Wie kommt die Katze
in den Sack und was
weiß der Kuckuck davon?
Tierische Redewendungen
und ihre Bedeutung
Wilhelm Heyne Verlag
München
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in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
ISBN: 978-3-641-05361-1
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Die allgemein bekannten Redewendungen erweisen sich in der Regel als sehr hilfreich, um seine Gedanken mit einem Satz treffend zu illustrieren. Auf diese Weise kann man sich mit wenigen Worten verständlich machen. Dass in diesen Redewendungen häufig das Verhalten der Tiere als Vergleich benutzt wird, ist kein Zufall. Seit Tausenden von Jahren lebt der Mensch von und vor allem mit Tieren. Kein Wunder, dass sich die gemeinsame Entwicklungsgeschichte auch in der Umgangssprache widerspiegelt. Um positive oder negative Eigenschaften eines Menschen anschaulich zu beschreiben, verweisen wir gerne auf das Tierreich. So sind im Lauf der Jahrhunderte eine Vielzahl von »tierischen« Begriffen und Redewendungen entstanden. Sie beziehen sich häufig auf den unverwüstlichen Volksmund, der verlorenes Wissen über das Wesen oder Verhalten bestimmter Tiere konserviert hat. Ob die Vergleiche biologisch immer zutreffend sind, kann in der Regel vom heutigen Stadtmenschen oft gar nicht mehr geprüft werden.
Vor allem in Fabeln haben Tiere menschliche Eigenschaften, die sich in fast allen Erzählungen gleichen. Der Fuchs ist beinahe immer schlau, die Eule weise, die Gans dumm, der Löwe mutig. Auch in der Bibel, im Volksglauben und im Märchen werden Tieren bestimmte Charaktereigenschaften unterstellt. So hält man den Wolf auch heute noch für böse und verschlagen, wie im Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein, vom Rotkäppchen, oder wie im biblischen Vergleich vom Wolf im Schafspelz. Schließlich gibt es noch einige Bezeichnungen wie Drachensaat oder Chimäre, in denen die mythische Verbindung von Mensch und Tier deutlich wird.
Die Auswahl der »tierischen« Redewendungen und Wörter beschränkt sich auf allgemein bekannte, gebräuchliche und doch meistens rätselhafte Formulierungen, deren Herkunft nicht jeder kennt und deren tiefere Bedeutung sich meist erst auf den zweiten Blick zeigt: Wer die Sau rauslässt und dann einen Kater hat, dem helfen keine Krokodilstränen. Ob allerdings der Kuckuck wirklich weiß, wie die Katze in den Sack kommt, wird in kurzweiligen Geschichten erklärt.
Eine alte Sage berichtet, es hätte einmal einen Schmied gegeben, der für seine Arbeit partout keinen festen Preis verlangen mochte. Er wollte es stets seinen Kunden überlassen, zu entscheiden, was ihnen seine Arbeit wert war. Das war zwar sozial gedacht, aber es funktionierte nicht. Die meisten Kunden sollen einfach die Ware entgegengenommen haben und statt einen selbst bestimmten angemessenen Betrag zu bezahlen, die Schmiede nur mit einem einfachen »Dankeschön« verlassen haben. So schnöde um seinen Lohn betrogen, fasste der Schmied einen Entschluss. Er band kurzerhand seine wohlgenährte Katze in der Werkstatt an, und bei jedem knauserigen »Dankeschön« eines Kunden sagte er zu dem Tier: »Katz, das war für dich, und gehört dir jetzt auch!« Doch da sich selbst vom freundlichsten Danksagen allein nicht einmal eine Katze ernähren kann, wurde sie immer magerer und war eines Tages verhungert. Um nicht noch mehr Leid zu provozieren, beschloss der Schmied, es von nun an genauso zu machen wie die anderen Handwerker, und verlangte jetzt von den Kunden stets einen festen Preis.
Die Geschichte vom Schmied und seiner verhungerten Katze gehört zur Fabelsammlung Esopus des Dramatikers Burkard Waldis. Diese entstand vor fast 500 Jahren. Doch heute noch heißt es, wenn sich jemand viel Aufwand und Mühe gemacht hat, um etwas auf adäquate und anständige Weise zu erledigen, dann aber feststellen muss, dass er sich die ganze Arbeit hätte sparen können: Das war dann wohl »alles für die Katz«.
Im Mittelalter waren abendliche Tischrunden oft reine Männersache, und es herrschten dabei meistens auch ziemlich raue Sitten. Aufgetischt wurde reichlich: neben Gänsen und Hühnern auch gebratene Pfauen, Schwäne und Fasane. Im Allgemeinen zählte die Masse, nicht die Qualität. Als Teller dienten aufgeschnittene Brotlaibe, gegessen wurde mit den Fingern, und abgenagte Knochen sowie sonstige Essensreste landeten meist unter dem Tisch. Dort lauerten dann oft schon einige Katzen, die sich über die Bereicherung ihres sonst so eintönigen Mäuse-Menüs freuten.
Oben tafelten also die Herrschaften, aber auch der Fußboden war oft ein reich gedeckter Katzentisch. Später soll es dann der französische Hochadel als besonders vornehm angesehen haben, den inzwischen »hochwohlgeborenen« Katzen ihr Katzenmenü auf ganz speziellen niedrigen Tischchen zu servieren. Die Vorstellung, dass sich Miez und Mauz gut erzogen zum Fressen am Katzentisch auf ihre kleinen Katzenstühlchen gesetzt haben, findet man heute vielleicht recht putzig, aber dennoch eher abartig. Im Französischen gibt es den Begriff »Katzentisch« allerdings gar nicht, denn auch in Frankreich sitzen Katzen meist unter oder unerlaubterweise vielleicht auch mal auf dem Tisch.
Es gab und gibt sie aber dennoch, die sogenannten Katzentische, auch wenn sie eigentlich nicht zur normal üblichen Tischordnung gehören. Vielmehr sind es die etwas abseits der großen hochherrschaftlichen Tafelrunde platzierten Tische, an denen die weniger noblen Gäste oder auch die Bediensteten unter sich blieben, die man heute im übertragenen Sinn als Katzentische bezeichnet. Doch auch die Extratische für die Kinder werden scherzhaft Katzentische genannt. Manchmal wird über eine Person, die gesellschaftlich ins Abseits geraten ist, ausgesprochen gehässig behauptet, sie sei jetzt endgültig am »Katzentisch« gelandet.
Geld an sich, aber auch die verschiedenen Münzen und Scheine sind in der deutschen Sprache unter den unterschiedlichsten Bezeichnungen und Namen bekannt: Geld, Zaster, Moneten, Kohle, Cash, Moos oder auch Mäuse. Viele dieser Bezeichnungen sind von Begriffen aus anderen Sprachen abgeleitet, auch aus dem Rotwelschen, also dem Idiom des fahrenden Volks, bei dem es beispielsweise auch ums Geld ging, wenn von »Mous« geredet wurde. Im Jiddischen spricht man von »moo«, was so viel wie Pfennig bedeutet.
Wer nun aber keinen »Sack voller Mäuse« hat und vielleicht sogar Not leiden muss, von dem heißt es, er sei »arm wie eine Kirchenmaus«. Bei diesen mittellosen Verwandten der Geldmäuse handelt es sich tatsächlich um echte graue Nager. Denn da in den Kirchen keine Vorräte gelagert werden und die heiligen Oblaten meist knabbersicher weggeschlossen sind, hatten und haben die Kirchenmäuse also schlechte Karten. Aber da es in Gottes Räumen, zumindest offiziell, selten Katzen gibt, hat wohl ab und zu eine Mäusefamilie in den geweihten Räumen Asyl gefunden. Überliefert ist die Geschichte von einer Mäusefamilie, die sich im Salzburger Oberndorf in einer Orgel eingenistet hatte und dem ohnehin schon schadhaften, aber offenbar recht nahrhaften Instrument den Rest gegeben hatte. Nun war aber der weihnachtliche Gottesdienst ohne die beliebte musikalische Begleitung für den dortigen Pfarrer völlig undenkbar. Deshalb schrieb er schnell einen einfachen Liedtext, zu dem der Lehrer Gruber dann ebenso schnell eine Gitarrenbegleitung komponierte. Keiner von beiden hätte sich auch nur im Traum einfallen lassen, dass dieses Lied zu einem Riesenhit werden sollte! Auch heute wird es an Weihnachten weltweit gesungen, dieses andächtige »Stille Nacht, heilige Nacht«. Es ist nicht zu leugnen, dass ausgerechnet die armen hungrigen Kirchenmäuse einen wesentlichen Anteil an der Entstehung eines unserer beliebtesten Weihnachtslieder hatten.
In Mitteleuropa ist der Hund in vielen Funktionen, vom Wachhund über den Blindenhund, den Lawinenhund und den Hofhund bis zum Polizeihund, dem Menschen so sehr ans Herz gewachsen, dass er häufig stark vermenschlicht und idealisiert wird. Dennoch ist auch die Liste der Schimpfnamen ziemlich lang, bei denen Hunde eine Rolle spielen. Da gibt es beispielsweise den Schweinehund, den Lumpen- und auch den Höllenhund. Diese hündischen Abwertungen sind hauptsächlich durch die Begegnung mit den islamischen Völkern Arabiens und der Türkei in unserer Kultur aufgetaucht. Im Orient galten alle Arten von Hunden von jeher als unrein und minderwertig. Sie fristeten ihr Dasein häufig als Straßenköter, und ihnen wurde vieles zugeordnet, was man ganz generell als böse und schändlich bezeichnete. Im Laufe der Zeit tauchte dann der Hund auch in den Alltagssprachen des Abendlandes immer häufiger in Redensarten auf, die ihm eher Negatives nachsagten.
Wer aber heute als Pudelfriseur, Zoohändler oder Tierbestatter sozusagen »auf den Hund gekommen ist«, übt im Allgemeinen einen Beruf aus, der durchaus Ansehen und Erfolg verspricht. Andererseits bedeutet die Bemerkung, jemand sei nun endgültig »auf den Hund gekommen«, dass er wirtschaftlich gesehen total ruiniert ist. Am Boden alter Getreide- oder Geldkästen finden sich merkwürdigerweise oft Hundebilder, die wohl symbolisch einen Wachhund darstellen sollen. So lange die Truhe mit Getreide, Gold- oder Silbermünzen gefüllt ist, bleibt das Hundebild verborgen. Wenn sich aber eine solche »Schatztruhe« allmählich leerte und der Inhalt entnommen war, hatte man meist wirklich alles verloren, war verarmt und am Ende angekommen. Selbst der getreue Wachhund hatte da nicht geholfen, sondern er war, wenn man ihn zu Gesicht bekam, geradezu das Sinnbild des Bankrotts. Und so hieß es, und heißt es noch heute, wenn jemand einst wohlhabend und erfolgreich gewesen ist, aber schließlich total verarmt und verlottert, er sei völlig »auf den Hund gekommen«.
Am nächtlichen Sternenhimmel hatte im späten 17. Jahrhundert der Danziger Astronom Johannes Hevelius ein Sternbild entdeckt, das wir heute als Luchs bezeichnen. Der Name bezieht sich nicht auf die Konstellation der Sterne, sondern darauf, dass man unbedingt die sprichwörtlichen Luchsaugen braucht, um die ausgesprochen lichtschwachen Sterne überhaupt erkennen zu können.
Der Luchs ist die einzige Großkatze, die in Europa noch in freier Wildbahn überlebt hat. Und die wachsamen und besonders scharfen Augen dieses Tiers faszinieren die Menschen nach wie vor. Ähnlich wie beim Falken und beim Adler wurde der durchdringende Blick des Luchses hoch geschätzt und ursprünglich mit dem göttlichen Prinzip ewiger Wachsamkeit gleichgesetzt. Luchsaugen hatten angeblich sogar die Fähigkeit, durch Wände hindurch und hinter die Dinge zu sehen. Ja, es wurde behauptet, sie könnten auch über die Zeiten hinweg in die Zukunft blicken.
Es stimmt tatsächlich, dass Luchse besser sehen können als viele andere Lebewesen, vor allem in der Dämmerung und im Dunkeln. Ihre Augen sind sechsmal lichtempfindlicher als die des Menschen, und schon aus 75 Metern Entfernung kann die Wildkatze eine kleine Maus erspähen. Doch selbst diese Fähigkeit konnte den Luchs bisher nicht davor bewahren, mehr und mehr ausgerottet zu werden. Daher wird wohl bald nur noch im übertragenen Sinn, und dann nicht gerade begeistert von »Luchsaugen« die Rede sein. Wenn es nämlich heißt, jemand hätte »Augen wie ein Luchs«, dann ist das meist keineswegs positiv gemeint. Man spricht damit eher die neugierigen, manchmal gar neidischen Blicke an, mit denen manche Menschen die Geheimnisse anderer ausspähen, um ihnen dann etwas abzuluchsen, also ihnen mit heimtückischer Schläue etwas Wertvolles wegzunehmen.
Schon ein Wahlspruch des antiken Satirikers Lukian aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert lautete: »Elephantum ex musca facis.« Das hieß, man solle aus einer Mücke keinen Elefanten machen. Und diese Redewendung tauchte nicht nur bei den alten Griechen, sondern auch später bei Erasmus von Rotterdam und Johannes Eck auf. Eigentlich eine Binsenweisheit, denn schon die Vorstellung, dass aus einer winzigen Mücke einmal ein riesiger Elefant werden könnte, zeigt die Absurdität des Ganzen.
Mit dieser Redewendung, die Bezug auf den Größenunterschied der beiden Lebewesen nimmt, soll gezeigt werden, wie unbrauchbar es ist, Dinge unnötig oder maßlos zu übertreiben. Schildert nämlich jemand den kleinsten Vorfall so umfangreich und ausführlich, dass man glauben könnte, die ganze Welt sei dadurch in Gefahr, dann empfiehlt man ihm augenzwinkernd, dass er sich nicht lächerlich machen soll, indem man sagt: »Mach doch nicht gleich aus jeder Mücke einen Elefanten!«
Beifang ist im Fischereigewerbe zu einem festen Begriff geworden, obwohl er wahrscheinlich erst im 20. Jahrhundert aufgekommen ist. Unter Beifang versteht man alle Arten von Fischen, die für eine Vermarktung entweder zu klein sind oder zu vereinzelt vorkommen und deswegen einfach ins Wasser zurückgeworfen werden. Der Anteil der Rückwürfe kann heute manchmal bis zu 70 Prozent des gesamten Fangs betragen. Früher wurden diese von den Fischern und Anglern aussortierten Fischchen merkwürdigerweise »Backfische« genannt. Man nimmt an, dass diese Bezeichnung mit dem englischen Wort für »zurück« zusammenhing, denn das heißt bekanntermaßen »back«. Manchmal aber wurden diese Fischchen auch zum Eigenverbrauch mit nach Hause genommen. In Teig getaucht und in der Pfanne ausgebacken, sind sie dann häufig als »Backfisch« auf dem heimischen Tisch serviert worden.
Als sich jedoch im späten 19. Jahrhundert auch im allgemeinen Sprachgebrauch die Bezeichnung »Backfisch« etablierte, hatte das nichts mehr mit dem sogenannten Beifang zu tun. Im Gegensatz zu den bedauernswerten Jungfischen, wurde der jetzt gemeinte Backfisch weder paniert noch in der Pfanne gebraten. Vielmehr waren damit junge Mädchen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren gemeint, denn die waren genauso wenig ausgereift, wie die Backfische aus den Gewässern. Es gab sogar einige neckische Sprüche zu diesem Thema: »Mit 13 Jahren und zwei Wochen ist der Backfisch ausgekrochen«, oder auch: »Mit 17 Jahren, zehn Sekunden, da ist der Backfisch schon verschwunden.« Das bezog sich dann vor allem auf junge Mädchen in ihrer schwärmerischen frühreifen Zeit des Heranwachsens.
Ob es wirklich diese ins Wasser zurückgeworfenen Fische gewesen sind, nach denen die menschlichen Backfische benannt wurden, ist nicht mehr wirklich herauszufinden. Es könnte sich auch um eine Verballhornung des akademischen Grads »baccalaureus« handeln. Der soll bereits um das Jahr 1550 als neckisch gemeinte Bezeichnung für männliche Studienanfänger aufgekommen sein. Wenig später aber waren es dann die ständig kichernden, halbwüchsigen Mädchen, die man, wie auch heute manchmal noch, als typische Backfische bezeichnet hat.
Schon vor Jahrtausenden sind sie in fast allen Erdteilen aufgetaucht, die verschiedensten Vertreter der Familie der Canidae, also der Hundeartigen. Daher kann man davon ausgehen, dass sich auch ihre Domestizierung nicht nur an bestimmten Orten der Erde vollzog. Viele Erklärungsversuche, wann und warum der Wolf zum Haushund wurde, sind schon diskutiert worden, wobei laut einer Gen-Untersuchung aus dem Jahre 1997 ziemlich genau feststeht, dass das schon vor mehr als 100 000 Jahren stattgefunden hat.
Wie die ersten Hunde ausgesehen haben ist schwer zu sagen, da zwar diverse Knochenfragmente gefunden wurden, Haar- und Fellreste jedoch nur selten erhalten geblieben sind. Welche Farbe das Fell der Hunde ursprünglich hatte, wissen wir heute nicht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es eher einfarbig war. Inzwischen gibt es eine fast unendliche Farbvielfalt bei den Hunden: von Weiß und Wolfsgrau bis zu verschiedenen Rottönen; von Kastanienrot bis Semmelgelb, Schokoladenbraun und Silbergrau bis zum schwarz gepunkteten Dalmatiner sind alle möglichen Töne in verschiedenen Kombination zu sehen. Die Züchter haben die Hundearten, die mehrfarbig und dadurch besonders auffällig sind, irgendwann tatsächlich »bunte Hunde« genannt. Sie fallen auf, und jedermann erkennt sie jederzeit und überall.
Dadurch entstand im Lauf der Zeit eine auf den Menschen bezogene Redewendung. Bei den sprichwörtlich »bunten Hunden« handelt es sich heutzutage nicht mehr um Vierbeiner, sondern um Menschen, die einen hohen, allerdings nicht immer und unbedingt erstrebenswerten Bekanntheitsgrad erreicht haben.
Das Rindvieh kam schon in römischer Zeit in Redewendungen und Redensarten vor, wie beispielsweise in der lateinischen Wendung: »Quod licet Jovi, non licet bovi«, die besagt: »Was Jupiter erlaubt ist, ist noch lange nicht einem Ochsen gestattet.« Jupiter war das römische Pendant zum griechischen Gott Zeus, der sich bekanntlich hin und wieder als Stier verkleidete, um eine kleine Nymphe zu betören. Wenn wir heute mit einem »Bullen« zu tun haben, dann handelt es sich meist weder um den verkleideten Göttervater Zeus noch um irgendein Tier, sondern um einen Polizisten. Doch hinter dieser neudeutschen Bezeichnung für den Ordnungshüter verbirgt sich keineswegs ein Rindvieh.
Der Schimpfname Bulle ist höchstwahrscheinlich hergeleitet von dem althochdeutschen Wort »bulla«, was so viel wie »Verordnung« oder »Sendschreiben« bedeutet. Die Päpste des Mittelalters sandten des Öfteren derartige Bullen über die Alpen, manchmal mit durchaus einschneidenden Folgen, wie dem Gang nach Canossa, den König Heinrich IV. unternahm, um dadurch die Aufhebung des Kirchenbanns durch Papst Gregor VII. zu erreichen.
Einige Sprachwissenschaftler führen die Bezeichnung Bulle für einen Polizisten allerdings eher auf die altdeutschen Begriffe »Bohler« und »Puller« zurück. Im 18. Jahrhundert gab es schon bestimmte Aufpasser, die als Vorläufer der heutigen Polizisten gelten können und die »Landpuller« oder »Bohler« genannt wurden. Das aus dem Niederländischen stammende »bol« bedeutet so viel wie »kluger Kopf«, und das wurde wohl ganz allgemein auf kluge Menschen übertragen. Die Bezeichnung war also ausgesprochen positiv gemeint. Seit wann dann Bulle als Beleidigung verstanden wurde, bleibt im Dunkel der Historie verborgen. Sicher ist jedoch, dass während der studentischen Unruhen in den 1960er Jahren die Demonstranten die Ordnungshüter mit dem Ausdruck Bulle absichtlich reizen wollten, möglicherweise, um die Polizisten als angriffslustige Rindviecher darzustellen.
Man sollte sich auch heute noch genau überlegen, ob man Polizeibeamte als Bullen bezeichnet oder gar beschimpft. Vor manchen deutschen Gerichten gilt der Begriff nach wie vor als Beleidigung und wird mit Geldstrafen belegt. Immerhin hat sich die Situation inzwischen ganz allgemein entspannt. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter vergibt sogar jedes Jahr eine Auszeichnung an diejenigen Frauen und Männer des öffentlichen Lebens, die sich um die Sicherheit des Landes verdient gemacht haben, den Bul le mérite. Diese Auszeichnung geht auf den früheren Verdienstorden Preußens Pour le mérite zurück und wurde verballhornt mit der volkstümlichen Bezeichnung Bulle für einen Polizeibeamten. So wurde aus dem höchst seriösen Orden Pour le mérite – der Bullenorden.
Gertrud von Nivelles, die Äbtissin des Klosters von Nivelles in Belgien, lebte im frühen Mittelalter. Sie war gebildet, fromm und selbstverständlich von tadellosem Charakter, weswegen sie schließlich auch heiliggesprochen wurde. Sie wurde zur Schutzpatronin der Pilger, der Reisenden und der Gärtner, aber auch ganz allgemein der Armen, der Witwen und Waisen und merkwürdigerweise auch der Stadt Wattenscheid. Die heilige Gertrud ist aber darüber hinaus auch als fachkundige Hilfe bei Mäuse- oder Rattenplagen bekannt. Der Legende nach wurde sie einst beim Spinnen von einer Maus geärgert, die ihr mehrmals den Faden abbiss. Irgendwie scheint sie aber die Mäuse gemocht zu haben, denn auf Abbildungen ist die heilige Gertrud meist mit einer oder mehreren Mäusen abgebildet, die an ihrer Spindel hinaufklettern.
Kein Wunder, dass auch der 17. März, der Gedenktag der Heiligen, mit Mäusen zu tun hat. Der Tag war stets ein wichtiger Termin im bäuerlichen Kalender, denn mit Beginn des Frühjahrs mussten ja die Felder bestellt werden. Die typischen Winterarbeiten wurden jetzt eingestellt, wer aber dennoch die Spindel nicht aus der Hand legte, dem erging es wie der heiligen Gertrud: Mäuse kletterten am Spinnrocken empor, bissen den Faden ab und machten so mit den winterlichen Handarbeiten Schluss. Wer sich an die Regeln hielt und den Flachs rechtzeitig in den Schrank sperrte, der konnte sicher sein, dass ihm die Maus keinen Faden abbiss.
Eine andere Erklärung für die Redewendung besagt, dass eine Mausefalle so konstruiert war, dass die Maus gar nicht an den Köder herankam, ohne den Faden abzubeißen. Wenn die Maus aber an dem Faden zu knabbern begann, fiel eine Klappe zu und die Maus war gefangen. Eine andere, etwas weit hergeholte Variante leitet die Redensart vor einer etwas vollmundigen Versicherung eines Schneiders ab, der behauptet haben soll, das ein von einem Kunden gelieferter Stoff bei ihm so gut aufgehoben sei, dass nicht einmal eine Maus einen Faden davon abbeißen könnte.
Schließlich gibt es auch noch eine Herleitung aus einer Fabel des griechischen Dichters Aesop, die schon aus dem 6. Jahrhundert vor Christus stammt. Die Fabel »Der Löwe und das Mäuschen« erzählt von einem einst von einem Löwen verschonten dankbaren Mäuschen, das den König der Tiere aus einem Netz, in dem er gefangen war, befreit. Sie knabberte und nagte an den Knoten, bis der Löwe schließlich in der Lage war, das Netz mit seinen Tatzen zu zerreißen und sich dadurch selbst zu befreien. In diesem Fall müsste es allerdings heißen, »da beißt die Maus den Faden ab«.
Katzentiere, die sich bekanntermaßen oft ausgiebig putzen, verblüffen uns dabei nicht zuletzt mit ihrer Ausdauer und vor allem auch mit ihrer gelenkigen Geschmeidigkeit, die ja sogar sprichwörtlich geworden ist. Allerdings bezieht sich die Redensart »Da beißt sich die Katze in den Schwanz« nicht speziell auf die possierlichen Verrenkungen der Miezekatzen – auch wenn diese einem ziemlich akrobatisch vorkommen und einem dadurch etwas suspekt sind. Wenn sich eine Katze dazu auch noch ausgesprochen wild gebärdet und alles versucht, um sich in den eigenen Schwanz zu beißen und sich daher um die eigene Achse dreht, dann kann man sich schon vorstellen, weshalb das unsere oft abergläubischen Vorfahren ziemlich erschreckte.
Da sich das Fell der Katze manchmal elektromagnetisch auflädt, es sich dann sträubt und mitunter gar knistert und Katzenaugen im Dunkeln zudem auch noch leuchten, waren die Schleichtiere manchen Menschen generell ziemlich unheimlich. Im Alltag galten Katzen zwar als zutrauliche Spielgefährten und waren ganz allgemein gern gesehen, aber ihr Wert wurde früher vor allem daran gemessen, wie tüchtig sie beim Mäusefang waren. Allerdings galten Katzenfelle schon immer als äußerst hilfreich bei Rheuma und Gelenkproblemen, und in die volkstümliche Medizin war auch das Katzenfett auf die eine oder andere Weise einbezogen. Nur Katzenfleisch sollte man auf keinen Fall essen, denn es wurde behauptet, dass man davon wahnsinnig werden konnte.
Aus christlicher Sicht wurden Katzen schon immer eher argwöhnisch betrachtet, denn insgesamt galten die verschmusten Tiere als Verkörperung des Bösen und wurden oft gar als der personifizierte Teufel angesehen. Auch die Ähnlichkeit der Bezeichnungen »Katze« und »Ketzer« erschreckte die Menschen, und so wurden schließlich beide, Ketzer wie Katzen, zu Opfern der Inquisition. Es war also quasi ein Teufelskreis, in den die arme Katze immer wieder geriet. Als geheimnisvolle Teufelskreise galten auch die magischen Kreise bestimmter satanischer Rituale, und wer einmal in solch einen satanischen Zirkel geraten war, konnte sich ihm nur schwer wieder entziehen. Es sei denn, er bekam Hilfe von außen. Noch heute bezeichnen wir deshalb eine schwierige Situation, aus der wir uns allein nur schwer oder gar nicht befreien können, als Teufelskreis.
Und auch die Katze befindet sich scheinbar, wenn sie sich hilflos um die eigene Achse dreht, in einer ähnlich vertrackten Lage. Daher sagt man in bestimmten Situationen, aus denen man sich allein nur schwer oder gar nicht befreien kann, weil sich immer neue Hindernisse auftun, »da beißt sich die Katze in den Schwanz«.
Wer in vorchristlichen Zeiten zu einem Festmahl geladen war, bekam oft allerlei Federvieh serviert, das für den heutigen Gaumen durchaus als exotisch angesehen werden kann. Beliebt waren unter anderem Schwäne, Reiher und Pfauen, aber auch Störche. Im antiken Rom galt der Weißstorch als Delikatesse, und heute noch gehört der Storchenbraten in manchen Gegenden der Welt zu den besonders ausgewählten Gerichten. Zwar kennt man auch bei uns den »Storch im Salat«, dabei handelt es sich jedoch keineswegs um einen Storchenbraten mit Salatbeilage. Nein, die Rede ist hier von jemandem, der mit steifen Beinen recht staksig umherstiefelt, dabei den Kopf etwas indigniert nach oben reckt und ähnlich wie der Storch »über die Wiese schreitet«, wobei er vielleicht auch noch etwas steif vor- und zurückwippt.
Es war jedoch nicht immer so, dass Störche auf der mitteleuropäischen Speisekarte nichts zu suchen hatten. Erst mit der Verbreitung des Christentums wurden sie rigoros aus den Küchen verbannt, da die Speisevorschriften im Alten Testament genau festgelegt hatten, welche Tiere man essen durfte und welche nicht. Allerdings hielten sich die Christen nicht immer und überall an diese Vorschriften. Obwohl auch Schweinebraten nicht erlaubt war, wollten viele Gläubige nicht darauf verzichten. Doch der Storch, der im Dritten Buch Mose recht drastisch als unreines Tier bezeichnet wird, verschwand tatsächlich allmählich von den Tellern.
Es kann aber auch sein, dass dies vielmehr an dem positiven Image lag, das der große Vogel inzwischen bekommen hatte. Er galt auf einmal als großer Glücksbringer, und dementsprechend wollte man es sich auf keinen Fall mit ihm verscherzen. Den Kindern erzählte man gern, dass die Babys vom Storch gebracht würden, und wenn eine Frau schwanger war, hieß es, ihr hätte der Storch ins Bein gebissen. Bei derart abenteuerlichen Behauptungen würden wohl heute sogar kleine Kinder einen Lachanfall bekommen. Aber immerhin war es lange Zeit völlig ausgeschlossen, dass jemand überhaupt daran denken konnte, einen Storch zu schlachten. Und wenn etwas absolut unvorstellbar ist, dann zeigen sogar noch heute manche Leute ihre Verblüffung, indem sie sagen: »Da brat mir doch einer einen Storch!«
In der Heiligen Schrift werden ungefähr 130 Tierarten erwähnt, doch manche der hebräischen Begriffe sind nach heutigem Kenntnisstand nicht mehr zu identifizieren. An Hühnerarten werden das Rebhuhn und die Wachtel genannt, die den Israeliten als Speise in der Wüste dienten. Der Hahn wird in seiner Funktion als Verkünder des frühen Morgens erwähnt.
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