Nr. 108
Die Wüste des Todes
So gut wie tot! – Agenten der Abteilung III auf den Spuren der Antis!
von KURT MAHR
Das Blaue System, Arkons alter und Terras neuer Gegner, hat bedingungslos kapitulieren müssen, nachdem die Raumstationen zerstört wurden, die die Energien zur Aufrechterhaltung des gewaltigen Schutzschirms lieferten.
Ihres Schutzes beraubt, werden die Akonen schon um der reinen Selbsterhaltung willen in Zukunft Frieden halten – das ist gewiss!
Ebenso gewiss ist aber auch, dass Perry Rhodan und seine Leute – ebenso wie Atlan – auf Grund des turbulenten Geschehens der letzten Zeit den »Antis« zu wenig Beachtung schenkten.
Und so erhielten die Antis, die Diener des in der Galaxis fast überall verbreiteten Báalol-Kultes, die Chance, ungestört ihren Zehnjahresplan anlaufen zu lassen – einen Zehnjahresplan des Schreckens!
Welche furchtbaren Konsequenzen dieser Plan für die Menschheit und andere galaktische Intelligenzen haben soll – davon erhalten die auf dem Planeten Lepso eingesetzten Agenten der Abteilung III einen erstem Einblick, als sie in DIE WÜSTE DES TODES vordringen ...
Die Hauptpersonen des Romans
Dr. Armin Zuglert – Seine schreckliche Verwandlung bringt eine Lawine ins Rollen.
Major Kindsom – Kommandant des Wachkreuzers FLORIDA.
Major Ron Landry – Das »Feuer der Wahrheit« bedroht seinen Geist.
Captain Larry Randall – Nicht ohne Grund spielt er den Taxichauffeur.
Oberst Nike Quinto – Er klagt über seinen Blutdruck, dabei ist er kerngesund.
Gerard Lobson – Wenn er Liquitiv hat, ist er zu allem bereit.
Edmond Hugher – Ein mysteriöser Biomediziner.
1.
Gerard Lobson hatte etwas sagen wollen; aber als er sah, wie der Mann ihm gegenüber sich zu verändern begann, schwieg er entsetzt.
Seit einer Stunde saß er nun hier, nur durch den schmalen, mit Papieren überladenen Schreibtisch von dem Mann getrennt, dem er einen Vorschlag hatte machen wollen. In einem schmalen und langen, stickigen Zimmer mit einem einzigen Fenster, das glücklicherweise sauber genug war, um genug Helligkeit bis zu dem Schreibtisch im Hintergrund hereinzulassen.
Seit einer Stunde saß er auf seinem unbequemen Stuhl und hatte noch nichts anderes gesagt als »Hallo, guten Tag, Doktor, ich hätte Ihnen gern einen Vorschlag gemacht.« Dann hatte der Doktor das Wort an sich gerissen und mit einer Aktivität, Behändigkeit und Energie, die Gerard von einem Erstaunen ins andere versetzten, den noch unausgesprochenen Vorschlag von allen Seiten beleuchtet und Gerard bewiesen, dass das, was er vorhatte und worüber noch gar nicht gesprochen worden war, so, wie er es vorhatte, nicht getan werden könne.
Eine Zeitlang war Gerard daraufhin vor lauter Erstaunen nicht zum Sprechen gekommen. Und jetzt, da der Doktor endlich eine Pause machte, geschah das!
Er hatte Doktor Zuglert, als er ihn zum ersten Mal sah, für einen Mann Anfang Vierzig gehalten. Er hatte ausgesehen wie einer, der zum Zeitvertreib häufig Sport treibt. Sein Gesicht war gesund und faltenfrei.
Aber jetzt?
Gerard hatte den Eindruck, jemand pumpe allen Inhalt aus Zuglerts Schädel heraus. Die Gesichtshaut sank ein, als müsse sie das Vakuum füllen. Die Wangenknochen traten scharf hervor, und von einer Sekunde zur andern grinste Gerard ein hässlicher Totenkopf an. Die Haut verfiel zusehends. Aus dem gesunden, kräftigen Braun wurde ein schlaffes, widerliches Gelb. Der Unterkiefer klappte herunter, und Gerard starrte auf eine unordentliche Reihe schmutziger, brauner Zähne. Dabei hatte er vor einer Stunde Zuglert noch wegen seiner herrlichen Zähne bewundert.
Gerard sprang auf. Plötzlich hatte er Angst vor dem Mann, der reglos und schweigend jenseits des Schreibtisches saß und ihn aus glasigen Augen ansah. Er zog sich vom Tisch zurück in den Vordergrund des Raumes und wurde mit Entsetzen gewahr, dass sich ihm dort keine Rettung bot. Da war nur das Fenster, und das Fenster lag im dreiundzwanzigsten Stock eines alten Hochhauses.
Trotzdem retirierte Gerard weiter. Er konnte das Fenster aufreißen und um Hilfe schreien. Vielleicht würde jemand ihn hören. Gerard drehte sich um, bekam den Fenstergriff zu fassen und drehte daran. In diesem Augenblick begann Doktor Zuglert wieder zu sprechen.
»Sie brauchen keine Angst zu haben, junger Mann«, sagte er mit einer matten Stimme, die ein schwindsüchtiges Pfeifgeräusch begleitete, und gleich darauf fing er an zu husten. Als der Anfall vorüber war, fuhr er fort: »Ich benötige jetzt Ihre Hilfe, Mr. Lobson. Würden Sie mir bitte behilflich sein, aufzustehen?«
Gerard frohlockte. Er konnte nicht einmal mehr allein aufstehen! Und er wollte ihn, Gerard, dazu bringen, ihm beim Aufstehen zu helfen, damit er ihm dann die Hände um den Hals legen konnte.
Gerard sah die Tür hinter Zuglerts Rücken. Wenn er erst einmal dort war, hatte alle Gefahr ein Ende.
Zuglert begann wieder zu sprechen. Es musste ihm ungeheure Mühe bereiten, denn die Worte kamen nur zögernd, und oftmals unterbrach ihn ein trockener, keuchender Husten.
»... wichtig für die Erde, junger Mann ...«, verstand Gerard. »... müssen alle gewarnt werden ... mein Beispiel beweist ...«
Zuglert sagte mehr; aber Gerard hörte nicht hin. Nickend bewegte er sich auf den Schreibtisch zu, mit einem freundlichen Gesicht, aus dem Zuglert entnehmen sollte, dass er ihm helfen wolle.
»... alkoholischer Lösung, ganz unauffällig ...«, schnappte Gerard auf, dann hatte er den Schreibtisch erreicht.
Mit einem mächtigen Schwung stemmte er sich darum herum. Bevor Zuglert noch begriff, was er vorhatte, hielt er den Türknopf in der Hand und riss ihn herum. Die Tür öffnete sich willig. Gerard schoss hinaus; aber er vergaß nicht, die Türkante mit der rechten Hand zu fassen und sie hinter sich herzuziehen. Knallend schlug die Tür zu.
Gerard stand auf dem Gang eines altmodischen Bürogebäudes. Rechts und links, hüben und drüben waren andere Türen. Alle waren geschlossen. Niemand hatte gehört, was in Doktor Zuglerts kleinem Büro vor sich gegangen war. Gerard überlegte, ob er jemand anders von Zuglerts plötzlicher Verwandlung erzählen sollte. Dann fiel ihm ein, dass Zuglert auf rätselhafte Weise gewusst hatte, was für einen Vorschlag er, Gerard, ihm hatte machen wollen, und er schob den Gedanken beiseite. Am Ende würde Zuglert einem dritten, wenn er ihm half, davon erzählen, und das war das letzte, was Gerard gebrauchen konnte.
Nein, Zuglert sollte sehen, wie er sich selbst half.
Gerard ging den Gang entlang bis vorn zum Antigravschacht. Er ließ sich in den Schacht hineinsinken und atmete auf. Er hatte das Gefühl, einer großen Gefahr entronnen zu sein.
Er wusste aber auch, dass er das gelbgraue Gesicht eines Totenkopfes lange nicht würde vergessen können.
*
Die FLORIDA kam aus dem Zentrum der Galaxis. Major Kindsom, der Kommandant des Wachkreuzers, wusste, dass man nach einer bestimmten Anzahl von Transitionen, die das Schiff auf dem Rückweg nach Terra auszuführen hatte, von ihm erwartete, dass er einen kurzen Bericht über die Ergebnisse seiner Tätigkeit im Milchstraßenzentrum über Richtstrahltelekom an die Erde abgäbe. Dick Kindsom hatte den Bericht vorbereitet und eine Kodeschablone für die Sendung anfertigen lassen. Er schob die Schablone jetzt in den Sender und drückte die Auslösetaste. Es gab ein leises, klickendes Geräusch und Dick Kindsom wusste, dass fast im gleichen Augenblick, neuntausend Lichtjahre von hier entfernt, die Empfangsgeräte auf der Erde zu arbeiten beginnen würden. Sie würden die Sendung, die eine Gesamtlänge von drei Tausendstelsekunden hatte, dehnen, auseinanderpflücken, durchleuchten, wieder zusammensetzen, und im Auswurf des Transformators würde schließlich ein Streifen Mikrofilm erscheinen, der, durch ein geeignetes Gerät projiziert, das, was Dick Kindsom mit rund tausend Worten gesagt hatte, befugten Augen in einfach lesbaren Buchstaben übermitteln würde.
Das war alles. Dicks Bericht enthielt die Meldung, dass die Lücke im Energie-Schirm des geheimnisvollen Blauen Systems der Akonen, die von den vereinigten Flotten Terras und Arkons gerissen worden war, sich wieder geschlossen hatte. Die Akonen hatten ihre Festung also wieder in den Verteidigungszustand verletzt – obwohl sie wussten, dass gegen die Lineartriebwerke der irdischen Raumschiffe der Blaue Schirm nichts auszurichten vermochte.
Nachdem Dick Kindsom auf diese Weise seine Pflicht pünktlich getan hatte, machte er die FLORIDA zur nächsten Transition bereit. Er war eben dabei, den Hypersprung auszulösen, der das Schiff um ein paar weitere tausend Lichtjahre näher an die Erde heranführen würde, als der Telekomempfänger sich mit einem Warnzeichen meldete.
Dick annullierte mit einem Knopfdruck alle positronischen Befehle, die er der Steuerautomatik der FLORIDA gegeben hatte und nahm das Gespräch an. Ein rotes Leuchtzeichen erschien auf der Bildscheibe des Empfängers, und eine mechanische Stimme erklärte: »Firing zwo ruft Kreuzer FLORIDA. Ich habe ein TTT-Gespräch von Firing zwo für Kreuzer FLORIDA. Melden Sie sich bitte.«
Dick zögerte nicht. TTT bedeutete höchste Dringlichkeit. Er hatte keine genaue Vorstellung, wer auf einer gottverlassenen Welt wie Firing II so ungeheuer dringend mit ihm zu tun haben wollte – aber er nahm an.
»Geben Sie mir das Gespräch!«, befahl er dem Automaten. »Hier spricht Major Kindsom, Kommandant der FLORIDA.«
Das rote Leuchtzeichen verschwand. Der Bildschirm flackerte, und dann tauchte ein Gesicht auf, bei dessen Anblick Dick vor Entsetzen einen Schritt zurücktrat. Du meine Güte, der Kopf sah aus wie der Schädel einer Mumie, wie ein Totenkopf, über dessen Knochen jemand gelbgraue, runzlige Haut so straff wie möglich gespannt hatte.
Der schmallippige Mund des Totenkopfes öffnete sich, und die Mumie begann zu sprechen. Das machte ihr Mühe. Sie brachte alle fünf Sekunden nur ein Wort hervor, und ein keuchendes Rasseln begleitete die Worte.
»Wer auch immer mich hört«, sagte die Mumie, »ich bitte ihn um Hilfe! Ich befinde mich in höchster Gefahr. Ich bin Doktor Armin Zuglert, Wohnort Zanithon auf Lepso. Helfen Sie mir, ich flehe Sie an!«
Dick trat wieder nach vorn. Mit sicherem Griff fasste er, ohne hinzusehen, das Mikrophon und sprach hinein: »Wie können wir Ihnen helfen, Zuglert? Hier spricht der Wachkreuzer FLORIDA. Welche Gefahr droht Ihnen?«
Für seine Ungeduld dauerte es viel zu lange, bis Zuglert, der offenbar am Ende seiner Kräfte war, zu antworten begann.
»Ich habe vor zwölf ...«, begann Zuglert. Dann riss die Verbindung ab. Der Bildschirm war plötzlich wieder grau und leer, und das emsige Summen des Empfängers war erstorben. Dick Kindsom erschrak. Dieser Narr! Er musste aus lauter Schwäche gerade im wichtigsten Augenblick den Arm auf irgendeine Schalttaste gestützt und sein Gerät ausgeschaltet haben. Konnte er nicht besser aufpassen, wo es doch um sein eigenes Leben zu gehen schien!
Dick rief den Robotvermittler an. Das rote Leuchtzeichen erschien erneut auf dem Schirm.
»Mein TTT-Gespräch mit Firing II ist unterbrochen worden«, beschwerte sich Dick. »Stellen Sie die Verbindung wieder her!«
»Mit welchem Anschluss haben Sie gesprochen, Sir?«, fragte die mechanische Stimme.
»Das weiß ich nicht«, knurrte Dick wütend. »Der Mann hieß Armin Zuglert. Sie müssen doch in Ihrem Register feststellen können, woher ein TTT-Gespräch kommt, zum Donnerwetter!«
»Selbstverständlich, Sir. Ich bitte um einige Sekunden Geduld.«
Dick wartete. Nach einer Weile meldete sich die Stimme wieder.
»Das Gespräch kam von einem der Anschlüsse der Terranischen Handelsmission auf Firing zwo, Sir. Befehlen Sie, dass die Verbindung wiederhergestellt wird?«
»Was denn sonst?«
Augenblicke später erschien das ernste Gesicht eines nicht mehr jungen Mannes auf der Bildscheibe. Er sah Dick fragend an.
»Inspektor Neary von der Terranischen Handelsmission Firing zwo«, sagte er. »Was kann ich für Sie tun?«
Dick machte sich nicht die Mühe, seinen Namen zu nennen.
»Wo ist Zuglert?«, fragte er aufgeregt.
Der Inspektor hob die Brauen.
»Wo ist wer?«
»Zuglert«, wiederholte Dick ungeduldig. »Doktor Armin Zuglert. Er hat bis vor einer halben Minute vom gleichen Apparat aus mit mir gesprochen.«
Man sah Inspektor Neary an, dass dieses Gespräch nicht nach seinem Geschmack war.
»Hören Sie 'mal zu, junger Mann«, begann er, »nicht allein eröffnen Sie ein Gespräch ohne Guten Tag und Namen, jetzt behaupten Sie auch noch Unsinn. Ich fürchte, wenn ich Ihrer Dienststelle davon ...«
»Ach, hören Sie auf mit der Dienststelle«, fuhr Dick ihn ärgerlich an. »Hier spricht Major Richard Kindsom, Kommandant der FLORIDA. Doktor Zuglert hat mich vor einer Weile per TTT-Gespräch angerufen, und die Vermittlung behauptet, das Gespräch sei von Ihrem Apparat aus geführt worden. Zuglert war am Ende seiner Kräfte. Was er mir sagte, war ein Hilferuf. Das Gespräch wurde unterbrochen. Schaffen Sie mir Doktor Zuglert herbei!«
Neary zuckte mit den Schultern. Als Inspektor erlaubte er sich nicht weiter, seinen Unwillen einem Major gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Aber er bestand auf seiner Behauptung, dass Zuglert nicht von seinem Apparat aus gesprochen habe, ja sogar, dass ein Mann, auf den Dicks Beschreibung passe, im Innern der Terranischen Handelsmission niemals gesehen worden sei.
»Ich habe auch den Namen noch nie gehört, Major«, schloss er. »Nach alledem möchte man beinahe annehmen, dass Sie einer Mystifikation zum Opfer gefallen sind.«
Dick sah ein, dass er nichts ausrichten konnte. Er brach das Gespräch ab und verband sich ein zweites Mal mit der Vermittlung. Die Vermittlung behauptete nach wie vor, dass das TTT-Gespräch von der Mission aus geführt worden war. Dick wusste, dass es keinen Zweck hatte, Neary noch einmal anzurufen. Er dachte eine Weile darüber nach, ob er selbst im Fall Zuglert etwas unternehmen solle. Dann entschied er jedoch, dass seine vordringlichste Aufgabe war, mit der FLORIDA auf die Erde zurückzukehren, um dort weitere Einsatzbefehle zu erhalten. Er führte also ein dringendes Kodegespräch mit der nächststehenden Einheit der terranischen Flotte und gab einen ausführlichen Bericht über den Zwischenfall. Er bat den Kommandanten des angerufenen Schiffes, alles mögliche zu unternehmen, damit Zuglert geholfen werde.
Dann erst setzte er die Tätigkeit fort, bei der er durch den mysteriösen Anruf gestört worden war. Er bereitete die Transition vor und programmierte die nötigen Daten in die Steuerautomatik. Das war eine Sache, die er gewissermaßen im Schlaf beherrschte. Seine Gedanken blieben bei Zuglert mit dem Totenkopf, der um sein Leben gebangt hatte. Das Bild des eingefallenen Mumiengesichts ließ ihn nicht mehr los.
Dass das Gespräch unterbrochen worden war, beunruhigte ihn sehr. Wenn er auf der Erde Bericht erstattete, würde er nicht besonders viel zu sagen haben.
Er wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass selbst das wenige, was er zu sagen wusste, im Laufe der nächsten Tage und Wochen eine Haupt- und Staatsaktion des Solaren Imperiums auslösen würde.
*
Man glaubte im allgemeinen, dass die Sonderagenten der Interkosmischen Sozialen Entwicklungshilfe ein angenehmes Leben führten. Die Sonderagenten waren die geheime Reserve der Institution. Sie wurden dann berufen, wenn irgendein Problem mit den üblichen Mitteln nicht mehr zu lösen war. Zwischen zwei Berufungen taten sie, was ihnen lieb und recht war und was ihre finanzielle Lage ihnen erlaubte.
Niemand, der mit Sinn und Zweck der Interkosmischen Sozialen Entwicklungshilfe – insbesondere der Abteilung 3, der die Sonderagenten unterstanden – nicht näher vertraut war, konnte ermessen, dass das, was die Sonderagenten in ihren Einsätzen leisteten, jegliche Freizügigkeit, die man ihnen außerhalb des Dienstes angedeihen ließ, rechtfertigte. Ein normaler Sterblicher, wenn ihm die Wahl gelassen worden wäre, hätte ohne Zweifel lieber für die nächsten zehn Jahre auf seinen Urlaub verzichtet, als den gefährlichen Auftrag eines Sonderagenten anzunehmen, durch dessen Erledigung er sich eine unbestimmte Zeitspanne privater Freizeit gesichert hätte.
Major Ron Landry war sich voll und ganz darüber im klaren, dass er in den nächsten Tagen wieder alle Hände voll zu tun haben würde, als er Oberst Nike Quintos Befehl erhielt, sich in Quintos Büro einzufinden.
Ron hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, unangenehme Dinge so rasch wie möglich hinter sich zu bringen. Eine halbe Stunde, nachdem er den Befehl bekommen hatte, stand er vor Nike Quintos Tür. Er hatte sich seelisch auf Quintos ewiges Gejammer über seine miserable Gesundheit und die Unfähigkeit seiner Untergebenen noch nicht ganz vorbereitet, als die Tür sich vor ihm öffnete und er den mächtigen Schreibtisch erblickte, über dessen Rand von dem Oberst nur das rosige, schwitzende Gesicht zu sehen war.
Ron trat durch die Tür und nahm auf einem der Sessel vor dem Schreibtisch Platz. Nike Quinto bewegte sich ächzend, und nach einer Weile war auch seine Schulterpartie über der Tischplatte zu sehen.
»Sie wissen, wie es um meine Gesundheit bestellt ist, Landry«, begann er ohne weitere Einleitung. »Sitzen Sie also ruhig, hören Sie zu und widersprechen Sie nicht. Mein Blutdruck hat die obere Grenze nahezu erreicht. Wenn ich mich ärgere, falle ich wahrscheinlich auf der Stelle tot um.«
Das war Nike Quinto, seine unangenehme, hohe Stimme und das Gejammer über seinen schlechten Gesundheitszustand. Ron Landry wusste, dass er in Wirklichkeit kerngesund war.
»Jawohl, Sir«, antwortete Ron folgsam.
Nike Quinto fuhr auf.
»Sagen Sie nicht ›jawohl, Sir‹«, keifte er, »ich habe Sie ja gar nichts gefragt.« Er beruhigte sich so schnell wie er zornig geworden war, und fuhr fort: »Sie werden morgen früh nach Lepso starten. Wir haben einen merkwürdigen Bericht von dort bekommen.«
Während Ron einen Teil seiner Gedanken auf die Frage konzentrierte, wer oder was in aller Welt Lepso sein könne, berichtete Nike Quinto von dem Erlebnis, das Dick Kindsom an Bord der FLORIDA gehabt hatte, Ron erfuhr auf diese Weise, dass Lepso und Firing II miteinander identisch waren, und diese Erkenntnis beflügelte seine Phantasie. Er verstand nur nicht ...
»Wissen Sie also, was Sie zu tun haben, Landry?«, fragte Quinto mit hoher Stimme.
»Jawohl, Sir«, antwortete Ron bereitwillig. »Zuglert muss gefunden werden.«