Nr. 125
Retter des Imperiums
Sie rauben den Zeitumformer und gehen in die Vergangenheit! Das 11. Atlan-Abenteuer!
von K. H. SCHEER
Crest, der erste arkonidische Freund Perry Rhodans, hatte seinerzeit vorausgesagt, dass die kühnen und tatkräftigen Terraner eines Tages das zerfallende Arkonidenreich übernehmen würden, um aus dessen Trümmern das Sternenreich der Menschheit zu bauen.
Ist der Tag bereits gekommen, an dem sich Crests Voraussage erfüllen soll ...? Ist das Solare Imperium im Jahre 2106 – also nicht einmal anderthalb Jahrhunderte, nachdem die Menschen erstmals in den Weltraum vorstießen – bereits stark genug, um die Arkoniden in ihrer Herrschaft über die bekannten Teile der Milchstraße abzulösen ...? Atlan, der Imperator, der seinen dekadenten Hofschranzen noch nie genehm war, stieß jedenfalls auf soviel Schwierigkeiten, dass er schon seit langem nur mit Hilfe der Terraner seine Position behaupten konnte – und mit Unterstützung des mächtigen Robotregenten!
Zu Beginn des Jahres 2016 hat der Robotregent Atlan plötzlich alle Hilfe versagt und auf einem »Psycho-Duell« bestanden, dessen Ausgang den neuen Imperator bestimmen soll.
Atlan unterlag in diesem Psycho-Duell und wurde somit zugunsten Carbás von der Positronik abgesetzt!
Doch weder Atlan noch Perry Rhodan sind Männer, die nach einem Rückschlag sofort die Flinte ins Korn zu werfen pflegen. Sie suchen einen Weg, um das Geschehene rückgängig zu machen – und finden dabei den RETTER DES IMPERIUMS ...
Die Hauptpersonen des Romans
Atlan – Ein Herrscher ohne Macht.
Perry Rhodan – Der Administrator des Solaren Imperiums macht einen Staatsbesuch.
Auris von Las-Toór – Das Raumschiff, das sie besteigt, dürfte eigentlich seit Jahrtausenden nicht mehr existieren.
Epetran – Das Genie aus der Vergangenheit.
Allan D. Mercant und Nike Quinto – Planer des »Unternehmens Verzweiflung«.
John Marshall – Chef des Mutantenkorps.
1.
»... sollten mich springen lassen, Sir. Bitte, Sir, Sie sind der Aufgabe nicht gewachsen.«
Ich winkte ab. Ras Tschubai, ein Teleporter des terranischen Mutantenkorps, sah mich nochmals flehend an. Dann ging er.
Der Transmitterbogen wölbte sich auf. Aus den Bodenprojektoren sprühte blaues Feuer, das erst oberhalb der Pole rötlich wurde.
Das Dröhnen der Strommeiler übertönte die anderen Geräusche. Ras Tschubai hatte über Helmfunk gesprochen.
Zwischen den Torbogenschenkeln des Materietransmitters entstand das räumlich übergeordnete Entmaterialisierungsfeld. Ich legte die Hände um die Bombe, die auf meiner Brust hing.
Sie war in terranischen Kernlabors gebaut worden. Ihre Energieentwicklung geschah auf thermischer Basis. Es würde keine Detonation im gewohnten Sinne erfolgen. Wenn alles wunschgemäß verlief, musste ich die Gefahrenzone noch rechtzeitig verlassen können.
Wenn ...!, gab mein Logiksektor durch.
Ich drehte den Kopf. Den Druckhelm des arkonidischen Kampfanzuges hatte ich bereits geschlossen. Die Klimaanlage lief, und die Sauerstoffversorgung war in Ordnung. Ich war auf alles vorbereitet.
Den Individualschirm konnte ich noch nicht einschalten. Er vertrug sich nicht mit den Energielinien des akonischen Transmitters. Ich umfasste die Thermalbombe noch fester.
Die Akonen! Sie waren die Geheimnisvollen im Hintergrund der galaktischen Bühne. Ohne ihre Hilfe und ohne ihre Technik wäre es einem verräterischen Arkoniden niemals möglich gewesen, den Robotregenten zu übertölpeln.
Seit meiner Flucht waren etwa drei Monate vergangen. Nun befand ich mich wieder im Kugelsternhaufen M 13, jedoch war ich diesmal nicht als regierender Imperator, sondern als Herrscher ohne Macht gekommen.
»Vollleistung in zweiundvierzig Sekunden«, gab mir jemand über Sprechfunk bekannt. Ich erkannte Perry Rhodans Stimme. Er hielt sich in der Zentrale der IRONDUKE auf.
Das terranische Linearschiff war vor einer Minute aus dem Kalupschen Zwischenraum gekommen.
Zwanzig Lichtjahre vom äußeren Abwehrring entfernt – mehr durften wir nicht riskieren. Wahrscheinlich waren wir jetzt schon von den Festungen des Robotgehirns angepeilt worden.
›Eine Schande!‹ dachte ich erbittert.
Unsinn! Taktische Notwendigkeit!, sagte mein Extrahirn.
Der Arbeitslärm der Reaktoren wurde betäubend. Ich war allein in dem Transmitterraum. In den wenigen Sekunden, die mir bis zum Beginn des Unternehmens ›Verzweiflung‹ – wie wir es genannt hatten – noch zur Verfügung standen, liefen die letzten Ereignisse wie ein Rafferfilm in meinem Gedächtnis ab.
Carbá, aus der unbedeutenden Familie der Minterol, hatte ich schachmatt gesetzt. Vor drei Monaten war er zum Imperator Minterol I. ernannt worden. Der Solare Geheimdienst hatte ermittelt, dass Carbá infolge, einer zu heftig betriebenen Gehirnaktivierung seines Verstandes nicht mehr mächtig war. Er musste dicht vor dem psychischen Zusammenbruch stehen.
Um so mehr war er jenen Intelligenzen willkommen, die sich seiner Person bedient hatten, um die Macht im Arkonidenimperium zu erringen.
Sie steuerten den Robotregenten durch den von ihm anerkannten Imperator. Das Gehirn war unfähig, zwischen gewollten und aufgezwungenen Anweisungen des Carbá zu unterscheiden.
Es war jene Situation eingetreten, die meine ehrwürdigen Vorfahren durch den Bau eines Superrobots hatten verhindern wollen: Das Reich wurde von Fremden übernommen, aufgesplittert und den verschiedenen Interessengruppen zugeteilt. Das war das Ende des zwanzigtausendjährigen Sternenreiches. Wahrscheinlich bedeutete es auch den Untergang der Menschen. Rhodan hatte mit dem Aufbau des Solaren Imperiums bereits Wunder vollbracht, aber zaubern konnte er auch nicht. Ohne den Beistand der Robotflotte musste Terra verloren sein.
Alle Anzeichen deuteten darauf hin, dass man eine Offensive plante. Wahrscheinlich würde die Regentflotte nicht allein sein. Die zu unbequem gewordenen Terraner wurden nur von wenigen Intelligenzen geliebt. Die meisten hassten sie, darunter vordringlich die Galaktischen Händler, Aras, Antis und neuerdings auch die Akonen, denen Rhodan die bedeutendste Niederlage in ihrer Geschichte zugefügt hatte.
Ich hatte keine Macht mehr. Meine Verbundenheit zur Erde mochte für die Terraner sehr schön sein, aber nutzbringend war sie nicht mehr. Ein abgesetzter Arkonidenimperator stellte für ihre Außenpolitik eher eine Belastung als eine Unterstützung dar.
Ich hatte mich entschlossen, meinen schwersten Gang anzutreten. Ich war bereit, das zu tun, was ich über hundert Jahre lang mit allen Mitteln verhindert hatte: nämlich das Gehirn zu vernichten.
Meine seelische Not war von Rhodan klar erkannt worden. Er hatte weder gefragt noch gebeten, bis ich selbst den Vorschlag unterbreitet hatte, den Regenten zu sprengen. Da hatte ich erst erfahren, dass die Solare Abwehr schon alles vorbereitet hatte.
Wenn das Gehirn ausgeschaltet war, lag es an den Terranern und mir, das Imperium zu retten. An die damit verbundenen Aufgaben durfte ich in diesen Augenblicken nicht denken.
Der Regent steuerte Industrie, Ernährungswirtschaft und militärische Macht des Reiches. Wenn er plötzlich nicht mehr vorhanden war, musste es zu einer Katastrophe kommen. Wir hatten uns jedoch gewissenhaft gefragt, ob die zu erwartenden Revolten und Kleinkriege schwerwiegender sein könnten als eine Aufsplitterung unter gierig zugreifenden Mächten der Galaxis.
Ich musste es tun! Carbás verbrecherische Intelligenzsteigerung führte den Untergang herbei. Der Regent war mit unlauteren Mitteln davon überzeugt worden, dass Carbá infolge seiner hohen IV-Quote der neue Imperator sein müsse. In einem Psychoduell, das auf der Ebene einer kaum erfassbaren Robotlogik ausgetragen worden war, hatten meine Gegner beweisen können, ich sei ein schlechter Herrscher gewesen. Es war gesagt worden, ich hätte gegen den Willen der Vorfahren die Entwicklung der Terraner unterstützt, sie mit technischen Geheimnissen versorgt und somit einen kaum schlagbaren Gegner herangezüchtet.
Meine Sorgen um das Imperium waren von dem Robot nicht verstanden worden. Er hatte die uralte Katastrophenprogrammierung »Epethus« befolgt, wonach ein Imperator sofort abzusetzen war, sobald er nicht ausschließlich um das Wohl des Reiches besorgt sei.
Es war mir nicht gelungen, auf rein logischer Basis zu beweisen, dass die Freundschaft mit den aktiven und hochintelligenten Terranern für den Staat nur hätte nutzbringend sein können.
Carbá war zum Imperator ernannt worden. Ich hatte zur Erde fliehen müssen.
»Sprung in drei Sekunden. Viel Glück, Freund«, gab Rhodan durch.
Ich schreckte auf. Die Bombe war raue Wirklichkeit. Ich musste sie in den Schaltungen des Regenten zünden.
Du hättest einen Terra-Mutanten schicken sollen, teilte der Logiksektor mit.
Gewiss – ein Teleporter hätte sich im Gefahrenfalle besser helfen können. Es war jedoch meine Sache, das grandioseste Erzeugnis meiner Vorfahren zu vernichten.
Ich musste kraft meiner Herkunft und meines Amtes versuchen, das Imperium zu erhalten.
Sehr heroisch!, meldete sich das Extrahirn. Ich missachtete es. Mein künstlich aktivierter Logiksektor gab wenig auf Gefühle. Genaugenommen war er eine organische Rechenmaschine, deren Erkenntnisse mir mitgeteilt wurden. Es lag dann an mir, die Belehrungen zu befolgen oder sie abzulehnen.
Der Transmitterbogen war mannshoch. Die Energiesäulen hatten sich verdichtet.
Als die violette Lampe zu flackern begann, ging ich auf den gähnenden Schlund zwischen den Feldlinien zu. Noch ein Schritt und ich musste im zwanzig Lichtjahre entfernten Gehirn herauskommen.
Die Terraner hatten es verstanden, die akonische Technik auszuwerten. Die ehemals so rätselhaften Ferntransmitter boten keine Geheimnisse mehr.
Ich spürte den Zug des Entstofflichungsfeldes. Tief einatmend, alle Überlegungen über Sinn oder Unsinn meines Vorhabens beiseite schiebend, rüstete ich mich zum Sprung.
»Stopp, zurück«, schrie jemand. »Zurück, Atlan, Gefahr! Die Gegenstation ist kurzgeschlossen.«
Ich handelte, ohne zu denken, so wie ich es in den letzten Jahren immer getan hatte. Ein ständig von Mordbuben bedrohter Mann entwickelt einen sechsten Sinn.
Ehe ich die Warnung recht begriffen hatte, sprang ich schon zurück. Einen Meter von dem Transmitterbogen entfernt fiel ich zu Boden. Die schwere Ausrüstung hinderte mich an raschen Bewegungen. So kroch ich noch weiter in den Raum, bis ich jenseits des markierten Gefahrenkreises hinter dem Thermalschutzschild in Deckung gehen konnte.
Das Schott schwang auf. Zwei Männer, Ras Tschubai voran, stürmten in den Raum. Sie zerrten mich, ohne ein Wort zu sprechen, aus dem Transmitterraum. Draußen stellten sie mich auf die Beine.
»Sind Sie in Ordnung, Sir?«, fragte ein junger Mann.
Ich erkannte Leutnant Brazo Alkher, einen jener Nachwuchsoffiziere, die später einmal die Geschicke des Solaren Imperiums mitbestimmen würden.
»Danke, ja. Was ist geschehen?«
Ich hatte zu leise gesprochen. Das Dröhnen der Umformer war kaum zu übertönen. Ich wiederholte meine Frage.
Alkher drückte auf den Öffnungsknopf meines Helmes. Er glitt auf die Schulter zurück, wo er sich magnetisch verankerte. Ras Tschubai nahm die Bombe an sich. Er lächelte mich entschuldigend an, konzentrierte sich und verschwand in einer hellen Leuchterscheinung.
Ich war fassungslos. Mein Gehirn weigerte sich, die Geschehnisse aufzunehmen.
Rhodan und der Kommandant erschienen. Jefe Claudrin hatte seinen Mikrogravitator abgeschaltet. Er kam mit gewaltigen Sätzen durch den Gang gesprungen, als herrsche an Bord der IRONDUKE keine Schwerkraft.
Wieder erhielt ich keine Antwort. Man führte mich hinaus, als wäre ich ein Kind. Anscheinend hatten die Terraner meine betäubungsähnliche Verfassung erkannt. Ich wurde schläfrig, als mich Rhodan in der Zentrale auf ein Konturlager bettete.
Hier war es still. Das Summen der Aggregate störte nicht.
Ich wunderte mich über mich selbst. Normalerweise hätte ich erregt sein müssen. So aber musste ich mir jede Bewegung abringen. Es war wie ein Schock. Ich war jählings aus einem Zustand höchster Konzentration und wochenlanger Nervenbelastung herausgerissen worden.
Ein Arzt verabreichte mir eine Injektion. Nach wenigen Augenblicken wurde ich wieder aktiv.
Perry kniete vor mir. Ringsumher standen die Offiziere der IRONDUKE. Professor Kalups mächtige Gestalt war nicht zu übersehen. Ich richtete mich auf.
»Unkraut vergeht nicht«, meinte Kalup sehr charmant. »Wissen Sie auch, mein Herr, dass Sie sich schon im Einflussbereich des Auflösungsfeldes befanden? Wie haben Sie es geschafft, noch rechtzeitig zurückzuspringen?«
»Instinkt, Selbsterhaltungstrieb – ich weiß es nicht.«
»Schöner Instinkt. Der Transmitter wurde kurzgeschlossen, als Sie einsteigen wollten. Das bedeutet, dass die Gegenstation nicht mehr empfangsbereit war. Jeder Körper, der jetzt vom Sender abgestrahlt wird, dürfte bei einer solchen Schaltung im Zeitraum von einer Mikrosekunde etwa hunderttausendmal hin- und hergeschleudert werden.«
Rhodan lachte mich an. Es war ein unechtes Lachen. Beruhigend klopfte er mir auf die Schultern.
»Vergiss es, Freund. Wir haben es im letzten Augenblick erkannt.«
In meinem Hirn überstürzten sich die Überlegungsvorgänge. Während meiner langen Amtszeit als Imperator Gonozal VIII. war es mir gelungen, im Untergrundbau des Robotregenten einen Transmitter aufzustellen. Nie hatte das Gehirn Verdacht geschöpft, da es auf Grund seiner Konstruktion unfähig gewesen war, die übergeordneten Feldlinien des Gerätes zu orten. Außerdem war der Empfänger von terranischen Spezialisten gebaut worden. Es gab Sicherheitsschaltungen, die selbst den Akonen unbekannt waren.
Wer hatte das Aggregat kurzgeschlossen? Wer konnte dazu befähigt sein?
Ein seltsamer Ton ließ mich aufhorchen. Es klang wie das Winseln eines Hundes. Rhodan sah auf einen Bildschirm, der den Innenraum der Bordstation zeigte. Augenblicke später wurde das Geräusch schriller, bis es sich zum Kreischen einer Motorsäge steigerte.
»Wir haben einen Roboter in das Feld geschickt«, schrie mir Perry, zu. »Da, sieh dir das an!«
Ich sprang auf. Wieder schienen meine Beine ohne Befehlsgebung des Gehirns zu arbeiten. Ich ahnte, dass ich schreckensbleich war.
Das Entstofflichungsfeld zwischen den Schenkelsäulen, normalerweise schwarz, flammte in einem grünlichen Leuchten. Darin zeichnete sich ein nebelhaftes Gebilde ab, das anscheinend mit jeder verstreichenden Sekunde mehr und mehr deformiert wurde.
Jefe Claudrin gab einen Befehl. Unser Sender wurde abgestellt. Ein Blitz zuckte aus der Öffnung hervor. Etwas schlug gegen die Panzerwand des Energieraumes und blieb daran haften.
Als das Grollen der Meiler verhallte, sahen wir immer noch auf den Bildschirm. Der Robot war zu einem faustgroßen Metallklumpen von anscheinend hoher Verdichtung geworden. Weißglühend, an der Oberfläche wie ein Lebewesen pulsierend, klebte er an den Stahlplatten.
Ich sagte kein Wort. Jedermann in der Zentrale konnte sich vorstellen, wie ich ausgesehen hätte, wenn ich nicht zurückgesprungen wäre.
Rhodan räusperte sich. Kalup wischte sich mit einem Taschentuch über den Kahlkopf.
»Da haben sich die Atomgruppen aber nicht mehr säuberlich eingeordnet«, meinte er. »Können Sie mir verraten, Sir, was mit Ihrem Transmitter geschehen ist? Ich dachte, Sie hätten ihn versteckt?«
Ich unterdrückte meine Erregung. Es war alles sinnlos geworden. Niemand sprach etwas, bis ich stockend erklärte: »Eine gute Frage, Professor! Der Regent hätte ihn nie entdecken können. Carbá ebenfalls nicht. Also müssen Intelligenzen eingedrungen sein, die etwas von akonischen Transmittern verstehen.«
»Terranischen Transmittern nach akonischem Prinzip«, verbesserte Kalup gereizt.
Ich winkte ab.
»Meinetwegen. Ich weiß, dass Sie sich Mühe gaben. Trotzdem ist die Maschine gefunden und offenbar auch technisch begriffen worden. Man wartete, bis unser anlaufender Sender den Bereitschaftsimpuls abstrahlte, und da schloss man kurz. Ich bin noch einmal davongekommen. Wie wir aber jetzt noch das Gehirn sprengen wollen, ist ein anderes Problem.«
Kalup ging. Ich sah dem fettleibigen Mann nach, bis er in der Ortungszentrale verschwand. Sein Polterton berührte mich nicht mehr. Ich wusste, dass er seinem cholerischen Naturell entsprach. Er meinte es nicht so.
Rhodan hatte die Hände auf einen Kartentisch gestützt. Er starrte auf die Platte nieder, als wollte er sie mit den Blicken durchbohren. Ohne aufzusehen, traf er eine Feststellung, die ich nicht widerlegen konnte.
»Das war die letzte Möglichkeit, das Gehirn relativ risikolos angreifen zu können. Akonische Wissenschaftler sind eingedrungen. Es wurde ihnen etwas erlaubt, was man uns immer verwehrte. Es steht fest, dass der Regent in seinen wesentlichen Sicherheitsprogrammierungen umgeschaltet wurde. Damit wird er zur gemeingefährlichen Maschine. Nach unseren Feststellungen sind große Teile der Robotflotte ins Arkonsystem beordert worden. Ein offener Angriff wäre nicht nur aussichtslos, sondern auch bedrohlich für die Existenz der Menschheit. Unsere Mutanten können das Gehirn nicht betreten. Der Fiktivtransmitter wäre die letzte Lösung.«
Ich horchte auf. Das Gerät befand sich an Bord des Flottenflaggschiffes.
»Es ist erwiesen, dass der Wabenschirm des Gehirns nicht durchschlagen werden kann. Die Akonen haben die Defensivwaffen modernisiert. Außerdem verfügen sie ebenfalls über Linearschiffe. Was hast du vor?«
Er sah mich an. Jefe Claudrin wich meinem Blick aus. Da ahnte ich, dass unter den Terranern etwas besprochen worden war, wovon ich noch nichts wusste.
»Nichts, Atlan. Oder besser – noch nichts! Es käme auf deinen Entschluss an.«
»Und der wäre?«
»Ich brauchte dein Einverständnis, auf Arkon III einen Atombrand anlegen zu dürfen. Das bedeutete die Vernichtung des Planeten. Moment –«, er erhob die Hand, und ich zügelte meine Erregung – »lass mich aussprechen. Wir sind uns darüber klar, dass der enge Gravitationsverband der drei Arkonwelten erschüttert werden müsste. Die von deinen Vorfahren eingefangenen Himmelskörper würden fraglos aus den künstlich erschaffenen Umlaufbahnen entweichen, falls die Masse des Kriegsplaneten nicht mehr vorhanden ist. Berechnungen liegen vor. Arkon I und die Industriewelt Arkon II würden von verheerenden Beben und Flutkatastrophen heimgesucht werden. Eine Wandlung der klimatischen. Verhältnisse wäre eine weitere Folge. Das muss gesagt werden.«
Ich ging auf die Ortungszentrale zu. Rhodans Worte hatten mich getroffen.
»Ich bin für die Ablehnung des Planes«, sagte er. Da drehte ich mich um. Sein Gesicht war ausdruckslos.
»Danke. Es geht nicht. Du kannst Milliarden Arkoniden opfern. Mit der Zerstörung von Arkon III wäre ich notfalls noch einverstanden. Dort lebt kaum jemand. Eine Evakuierung wäre möglich. Die Kristallwelt und Nummer II dürfen jedoch nicht erschüttert werden. Noch habe ich nicht aufgegeben.«
Die Panzertür öffnete sich, und ich schritt hindurch. Ich wusste, dass wir am Ende unserer Weisheit angekommen waren.
Rhodan folgte mir. Vor den Echoschirmen der Energietaster blieben wir stehen. Jefe Claudrins Stimme drang aus der Zentrale herüber. Er ließ die Triebwerke anlaufen.
Das Tosen der Strukturtaster traf mich nicht unvorbereitet. Ich hatte damit gerechnet. Rhodan deutete mein müdes Lächeln richtig.
Wir waren gekommen, um den Regenten zu zerstören. Wenn er nicht mehr existierte, war Carbás Planung hinfällig. Die fremden Machtgruppen würden das Interesse an ihm verlieren. Vordringlich aber wären etwa hunderttausend Raumschiffe der arkonidischen Robotflotte aktionsunfähig gewesen.
Wenn!, sagte mein Logiksektor.
Ich achtete nicht auf den Einwand. Die Akonen, von denen die Revolte der degenerierten Arkoniden gesteuert wurde, hatten ihr Ziel erreicht. Der Regent handelte unlogisch. Damit stand es fest, dass man ihn entscheidend beeinflusst hatte.