Nr. 144
Roboter lassen bitten ...
Weit ist der Weg ins Niemandsland – Eine neue Atlan-Erzählung
von K. H. SCHEER
Man schreibt das Jahr 2114 irdischer Zeitrechnung. Für die Erdmenschen sind also seit der erfolgreichen Mondlandung einer Rakete mit chemischem Antrieb, dem Auftakt der echten Weltraumfahrt, noch nicht einmal anderthalb Jahrhunderte vergangen.
Trotz dieser nach kosmischen Zeitmaßen unglaublich kurzen Spanne hat es das von Perry Rhodan geschaffene und geleitete Solare Imperium fertiggebracht, zu einem Eckpfeiler galaktischer Macht zu werden.
Die meisten Völker der Milchstraße wissen bereits, dass es besser ist, Terraner zu Freunden zu haben, anstatt zu Feinden. Nach den Springern und den Aras, den galaktischen Medizinern, sind auch die Akonen, die Bewohner des Blauen Systems, zu dieser Einsicht gelangt, und so besteht seit dem 10. September 2113 eine Allianz zwischen Terranern, Arkoniden und Akonen.
Dieses Bündnis, galaktische Allianz genannt, steht allerdings auf einem schwankenden Fundament. Die Arkoniden werden von den Akonen als minderwertig abgetan, und den Terranern ist man im Blauen System auch nicht gewogen – was die Aussendung der »Agenten der Vernichtung« eindeutig bewies ...
Die allgemeine Lage in der Milchstraße lässt sich also keinesfalls als rosig bezeichnen, auch wenn es inzwischen einem terranischen Technikerteam gelang, ein Gerät sicherzustellen, mit dem sich die Laurins sichtbar machen lassen.
Nach wie vor stellen die Posbis, die positronisch-biologischen Roboter eine tödliche Bedrohung allen organischen Lebens in der Milchstraße dar ...
Eines Tages im April 2114 sieht es allerdings so aus, als sollte sich die Lage ändern, denn ein Weltraumtramp kommt nach Arkon und überbringt die Nachricht: ROBOTER LASSEN BITTEN ...
Die Hauptpersonen des Romans
Atlan – Imperator von Arkon und Perry Rhodans Freund.
Perry Rhodan – Erster Administrator des Solaren Imperiums.
Beybo – Ein Trampfahrer, dem sich die beiden wichtigsten Männer auf Gedeih oder Verderb anvertrauen müssen.
Fellmer Lloyd – Orter und Telepath des Mutantenkorps.
Willy – »Säuglingsschwester« der Posbis.
Jefe Claudrin – Kommandant des Flottenflaggschiffs THEODERICH.
1.
»... ho – hei – ho – hei – links – links ...«, schrie der Feldwebel im redlichen Bemühen, den Marschtritt der Zyklopen zu verbessern.
Das Stampfen der Säulenbeine hallte über das Flugfeld. Ich sah hinüber zu dem buntuniformierten Haufen, der sich wie ein leuchtender Farbklecks über das Grau des Platzbelages wälzte.
Die Naats marschierten wieder einmal für das Imperium, nur unterstanden sie diesmal dem Befehl eines Terraners, der – meiner Auffassung nach – dicht vor dem seelischen Zusammenbruch stand.
Es war weder meinen ehrwürdigen Vorfahren noch den stimmgewaltigen Arkonidenoffizieren der Kolonialwelten gelungen, die Giganten vom fünften Planeten des Arkonsystems an Disziplin zu gewöhnen. Schon aus diesem Grunde hielt ich es für ausgeschlossen, dass es einem Unteroffizier möglich sein sollte, die streitsüchtigen Naats zur Ordnung zu zwingen.
Ich blickte hinauf in den blassblauen Himmel von Arkon III, schloss vor dem Düsenfeuer eines startenden Schlachtschiffes die Augen und sah dann erneut zu den Naats hinüber.
Die Kompanie gehörte zur Wachdivision des Kristallplaneten. Jeder der drei Meter hohen Zyklopen hatte eine Hypnoschulung erhalten, die sich in erster Linie mit Gefechtstaktik und Galaktosoziologie befasst hatte.
Bis vor wenigen Monaten war ich noch auf die Dienste der Naats angewiesen gewesen. Unbeholfen oder nicht – sie hatten mehr als einmal mit sicherem Instinkt mein Leben gerettet. Zu jener Zeit waren meine Landsleute bemüht gewesen, mich, den unwillkommenen Imperator und Terrafreund, mit modernen oder auch primitiven Mitteln vom Leben zum Tode zu befördern.
Die innerpolitischen Verhältnisse im arkonidischen Imperium hatten sich gebessert. Seitdem ich mit den Terranern Verträge abgeschlossen hatte, war selbst dem schlimmsten Nörgler klar geworden, dass es nach meinem Tode nicht zu wesentlichen Änderungen kommen konnte.
Vielleicht hatte man auch mittlerweile eingesehen, wie schwach das Sternenreich ohne terranische Hilfe gewesen wäre.
Das Stampfen der Naats nahm kein Ende. Sie stellten sich in Reih und Glied auf, präsentierten die Strahlwaffen und richteten ihre dreiäugigen Kugelköpfe auf mich.
Der hagere Feldwebel in der Uniform des Solaren Imperiums kam auf mich zu. Sein Gesicht war schweißüberströmt; die dunklen Haare hingen strähnig unter dem Rand seines Funkhelmes hervor.
Die weiße Arkonsonne meinte es gut. Auf dem riesigen Raumhafen waren vor einer Stunde plus 52 Grad Celsius gemessen worden.
Der Kommandierende nahm Haltung an und krächzte etwas, was ich nicht verstehen konnte. Anscheinend sollte es aber eine Meldung sein.
Ich grüßte nach arkonidischer Art und sagte: »Danke, Sergeant, lassen Sie die Naats bequem stehen.«
Das Gesicht des Uniformierten lief rot an. Ich sah mich besorgt um. Die Herren meiner Begleitung blickten apathisch zu dem Superschlachtschiff hinüber, das ich in meiner Eigenschaft als Imperator des Reiches taufen und damit in Dienst stellen sollte.
Perry Rhodan war auf die Idee gekommen, das neueste Schiff aus der arkonidischen Serienfabrikation ATLAN zu nennen. So hatte ich mich bereit erklärt, an den Wandungen der Riesenkugel nach irdischer Sitte eine Sektflasche zu zertrümmern.
Dieses Vorhaben hatte unter den terranischen Raumfahrern zu ausgedehnten Diskussionen geführt. Man hielt es für frevelhaft, ein derart kostspieliges Getränk zu vergeuden. Schließlich musste jede Flasche von irdischen Transportern herbeigeschafft werden.
Der Sergeant stand noch immer vor mir, die Fäuste an die Klebenähte seiner Galakombi gepresst. Er sagte wieder etwas, aber ich konnte es auch diesmal nicht verstehen. Was war mit dem Mann los? Hatte er einen Hitzschlag erlitten?
Rhodan begann unmotiviert zu lachen. Er stand neben mir und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Selbst im Schlagschatten des neuen Schiffes war es unerträglich heiß.
»Du solltest den Feldwebel erlösen, Freund«, belehrte mich Perry. »Er fällt gleich um.«
»Ich habe ihn doch entlassen«, begehrte ich auf.
»Irrtum, du hast nur gesagt, er solle die Naats bequem stehen lassen. Ganz davon abgesehen, hast du das Keuchen seiner Lungen mit einer Meldung verwechselt. Er bemüht sich jetzt noch, die entsprechenden Worte über die Lippen zu bringen.«
Ich unterdrückte ein Schmunzeln. Nun wusste ich auch, warum der Mann so rot anlief. Seine letzten Stimmreserven hatte er anscheinend während des Aufmarsches geopfert.
»Danke, vielen Dank«, sagte ich schnell. »Sie können wegtreten, Sergeant. Ihre Truppe macht einen ausgezeichneten Eindruck.«
Der Hagere warf mir einen undefinierbaren Blick zu, drehte sich um und wankte auf die Naats zu. Die Sonne brannte unbarmherzig auf sie nieder. Ich hoffte, der Sergeant würde so klug sein, auf die militärischen Gepflogenheiten zu verzichten und im Schatten Schutz zu suchen. Er dachte aber nicht daran! Er stellte sich vor den Naats auf, schnappte nach Luft und blickte dann starr zum Schiff hinüber.
Ich schüttelte den Kopf. Diese Terraner würden sich nie ändern. Kein Arkonide wäre auf die Idee gekommen, seinen Körper den gleichen Strapazen auszusetzen, die auch seine Untergebenen ertragen mussten.
Ich machte es kurz. Fünf Minuten später hatte ich mein Verslein aufgesagt und die Flasche geschleudert. Hinter den fallenden Tüchern wurde der Schiffsname erkennbar.
Der Anblick des Superriesen konnte mich nicht erfreuen. Ich hatte schon zu viele Raumfahrzeuge dieses Typs in Dienst gestellt; aber noch mehr hatte ich in fürchterlichen Schlachten verloren.
Die Terraner beeilten sich, die nächste Klimastation zu erreichen. Sie konnten sich nicht an die Temperaturen auf den Arkonwelten gewöhnen.
Ich bestieg meinen Wagen, wartete, bis meine Robotleibwache aufmarschiert war und folgte den Freunden.
Vor dem Gebäude der Flugsicherung angekommen, warf ich noch einen Blick zur ATLAN zurück.
Die terranische Besatzung ging bereits an Bord. Zweitausend Spezialisten, geschult und gedrillt auf Akademien und Ausbildungsschiffen der Solaren Flotte, waren dabei, einen eben erst fertig gewordenen Mammutkörper in eine Kampfmaschine von vernichtender Schlagkraft zu verwandeln.
Das Superschlachtschiff war die erste Einheit der neuen Serie. Terranische, arkonidische und akonische Erfindungen waren bei seinem Bau verwertet worden. Wir hatten fast elf Monate benötigt, um die komplizierte Programmierung der Großschiffswerften umzustellen. Von da an hatten Tausende von Roboteinrichtungen geschaltet und fabriziert.
Ich betrat die für diesen Hafensektor zuständige Schaltzentrale, wo ich die führenden Terraner vorfand. Arkoniden waren nicht anwesend. Die stille Rivalität zwischen den Männern von der Erde und den Wissenschaftlern meines Volkes war ein offenes Geheimnis.
Seufzend setzte ich mich in einen Gliedersessel und streckte die Beine aus. Draußen klangen die Geräusche der abmarschierenden Roboterkapelle auf.
Rhodan lauschte auf das Heulen, Quäken und Pfeifen, bis der letzte Paukenschlag verhallt war.
Dann sah mich der Terraner an.
»Das war eine klassische Schiffstaufe, möchte ich sagen. Mit allem Drum und Dran. Ihr Arkoniden versteht es, Feste zu feiern. Die vereinte Flotte besitzt also ab heute ein weiteres Großkampfschiff, hmm ...!«
Er unterbrach sich und lehnte sich zurück. Über uns summte das Gebläse der Klimaanlage. Ich wusste, warum er so plötzlich schwieg. Die außenpolitischen Verhältnisse erlaubten es nicht, auf ein Schiff vom Range der ATLAN besonders stolz zu sein.
Ich hatte Giganten von seiner Art unter den Feuerschlägen von automatgelenkten Fahrzeugen wie Seifenblasen zerplatzen sehen. Unser Abwehrkampf gegen die biopositronische Robotdynastie war in ein entscheidendes Stadium getreten.
Eines Tages waren die Unheimlichen mit ihren so genannten Fragmentraumschiffen in der Milchstraße erschienen, und schon war es zu Zwistigkeiten gekommen.
Wir hatten versucht, eine Verständigung herbeizuführen, doch war unseren Bemühungen bis heute kein Erfolg beschieden.
Vor einigen Monaten waren andere Lebewesen, die wir Laurins nannten, auf der Erde gelandet. Das noch junge Staatsgebilde des Solaren Imperiums war in akute Gefahr geraten.
Die Laurins waren von Natur aus unsichtbar. Die Posbis, wie wir die bio-positronischen Roboter in abgekürzter Form bezeichneten, hatten die Laurin-Gefahr gebannt. Ich hatte einen Einsatz in die Tiefen des interkosmischen Raumes geflogen. Dort war es mir gelungen, das geheimnisvolle Steuergehirn der Posbis zu bewegen, ein Fragmentschiff zur Hilfeleistung auszusenden.
Als es über der Erde erschienen war, hatten wir erkannt, dass die Posbis technische Mittel besaßen, um die Unsichtbaren zu orten. Die Invasoren waren in wenigen Stunden erledigt gewesen.
Wenige Wochen später hatte ein terranisches Forscherteam den Planeten Fossil entdeckt. Es handelte sich um eine uralte Ausweichstation der Mechanicalebewesen, die allem Anschein nach für die ursprüngliche Konstruktion der heutigen Posbis verantwortlich waren.
Wir hatten so gut wie nichts gefunden – bis auf ein Gerät, das auf die unsichtbaren Laurins ansprach. Wir hatten es ausgebaut und zur Erde gebracht. Vor wenigen Stunden war nun der Prototyp eines Apparates eingetroffen, zu dem Rhodan kurz und bündig »Antiflexbrille« sagte. Es sollte damit möglich sein, die rätselhaften Ausstrahlungen des »Flexoorgans« zu absorbieren. Ich war skeptisch!
Rhodans Funksprechgerät läutete. Er trug es als Armbandausführung. Kommodore Jefe Claudrin, Kommandant des terranischen Flottenflaggschiffes THEODERICH, teilte mit, er sei startklar.
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Wir hielten uns schon viel zu lange auf dem dritten Planeten des Arkonsystems auf. Draußen, jenseits des Kugelsternhaufens M 13, patrouillierten fast hunderttausend Raumschiffe der vereinten Flotte.
Der Abwehrring gegen die aus dem Interkosmos kommende Posbigefahr war so weit vollendet worden, wie es in unseren Kräften stand. Die Finanzen des Großen Imperiums waren angespannt. Die robotgesteuerte Serienfabrikation von Raumfahrzeugen aller Art verschlang täglich Milliarden. Auch Rhodan, der in seiner Eigenschaft als Erster Administrator des Solaren Imperiums für die Staatskasse seines Sternenreiches verantwortlich zeichnete, hatte mich nicht darüber im Zweifel gelassen, dass der Haushaltsplan für das Jahr 2114 bereits überzogen war.
Terra hatte etwa dreißig Millionen Mann an der interkosmischen Front stehen. Weitere zehntausend Schiffseinheiten kreuzten im Gebiet der bekannten Milchstraße, um die überall schwelenden Unruhen zu beseitigen.
Die Nachschubfrage war zu einem Problem geworden. Ich hatte fünfzigtausend Frachter zur Verfügung gestellt, um den Bedarf der Abwehrflotte decken zu können. Zu den rein militärischen Aufgaben kamen noch die wissenschaftlichen Projekte hinzu.
Perry Rhodan, der nüchterne Denker und Praktiker, hatte erkannt, dass die Beherrschung der Galaxis nicht nur eine Frage der technischen Entwicklung, sondern auch eine der Finanzen war. Es wurde Zeit, die Lage zu stabilisieren.
Unsere Schiffsverluste im Abwehrkampf gegen die Posbis nahmen erschreckende Formen an. Rhodans Mutanten, die bisher als unschlagbar gegolten hatten, begannen zu versagen. Ihre parapsychischen Fähigkeiten, die bei ortsgebundenen Unternehmen ganze Armeen und Flotten ersetzten, konnten bei Raumgefechten kaum eingesetzt werden. Die Superwaffe der Posbis, der Transformstrahler, konnte noch nicht nachgebaut werden, obwohl wir die entsprechenden Daten besaßen.
Meine Planung ging darauf hinaus, unter allen Umständen zu versuchen, mit den Steuerelementen der Posbis Verbindung aufzunehmen.
Eine weitere Aufsplitterung der terranisch-arkonidischen Kräfte musste unterbunden werden. Die innerpolitischen Schwierigkeiten im Gebiet der bekannten Galaxis waren groß genug, um den Einsatz einer stehenden Flotte von zirka fünfzigtausend Großraumschiffen zu rechtfertigen.
Der akonische Vertragspartner war ein zuverlässiger Bundesgenosse. Wir hatten erst kürzlich erlebt, dass eine akonische Widerstandsbewegung durch eine Fehlschaltung an Materietransmittern die Erde an den Rand des Ruins gebracht hatte. Die Laurins hätten ohne akonische Hilfeleistung niemals auf Terra landen können.
Die Sorgen um das Sternenreich drohten mich zu übermannen. Unter meinen Füßen lagen die Trümmer des ehemaligen Robotregenten, der von meinen Vorfahren erbaut und von mir zerstört worden war. Die einmalige Maschine fehlte überall. Zwar gab es auf Arkon II mehr als zwanzigtausend größere Robotgehirne mit mehr als dreihunderttausend Relaisstationen – aber zur einwandfreien Beherrschung der störanfälligen Anlagen fehlte der koordinierende Großrobot.
An die Verwaltungsfragen im Imperium durfte ich überhaupt nicht denken.
Rhodan hatte etwa hunderttausend Terraner geschickt, die versuchen sollten, Ordnung in das Chaos zu bringen. Da wir vordringlich darum besorgt sein mussten, die innerarkonidischen Fragen zu klären, kam es zu einer zwangsläufigen Vernachlässigung der vielen Kolonialwelten. Steuerhinterziehungen, Revolten und Regierungsumstürze waren an der Tagesordnung. Erst vor wenigen Stunden war mir von dem Leiter einer terranischen Arbeitsgruppe mitgeteilt worden, die noch ausstehenden Rohstofflieferungen von zweiundvierzig Kolonialwelten beliefen sich auf eine Summe von etwa neunhundert Milliarden Solar. Die Schiffsfabrikation war von hochlegierten Edelstählen aus der T-A-Reihe abhängig. Arkonstahl, wie man kurz dazu sagte, konnte nur von einer spezialisierten Schwerindustrie hergestellt werden.
Die Waffenlieferungen aus den planetarischen Werken ließen auch zu wünschen übrig. Die Folge davon war, dass ich wenigstens einen Kreuzerverband hinschicken musste. Von einem Schiff allein ließen sich die Nachkommen ehemaliger Arkonidenkolonisten nicht beeindrucken.
Ein Schlag auf meine Schulter ließ mich auffahren. Rhodans Lächeln sagte mir alles.
»Vergiss es, Freund«, sagte er. »Ehe wir aufgeben, geht die Galaxis unter. Ich möchte in einer halben Stunde zur Front starten. Was hast du vor, Imperator?«
Ich betrachtete ihn argwöhnisch. Wenn er mich mit meinem Titel anredete, verband er damit meistens eine bestimmte Absicht. Jetzt sah es aber so aus, als hätte er es nicht einmal ironisch gemeint. Ich erhob mich und rückte den Kombigürtel zurecht.
»Ich sehe mir die neue Peilstation an. Es sollte doch langsam möglich sein, auch kleine Körper auf große Entfernungen zu orten. Wir brauchen die Position der unbekannten Posbi-Zentralwelt.«
»Wem sagst du das?«
Er wandte sich um und ging auf die Tür zu. Ehe er sie durchschritt, leuchtete ein Bildschirm auf. Das Gesicht von Oberst Apple erschien. Er war der neue Chef des Sicherheitsdienstes auf dem arkonidischen Kriegsplaneten.
»Sir, könnte ich Sie rasch noch sprechen?«, rief Apple. Ich blieb stehen. Hatte er nun Perry oder mich gemeint?
Rhodan kam zurück. Zusammen mit ihm trat ich vor den Bildschirm. Apple entschuldigte sich hastig. Er schien erregt zu sein.
»Verzeihen Sie, Sir. Ich weiß, dass Sie unter Zeitdruck stehen. Hier ist jedoch etwas geschehen, was mir wichtig genug erscheint, Sie noch vor Ihrem Start zu informieren.«
Ich wurde aufmerksam. Apple war ein gewissenhafter Offizier, der seinen Oberbefehlshaber nur dann anrief, wenn es um bedeutungsvolle Dinge ging.
»Was gibt es, Apple?«, fragte Rhodan. Ich bemerkte den gespannten Zug in seinem hageren Gesicht. Gleichzeitig kam ich wieder einmal zu der Erkenntnis, wie verzweifelt unsere Situation im Grunde genommen war!
Wir waren bereits so zermürbt, dass wir jeder neuen Meldung mit jählings aufflammenden Hoffnungen entgegensahen.
Der Colonel zögerte plötzlich. Mir war, als würde er es jetzt schon bereuen, uns kurz vor dem Start belästigt zu haben. Er war sich seiner Sache nicht sicher.
»Sir«, begann er hüstelnd, »Sir, ich weiß nicht, ob ich richtig gehandelt habe. Vor einigen Stunden landete auf Arkon II ein Springer namens Beybo. Sein Raumschiff, die BEY XII, gehört zu jenen rostzerfressenen Kähnen, die wir normalerweise längst aus dem Verkehr gezogen hätten. Die Besatzung besteht aus sieben Mann, Beybo eingerechnet. Sie kennen diese zwielichtigen Gestalten, die nach den Gesetzen der galaktischen Händler weder den Patriarchentitel führen noch an Sippenversammlungen teilnehmen dürfen. Sie kommen gleich nach den Parias und rangieren in unserer Liste als Tramp- oder Pendelfahrer.«
»Seien Sie nicht so umständlich, Apple«, winkte Rhodan ab. Sein Gesicht hatte sich entspannt. Eine nichtssagende Meldung war immer noch besser als eine Katastrophennachricht.
Ich dagegen amüsierte mich über Apples angeekeltes Gesicht. Dieser Beybo schien ja ein besonders bemerkenswertes Exemplar seiner Gattung zu sein. Pendelfahrer wurden von den Sippenpatriarchen der Springer nicht anerkannt. Man duldete sie nur dann, wenn sie einen bestimmten Prozentsatz ihrer Gewinne an den Sippenchef abführten, dessen Handelsmonopol die von einem Tramp besuchten Welten umfasste.
Apple räusperte sich. Er schien sich innerlich einen Narren zu schimpfen.
»Nun reden Sie schon, Apple«, warf ich ein. »Wir reißen Ihnen nicht den Kopf ab. Was ist mit diesem Beybo los?«