise. »Wenn ich darauf wetten müsste, würde ich Selbstmord sagen.«
Sie sah ihn an. »Alle beide?«
Er zuckte die Achseln, dann schüttelte es ihn.
Am Tollcross warteten sie schweigend, bis die Ampel auf Grün schaltete. Ein paar Betrunkene waren, gegen den Wind ankämpfend, auf dem Weg nach Haus.
»Schauderhafte Nacht«, bemerkte Clarke, als sie wieder anfuhr. Rebus nickte, ohne etwas zu sagen. »Werden Sie bei der Leichenschau dabei sein?«
»Ja.«
»Kann nicht behaupten, dass ich Sie darum beneide.«
»Wissen wir schon, wer sie waren?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Ich vergess dauernd, dass Sie dienstfrei haben.«
»Stimmt, ich habe dienstfrei.«
»Was ist mit dem Wagen, haben wir den identifiziert?«
Sie wandte sich zu ihm und lachte. Es klang merkwürdig in seinen Ohren, hier in diesem stickigen, überheizten Auto, zu dieser späten Stunde und nach all dem, was passiert war. Plötzliches Lachen, das seltsamste Geräusch, das man sich vorstellen kann. Er rieb sich den Unterkiefer und steckte sich einen prüfenden Finger in den Mund. Der Zahn, den er berührte, schien durchaus noch fest zu sitzen.
Dann sah er Füße, die plötzlich unter zwei jungen Körpern weggefegt wurden, während die Körper hintenüber ins Leere fielen und verschwanden. Sie hatten nicht einen Ton von sich gegeben. Kein Unfall, kein Fluchtversuch; etwas Fatalistisches, etwas zwischen ihnen Vereinbartes.
»Kalt?«
»Nein«, sagte er, »mir ist nicht kalt.«
Sie blinkte, um vom Melville Drive abzubiegen. Auf der linken Seite war das Wenige, was er von den Meadows ausmachen konnte, mit einer Schicht Neuschnee bedeckt. Rechts lag Marchmont und dort Rebus’ Wohnung.
»Sie war nicht im Wagen«, sagte er tonlos.
»Es hätte ja schließlich sein können«, sagte Siobhan Clarke. »Wir wissen nicht mal, ob sie wirklich verschwunden ist, nicht mit Sicherheit.«
»Nein«, pflichtete er ihr bei, »das wissen wir nicht.«
»Bloß zwei doofe Jungen.« Sie hatte den Ausdruck in Edinburgh aufgeschnappt, aber mit ihrem englischen Akzent ausgesprochen klang er etwas komisch. Rebus lächelte in die Dunkelheit.
Und dann waren sie da.
Sie setzte ihn vor der Haustür ab und lehnte einen halbherzig angebotenen Kaffee ab. Rebus wollte nicht, dass sie die Müllkippe sah, die er sein Zuhause nannte. Die Studenten waren im Oktober ausgezogen und hatten eine Wohnung zurückgelassen, die ihm nicht mehr so richtig gehörte. Etliche Dinge stimmten nicht ganz, waren nicht mehr so, wie er sie in Erinnerung hatte. Ein Teil seines Bestecks fehlte und war durch Sachen ersetzt worden, die er noch nie gesehen hatte. Mit dem Geschirr war es das Gleiche. Als er bei Patience ausgezogen und hierher zurückgekehrt war, hatte er seine Sachen in Kartons mitgenommen. Die meisten davon standen noch immer unausgepackt im Flur.
Erschöpft stieg er die Treppe hinauf, schloss die Tür auf und ging an den Kartons vorbei geradewegs ins Wohnzimmer und zu seinem Sessel.
Sein Sessel war noch weitgehend der Alte. Er hatte sich rasch wieder Rebus’ Körperformen angepasst. Er setzte sich, stand dann wieder auf und fasste den Heizkörper an. Das Ding war lauwarm und gab furchtbare Geräusche von sich. Er hätte einen besonderen Schlüssel gebraucht, irgendein Werkzeug, um das Ventil zu öffnen und die Soße rauslaufen zu lassen. Let it bleed. Mit den übrigen Heizkörpern war es genauso.
Er brühte sich was Heißes auf, schob eine Kassette in das Abspielgerät und holte die Steppdecke aus dem Schlafzimmer. Bevor er sich wieder im Sessel niederließ, zog er ein paar Sachen aus; dann deckte er sich mit der Steppdecke zu, griff nach unten, schraubte die Flasche Macallan auf und goss sich etwas davon in den Kaffee. Er trank die Hälfte des Bechers und goss dann mehr Whisky nach.
Er hörte Motorengeräusche und sich verbiegendes Metall und den heulenden Wind. Er sah Füße, die Sohlen billiger Turnschuhe, etwas wie ein Lächeln auf den Lippen eines blonden Teenagers. Aber dann wurde das Lächeln zu Dunkelheit, und alles verschwand.
Irgendwann schlief er, die Arme um den Körper geschlungen, ein.