Richard K. Breuer
Schwarzkopf
Eine absurde Wiener Krimicomedy über
Hollywood und andere Grauslichkeiten
Freitag, der 13.
1.Tag.
2.Tag.
3.Tag
4.Tag
5.Tag
Epilog
Schwarzkopf
Exil-Wiener Harald Schwarzkopf – erfolgreicher Drehbuchautor und Produzent in Hollywood – soll für Hollywood-Mogul Jack Bronkowitz am Remake zum Film The third man arbeiten. Schwarzkopf reist nach Wien, um das neue Filmprojekt potenziellen Investoren und Politikern vorzustellen. An seiner Seite das zuweilen durchgeknallte »Regie-Wunderkind« Ernesto Ostwaldo. Als Schwarzkopf seinen alten Freund Otto Sittich besuchen möchte, muss er feststellen, dass dieser vor seinem Haus von einem Sattelschlepper überfahren wurde. Dieser Unfall weist verblüffende Ähnlichkeiten mit jenem aus dem Film The third man auf. Grund genug, am Unfall seines Freundes zu zweifeln. Schwarzkopf und Ostwaldo beginnen zu recherchieren, stolpern dabei über den Schlitzer von Wien, erfahren, dass Otto Sittich in eine brisante Affäre tief verstrickt war und lösen in nur 5 Tagen eine Katastrophe nach der anderen aus. Schlussendlich steht Bundeskanzler Schuhnagel das Wasser bis zum Hals. Im wahrsten Sinne des Wortes …
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Richard K. Breuer
geboren 1968, lebt und arbeitet in Wien. Wirtschaftlich geprägte Schulausbildung. Verschiedene Jobs im Banken- und Softwarebereich. Seit 2003 freiberuflicher Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor, Designer, Blogger, Comic-Texter und Luftschlossbesitzer. Absolvierung eines Verleger-Seminars bei Prof. Mazakarini. Autor der Woche (ORF Radio NÖ). Uraufführung seines Theaterstücks „Was ist die Liebe, Katarine?“ im TWW. Designer von „frisch gespielt - das Magazin für Brett- und Gesellschaftsspiele in Österreich“. Produziert seine Bücher in Eigenregie, um größtmögliche Gestaltungsfreiheit und inhaltliche Unabhängigkeit zu erreichen. Seine Wiener Krimikomödie "Schwarzkopf" ist für einen Kinofilm im Gespräch.
Schwarzkopf Hollywood-Zampano, stolpernd
Ernesto Ostwaldo sein Kompagnon, pilleneinwerfend
Grünlich CEO der Film-Produktionsfirma, korrekt
Grünlicher sein Assistent, Vater zweier Kinder, strebsam
drei Investoren potenzielle Geldgeber, verwundert
Otto Sittich Freund Schwarzkopfs, in Luft auflösend
Laura seine Ehefrau, Diva, schauspielernd
Schortz sein Freund, Filmbaron, heimlich tuend!
François sein Freund, Franzose, unbeschrieben
Dr. Eckelhofer Psychiater, fasziniert
Ali Mustafa Hausbetreuer, rappend
Hofer Lottogewinner, selig
Rahmhappel Bissgurn, giftig
Schuhnagel Bundeskanzler, irre führend!
Bitterlich Innenminister, streng anweisend
Wamperl Staatssekretär, gemütlich abwehrend
Weinbeisser Polizeipräsident, besorgt tuend
Stiefelknecht Kripo-Chef, auf das Beste hoffend
Kohlweg Kripo-Major, notizblockschreibend!
Max & Moritz Polizist, zumeist der Falsche seiend
von Sandstein Deutscher Kulturminister, erregt
seine Ehefrau entsetzt
Kirsch Reporter, rasend und aufschreibend
Mikael Bühnen-Star, anti-impro-scheiß-drauf-seiend
Wildwasser Dirigent, tonangebend
Jan van Keese Theater-Regisseur, verzweifelt
seine Mutter bestimmend
Bernhard & Bianca kommentierend
Susi prekär
Leocadia prostituierend
Samson & David tanzend (nackter Oberkörper!)
a so? ach so?
a geh? ach wirklich?
a zache Partie eine mühsame Angelegenheit
a wo wo denkst du hin
ang’soffen wie eine Haubitzen sehr betrunken
abfackeln verbrennen, anzünden
anspeiben/angespieben kotzen/gekotzt
Bagage, G’sindel Lumpenpack, Haufen
brunzlert warm lauwarm
Burenhäutl, Leberkäs, Salzstangerl schnelles Essen in Wien
brunzen, wischerln, schiffen urinieren
der a no! der auch noch!
einen Schas lassen furzen
einen Genierer haben keine Zurückhaltung bzw. Schamgefühl kennen
fladern stehlen
Fladerer Dieb
grantig übel gelaunt
Gogerln Hoden
Geistiges Nackerpatzel, Schwachist, Depperter Blödmann
grauslich ekelhaft, hässlich, abstoßend
gemma! Wir gehen jetzt!
Habedehre Ausruf des Erstaunens
Häfen, Schmalz, Bau Gefängnis
hinterfotzig verlogen, falsch
Hat was net ’passt? Gab es ein Problem?
Höh (sprich: Häh) Polizei
Hirnederl, Wappler, Depperl dummer Mensch
Ich mach mir ins Hoserl! Ausruf des Erstaunens
Is’ was? Gibt es ein Problem?
im Pfusch durch Schwarzarbeit
Kieberer Polizist
Klumpert, Kramuri, Ramsch wertloses, altes Zeug, unnützes Ding
Kummerln Kommunisten
Kapazunder hervorragender Fachmann, Kapazität
krawutisch wütend
kein Leiberl reißen keine Chance haben
Läus im Magen kriegen Unzufriedenheit über ein Getränk äußern
letschert fad, weich
nimma nicht mehr
nix nichts
Na, eh wurscht/Is mir blunzen! Das ist egal. Das ist nicht wichtig.
papierln zum Narren halten
Pfitschipfeil Pfeil zum Kinderbogen
Peitscherlbub Zuhälter
Reibach Gewinn
Rotzbuben, Rotzpipen, Gfraster junge freche Kerle
Schnapsidee dumme, sinnlose Idee Fuzerl sehr kleines Stück
Seicherl Muttersöhnchen
Strizzi Ganove
Sparefroh $$$ :)
Spompanadeln unerwünschtes Verhalten
Tschinellen Schlagbecken, Ohrfeige
Tschik Zigarette, Kippe
Untergattler Unterhose
Urstrumpftant sehr weitschichtige Verwandte
Wie das Herrl, so sein Gscherl. Wie der Herr, so sein Hund.
wampert dickbäuchig
Waschmuschel Waschbecken
zach zäh
zündeln mit Feuer spielen
Zumpferl Penis
Ein Telefon klingelt. Der Anrufbeantworter schaltet sich ein.
ANRUFBEANTWORTER »Aah, this is the phone of Harry Schwarzkopf. I am not at home at the moment, so please leave a message … ein lautes Staubsaugergeräusch ist zu hören … Mercedes! Are you nuts? Didn’t you get that? I am just recording my fucking … beep«
SITTICH »Ja, hier spricht Otto Sittich. Du, ich hab da ein Problem mit … ich muss mit dir reden … besuch mich, wenn du da bist … und sag niemandem … dass ich angerufen habe. Also bis dann. Servus … Harald.«
ANRUFBEANTWORTER »Message recorded on Friday, May 13th, 10:21 pm. Thank you for calling.«
***
___________________
Montag, 16. Mai
*
*
Im Büro des Bundeskanzlers thront Schuhnagel an seinem Tisch und sieht fern. Auf einem TV-Schirm läuft ein Spongebob-Cartoon. Die Chefsekretärin mit Headset und elektronischem Organizer kommt ins Zimmer.
SEKRETÄRIN »Herr Bundeskanzler. Der Termin für den außerordentlichen Frühstücksrapport. Das Thema ist ›Schwarzkopf‹. Die Herren sind gerade eingetroffen.«
SCHUHNAGEL »Ist’s schon so spät? Ach ja. Geh, stellen’S den Ton einmal ab, man versteht ja sein eigenes Wort net. Wer ist heut dabei?«
Die Sekretärin stellt den Ton ab.
SEKRETÄRIN »Innenminister Bitterlich, Polizeipräsident Weinbeisser, Staatssekretär Wamperl und der Leiter der Kriminalpolizei Stiefelknecht.«
SCHUHNAGEL »Lauter neue Leut. Man sollt net so oft wählen lassen. Soll ich mir das jetzt merken? Geben’S denen ein Taferl. Dann lassen’S die Bagage reinkommen.«
SEKRETÄRIN ins Headset »Du kannst sie reinschicken.«
Schuhnagel erhebt sich und stellt sich vor den TV-Schirm. Innenminister Bitterlich, Staatssekretär Wamperl, Polizeipräsident Weinbeisser und Chef der Kriminalpolizei Stiefelknecht werden hereingeführt. Bis auf Bitterlich tragen sie kleine Kreidetafeln um den Hals, auf die ihre Namen geschrieben sind. Verwundert blickt Stiefelknecht auf seine Tafel. Die Herren nehmen am Tisch Platz, während die Sekretärin das Büro verlässt.
SCHUHNAGEL »Meine Herren, wir sind heute hier, um alles Erdenkliche zu tun, damit sich dieser Mann in Österreich wohl fühlt. Im Gegenzug werden wir dafür außerordentlich Reibach machen.«
STIEFELKNECHT »Reibach?«
SCHUHNAGEL zu Bitterlich »Spricht er kein Deutsch?
STIEFELKNECHT »Mein … mein Vater kommt aus Berlin.«
SCHUHNAGEL nickt »Hab ich mir schon ’dacht. Um es für Sie einzudeutschen, Stiefelhecht: Es geht um’s Geld! Und das hat oberste Priorität, wir verstehen uns?«
Schuhnagel geht zur Seite und gibt den Blick auf den TV-Schirm frei, der noch immer den Spongebob-Cartoon zeigt. Schuhnagel, der den TV-Schirm im Rücken hat, reibt sich zufrieden die Hände. Die anderen sehen auf den TV-Schirm und verziehen keine Miene.
SCHUHNAGEL »Was sagen’S, meine Herren? Habe ich das nicht klass eingefädelt? Beziehungen sind alles, in Hollywood und in Wien! Merken Sie sich das!«
BITTERLICH zum TV-Schirm deutend »Sie kennen … ihn persönlich, Herr Bundeskanzler?«
SCHUHNAGEL »Nicht persönlich! Aber das wird sich ändern. Wamperl! Sie werden ihn am Flughafen mit allen Ehren begrüßen.«
WAMPERL »Die Hohe Warte hat für heute Regen ang’sagt, Herr Bundeskanzler.«
WEINBEISSER »Das stimmt. Ich hab das auch g’hört.«
SCHUHNAGEL »Na und?«
WAMPERL »So ein Schwamm sauft sich ziemlich voll, wenn’s nass wird, Herr Bundeskanzler.«
SCHUHNAGEL »Wollen Sie mir damit andeuten, dass der Kerl sauft? Unerhört. Der Mann ist ein Kapazunder in Hollywood! Sie haben keine Ahnung, Wamperl, also schweigen’S.«
Die Herren verziehen keine Miene. Plötzlich lacht Stiefelknecht auf, weil er eine Szene des Cartoons amüsant findet. Er verstummt und sieht irritiert zu den anderen.
SCHUHNAGEL »Finden Sie das spaßig?«
STIEFELKNECHT nervös »Ich weiß nicht … irgendwie schon.«
SCHUHNAGEL »Das nächste Mal stell ich Sie in die Eck’n!«
Die Sekretärin kommt herein.
SEKRETÄRIN »Herr Bundeskanzler. Der Deutsche Kulturminister von Sandstein lässt ausrichten, dass er heute Abend am Flughafen Schwechat mit den Exil-Wienern ankommt. Er möchte wissen, ob er empfangen wird.«
Die Sekretärin wechselt das Programm zu AustriaLIVE und stellt den Ton an.
SCHUHNAGEL »Ach so, ja. Der a no. Sagen’S ihm, dass er vom Wamperl abg’holt wird. Das spart Benzin.«
Wamperl malt sich einen Punkt auf seine Tafel.
WAMPERL zu Stiefelknecht leise »Einer hat immer das Bummerl.«
STIEFELKNECHT leise »Bummerl?«
WAMPERL leise »Ich hab den Schwarzen Peter ’zogen, aber das dürf’ma ja nimma sagen, wegen der politischen Korrektheit. nachdenklich Ist ja eigentlich ein Widerspruch in sich … also politisch und korrekt, net? Aber so lang’s niemanden auffällt …«
SCHUHNAGEL »Schwätzen’ S net, Wamperl! dreht sich zum TV-Schirm So. Jetzt kommt dann gleich das Interview mit dem Schwarzkopf. Ich bin g’spannt wie ein Pfitschipfeil, was er sagen wird. Ich geh ja nachher mit dem Außenminister essen. Der wird sich freuen. Die übertragen das Ganze ja nach Deutschland und in die Schweiz. Für die Japaner und die Russen werden Untertitel eing’spielt. reibt sich die Hände Stiefelhecht, Sie schreiben auf, wie oft der Schwarzkopf Wien und Österreich in den Mund nimmt.«
STIEFELKNECHT »Soll … soll ich es auf der Tafel notieren, Herr Bundeskanzler?«
*
Bernhard und Bianca sind wieder auf Sendung. Beide haben kleinere Kärtchen in der Hand.
BIANCA »Wo fangen wir an, Bernhard?«
BERNHARD »Mit seiner Kindheit, Bianca. liest vom Kärtchen Harald Schwarzkopf wächst in den frühen 1970ern in Wien in einem gutbürgerlichen Umfeld auf … also, da gibt es eigentlich keine Besonderheiten. Er verlebt eine Kindheit wie du und ich … aha, sehe gerade, dass er mit dem Roller gestürzt ist.«
BIANCA »Hat er sich wehgetan, Bernhard?«
BERNHARD »Er dürfte nicht auf den Kopf gefallen sein, Bianca.«
Beide lachen.
BIANCA »Seine Mutter ist eine amerikanische Schauspielerin, wusstest du das, Bernhard? Sie hat sich von seinem Vater scheiden lassen, als Schwarzkopf … liest 12 Jahre alt war.«
BERNHARD in Biancas Dekolleté blickend »Das muss ein schöner Ausschnitt in seinem Leben gewesen sein …«
BIANCA »Ah … seine Mutter hat ihn verlassen, Bernhard! Sie ist nach Kalifornien zurück. Deshalb muss der junge Schwarzkopf die nächsten Jahre bei seinem Vater in Wien bleiben.«
BERNHARD »Aber kurz vor seiner Matura – auch komisch, oder? – beschließt er, zu seiner Mutter nach Kalifornien zu ziehen. Und von da an geht es Schlag auf Schlag. Sie hat nämlich gute Kontakte im Filmgeschäft. liest Und so bekommt der junge Schwarzkopf die Chance, sich im amerikanischen Studiobetrieb zu behaupten.«
BIANCA »Ja, er beginnt kurze und knackige Storys zu schreiben und gewinnt dadurch die Aufmerksamkeit der Filmemacher. Seine Reifeprüfung – jetzt hat er doch noch seine Matura gemacht, Bernhard beide lachen – legt er mit dem Drehbuch zum bombastischen Science-Fiction-Action-Reißer Alienator ab. Es folgen ›Alienator 2 – Die Rückkehr‹, ›Alienator 3 – Die Abrechnung‹ und schließlich ›Alienator 4 – Zeit der finsteren Zärtlichkeit‹, die allesamt viel … sehr viel Geld einspielen.«
BERNHARD »Bei den letzten beiden Filmen hat er aber nicht nur das Drehbuch, sondern auch die Produktion übernommen! Deshalb konnte er den jungen deutschen Shooting-Star Ernesto Ostwaldo für die Regie gewinnen, der … liest mit seiner eigenwillig psychedelischen Filmsprache neue Maßstäbe setzte und das Genre des Actionfilms neu belebte.«
BIANCA »Und weil die Filme so erfolgreich waren, konnte wohl auch ein Jack Bronkowitz nicht an den beiden vorbeikommen. Der Hollywood-Mogul vertraut also auf die Fähigkeiten dieses Kreativ-Duos und gemeinsam machen sie das Remake zum Film … ah, den Titel merk ich mir einfach nicht, Bernhard … ist wie verhext heut … liest ›The third man‹ … von 1949.«
BERNHARD »Wir haben uns umgehört in Hollywood, und eines ist klar: wenn das Filmprojekt wie geplant umgesetzt und ein Erfolg wird, dann hat es Schwarzkopf endgültig geschafft und spielt in der höchsten Liga Hollywoods. Dann darf er sogar Mr. Bronkowitz anrufen.«
BIANCA »Nimmst du mich auf den Arm, Bernhard?«
BERNHARD »Nein, Bianca. Es ist wirklich so. Nur ganz wenige Leute dürfen die Hollywood-Mogule persönlich kontaktieren.«
BIANCA »Das heißt, Harald Schwarzkopf muss warten, bis er angerufen wird?«
BERNHARD »Ja, genau.«
BIANCA »Dann hoffen wir, dass er erreichbar ist, wenn der … Big Boss anläutet.«
Beide lachen.
BIANCA »Wow! Ich kann es gar nicht erwarten, Schwarzkopf in Wien zu sehen. Aber er soll nicht alleine kommen. Hast du das auch gehört, Bernhard?«
BERNHARD »Ja, mit Schwarzkopf wird Ernesto Ostwaldo mit nach Wien kommen. Das Regie-Wunderkind soll auch in diesem Film die Regie übernehmen.«
BIANCA »So viel Hollywood gab’s noch nie in Wien!«
BERNHARD »Haha. Stimmt, Bianca. Und damit wir Ihnen einen kleinen Vorgeschmack auf Hollywood geben, haben wir ein Team zum Flughafen von L. A. geschickt, um das erste Interview mit den beiden zu machen. Ich muss die Regie fragen, ob wir schon so weit sind?«
TV-REGIE »Noch fünf Minuten!«
BERNHARD »In fünf Minuten werden wir das erste Interview von Harald Schwarzkopf im österreichischen Fernsehen ausstrahlen. Nur auf AustriaLIVE.«
BIANCA »Ja, nur bei uns!«
Eine längere Pause entsteht.
BERNHARD »Hast du auch gehört, dass Harald Schwarzkopf über zwei Jahre an diesem Projekt gearbeitet haben soll?«
BIANCA »Zwei Jahre? Wow! Da können wir uns auf einiges gefasst machen.«
BERNHARD »Vielleicht gibt es ja diesmal einen Oscar für ihn. Seine bisherigen Filme wurden nicht einmal erwähnt.«
BIANCA »Aber mit dem vielen Geld, das seine Filme eingespielt haben, kann er sich später einmal immer noch einen Oscar kaufen, oder?«
Beide lachen. Eine längere Pause entsteht.
BIANCA »Hast du eigentlich den Originalfilm gesehen?«
BERNHARD »Der ist doch uralt, Bianca. Oder kennst du einen … wie hieß er … liest Orson Welles?«
BIANCA »Orson Welles? Der hat sich noch nicht bei mir vorgestellt. lacht Lebt er noch?«
BERNHARD »Ich weiß nicht. liest Nein, der ist schon tot.«
BIANCA »Sind nicht Tommy Lee und Puffy Slay im Gespräch für die Hauptrollen? Stell dir vor, die beiden würden nach Wien kommen, um hier zu drehen? Bianca fächelt sich Luft zu Huh, da wird wahrscheinlich nicht nur mir heiß.«
BERNHARD »Falsche Schlangen sind Kaltblüter, Bianca!«
BIANCA »Haha, du bist aber witzig, Bernhard. Wir machen eine kleine Pause und sind gleich für Sie zurück.«
Die beiden lächeln in die Kamera und warten auf das Zeichen der Regie.
TV-REGIE »Okay, das war’s!«
Die beiden entspannen kurz, dann wendet sich Bianca zu Bernhard und lächelt.
BIANCA »Leck mich!«
***
In der Herren-Toilette des Flughafens von Los Angeles liegt ein schwarzer Trolley auf einem heruntergeklappten Wickeltisch. Auf der Vorderseite des Trolleys steht in großen Lettern:
FOR A FEW YEN MORE
Has it got a wild finish? See it on September, 10th
Ernesto Ostwaldo – klein, gerade mal 21 Jahre jung, eine Brille mit dunkelgelben Gläsern auf der Nase und mit zersausten Haaren – öffnet den Trolley. Vor dem Wickeltisch hat sich das dreiköpfige TV-Team von AustriaLIVE aufgestellt. Reporter, Kameramann und Techniker besprechen die letzten Details für ihr Interview, das sie mit Schwarzkopf machen möchten. Ernesto nimmt eine Pillendose aus dem Trolley und hält sie in die Höhe.
ERNESTO »Das ist Acid! Bester Stoff! Wenn ihr euch davon eine Pille reinknallt, werdet ihr die beste Live-Übertragung machen, die euer verdammter Sender jemals gesehen hat. Wie heißt der noch mal?«
REPORTER »AustriaLIVE!«
ERNESTO »Yah, Mann! Austria Five.«
Ernesto zwinkert und öffnet die Pillendose. Der Reporter wirft einen Blick in den Koffer, der mit Pillendosen vollgestopft ist und bekommt große Augen.
REPORTER »Ich mach mir ins Hoserl!«
Ernesto gibt jedem mehrere Pillen in die Hand.
ERNESTO »Hab ich von Jack Bronkowitz!«
REPORTER zerkaut die Pille »Bronkowitz dealt mit Shit?«
ERNESTO »Shit?«
Das Mobiltelefon des Reporters klingelt. Er geht mit den anderen beiden ein Stück zur Seite. Ernesto sieht auf seinen Trolley.
ERNESTO zu sich »Der Trolley ist shit?«
REPORTER ins Telefon »Ja, Charlie, wir machen gleich das Interview. leise zu Ernesto Kannst du den Schwarzkopf anrufen?«
ERNESTO »Null problemo, Mann! Ich ruf ihn am Mobile an und in zero Warp ist er da.«
Ernesto klappt sein Mobiltelefon auf und ruft Schwarzkopf an. Er geht zur Türe und hört Schwarzkopfs Klingelmelodie von außerhalb. Erfreut ruft er »Schwarzi!« und stößt die Türe auf. Ein dumpfer Aufprall ist zu vernehmen. Ernesto kommt aus der Herren-Toilette und sieht Schwarzkopf am Boden liegen.
ERNESTO zögerlich »Schwarzi?«
SCHWARZKOPF »Ich hasse es, wenn du mich Schwarzi nennst! stöhnt Shit, ich glaube, meine Nase ist gebrochen.«
Ernesto macht ein entsetztes Gesicht, geht betreten in die Herren-Toilette zurück, drückt dem Reporter sein Mobiltelefon in die Hand und ergreift die Flucht. Vor der Herren-Toilette bilden die älteren Herren einen Kreis um den am Boden liegenden Schwarzkopf.
ÄLTERER HERR #1 »Ist das net der Lang?«
ÄLTERER HERR #3 »Wollt er net im 19er Jahr ›Harakiri‹ machen?«
ÄLTERER HERR #2 »Hat er eh.«
Die alten Männer helfen Schwarzkopf auf, der kurz durchatmet, dann die Herren-Toilette und ein Waschbecken aufsucht, wo er seine Nase mit kaltem Wasser beruhigt. Wenige Schritte entfernt steht das TV-Team, das von den Pillen aufgekratzt ist und gerade hysterisch über einen schlechten Witz lacht. Der Techniker geht zum Waschbecken und spritzt sich Wasser ins Gesicht. Dabei wirft er kurz einen Blick zu Schwarzkopf, der ein Waschbecken weiter seine Nase vorsichtig betastet. Der Reporter und der Kameramann besehen sich neugierig Ernestos Mobiltelefon.
TECHNIKER »Ich hab gehört, dass dieser Schwarzkopf stockschwul ist.«
Der Reporter kichert. Der Techniker greift zu einem Papierspender und bemerkt, dass dieser leer ist. Er sieht zur Seite.
REPORTER »Ein Schwulibär? Der wär doch was für Bernhard.«
KAMERAMANN »Bernhard ist nicht schwul. Er soll was mit der Bianca haben. Ganz exklusiv!«
TECHNIKER »Soll das ein Witz sein? Die hat doch schon mit allen rumgemacht! Putzfrau inklusiv!«
Das TV-Team lacht. Der Kameramann rülpst und hält sich den Magen. Der Techniker geht zum Papierspender, der beim Waschbecken von Schwarzkopf montiert ist, und nimmt das letzte Papier heraus. Während er sich Hände und Gesicht trocknet, mustert er Schwarzkopf abschätzig, lässt das zerknüllte Papier fallen und geht zu seinen beiden Kollegen.
TECHNIKER »Der Kerl dort, bei der Waschmuschel … der sieht ziemlich fertig aus. Hat mich vorhin deppert ang’schaut.«
KAMERAMANN »Das kommt von der Sonne … die brennt hier allen das Gehirn raus.«
Gelächter. Der Kameramann schultert seine Kamera, während der Reporter am Telefon herumtippt.
REPORTER »Ich ruf unseren … Schwachkopf an. Gekichere Seine Filme sind sowieso das Letzte.«
KAMERAMANN »Auf die Flasche bin ich gespannt.« Gelächter
TECHNIKER »Diese Filmfuzzis können mir alle einen Luftballon aufblasen.« Gepruste
Schwarzkopf klebt sich gerade ein Pflaster über die Nase, als sein Mobiltelefon läutet. Das TV-Team dreht sich verwundert zu ihm.
***
Im Wohnzimmer der Grünlichers sitzen die Kinder vor dem TV-Schirm und sind von AustriaLIVE gelangweilt. Sie beginnen, sich lautstark zu hänseln. Grünlicher bittet seine Kinder, leiser zu sein. Das TV-Bild zeigt das Moderatorenpärchen Bernhard und Bianca.
BIANCA »Ich höre gerade, dass wir ein Live-Bild bekommen. Ich gebe jetzt zu meinem Kollegen Amir, der Harald Schwarzkopf vor der Kamera hat. Exklusiv für AustriaLIVE.«
Das TV-Bild zeigt den Reporter. Im Hintergrund ist das Pissoir auszumachen.
REPORTER »Hello Vienna! kichert Ich melde mich hier aus Los Angeles. Wir sind am Flughafen und können endlich das erste Interview mit Harald Schwatz … kichert Schwarzkopf machen, auf das die ganze Welt wartet.«
Das TV-Bild zeigt den Boden der Toilette.
REPORTER »Uh … unser Kameramann hat einen empfindlichen Magen, der verträgt keinen Fisch. Wo ist der F i s c h ? kichert Aber es ist nicht so schlimm, stimmt’s, Alfie?«
Der Kameramann übergibt sich. Die Kinder stehen auf, lachen und zeigen auf den TV-Schirm.
KINDER »Der Mann hat sich angespieben … pfui, pfui, pfui!«
Die Eltern können das TV-Bild nicht sehen.
MUTTER »Also wirklich, Claudia. Wir sitzen gerade beim Frühstück! So etwas sagt man nicht.«
GRÜNLICHER »Jetzt setzt euch nieder. Man sieht ja nichts.«
Die Kinder setzen sich und beruhigen sich.
REPORTER »Ach du Scheiße, Alfie kichert … könntest du die Kamera vielleicht in die Höhe halten? Herr Schwanzkopf kichert … was ist Ihr Eindruck von der gegenwärtigen Situation … also, was sind die nächsten Tritte … Schritte, die Sie und Bronkowitsch planen, in Bezug auf diesen grübelt … Film? Sie drehen doch einen Film, oder?«
Das TV-Bild zeigt die Schuhe von Schwarzkopf und geht langsam hinauf, bis die Kamera schließlich das Gesicht von Schwarzkopf erfasst. Er blickt nach unten, hat ein Pflaster um seine geschwollene Nase und zieht seine Stirn in Falten.
MUTTER »Das soll dieser Schwarzkopf sein? Warum hat er ein Pflaster auf der Nase?«
GRÜNLICHER »Im Filmbiz geht es eben rauer zur Sache, Schatz.«
Der Techniker lässt einen lauten Furz.
TECHNIKER »Diese verschissenen Pillen!«
Das Gesicht von Schwarzkopf verfinstert sich.
SCHWARZKOPF »Die nächsten Schritte? spuckt zur Seite Ich werde jedem von euch Schwanzlutschern derart in die Eier treten, dass ihr nicht mehr wisst, wie euer verfickter Sender heißt!«
Das TV-Bild zeigt Schwarzkopf, wie er den Reporter am Kragen packt und heftig schüttelt. Die Münder der Kinder und der Eltern sind weit offen. Das Mädchen dreht sich zur Mutter.
MÄDCHEN »Was ist ein …«
SCHUHNAGEL »Schwanzlutscher?«
Im Büro des Bundeskanzlers sitzen die Herren mit versteinerter Miene vor dem TV-Schirm. Man hört das leise Jammern des Reporters .
SCHWARZKOPF »Das nächste Mal werde ich euch Arschlöcher die Toilette runterspülen!«
Das TV-Bild friert mit Schwarzkopfs Gesicht ein. Schuhnagel geht zum TV-Schirm.
SCHUHNAGEL »Der Kerl ist ja eine richtige Kampfsau! War der vielleicht bei unseren Jägern?«
BITTERLICH »Er war untauglich, Herr Bundeskanzler.«
SCHUHNAGEL »A so? Wegen was?«
BITTERLICH »Wegen dem Rückgrat.«
SCHUHNAGEL »… der Rückrath? War des der spinnerte General, der sich mit einer Luëger daschossen hat? Na, eh wurscht. Weingneißer, Sie sorgen dafür, dass der Schwarzkopf keine Leut mehr verprügelt. Jedenfalls net in Österreich. Schadet ja unserem prächtigen Ansehen, net?«
WEINBEISSER »Ich werde dafür sorgen, Herr Bundeskanzler. salutiert Sie können sich auf Ihren neuen Wiener Polizeipräsidenten voll und ganz verlassen.«
SCHUHNAGEL »Falls net, dürfen’S den Verkehr regeln. Bei der Energiekrise fallen eh dauernd die Ampeln aus. So! Jetzt gemma frühstücken. Hoffentlich ist die Eierspeis’ net wieder so versalzen.«
***