Nr. 99

 

Ein Freund der Menschen

 

Die Ausgestoßenen kommen – und der Einsame auf Ufgars Planet hat keine Zeit zum Sterben ...

 

von WILLIAM VOLTZ

 

 

Perry Rhodan und seine Getreuen haben seit den Tagen der Dritten Macht, die nach vielen Konflikten die politische Einigung der irdischen Menschen herbeiführte, einen langen und harten Weg zurückgelegt.

Mit Hilfe der von ihnen genützten arkonidischen Supertechnik haben sie den Terranern den Weg zu den Sternen gewiesen – trotz schwerer Widerstände und Rückschläge von innen und außen.

Weil sie auch in größter Not nicht resignierten oder aufgaben, sondern nach Auswegen suchten, schafften sie es, das Solare Imperium der Menschheit zu erhalten und sogar auszuweiten!

Aber die Terraner vollbrachten es nicht allein, sondern nur mit maßgeblicher fremder Unterstützung!

Einer dieser Helfer der Menschheit ist Crest, der alte Arkonide, dem Terra zur neuen Heimat geworden ist!

Niemals im Laufe der Jahrzehnte ist Crest besonders hervorgetreten. Seine Stärke war es, im Stillen zu wirken und fruchtbare Ratschläge zu erteilen ...

Jetzt, zu Beginn des Jahres 2045, ist Crest müde geworden. Er möchte seine letzten Tage in Ruhe und Beschaulichkeit verbringen.

Perry Rhodan erfüllt Crests Wunsch, doch Crest selbst findet nicht die langersehnte Ruhe – denn sonst könnte er nicht EIN FREUND der MENSCHEN bleiben und sein Versprechen einlösen ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Crest – Ein Freund der Menschen.

Golath, Liszog und Zerft – Ausgestoßene vom Planeten Unith.

Perry Rhodan – Administrator des Solaren Imperiums.

Reginald Bull, genannt Bully – Es fällt ihm nicht leicht, sein Temperament zu zügeln.

Leutnant Chad Tuncher – Er entdeckt, dass Crests Haus schief steht.

Leutnant Davis Bowler – Leitender Funkoffizier in Terrania.

Vorwort

 

Der Mann hat das Ende der Orionallee erreicht. Eine große Liegewiese schließt sich hier an die Prachtstraße an, umrahmt von blühenden Büschen und Blumen. Etwas verwundert blickt der Mann zurück. Vor wenigen Minuten noch befand er sich zwischen Großstadtverkehr und hypermodernen Gebäuden.

Terrania, Mittelpunkt des Solaren Imperiums, ist eine riesige Stadt voller Gegensätze. Sie bietet dem Erholungssuchenden Ruhe und Entspannung in wunderschönen Parks und Anlagen.

Der Mann läuft jetzt am Rande der Wiese entlang. Dort, im Schatten dreier Bäume, befindet sich seit kurzer Zeit ein Denkmal. Es ist nicht besonders groß. Ein Mensch, der es eilig hat, würde daran vorüberhasten, ohne es zu entdecken. Doch der Mann bleibt stehen. Sein Blick fällt auf den Sockel, der aus hellem Naturstein gearbeitet ist. Die Gestalt eines Mannes, von einem begnadeten Künstler geschaffen, steht auf dem Sockel. Ein Sonnenstrahl bricht durch das Laubwerk der Bäume und fällt in das gemeißelte Gesicht. Unwillkürlich tritt der Mann einen Schritt zurück. Fast scheint es, als lebe diese Figur. Sie stellt einen großen, schlanken Mann dar. Sein offensichtlich alternder Körper ist von einem weiten Umhang umgeben. Er hält den rechten Arm ausgestreckt. Es ist eine beschützende Geste.

Der Mann vor dem Denkmal lächelt etwas wehmütig.

Das steinerne Gesicht vor ihm ist offen und intelligent. Ein sanftes Lächeln liegt auf den starren Zügen.

In den Sockel sind vier Worte eingeprägt. Der Mann liest sie, langsam und mehrmals hintereinander. Ein Freund der Menschen. Mehr nicht. Da steht kein Name, kein Datum und kein Bericht über große Taten. Nur dieser eine Satz.

Jeder weiß, was dieser Mann für die Erde getan hat.

Und jeder weiß, wem man dieses Denkmal errichtet hat.

Der stumme Betrachter wendet sich langsam wieder ab. Er läuft quer über die Wiese. Ein Lasttaxi kreist über ihm. Er schaut nicht auf. Seine Gedanken sind bei jenem Mann aus Stein. Es sind dankbare Gedanken. Seine Lippen formen den Namen des Mannes, als wolle er sich ihn für alle Zeiten unauslöschlich einprägen: »Crest!«

1.

 

Rhodans Schritte knirschten im Kies. Sie hinterließen eine tiefe Spur in dem feuchten Sand. Ein leichter Wind bewegte die Oberfläche des großen Sees und bildete Schaumkronen auf den flachen Wellen. Muscheln und farbenprächtige Steine lagen in großer Zahl am Boden.

Direkt schräg über Perry Rhodan, auf dem höchsten Punkt des Steilhanges, ruhte die mächtige SOLAR SYSTEM auf ihren Landestützen. Der Schwere Kreuzer der Terra-Klasse hatte immerhin einen Durchmesser von zweihundert Metern.

Selbst dem Administrator, dem sich solche Anblicke immer wieder boten, erschien das Schiff in dieser Lage wie ein vorweltliches Ungeheuer, das drohend dort oben auf der Lauer lag.

Rhodan blieb stehen und atmete tief die klare Luft ein. Die Verladeluke der SOLAR SYSTEM hatte sich geöffnet. Langsam tauchte der Auslegerkran darin auf. Die drahtige Gestalt von Leutnant Chad Tuncher wurde sichtbar. Tuncher gab einem Soldaten Anweisungen über die Bedienung der Kontrollen.

Zum ersten Mal sah Rhodan den Mann an, der einige Schritte von ihm entfernt am Ufer stand.

»Wo wünschen Sie, dass das Haus errichtet wird, Crest?«, fragte er.

Es musste ein besonderer Klang in seiner Stimme gelegen haben, denn der alte Arkonide kam zu ihm herüber, um ihm die Hand auf die Schulter zu legen.

»Es ist gegen Ihre Überzeugung, mir diesen Platz für meine letzten Tage einzurichten, nicht wahr, Perry?«

»Es ist gegen meine Überzeugung, einen Freund allein zu lassen«, erwiderte Rhodan ruhig. Sein hageres Gesicht zeigte keine Gemütsbewegung, aber auch ein weniger aufmerksamer Beobachter als Crest hätte bemerkt, wie sich die Hände des schlanken Raumfahrers zu Fäusten ballten.

»Ich weiß, welche Bedeutung für Sie das Wort Freund besitzt«, sagte Crest. Seine Stimme klang klar, fast ließ sie den alternden Körper vergessen. Doch auch sie mochte nicht darüber hinwegzutäuschen, dass das Leben des arkonidischen Wissenschaftlers zu Ende ging. Crest hatte, ebensowenig wie Rhodans verstorbene Frau Thora, die Zelldusche auf Wanderer erhalten können. Die Kunst der Ärzte und die Errungenschaften der arkonidischen Medizin konnten zwar ein Leben verlängern, aber Wunder waren auf dieser rein biologischen Basis nicht zu erwarten. Crest, der Philosoph genug war, um alle Dinge richtig abzuschätzen, fühlte seinen Tod nahen. Er war zu Rhodan gekommen und hatte darum gebeten, dass man ihn auf diesem Planeten absetzen solle. Er hatte sich von seiner eigentlichen Heimat, Arkon, seelisch zu sehr entfernt, um noch den Wunsch nach einer Rückkehr in sich zu spüren. Auch auf der Erde wollte er nicht sterben. In grimmiger Ironie hatte er Rhodan erklärt, dass er nicht in einem Bett enden wolle, umgeben von »trauernden Barbaren«.

Der Arkonide hatte Rhodan von einem kleinen, den Menschen bisher unbekannten Sonnensystem berichtet, das 6381 Lichtjahre von der Erde entfernt war. Die normalgroße, gelbe Sonne wurde von fünf Planeten umkreist und war bereits vor einigen Jahrtausenden von dem Arkoniden Ufgar entdeckt worden. Das System trug den Namen des Entdeckers. Der zweite Planet war eine wasserreiche Sauerstoffwelt, etwas größer als der Mars. Die Schwerkraft betrug 0,84 Gravos. Urwälder und Meere bedeckten den Planeten. Intelligente Lebewesen gab es hier nicht.

Diese Welt hatte sich Crest dazu auserwählt, seine letzten Tage zu beschließen. Rhodan hatte dem Drängen des Wissenschaftlers schließlich nachgegeben und war mit der SOLAR SYSTEM von Terrania gestartet.

Jetzt waren sie hier, um Crest einen guten Platz auszusuchen.

»Vorsicht, da unten!«, brüllte Leutnant Tuncher herunter. Im gleichen Moment erkannte er, dass es Rhodan war, der seiner Verladearbeit im Wege stand.

»Entschuldigen Sie, Sir«, rief er etwas leiser.

Der Ausleger des Krans schwenkte aus der Luke heraus. Tuncher wedelte mit den Armen, als das kleine Haus an dem Haken zu schwanken begann.

»Wollt ihr eine Ruine hier absetzen?«, schrie er außer sich.

Einige verschüchterte Männer erschienen am Rande der Luke, um den Erfolg ihrer bisherigen Arbeit zu besichtigen. Der Leutnant knurrte sie unzufrieden an.

»Ist der Platz da unten richtig, Sir?«

»Ja«, bestätigte Rhodan, »die Männer sollen ablassen.«

Frei an einer Stahltrosse hängend, sank das Fertighaus langsam auf das Ufer hinab. Tuncher begleitete den Vorgang mit Verwünschungen und Drohungen. Schließlich landete alles wohlbehalten im Sand.

»Wie gefällt es Ihnen?«, erkundigte sich Rhodan.

»Wahrscheinlich ist es viel zu komfortabel«, lächelte Crest. »Ich kann mir vorstellen, dass Sie an nichts gespart haben.«

Etwas bitter sagte Rhodan: »Ein winziges Haus für das, was Sie für unser Volk getan haben – was ist das schon?«

»Alles was ich getan habe, habe ich gern und aus freiem Willen getan.« Crest nickte, und seine rötlichen Augen schienen zu schimmern. »Es ist nur wenigen vergönnt, an dem Aufbau einer großen Rasse entscheidend mitzuarbeiten. Die Menschen waren für mich immer wie Kinder, die man beschützen und leiten muss. Das ist jetzt vorbei. Die Menschheit ist aus den Kinderschuhen gestiegen und redet bei den Erwachsenen mit. Ich weiß, dass dieser Rasse eine große Zukunft bevorsteht, wenn sie weiter handelt wie bisher. Und es ist mein besonderer Wunsch, dass es immer Männer wie Sie geben möge, Perry.«

»Wir wollen uns Ihr neues Heim ansehen«, lenkte Rhodan ab. »Ich habe Ihnen schon gesagt, dass Sie außerdem eine moderne Space-Jet mit Hyperantrieb und Hyperfunk erhalten. Sie haben also jederzeit die Möglichkeit, zur Erde zurückzukehren, oder um Hilfe zu rufen. Denken Sie daran, dass es hier keine Ärzte gibt, die Ihnen helfen können. Auf jeden Fall lasse ich Ihnen zwei Kampfroboter zurück. Die Wahrscheinlichkeit, dass fremde Intelligenzen hier landen, ist zwar gering, aber wir wollen sie in Betracht ziehen. In einem solchen Falle müssen Sie verhindern, dass die Space-Jet in falsche Hände gerät. In dem Kleinstschiff sind elektronische Anlagen und Triebwerke montiert, die auf keinen Fall bei fremden Mächten bekannt werden dürfen, da sie lebenswichtig für die Solare Flotte sind.«

»Ich verspreche Ihnen, dass ich den Diskus wie einen Augapfel hüten werde«, versicherte Crest. »Machen Sie sich darüber keine Gedanken.«

Gemeinsam schritten sie auf das Haus zu. Crest ging etwas gebückt und atmete schwer. Sein ausdrucksvolles Gesicht war von Falten überzogen. Selbst die hohe Stirn war nicht frei von Zeichen des Alters geblieben. Das weiße, wallende Haar des Arkoniden fiel fast bis auf die Schultern. Trotz der Last seiner Jahre war Crest eine beeindruckende Erscheinung geblieben.

Sie hatten das Gebäude erreicht.

»Die Tür öffnet sich automatisch, wenn Sie darauf zugehen«, erklärte Rhodan und machte eine einladende Handbewegung.

Sie traten ein und wurden sofort von einer behaglichen Wärme umfangen.

»Hier werde ich an den Abenden sitzen und auf den See hinausblicken«, sagte Crest leise und trat an das große Fenster. »Meine Augen werden hier, aber meine Gedanken an anderer Stelle sein.«

»Gibt es überhaupt einen Gedanken, den Sie noch nicht gedacht haben?«, fragte Rhodan ebenso leise.

Crest stützte sich mit den Armen auf die Fensterbank. Obwohl das Glas des Fensters spiegelfrei war, glaubte Rhodan, das Gesicht des Arkoniden darin zu erkennen.

»Ich bin ein alter Mann«, sagte Crest. »Das Alter lässt viele Dinge anders erscheinen. Man gewinnt einen gewissen Abstand zu allen Vorgängen um sich her.«

»Sie werden einsam sein«, unternahm der Administrator einen neuen Versuch. »Die Roboter werden Sie bedienen, Ihr Essen zubereiten und das Haus bewachen. Vielleicht würden Sie sich ab und zu gern mit einem anderen Menschen unterhalten.«

Crest wandte sich um und sah Rhodan offen an.

»Ich freue mich auf das Alleinsein«, sagte er ruhig. »Sie sehen in mir immer noch den aktiven, arkonidischen Wissenschaftler.« Er schüttelte den Kopf, und seine langen Haare vollführten einen leichten Tanz über der Schulter.

»Betrachten Sie mich als das, was ich in Wirklichkeit bin: ein müder, alter Mann.«

Bevor Rhodan etwas erwidern konnte, stürmte Leutnant Tuncher in den Raum. Sein Gesicht war gerötet.

»Entschuldigen Sie, Sir«, keuchte er. »Diese unfähigen Kerle haben das Haus verkehrt abgesetzt – es steht schief.«

»Es steht schief?«, wunderte sich Crest. »Das ist mir bisher entgangen.«

»Ich habe gerade eine Messung vorgenommen«, berichtete Tuncher eifrig. »Der Fußboden, auf dem wir stehen, läuft um ein Grad schräg vom Uferboden hinweg.«

»Ein Grad?«, staunte Rhodan. »Das ist allerhand, Leutnant.«

Tuncher schluckte nervös und sah Rhodan unsicher an.

»Was schlagen Sie jetzt vor, Sir?«

»Laden Sie mit Ihren Männern die Space-Jet und die Roboter aus«, befahl Rhodan.

Tuncher nahm Haltung an und wollte davoneilen, als ihn die Stimme des großen Raumfahrers noch einmal zurückholte.

»Tuncher!«

»Sir?«

»Achten Sie darauf, dass der Diskus genau abgesetzt wird«, sagte Rhodan. »Ich möchte nicht, dass Sie bei einer Messung feststellen müssen, dass er etwa um zwei Grad schräg steht.«

»Jawohl, Sir«, brachte Tuncher verwirrt hervor.

Crest lachte amüsiert. Der Leutnant verschwand.

»Wenn er jetzt noch einem Hornwühler über den Weg läuft, wird seine Verwirrung vollkommen sein«, meinte Crest.

Auf Rhodans Stirn bildeten sich zwei steile Falten.

»Diese Tierart scheint gefährlich zu sein. Seien Sie bei Ihren Spaziergängen unbedingt vorsichtig.«

»Natürlich«, nickte der Arkonide. »Ich werde auch darauf achten, dass kein Sprüher in meine Nähe kommt. Ich lege keinen Wert auf einen konzentrierten Säurebeschuss durch einen dieser leicht reizbaren Burschen. Ufgar hat in seinem Bericht über diesen Planeten beide Tierarten ausführlich behandelt.«

Der große, schlanke Mann mit dem beinahe hageren Gesicht sah seinen alten Freund an.

»Wir werden diese Welt als Crests Planet in unsere Sternkarten eintragen«, gab er bekannt. Bevor der Arkonide protestieren konnte, fuhr er bereits fort: »Die Space-Jet, die wir Ihnen überlassen, wird durch einen Energieschirm geschützt sein. Wenn Sie das Kleinstraumschiff betreten wollen, müssen Sie den Kodesender betätigen, der den Schutzschirm auflöst.«

Ohne Bitterkeit bemerkte Crest: »Bei einem alten Mann gehen Sie kein Risiko ein, wie?«

»Nein«, sagte Rhodan. »Tuncher wird zusätzlich ein kleines Motorboot ausladen, mit dem Sie zum Fischen auf den See hinausfahren können. Wenn Sie noch einen weiteren Wunsch haben sollten, dann bitte ich Sie, ihn zu äußern.«

Sie verließen gemeinsam das Haus. Tuncher und seine Helfer waren gerade dabei, die Space-Jet sicher abzusetzen. Das diskusförmige Raumboot gehörte zu den modernsten Geheimkonstruktionen der Solaren Flotte. An seiner breitesten Stelle durchmaß es 35 Meter. Eine formschöne Kuppel unterbrach die gleichmäßige Oberfläche. Sie bot Platz für die hochwertige Ausrüstung und die Besatzung. Das kleine Schiff war so durchkonstruiert, dass es von einem Mann allein geflogen werden konnte.

Auch Crest, der die Riesenkonstruktionen der Arkonidenflotte kannte, verhehlte seine Bewunderung über die terranische Schiffsbaukunst nicht. Als die Maschine sicher gelandet war, nickte er beifällig.

»Ein weiterer Beweis, dass man mich nicht mehr benötigt«, sagte er. »Menschen, die solche Dinge schaffen können, sind in der Lage selbständig zu handeln. Ihr Volk hat in relativ kurzer Zeit viel erreicht, Perry. Betrachten Sie mich als das Ende einer Epoche, die durch mein Abtreten abgeschlossen wird. Neue, junge Kräfte werden meinen Platz einnehmen und mich vergessen lassen.«

»Die Menschheit wird Sie nie vergessen«, versicherte Rhodan. »Ihr Gehen wird eine Lücke hinterlassen, die sich nicht so schnell wieder schließen lassen wird. In diesem Sinne haben Sie nur zu recht, wenn Sie von dem Ende einer Epoche sprechen.«

Die folgenden Stunden, in denen die Besatzung der SOLAR SYSTEM Crests Aufenthaltsort herrichtete, wanderte Rhodan mit dem Arkoniden am Ufer entlang. In ihren Gesprächen wurden längst vergessene Dinge wieder lebendig. Noch einige Male versuchte Rhodan, den Wissenschaftler zum Umkehren zu bewegen. Aber Crests Entschluss war, einmal gefasst, unumstößlich.

Schließlich tauchte Leutnant Tuncher auf, um zu melden, dass die Arbeiten abgeschlossen waren. Die SOLAR SYSTEM war bereit, wieder in den Raum zu starten.

»Die Besatzung wird sich von Ihnen verabschieden wollen«, sagte Rhodan.

Sie befanden sich etwa sechshundert Meter von dem Schweren Kreuzer entfernt.

Crest schüttelte bedächtig den Kopf.

»Grüßen Sie die Männer von mir«, sagte er. »Meine besten Wünsche begleiten sie.«

Rhodan blieb stehen. Seine Hand umfasste des Arkoniden Arm.

Und Crest, der Jahre um Jahre mit Rhodan zusammen gewesen war, ahnte, dass dem Terraner keine passenden Worte einfallen wollten.

»Sagen Sie nichts«, bat Crest ruhig. »Gehen Sie.«

Perry Rhodan ergriff die Hand des alten Mannes. Die Blicke der Männer trafen sich. Für einen Augenblick verstärkte sich der Druck ihrer Hände.

»Danke, Freund«, sagte Rhodan rau. Dann wandte er sich abrupt ab und folgte Leutnant Tuncher.

Crest blieb unbeweglich stehen und sah ihnen nach. Rhodan und Tuncher stiegen den Steilhang hinauf. Keiner drehte sich um. Crest blinzelte in die tiefstehende Sonne hinter der SOLAR SYSTEM. Neben dem gewaltigen Schiff wirkten die Männer wie Ameisen. Dann waren sie ganz verschwunden.

Minuten später erhob sich das Kugelschiff, getragen von seinen mächtigen Triebwerken, donnernd emporgerissen von den Gewalten atomarer Glut. Der Boden begann zu beben. Crests Ohren schmerzten.

In zweitausend Metern Höhe verabschiedete sich die Besatzung doch noch von dem Arkoniden – auf ihre Art. Ein flammender Strahl schoss aus den Geschütztürmen und färbte den Himmel blutig. Ein letzter Salut für einen großen Freund der Menschen.

»Famal Gosner«, flüsterte Crest.

Das war ein arkonidischer Ausdruck. Er bedeutete soviel wie:

Lebt wohl!

Kurz darauf war die SOLAR SYSTEM nicht mehr zu sehen.

Langsam ging Crest auf das kleine Haus am Ufer des Sees zu. Er hatte es nicht eilig. Wozu auch? Er war nun ein Greis, der auf den Tod wartete.

Crest konnte nicht ahnen, dass seine Einsamkeit bald durchbrochen werden sollte.

2.

 

Golath machte sich ernsthafte Sorgen. Die Luftreinigungsanlage stand kurz vor dem Zusammenbruch. Zwar sollte es an Bord der KASZILL Sauerstofftanks geben, aber weder Golath noch Liszog und Zerft hatten sie bisher entdecken können.

Die KASZILL war bereits ein Wrack gewesen, als man sie hineingesperrt und in den Raum gejagt hatte. Für Golath war es im höchsten Maße unbegreiflich, warum dieser ächzende, stöhnende Behälter, für den kein Ausdruck unzutreffender war als »Raumschiff«, nicht schon auseinandergebrochen war. Zerft war ständig dabei, immer neu entstehende Lecks abzudichten. Er hatte bei dieser Arbeit bereits eine derartige Routine entwickelt, dass Golath immer noch einen Funken Hoffnung in sich verspürte.

Das einzige, was an Bord einwandfrei funktionierte, war der automatische Rüsselreiniger. So konnten die drei Unither in regelmäßigen Abständen ihre Rüssel von Nahrungsüberresten und sonstigen Ansätzen säubern lassen. Nach einer solchen Prozedur kam Golath selbst die verpestete Luft ein wenig erträglicher vor.

Liszog, der vor den Ortungsgeräten hockte und düster vor sich hinstarrte, langte mit seinem Rüssel herüber und versetzte Golath einen leichten Schubs.