Inhaltsverzeichnis
Erarbeitet von einer christlich-islamischen Arbeitsgruppe im Rahmen des Projekts „Der Humanismus im Zeitalter der Globalisierung“des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen, in Kooperation mit dem Comenius-Institut Münster und dem Institut für Interreligiöse Pädagogik und Didaktik Köln,
herausgegeben im Auftrag der Arbeitsgruppe von Hans Grewel,
Luise Becker und Peter Schreiner.
Weitere Mitglieder der Arbeitsgruppe: Detlev Dormeyer, Christa Georg-Zöller, Tamim Hakimi, Eva Hoffmann, Miyesser Ildem, Lamya Kaddor, Norbert Mette und Rabeya Müller.
Einführung in das Buch
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“So steht es in den großen Menschenrechtserklärungen als ein Ideal, als ein Hoffnungsbild, zu dessen Verwirklichung alle Menschen sowie alle Völker und Staaten aufgerufen werden. Alle sollen sich dafür einsetzen, dass jeder Mensch, unabhängig von den besonderen Bedingungen seiner Lebenssituation, menschlich behandelt und in seiner Würde nicht verletzt wird.
Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. In vielen Ländern werden Menschen geschlagen, gedemütigt, missbraucht, beraubt, ermordet. Oder sie sterben an Krankheiten, gegen die niemand etwas tut. Sie verhungern, weil Kriege, Naturkatastrophen oder verbrecherische Regierungen ihre Länder zerstört und die Landwirtschaft vernichtet haben. Auch in Deutschland kommt es vor, dass Kinder vernachlässigt oder getötet werden, oder dass Schüler oder Schülerinnen ihre eigenen Mitschüler, Mitschülerinnen und Lehrkräfte mit Fäusten und Waffen bedrohen.
Die Herausgeberinnen und Herausgeber dieses Buches sind davon überzeugt, dass im Grunde seines Herzens jeder Mensch weiß, was Menschlichkeit bedeutet und was man einem Menschen nicht antun darf. Dieses Wissen stammt aus eigener erfahrener Menschlichkeit, aus der Zuwendung der Menschen, die für uns da sind. Und es speist sich aus Erinnerung. Es gibt insbesondere in den Überlieferungen der großen Religionen wunderbare Geschichten, beispielhafte Erzählungen, die in einfachen Bildern zeigen, was menschlich ist und wie Menschen miteinander umgehen. Diese Geschichten, die unserem Leben eine unverwechselbare Richtung geben, dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Wir müssen die Erinnerung daran wach halten, sie notfalls neu bekanntmachen. Wir können nicht schweigend zusehen, wie unsere Welt von einem Menschenbild beherrscht wird, in dem Menschlichkeit als ein unbezahlbarer Luxus erscheint. Wir wollen vielmehr dazu ermutigen, jeden Menschen auf die ihm eigene unverlierbare Menschlichkeit hin anzusehen. Wir möchten das Zutrauen zum Menschen und die Hoffnung auf neue Fähigkeiten zur Menschlichkeit nicht aufgeben.
Die Herausgeberinnen und Herausgeber haben aus den Überlieferungen des Christentums und des Islams solche Geschichten herausgesucht, die ihrer Meinung nach nicht vergessen werden dürfen. Diese Erzählungen und Texte drohen nicht mit schrecklichen Bildern von Höllenstrafen und furchtbaren Qualen als Folgen eines sündigen Lebens, sondern sie ermutigen uns, uns einfach auf das von Gott geschenkte Leben in Mitmenschlichkeit einzulassen. Dass wir „nur“mit christlichen und islamischen Erzählungen beginnen, hat vor allem den praktischen Grund, dass wir überhaupt einmal anfangen wollten, solche urbildlichen Geschichten zusammenzustellen. Auch die Überlieferungen der anderen Religionen enthalten solche Texte, die nicht verloren gehen dürfen und die es wert sind, in gleicher Weise zusammengestellt und gemeinschaftlich gelesen zu werden. Vielleicht wird dieses Lesebuch eines Tages einen Nachfolger haben: ein wirklich interreligiöses Lesebuch für alle Menschen. Denn es gibt nur eine Menschheit.
Übrigens sind die erläuternden Beiträge dieses Buches nicht mit den Namen der jeweiligen Verfasserinnen oder Verfasser gekennzeichnet. Wir haben alle Texte gemeinschaftlich besprochen und so lange überarbeitet, bis alle Mitglieder der Projektgruppe zustimmen konnten. Es wäre sehr schön, wenn diese ermutigenden Geschichten gemeinschaftlich von Christen und Muslimen, auch mit Angehörigen anderer Religionen, gelesen werden könnten. Gemeinschaftliche Erinnerung ist der beste Schutz gegen die Verletzungen der Menschlichkeit, gegen die wir protestieren.
Das Buch ist so aufgebaut, dass man es nicht in gerader Linie von vorne nach hinten durchlesen muss. Man kann jederzeit „mittendrin“beginnen mit dem, was gerade aktuell ist oder was einen besonders interessiert. Der oft unterschiedliche Stil der einzelnen Beiträge ergibt sich aus dem unterschiedlichen literarischen Charakter unserer „Heiligen Schriften“. Die an der Bibel orientierten Artikel können sich oft auf einzelne Geschichten beziehen. Da im Qur’ān seltener bündige Erzählungen zu bestimmten Themen begegnen, müssen meist verstreute Texte erläuternd zusammengestellt werden. Die Übersetzungen der Bibel, aus denen die Texte entnommen sind, werden jeweils angegeben. Alle Qur’ānzitate der muslimischen Beiträge sind Eigenübersetzungen aus dem Original. Die biblischen Namen werden gemäß den „Loccumer Richtlinien“zitiert. Dort, wo ältere Bibelübersetzungen zitiert sind, folgt der Text den jeweiligen Ausgaben.
Und nun viel Spaß beim Lesen und Stöbern!
Die Quellen: Bibel und Qur’ān
Einführung
Die → Bibel und der → Qur’ān sind zwei Bücher, in denen sich Gott dem Menschen in verschiedenen Formen offenbart. Die Art und Weise, wie Christen die Bibel und Muslime den Qur’ān verstehen, unterscheidet sich sehr.
Die christliche Bibel besteht aus dem sog. Alten Testament und dem Neuen Testament. Aus Sicht der Christen ist die Bibel das Wort Gottes, das „inspirierte“Menschen weitererzählt und niedergeschrieben haben. Das bedeutet, dass Menschen die Schreiber der Bibel sind. Christen sprechen von der Bibel auch als „Gotteswort in Menschenwort“.
Der Qur’ān ist aus Sicht der Muslime das unmittelbar geoffenbarte Wort Gottes, das Muhammad erhalten hat, um es zu verkünden. Das bedeutet, dass die Worte Gottes von einem Engel zu Muhammad überbracht worden sind. Deshalb sprechen Muslime vom Qur’ān als direktem Gotteswort.
Doch wozu benötigt der Mensch solche göttlichen Texte – unabhängig davon, ob es sich um das direkt oder indirekt geoffenbarte Wort Gottes handelt?
Schauen wir uns den Inhalt der Bibel und des Qur’ān an, so werden mehrere große Themen ziemlich ähnlich besprochen: Schöpfung, Allmacht und Barmherzigkeit Gottes, die Auserwähltheit bestimmter Menschen, der Tod und das Jenseits. Beide Bücher erzählen dem Menschen aus der Sicht Gottes als Schöpfer seine „Wahrheit“.
Der unterschiedliche literarische Charakter von Bibel und Qur’ān hat zur Folge, dass die Texte in diesem Buch verschieden ausfallen. Während Christen häufig als Antwort auf bestimmte Fragen Geschichten aus der Bibel erzählen können, erschließen Muslime zumeist thematische Zusammenhänge aus mehreren ➝ Suren.
Zwar richten sich die beiden Schriften in erster Linie an gläubige Menschen, die an Gott und seine Schöpfung glauben. Dennoch geben sie zum Teil auch Auskunft über historische Ereignisse, beschreiben das Wesen der Menschen, wollen Werte kräftigen, die alle Menschen leben sollten. Bibel und Qur’ān wollen den Menschen an Gott erinnern, der sie erschaffen hat und sie auf ihrem Lebensweg begleitet.
Wie Christinnen und Christen die Bibel lesen
Was ist die Bibel?
Das Wort „Bibel“stammt von einem griechischen Wort ab: biblion bedeutet „Papyrusrolle“. Dass später damit die ➝ Bibel bezeichnet wurde, geht darauf zurück, dass die Heiligen Schriften des Judentums und des Christentums zuerst, wie es damals üblich war, auf Schriftrollen aus Papyrus – davon ist das deutsche Wort „Papier“abgeleitet – verfasst worden sind. Sehr schön ist das heute noch in jüdischen Gotteshäusern (Synagogen) zu sehen, in denen die Bibel in Form von Schriftrollen in einem Schrein aufbewahrt wird und während des Gottesdienstes ein Abschnitt aus einer dieser Schriftrollen vorgelesen (rezitiert) wird. Seitdem Texte nicht mehr in Schriftrollen aufgeschrieben wurden, sondern in gebundenen Büchern, bezeichnet „Bibel“auch schlicht und einfach das Buch.
Nun ist es aber nicht so, dass die Bibel nur aus einem Buch – oder nur aus einer Schriftrolle – besteht. Die Bibel umfasst verschiedene Bücher – insgesamt mehr als 60 -, die über einen längeren Zeitraum hinweg geschrieben worden sind. Man kann also sagen, dass die Bibel ein Buch aus vielen Büchern (oder Schriften) ist.
Wenn man in das Inhaltsverzeichnis einer Bibel hineinschaut, stellt man fest, dass die vielen Bücher nochmals in zwei große Teile aufgegliedert sind. Der erste Teil wird als das Alte (manchmal auch: Erste) Testament bezeichnet, der zweite Teil als das Neue Testament.
Blättert man in der Bibel herum, sieht man, dass die Texte der einzelnen Schriften mit Zahlen versehen sind. Diese Zahlen sind nachträglich eingefügt worden, damit man leichter einzelne Textstellen wiederfinden kann. Die großen Zahlen bezeichnen die Kapitel, die kleinen Zahlen die Verse. Im ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther steht z.B. der Satz: Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Diesen Satz findet man im 12. Kapitel des Briefes; darin handelt es sich um den 11. Vers. Abgekürzt wird dies geschrieben: 1 Kor 12,11. Die Abkürzungen für die einzelnen biblischen Schriften findet man in der Bibel.
Die Bibel wird auch als „Heilige Schrift“bezeichnet. Damit wird ausgesagt, dass dieses Buch zwar von Menschen verfasst worden ist, aber dass es etwas enthält, was Menschen von sich aus nicht hätten schreiben können. Sie geben vielmehr Zeugnis davon, dass und wie sie Gottes Handeln in der Welt erfahren haben und was das für sie bedeutet. Man kann deswegen auch sagen, dass in den schriftlich festgehaltenen Zeugnissen der gläubigen Menschen Gott selbst zu Wort kommt. In diesem Sinne spricht man von der Bibel als dem „Wort Gottes“, als einer grundlegenden → Offenbarung Gottes. Das heißt, dass sich für gläubige Menschen in der Bibel letztlich Gott selbst so zeigt, wie er ist und für die Menschen da sein will. Bei der Lektüre der Bibel bekommen darum gläubige Leser und Leserinnen Gottes Nähe in besonderer Weise zu erfahren. Sie lesen die Bibel in der Erwartung, dass Gott sie durch sie anspricht – so wie damals, so auch heute.
Die Heiligen Schriften des Alten Testaments
Die Heiligen Schriften des Alten Testaments sind gemeinsame Grundlage für den jüdischen und den christlichen Glauben. Die Juden bezeichnen ihre Heilige Schrift auch als TeNaK (gesprochen: Tenach), ein Wort, das aus den Abkürzungen der drei Teile dieser Heiligen Schrift zusammengesetzt ist: Tora als die Weisung und Lehre, Nebi’im als die Schriften der Propheten und Ketubim als die weiteren Schriften.
Den Beginn des Alten Testaments (gemäß der Reihenfolge in der christlichen Bibel) bildet also die Tora (auch „die fünf Bücher Mose“genannt), die neben der Urgeschichte der Menschheit und den Anfängen der Heilsgeschichte Gottes mit seinem Volk Israel viele Weisungen enthält, wie Gott möchte, dass Menschen leben. Es folgt eine Reihe von Geschichtsbüchern, in denen erzählt wird, wie es mit der Geschichte weitergegangen ist. Daran schließen sich Lehrbücher und die Psalmen, die im Gottesdienst gesungen werden, an. Den Schlussteil bilden die Bücher der Propheten. → Propheten sind Boten Gottes, die das Volk Israel scharf kritisiert und an Gottes Weisungen erinnert haben, wenn es gegen diese verstoßen hat.
Die Anfänge dieses Teils der Bibel gehen auf mehr als tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung zurück. Verfasst worden sind seine Bücher überwiegend in hebräischer Sprache.
Die Heiligen Schriften des Neuen Testaments
Für die Christinnen und Christen kommt als Grundlage ihres Glaubens neben dem Alten Testament noch das Neue Testament hinzu. „Neu“heißt nicht, dass damit das „Alte Testament“überholt und somit überflüssig wäre. Im Gegenteil, ohne das Alte Testament ist das Neue Testament nicht zu verstehen. Jesus, von dem im Neuen Testament die Rede ist und der gemäß christlichem Glauben der den Juden verheißene Messias (griech. Christus) ist, war Jude und hat sich in seinem Wirken immer wieder ausdrücklich auf die „Schriften und Propheten“, also die Schriften des Alten Testaments, bezogen. Im Neuen Testament wird der → Bund, den Gott mit seinem Volk Israel geschlossen hat, auf die ganze Menschheit hin erweitert.
Auch das Neue Testament enthält mehrere Bücher bzw. Schriften. Sie werden eingeteilt in die Evangelien, die das Leben, Sterben und die Auferweckung Jesu Christi zum Thema haben, die Apostelgeschichte, die von dem Wirken der ersten christlichen Gemeinden und der frühen Ausbreitung des Christentums berichtet, die verschiedenen Briefe mit theologischen Erläuterungen und ethischen Weisungen und schließlich das sog. apokalyptische Buch, die Johannesoffenbarung.
Die Bücher des Neuen Testaments sind in einem wesentlich kürzeren Zeitraum entstanden als die des Alten Testaments, nämlich in nicht einmal 100 Jahren. Sie wurden im damals gebräuchlichen Griechisch verfasst.
Ein weit verbreitetes und zugleich fremdes Buch
Bis heute ist die Bibel das meist verbreitete Buch der Welt. Sie ist in fast alle Sprachen der Welt übersetzt; beinahe 2000 Übersetzungen gibt es. Ob damit die Bibel auch das meist gelesene Buch ist, ist eine andere Frage. Es gibt verschiedene deutsche Übersetzungen der Bibel. Am bekanntesten und am weitesten verbreitet sind die sog. Lutherbibel, die hauptsächlich in den evangelisch-lutherischen Kirchen gebraucht wird, die Zürcher Bibel, die hauptsächlich in den reformierten Kirchen benutzt wird, und die Einheitsübersetzung, die im deutschsprachigen katholischen Raum verwendet wird. Daneben gibt es noch eine Bibel im heutigen Deutsch, neuerdings die Bibel in gerechter Sprache und verschiedene Kinderbibeln mit Auszügen aus der Gesamtbibel.
Für uns heutige Menschen ist die Bibel zunächst einmal ein fremdes Buch. Es handelt in einer Epoche, die weit zurückliegt, und ist in einer Sprache verfasst, die uns nicht mehr vertraut ist, selbst wenn wir sie in einer Übersetzung lesen. Von daher ist es nötig, zu allererst Genaueres über die Lebensumstände und die politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen etc. Verhältnisse zu wissen, in denen die biblischen Bücher jeweils verfasst worden sind bzw. von denen sie berichten. Auch gebraucht die Bibel verschiedene literarische Gattungen, wie z.B. Erzählungen, Gedichte und Lieder, Glaubenszeugnisse und Lehrtexte, um deren jeweilige Besonderheit man wissen muss, will man biblische Texte sachgemäß interpretieren. Zu allen diesen Fragen ist besonders in den letzten zwei Jahrhunderten viel erforscht worden, sodass die so gewonnenen Ergebnisse uns helfen, die Bibel besser aus ihrer Zeit heraus zu verstehen.
Buch des Glaubens (Glaubensbuch)
Insbesondere eins ist bei der intensiven Beschäftigung mit der Bibel deutlich geworden: Sie ist ein Glaubensbuch. Die biblischen Schriften sind von gläubigen Menschen geschrieben worden. Sie wollten sich selbst und anderen Rechenschaft darüber ablegen, wie sie allein und gemeinsam mit anderen Gottes Wirken unter und mit ihnen erfahren haben. Weil Gottes Wirken mit den Menschen nicht einfach offen zutage liegt, sondern sich in einer Weise ereignet, die von Menschen unterschiedlich gedeutet werden kann, verbietet es sich, die Bibel etwa als einen historischen Tatsachenbericht zu lesen. Oftmals wurde erst aus dem Glauben der Menschen heraus bewusst, dass hier Gott am Werk gewesen ist. In der Bibel geht es nicht um eine objektive, d.h. für alle Menschen zwingend nachvollziehbare Darstellung dessen, wie Gott die Welt geschaffen und sie weiter am Leben erhalten hat. Sie enthält Zeugnisse, in denen Menschen bekunden, dass ihnen – als einzelnen oder in einer Gemeinschaft – Gott begegnet ist, und welche alles bestimmende Bedeutung diese Begegnung für ihr Leben gewonnen hat – bis dahin, dass sie ihr bisheriges Leben völlig umgekrempelt haben. Mit dieser Erfahrung Gottes haben die gläubigen Menschen Geschichte gestaltet und ihre Geschichte niedergeschrieben.
Die Notwendigkeit und Schwierigkeit der Auslegung der Bibel
Weil sich die Begegnung mit Gott nicht objektiv fassen lässt, sondern alle menschlichen Begriffsbestimmungen übersteigt – sonst wäre es nicht Gott -, haben die biblischen Verfasser nach einer angemessenen Sprache gesucht, um ihre Erfahrungen in Worte zu fassen, und dabei viele Bilder verwendet oder auch auf ihnen vorliegende Mythen, Sagen u.Ä.m. zurückgegriffen. Wer also meint, die Bibel wörtlich lesen und auslegen zu müssen, versteht die Bibel nicht. Eine solche rein wörtliche Auslegung der Bibel nennt man übrigens fundamentalistisch.
Es gibt die Redewendung, dass sich mit der Bibel alles beweisen und alles rechtfertigen lasse. Das ist die Gefahr einer rein wörtlichen Lesart und Auslegung. Häufig genug ist es in der Geschichte vorgekommen, dass die Bibel dazu herhalten musste, etwa die Macht der Mächtigen als gottgewollt zu deklarieren, Kriege als gerecht auszuweisen oder zu rechtfertigen, dass ganze Völker wegen ihres anderen Glaubens ausgerottet wurden. Gewissermaßen mit der Bibel in der Hand sind Menschen auf brutalste Weise miteinander umgegangen. Selbst Christinnen und Christen haben sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Konfessionszugehörigkeit gegenseitig bekämpft und vernichtet. Dazu konnte es nur kommen, weil man nicht die biblische Botschaft als Ganze im Blick hatte, sondern willkürlich einzelne Passagen, die einem für die eigenen Interessen zupass kamen, herausnahm und absolut setzte.
Es lässt sich nicht abstreiten: Es gibt Abschnitte in der Bibel, die auf den ersten Blick grausam erscheinen, die nichts von einer „frohen Botschaft“erkennen lassen. Wie ist damit umzugehen? Sachgemäß ist es zum einen, sich den größeren Kontext anzuschauen, in dem der fragliche Abschnitt steht. Es gilt zu fragen, was der Verfasser mit dem Abschnitt wohl beabsichtigt hat, was er hat aussagen wollen. Zum anderen enthält die Bibel eine ganze Reihe von internen Korrekturen, etwa im Sinne von Gegengeschichten zu einer schwer verdaulichen Geschichte. Auch sollte man wissen: Nicht jeder Text der Bibel ist in jedem Kontext gleich gültig. Es gibt Texte, die etwa von Menschen in tiefster Verzweiflung ausgesprochen worden sind und darum nicht beliebig wiederholt werden können, wie etwa die Fluchpsalmen. Die Forschungen zum Text und zur Umwelt der Bibel sind hilfreich, ihre einzelnen Schriften besser zu verstehen.
Gottes Wort – immer neu gegenwärtig
Natürlich kann man versuchen, die Bibel als Geschichtsbuch zu lesen. Aber dabei bleiben viele Fragen unbeantwortet, weil die Bibel anders gelesen werden will: Als ein Dokument des Glaubens, das zwar aus vergangener Zeit herrührt, aber auch heute noch aktuell ist und den Leser und die Leserin gewissermaßen mit Haut und Haaren ergreift. Die Bibel will als Wort Gottes gelesen werden. Aber sie ist es nicht schon, indem sie bloß daliegt oder wir sie als Buch in die Hand nehmen. Es kommt darauf an, dass der tote Buchstabe der Schrift zum lebendigen Wort Gottes an Menschen heute wird, die darin hören: „Du bist gemeint.“Wort Gottes ist nicht bedrucktes Papier, sondern Wort Gottes ereignet sich, wenn Menschen durch Auslegung und Verkündigung sich als angesprochen erfahren: „Du brauchst keine Angst zu haben!“oder „Lass dich einfach auf das Leben als Gottes Geschenk ein!“oder „Du wirst gebraucht; es kommt auf dich an!“Die Bibel muss dafür übersetzt werden, aber nicht nur in eine für Menschen heute verständliche Sprache, sondern in ihr je eigenes Leben hinein.
Menschen von heute entdecken so, dass sie ihre eigenen Sorgen, Nöte und Ängste, aber auch die ihnen zuteil gewordenen Augenblicke des Glücks und der Zuversicht bei den Menschen, von denen die Bibel berichtet, wiederfinden können: Wenn Gott ins Spiel kommt, gibt das dem Leben einen neuen tragfähigen Grund und löst Hoffnung aus, die die ganze Wirklichkeit neu konstruieren lässt. In diesem Sinne erweist sich die Bibel als ein Buch, dessen Lektüre nichts so lässt, wie es ist, sondern das eigene Leben sowie das der anderen neu sehen lässt und auf Veränderung drängt, wo sie zu Gottes Schöpfungswillen gegenläufig sind. Deswegen ist nicht selten die Bibel als ein gefährliches Buch eingeschätzt worden, das man insbesondere den „einfachen“Leuten nicht in die Hand geben dürfe. Immer wieder sind aber in der Geschichte des Christentums Reformatoren aufgetreten oder ist es zu Reformbewegungen gekommen, die daran erinnert haben, dass es keine andere verbindliche Instanz für ein individuelles und gemeinsames Leben aus dem Glauben heraus gibt als die Bibel und dass es auch keiner anderen Instanz bedarf. Alle dogmatischen Lehrgebäude, alle ethischen Weisungen, alles kirchliche Handeln muss sich immer neu daraufhin befragen lassen, ob und inwiefern es mit der Bibel in Einklang zu bringen ist.
Die Bibel setzt darauf, dass ihre Leser und Leserinnen so sind, wie Gott sie gewollt hat, nämlich mündige Menschen, also Menschen, die nicht von irgendwelchen Autoritäten zu bevormunden sind. Das gilt bereits für Kinder. Die Bibel setzt darauf, dass im gemeinsamen Austausch über die Lese- und Lebenserfahrungen mit ihr der Geist Gottes wirksam ist und dafür sorgt, dass die Beteiligten nicht in die Irre gehen.
Angesichts der vielen bedrängenden Gegebenheiten in der Gegenwart lässt die Bibel nicht der Resignation und der Verzweiflung das letzte Wort. Sie gibt mit ihren Glaubens- und Hoffnungsworten Zuversicht, weil sie bezeugen, dass Gott die Menschen und seine ganze Schöpfung liebt, dass er sie zu ihrer Freiheit berufen hat, dass seine Herrschaft angebrochen ist, die auf die leidenschaftliche Schaffung von Gerechtigkeit und Frieden und die Bewahrung der Schöpfung ausgerichtet ist. Er ermöglicht eine andere Welt als die der Ungerechtigkeit, der Gewalt und der Vernichtung des Lebens – eine wahrhaft frohmachende Botschaft.
Lesetipp für Bibelübersetzungen
Es gibt eine große Vielfalt von deutschsprachigen Bibelausgaben. Zu den am meisten verbreiteten zählen:
• die Bibel in der Einheitsübersetzung. Im katholischen deutschsprachigen Raum ist sie seit ihrem Erscheinen im Jahre 1980 die offiziell verwendete Übersetzung. Teilweise wurde sie in ökumenischer Zusammenarbeit erstellt. Eine Revision dieser Übersetzung ist in Arbeit.
• die Lutherbibel geht zurück auf die Übersetzung der gesamten Bibel durch Martin Luther, die 1534 vollständig vorlag. Sie ist im evangelischen Raum gebräuchlich, seit 1984 in einer revidierten Fassung.
• die Zürcher Bibel geht zurück auf die Reformation in Zürich unter Ulrich Zwingli u.a. (Froschauer Bibel von 1531). Sie ist die gebräuchliche Bibelübersetzung der deutschsprachigen reformierten Kirchen in der Schweiz.
• die Bibel in gerechter Sprache. Die Intention dieser 2006 veröffentlichten Bibel ist es, eine Übersetzung vorzulegen, die nicht, wie es in anderen Übersetzungen vielfach der Fall ist, Frauen sowie Jüdinnen und Juden pauschal diskriminiert und dem Thema der sozialen Gerechtigkeit das ihm von der Bibel her zukommende Gewicht beimisst.
• das Münchener Neue Testament, 1988 erschienen, bietet für alle, die die griechische Sprache, in der das NT verfasst ist, nicht beherrschen, eine textnahe Übersetzung an.
Kinder von früh an mit der Bibel vertraut zu machen, ist das Anliegen der sog. „Kinderbibeln“. Sie enthalten eine Auswahl von biblischen Geschichten in kindgerechter Sprache und Illustration. Das Angebot an Kinderbibeln ist kaum zu überschauen. Für Kinder im Kindergartenalter sind die Bibelbilderbücher von Kees de Kort (Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart) und V. Merz: „Große Bibel für kleine Leute“(Kösel- Verlag München) geeignet. Für Kinder im Grundschulalter können die Neukirchener Kinder- und Erzählbibeln (Aussaat-Verlag Neukirchen-Vluyn) und die „Bibel für Kinder und alle im Haus“von Rainer Oberthür (Kösel-Verlag München) empfohlen werden sowie „Mit Gott unterwegs“(Bohem-Press Zürich) von Regine Schindler.
Der Qur’ān als Gotteswort
Was ist der Qur’ān?
Der Qur’ān (im Deutschen auch als Koran bezeichnet) ist das Offenbarungsbuch des Islam. Der arabische Begriff
al-Qur’ān – die Betonung liegt auf der zweiten Silbe) bedeutet wörtlich übersetzt „das oft Gelesene“oder „die Rezitation“. Beim Qur’ān handelt es sich um das
wortwörtlich geoffenbarte Wort Gottes, das der Prophet vom Erzengel Gabriel empfing und anschließend seinen Gefährten (
sahāba) vortrug. Eine →Offenbarung ist das Empfangen von Nachrichten Gottes. Gott wird im Qur’ān
Allah (
) genannt, weil
Allah das arabische Wort für Gott ist. Demnach bezeichnen die Worte Allah und Gott ein und dasselbe. Menschen, die göttliche Offenbarungen von Gott empfangen, werden in der Regel Propheten oder auch Gesandte genannt.
Gelehrt wird, dass ein Kaufmann namens Muhammad oft in der Höhle mit Namen
Hīrā’ gesessen hat und stundenlang einsam meditierte. Muhammad wurde 570 n.Chr. in → Mekka als Halbwaise geboren und war für seinen guten Charakter und seine Zuverlässigkeit bekannt. Daher gab man ihm auch den Beinamen
al-Amīn. Dieser Beiname bedeutet „der Treue“oder „der Zuverlässige“. Während er oft in der Höhle in der Nähe von Mekka saß, konnte er nicht verstehen, warum seine Freunde und Verwandte an mehrere Gottheiten glaubten, und dachte oft darüber nach, welchen Sinn diese vielen Götter hatten, die in Steinskulpturen dargestellt wurden. Eines Tages – so wird es überliefert – erschien Muhammad der Erzengel Gabriel (im Arabischen auch
,
Dschabrā’īl genannt), der von Gott den Auftrag erhalten hatte, ihm eine Nachricht zu übermitteln. Gabriel forderte Muhammad in der Höhle auf, diese Nachricht in Form von einigen Sätzen zu lesen. Der damals 40-jährige Muhammad konnte aber, gemäß der Überlieferung, weder lesen noch schreiben und erklärte dem Engel, er könne gar nicht lesen. Nach mehrfacher Aufforderung, dennoch zu lesen, las Muhammad die folgenden Verse vor, die heute im Qur’ān in der Sure 96:1-5 zu finden sind:
Übersetzung des Qur’ānverses in deutscher Sprache | Arabischer Originalvers aus dem Qur’ān | Umschrift in lateinischer Schrift |
---|
1 Lies im Namen deines Herrn, der erschaffen hat. | | Iqrā bi-smi rabbika lladhī khalaqa |
2 Er erschuf den Menschen aus einer sich anklammernden Keimzelle. | | khalaqa l-insāna min ‘alaqi |
3 Lies, denn dein Herr ist gnädig. | | iqrā wa-rabbuka l-akramu |
4 Er lehrte den Menschen mit dem Schreibrohr, | | alladhī ‘allama bi-l-qalami |
5 was er zuvor nicht wusste. | | ‘allama l-insāna mā lam ya‘lam |
Muhammad glaubte dem Engel Dschabrā’īl, dass er ihm Gottes Wort schickte und dass er in diesem Moment eine Offenbarung erlebte. Dieses Erlebnis sollte insgesamt 23 Jahre fortdauern. Immer wieder erhielt Muhammad Mitteilungen, die er sich merkte, und bat seine Freunde, diese genauestens aufzuschreiben. Die Freunde, die alles aufschrieben, nennt man „edle Schreiber“, weil sie nicht nur alles genau aufschrieben, sondern auch gewissenhaft aufhoben. Neben diesem Niederschreiben lernte eine Großzahl der Gefährten alle Qur’ānverse auswendig. Die Muslime glauben, dass der Qur’ān auf diese Weise über viele verlässliche Wege an die nachfolgenden Generationen weitergegeben wurde, sodass er in seinem Wortlaut und in seiner Bedeutung bis heute ohne irgendwelche Verfälschungen bewahrt blieb. Im Qur’ān heißt es dazu:
Wir, wirklich Wir selbst haben diesen Wegweiser hinabgesandt. Wir werden auch sein Hüter sein. (15:9)
Von da an hatte sich Muhammad verpflichtet, die Nachrichten, die er erhielt, seinen Mitmenschen zu verkünden. Das Wichtigste der Offenbarung war die Erkenntnis, dass es nur einen einzigen Gott gibt und dieser gerecht und barmherzig ist. Außerdem wurde Muhammad zum letzten Gesandten Gottes erklärt, der von Gott als besonderer Mensch mit guten und edlen Charaktereigenschaften auserwählt worden ist. Nach ihm wird Gott keinen weiteren Propheten schicken, da mit der Offenbarung des Qur’āns Gottes Wille unverfälscht an die Menschen weitergegeben wurde. Bis heute sind die Einheit und Einzigkeit Gottes und das Prophetentum Muhammads der Mittelpunkt des islamischen Glaubens.
Gott hat den Qur’ān seinem Gesandten geoffenbart, damit dieser die Menschen auf den richtigen Weg leiten sollte, indem er das Gute gebot und das Schlechte verbot. Gott hatte schon vor Muhammad andere Gesandte ausgewählt, die Seine Botschaft verkünden sollten. Über den Qur’ān wird gesagt:
Diesen Qur’ān hätte sich niemand ausdenken können, außer Gott. Er ist die Bestätigung dessen, was ihm vorausging. Er ist eine ausführliche Erklärung der Schrift vom Herrn der Welten. Darüber herrscht kein Zweifel. (10:37)
Dieser Vers bezieht sich auf den Qur’ān als Offenbarung, die Muhammad erhalten hat. Es wird hier gesagt, dass der Qur’ān eine Erweiterung und Erklärung der bereits geoffenbarten Bücher ist. Außer dem Qur’ān gelten auch die → Tora (der Juden) und die Offenbarung Gottes an den Propheten Jesus (arab.
,
inğīl, griech.
eu-angelium = Evangelium) als geoffenbarte Schriften, die ebenfalls göttliche Inhalte umfassen. Der Qur’ān ist also das letzte geoffenbarte Buch, das die zwei vor ihm ausführlich erklärt, aber auch Neuerungen enthält. Neu ist z.B., dass der Qur’ān manchmal mehr über die alten Propheten oder Gesandten zu berichten weiß, als in der Tora bzw. in den Evangelien zu lesen ist.
Der Qur’ān hat verschiedene Eigennamen, die unter den Muslimen bekannt sind. Einige davon sind „der Unterscheider zwischen Gut und Böse“(al-Furqān), „die Mutter der Bücher“(Kitāb al-Umm), „das Buch Gottes“(Kitāb Allah), „das weise Buch“(Kitāb al-Hakīm), „der niedergeschriebene Text“(Mushaf) oder „die weise Erinnerung“(al-Dhikr al-Hakīm). Der bekannteste Name des heiligen Buches ist mit Sicherheit al-Qur’ān al-Karīm, was mit „der edle Qur’ān“übersetzt wird. Diesen Namen findet man heute häufig als Titel von deutschsprachigen Qur’ānübersetzungen.
Bedeutung des Qur’ān und der Sunna im Leben eines Muslims
Der Qur’ān ist für Muslime die höchste Richtschnur für ihren Glauben und ihr Leben. Er ist nach ihrem Glauben Gottes wortwörtliches, im Laufe der Zeit lückenlos überliefertes Wort (mutawātir). Die göttlichen Aussagen des Qur’āns sind damit abgeschlossen, stehen aber einer Interpretation offen.
Wenn ein Muslim ein Problem hat, und eine Lösung sucht, schlägt er als erstes im Qur’ān nach und prüft, ob dort ein ähnliches Problem geschildert wird. Wenn er feststellt, dass es im Qur’ān kein ähnliches Problem gibt, dann hat er als zweiten Schritt die Möglichkeit, in der ➝ Sunna des Propheten Muhammad nachzuschlagen.
In der Sunna (wörtl. „Tradition“, also die Tradition des Propheten) findet man sog. ➝ Hadithe aufgelistet. Hadithe sind Aussprüche und Verhaltensweisen des Propheten Muhammad, die seine Freunde und die späteren Generationen überlieferten und in Hadith-Sammlungen niedergeschrieben haben. Alle diese Hadithe übermitteln die vorbildliche Tradition des Propheten Muhammad, die es nachzuahmen gilt. Die zwei großen Glaubensgruppen im Islām (Sunniten und Schiiten) haben zum Teil ihre eigenen Hadith-Sammlungen. Die Sunniten kennen sechs verbindliche Hadith-Sammlungen, wohingegen schiitische Muslime vier verbindliche Hadith-Sammlungen als richtig erachten. Prinzipiell besteht ein Hadith aus zwei Teilen:
1. Isnād
Unter Isnād versteht man eine Kette von Erzählern. Diese Erzählerkette lässt sich bis zum Propheten Muhammad zurückführen (Person D hat Person C sagen hören, dass diese wiederum Person B gehört hat, als Person A sagte, sie habe den Propheten Muhammad gehört). Eine lückenlose Erzählerkette ist wichtig, um zu kontrollieren, ob die Nachricht wirklich vom Propheten Muhammad stammt oder nicht. Wenn Erzähler D den aufgeführten Erzähler C zum Beispiel gar nicht gekannt haben kann, weil dieser nicht zur gleichen Zeit gelebt hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Hadith falsch ist.
2. Matn
Unter Matn versteht man die eigentliche Aussage (ohne den Isnād) des Propheten Muhammads.
Der wesentliche Unterschied zwischen den von Sunniten und Schiiten gesammelten Hadithen besteht in den Personen, die in der Erzählerkette genannt werden. Viele Muslime erachten die wahrhaften Aussagen des Propheten Muhammad als ebenso verbindlich wie Aussagen Allahs im Koran. So spielen für ihr tägliches Leben nicht nur Qur’ānverse eine entscheidende Rolle.
Themen im Qur’ān
Die Hauptthemen des Qur’ān lassen sich in vier Gruppen zusammenfassen:
1. Einheit und Eigenschaften Gottes (Gott ist nicht gezeugt und hat nicht gezeugt, ihm gleich ist keiner),
2. Prophetentum (die Lebensgeschichten von 25 Propheten werden erzählt, z.B. von Ādam, Nūh, Ibrāhīm, Ishāq, Ismā’īl, Yūnus,’Isā, Mūsā und Muhammad),
3. Jenseitsvorstellungen (das sind Vorstellungen über das Leben nach dem Tod; in der Regel sind es Vorstellungen über das Paradies oder die Hölle),
4. Gottesdienstliche Handlungen (also Regeln, an die sich ein Muslim halten sollte).
Alle anderen Themen im Qur’ān hängen mit diesen Hauptthemen zusammen. Da die Muslime glauben, dass die Worte im Qur’ān von niemand anderem außer von Gott stammen, versuchen sie, sich nach seinen Aussagen zu richten. Das Hauptziel des Qur’āns ist die → Rechtleitung für die gesamte Menschheit. Unter Rechtleitung versteht man, dass Gott Seine Geschöpfe auf dem geraden Weg durch Seine verschiedenen Offenbarungen führen will. Weil Er alle Seine Geschöpfe liebt, will Er sie vor dem Schlechten bewahren.
Struktur des Qur’ān
Der Qur’ān ist in arabischer Sprache geoffenbart. Die ursprüngliche Form des Qur’āns ist seit der Zeit des Propheten erhalten geblieben. Dazu gehört u.a., dass der Qur’ān aus insgesamt 114 Kapiteln und ca. 6236 Versen besteht. Die einzelnen Kapitel im Qur’ān werden
Sure (pl.
Suren) und Verse
,
Aya (pl.
,
Ayāt) genannt. Die erste Sure ist „die Eröffnung“(
al-Fātiha) und die letzte Sure ist „die Menschheit“(
al-Nās). Die Suren sind unterschiedlich lang und nach ihrer ungefähren Länge angeordnet, d.h. der Qur’ān beginnt (abgesehen von der „Eröffnenden“) mit der längsten Sure und endet mit den Kürzeren. Die längste Sure zwei, „die Kuh“(
al-baqara), beinhaltet 286 Verse und die kürzeste Sure 108, „Die Fülle des Guten“(
al-kauthar), beinhaltet drei Verse. Die Namen der Suren haben direkten Bezug zu ihrem Inhalt. Die Suren im Qur’ān sind nicht danach angeordnet, wann Muhammad die göttlichen Mitteilungen erhalten hat, sondern nach der Anordnung des Erzengels Gabriel, der dem Propheten im Monat Ramadan vor seinem Tod die Anordnung der Suren und Verse zeigte. Der Prophet Muhammad sollte den Qur’ān zwei Mal nach der endgültigen Version dem Engel Gabriel vortragen. Muhammad empfing im Laufe von 23 Jahren Stück für Stück die einzelnen Offenbarungen, 13 Jahre lang in Mekka und zehn Jahre in → Medina. Er lebte also nicht nur lange Zeit in Mekka, sondern auch in einer Stadt namens Medina. Dementsprechend werden die einzelnen Suren im Qur’ān als mekkanisch und medinensisch charakterisiert. Diese Bezeichnung gibt Auskunft darüber, ob eine Sure in Mekka oder Medina geoffenbart wurde. Ob eine Sure als „mekkanisch“oder „medinensisch“bezeichnet wird, orientiert sich an der →
Hidschra (Auswanderung) Muhammads von Mekka nach Medina im Jahre 622. Da Muhammad in Mekka nicht mehr in Frieden leben konnte, wanderte er im Jahr 622 in die nächst größere Stadt Medina aus. Mekkanische Verse können im Qur’ān allerdings durchaus auch in medinensischen Suren vorkommen, ebenso umgekehrt. In diesem Falle wird die Sure nach der Herkunft der Mehrheit ihrer Verse eingeordnet. Im Qur’ān sind 24 Suren eindeutig als mekkanisch und 90 Suren als medinensisch festgelegt. Nicht nur vom Namen her unterscheiden sich diese Suren, sondern auch vom Inhalt. In den mekkanischen Suren ist häufig die Rede von Gott, der Religion und von Werten, die der Islām kennt. Anders als die mekkanischen Suren sprechen die medinensischen Suren von Regelungen, wie Gebote und Verbote. So steht z.B. in den medinensischen Suren, wie man beim Erben verfahren soll oder dass die Muslime sich von allem Berauschenden (was die Sinne negativ beeinflusst) fernhalten sollen.
Qur’āndeutung
Da der Qur’ān in altem Arabisch niedergeschrieben ist, haben sich viele Wissenschaftler in jahrelanger Forschung damit beschäftigt, die einzelnen Verse (Ayāt) zu lesen, zu deuten und zu verstehen. Deshalb ist die Kenntnis der Offenbarungsstelle einzelner Suren und Verse für sie besonders wichtig, damit sie richtig ausgelegt werden können. Um Verse aus dem Qur’ān richtig auszulegen, wird nachgeforscht, was damals geschichtlich passiert ist. Kenntnisse über die Bestimmungen der Religionen, die es vor dem Islām gab, sind ebenso wichtig, wie die besonders gute Beherrschung der arabischen Sprache – doch damit nicht genug. Da die Verse zumeist nach bestimmten Ereignissen geoffenbart wurden, ist der Offenbarungsanlass (asbāb an-nuzūl) für das tiefere Verständnis des Textes bedeutend. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Qur’ān entsprechend den Anforderungen von Zeit und Ort auf verschiedenste Art und Weise ausgelegt, woraus sich die unterschiedlichen Arten der Qur’āndeutung (tafsīr) herausgebildet haben. Dabei haben sich zwei Vorgehensweisen herausgebildet. Die eine Art des Tafsīr geht bei der → Exegese (also Deutung) des Qur’āns Vers für Vers vor, die zweite betreibt die Deutung nach Themen. Im Allgemeinen kann festgehalten werden, dass die mekkanischen Suren und Verse viel über den Glauben sagen und die medinensischen Suren und Verse hauptsächlich rechtliche Bestimmungen (wie z.B. Beten, Fasten, gut zu anderen Menschen sein) beinhalten. Im Qur’ān steht, dass es Verse gibt, die eindeutig zu verstehen sind, und dass es Verse gibt, die man nicht eindeutig versteht und deren Deutung offen ist:
Er ist es, der das Buch zu dir herabgesandt hat. In ihm gibt es eindeutige Zeichen – die bereits in einer Urschrift (bei Gott) niedergeschrieben stehen – und andere, mehrdeutige. Diejenigen, die in ihren Herzen von der Wahrheit abweichen, folgen dem, was in ihm mehrdeutig ist. Sie hoffen darauf, Streit (und Ärger) zu streuen und es (das Buch) ausschließlich nach ihren Neigungen zu deuten. Aber niemand außer Gott kennt seine genaue Auslegung. Diejenigen, die in diesem Bereich viel Wissen haben, können sagen: „Wir glauben daran. Sowohl das eine als auch das andere ist von unserem Herrn.“Doch so denken nur einsichtige Menschen. (3:7)
Aus dieser Stelle wird deutlich, dass Gott dem Menschen Dinge mitteilt, bei denen es keine Verständnisschwierigkeiten geben kann. Aber Gott hat dem Menschen auch Verse überbracht, die nicht nur einen Sachverhalt darstellen, sondern mehrere Aussagen gleichzeitig enthalten.
Islamisches Recht
Die medinensischen Suren geben dem Gläubigen Aufklärung, wie er sich dem Willen Gottes entsprechend verhalten soll. So finden sich im Qur’ān eine Reihe von Geboten und Verboten, wie die Regelungen der Erbteilung oder das Alkoholverbot; aber eine umfassende Rechtsordnung für alle Lebensbereiche enthält die heilige Schrift der Muslime nicht. Wenn ein Muslim also eine Frage zu einem bestimmten Problem hat, so hat er die Pflicht, als erstes in den Qur’ān zu schauen und nach Lösungen für sein Problem zu suchen. Wenn er dort nichts finden sollte, so hat er eine weitere Möglichkeit: Er schaut sich verschiedene Hadithsammlungen an. In diesen Sammlungen sind – so sagt es schon der Name – Hadithe gesammelt. Das sind Überlieferungen von Aussprüchen und Handlungen des Propheten Muhammad. Was er getan und gesagt hat, gilt als vorbildlich, und kann daher als Quelle zur Rechtsfindung dienen. Diese Hadithe sind in Sammlungen ab dem 9. Jh. zusammengefasst worden. Wenn sich ein Problem auch nach Durchsicht der Hadithsammlungen nicht lösen lässt, hat ein Muslim die Möglichkeit, zu einem islamischen Gelehrten zu gehen, um sich beraten zu lassen.
Qur’ānübersetzungen
Die Sprache des Qur’āns ist das Arabische und in Arabisch wird auch von allen Muslimen weltweit rezitiert (damit ist eine Art singendes Lesen gemeint). Zwar existieren Übersetzungen vom Qur’ān in die meisten Sprachen der Welt, sie dienen jedoch hauptsächlich dazu, Gläubigen, die kein Arabisch sprechen, den Inhalt verständlich zu machen. Das Original können sie nach muslimischer Ansicht aber nicht ersetzen, weil jede Übersetzung auch immer Interpretationen, also Deutungen beinhalten würde, und der Erhalt des Textes mit seiner ursprünglichen Bedeutung nur in der Originalsprache möglich sei. Die Idee dahinter ist, dass es unmöglich ist, Gottes Wort in seinem ganzen Umfang zu verstehen. Deshalb liest man z.B. im Gebet die einzelnen Verse nur auf Arabisch. Auch heutzutage werden immer neue Übersetzungen veröffentlicht, die jeweils der gesprochenen Sprache eines Landes entsprechen. Rezitiert wird der Qur’ān aber in allen Moscheen der Welt in arabischer Sprache. Aus diesem Grund ist die Kenntnis der arabischen Sprache grundlegend für die Ausbildung zum islamischen Gelehrten und Theologen und für viele Muslime außerhalb der arabischen Welt ein erstrebenswertes Ziel.
Lesetipp für Qur’ānübersetzungen
Seit März 2008 gibt es den „Koran für Kinder und Erwachsene“, um auch jungen Menschen den Zugang zum Koran zu ermöglichen. Es ist empfehlenswert, sich die deutschsprachigen Qur’ānübersetzungen von einem Elternteil oder von anderen erwachsenen Verwandten und Freunden erklärenzulassen.Hier einige deutschsprachige Qur’ānübersetzungen:
• Der Koran für Kinder und Erwachsene. Übersetzt und erläutert von Lamya Kaddor und Rabeya Müller. München 2008 (2. Auflage)
• Der Koran. Übersetzung von Max Henning. Leipzig 1901, Stuttgart 1996; Überarbeitet und leicht kommentiert von Murad Wilfried Hofmann. Kreuzlingen, München 2005 (4. Auflage)
• Der Koran. Übersetzung von Adel Theodor Khoury. Gütersloh, 2001 (3. Auflage)
• Der Koran. Übersetzung von Rudi Paret. Stuttgart 1966, 2004 (9. Auflage)
• Hartmut Bobzin (Hrsg.), Der Koran in der Übersetzung von Friedrich Rückert. Würzburg 2001 (4. Auflage)
• Luise Amina Becker (Hrsg.), Der Koran. Arabisch – deutsch. Mit Erläuterungen für den Unterricht. München 2010
Wie ist der Qur’ān zu lesen?
Der Qur’ān erfährt von Muslimen wegen seines unverfälschten göttlichen Ursprungs größte Wertschätzung, denn er beinhaltet den direkten Willen Gottes. Daher gilt das häufige Lesen des Qur’āns und die Beschäftigung mit seiner Botschaft als besonders gute Handlung unter Muslimen, weil der Muslim bemüht ist, nach göttlichem Willen zu handeln. Zudem ermuntert der Qur’ān auch zur Beschäftigung mit Gottes Schöpfung bzw. zu ihrem Studium.
Auch die Rezitation des Qur’āns in arabischer Sprache wird als ein frommer Akt der Anbetung verstanden. Es gibt zwei Arten von Beschäftigung mit der Heiligen Schrift der Muslime:
a. Die Rezitation des Qur’āns (darunter versteht man ein gesangsähnliches Lesen)
b. Das Lesen und Lernen im Qur’ān (darunter versteht man das einfache Lesen des Textes, um etwas besser zu verstehen oder um etwas einfach nachzulesen)
Bevor man anfängt, den Qur’ān zu lesen bzw. aus dem Qur’ān zu rezitieren, sollte man eine spezielle Waschung durchführen, als ein Akt des Respekts. Wenn man diese Waschung (
,
wudū’) vollzogen hat, rezitiert man den Qur’ān und berührt so in einem reinen Zustand die heilige Schrift (vgl. Punkt a).
Wenn man den Qur’ān lesen möchte, um etwas nachzulesen oder um ihn besser zu verstehen, darf man dies auch ohne wudū’ machen.
Da Muhammad die Nachrichten von Gott nach und nach erhalten hat, wurde der Qur’ān, so wie wir ihn heute kennen, erst nach Muhammads Tod zu einem Buch zusammengebunden. Dies haben die Muslime einem Mann namens Uthmān (dem dritten Nachfolger nach Muhammads Tod im Jahr 632) zu verdanken. Aber ganz so einfach war es nicht, die einzelnen Seiten, die Muhammad durch seine Schreiber niederschreiben ließ, zu ordnen und zu einem Buch zusammenzufassen. Die ersten Qur’ānhandschriften, die als eine Art „Gedächtnisstütze“für das Auswendiglernen des Textes dienten, waren nicht leicht zu lesen und ließen gelegentlich verschiedene Lesarten zu. Die damalige arabische Schrift namens kūfī war noch nicht so ausgearbeitet, dass man Worte so lesen konnte, wie sie auch gesprochen wurden. Bestimmte Zeichen fehlten über und unter den arabischen Buchstaben, um sie richtig auszusprechen. So konnte man damals den Buchstaben „b“in vier Versionen sprechen: „ba“, „bi“, „bu“oder einfach nur „b“. An wenigen Stellen im Qur’ān gab es damals mehrere Lesungsmöglichkeiten. So entstanden mit der Zeit bestimmte Lesetraditionen. Sieben dieser Lesarten gelten heute als kanonisch, d.h. als gültig. Die meistverbreitete Lesart ist die sogenannte Hafs ‘an ‘Asim, die auch der Qur’ānausgabe zugrunde liegt, die heute wohl die meiste Verbreitung gefunden hat und im Auftrag des ägyptischen Königs Fuad von Gelehrten der Al-Azhar-Universität in Kairo erstellt und erstmals 1923 gedruckt wurde. Diese Lesart gilt den meisten Muslimen als verbindlich, weil sie am sinnvollsten die einzelnen Buchstabenvarianten herausstellt. Mit Hafs ist der Name eines Überlieferers (ein Überlieferer ist jemand, der etwas von einem anderen hört und es weitererzählt) gemeint. Auch ‘Asim ist ein solcher Überlieferer. Mit der Bezeichnung Hafs ‘an ‘Asim ist gemeint, dass die Person „Hafs von ‘Asim“den Qur’ān so überliefert bzw. gesagt bekommen hat.
Weil der Qur’ān von Muhammad mündlich an seine Freunde und die Gemeinde weitergegeben wurde, wird der Qur’ān auch heute noch laut rezitiert. Es gibt Menschen, die den Qur’ān so gut rezitieren können, dass sie überall auf der Welt an Rezitationen teilnehmen. Diese begabten Menschen nennt man Rezitatoren. Sie sind in der islamischen Welt als Künstler hoch geschätzt, da sie es in besonderer Weise verstehen, den heiligen Text in gesangsartiger Vortragsweise darzustellen.
Der komplette Qur’ān wird aber auch heute noch von vielen Gläubigen auswendig gelernt. Muslime, die den gesamten Qur’ān auswendig können, werden demnach als Hāfiz („Behüter“) bezeichnet. Besonders stolz sind Muslime darauf, wenn bereits Kinder den Qur’ān in arabischer Sprache ganz auswendig gelernt haben und die heilige Schrift aufsagen können.
Menschsein in der Schöpfung
Einführung
Zu allen Zeiten haben die Menschen über die Entstehung und den Sinn der Welt nachgedacht. Schöpfungsgeschichten sind Antwortgeschichten. Wer sie verstehen will, muss die Fragen kennen, auf die sie Antwort geben sollen. Das sind sehr grundlegende, uralte Sinnfragen wie: Wozu ist der Mensch ins Leben gesetzt? Wie können und dürfen wir mit dem uns anvertrauten Leben, mit den anderen Geschöpfen, mit der Welt umgehen? Vor wem müssen wir uns verantworten? Und die Antwort heißt, jedenfalls in den großen monotheistischen Religionen: Die Welt und das Leben sind uns geschenkt als gute Gaben Gottes, zugleich als Aufgabe, die uns in die Verantwortung ruft.
Von der Schöpfung können wir nur erzählen, wenn wir gleichzeitig Auskunft geben über unser Gottesverständnis oder vielmehr über unser Gottesverhältnis. Denn es ergibt sich ein ganz anderes Menschenbild und ein unterschiedliches Verständnis von Menschlichkeit, je nachdem, ob unser Verhältnis zu Gott von Vertrauen in seine Barmherzigkeit und Liebe getragen ist, oder ob wir gegenüber Gott vor allem Gefühle der Angst und der Verzweiflung haben, weil er uns zum Schreckbild eines drohenden, unbarmherzigen und rachsüchtigen Richters geworden ist. Darum sind in diesem Kapitel Schöpfungserzählungen aus Bibel und Qur’ān mit zwei Artikeln über das Gottesverhältnis von Muslimen und Christen zusammengestellt.
Biblische Geschichten vom Anfang
Zu allen Zeiten und in allen Völkern haben Menschen Schöpfungsgeschichten erzählt, Geschichten von der Erschaffung der Welt und der Menschen. Schon immer haben sich Menschen die Frage gestellt: Wozu sind wir eigentlich da? Was dürfen wir tun mit den anderen Lebewesen um uns herum: mit Menschen, Tieren, Vögeln, mit Bäumen oder Blumen oder Disteln? Was ist mit den Bodenschätzen oder dem Wasser der Flüsse und der Meere? Wer setzt uns eigentlich die Grenzen? Gibt es jemanden, vor dem wir uns verantworten müssen und der uns eines Tages fragt: Was hast du aus deinem Leben gemacht?
Christen und Juden haben in der ihnen gemeinsamen heiligen Schrift, dem hebräischen Teil der Bibel (dem sog. Alten Testament) zwei Schöpfungsgeschichten aufbewahrt. Beim flüchtigen Lesen könnte man meinen, es handle sich um eine Erzählung in zwei Teilen, gewissermaßen einen Fortsetzungsroman. Aber wenn man genau hinsieht, kann man erkennen, dass es zwei verschiedene Geschichten sind. Beide stehen am Anfang der Bibel. Sie erhalten dadurch eine herausragende Bedeutung. Sie bilden den Rahmen, in den die nachfolgenden Erzählungen von der Geschichte Gottes mit den Menschen eingeordnet sind.