Nr. 179
Notlandung auf Beauly II
Sie geraten in den Bann der Emotiostrahlung – und vergessen, dass sie Menschen sind ...
von K. H. SCHEER
Am 10. Mai des Jahres 2328 irdischer Zeitrechnung schließt Perry Rhodan, der Großadministrator des Vereinten Imperiums der Menschheit und seiner galaktischen Verbündeten, mit den völlig geschlagenen Blues vom Planeten Gatas einen Friedensvertrag.
Das Ende der galaxisweiten Auseinandersetzung mit den Gatasern bedeutet einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte aller Völker der Milchstraße, denn nun, da die gefährliche Bedrohung für den Bestand von Perry Rhodans Galaktischer Allianz nicht mehr existiert, muss es sich erst erweisen, ob die G. A. auch in Friedenszeiten einen inneren Zusammenhalt besitzt.
Perry Rhodan hat sich von dieser Allianz offensichtlich zuviel erhofft, denn kaum ist der galaktische Krieg beendet, da beginnen die Verbündeten ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Wirren entstehen, und selbst Nachkommen von Terranern, die auf fremden Welten eine neue Heimat gefunden haben, beginnen sich aus dem Verband des Vereinten Imperiums zu lösen.
Wie gefährlich die neue Lage ist, zeigt die NOTLANDUNG AUF BEAULY II, als Menschen in den Bann der Emotiostrahlung geraten ...
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Großadministrator des Vereinten Imperiums.
Atlan – Der Lordadmiral gibt sich als Blitzgott aus.
Melbar Kasom – Oberleutnant und Spezialist der USO, dem die Rolle eines »Urmenschen« nicht schlecht ansteht.
Sergeant Erco Fudoli – Ein Irrer mit Phantasie.
Osak – Häuptling des Rotstreifenvolkes.
Kors Dantur – Kommandant der CREST.
1.
Sie waren allein. Zwei Männer. Allein mit einem kleinen Schiff. Selbst ein Superriese der Imperiumsflotte wäre hier nicht aufgefallen. Es war nebensächlich, ob man einen Zerstörer oder einen Schlachtkreuzer als Beförderungsmittel wählte. Man war immer klein; so nichtig, wie an keinem anderen Ort der Milchstraße.
Es war genau genommen kein Ort, sondern eine galaktische Position. Orte im Sinne des Wortes gab es nicht in der geheimnisvollen Öde zwischen den Sternen des Milchstraßenzentrums.
Sie waren so allein wie nie zuvor. Zwei Männer! Der eine menschlich, der andere arkonidisch.
Ihre Namen und Dienstränge:
Atlan, ehemaliger Imperator und souveräner Herrscher über das Sternenreich der Arkoniden, jetzt Regierender Lordadmiral und Oberbefehlshaber der United Stars Organisation, in Kurzform USO genannt.
Melbar Kasom, Oberleutnant und Spezialist der USO, umweltangepasster Mensch; Nachkomme terranischer Auswanderer. Heimatplanet Ertrus, System Kreit, 6136 Lichtjahre von Terra entfernt.
Atlan und Melbar Kasom – ein Team von höchster Vollendung. Sie waren mit einem Kleinraumschiff modernster Bauart gestartet. Ihr Ziel war nur in der Form einer Koordinatengruppe bekannt. Aber auch nur einem Vertrauten! Zur Sicherheit!
Doch – es gab noch einen anderen Mann, der außer ihnen den Schnittpunkt der Hauptlinien kannte. Dieser Mann war jedoch noch nicht eingetroffen. Wahrscheinlich hatte er Schwierigkeiten. Unbedeutende Menschen können unauffälliger ihres Weges gehen, als bekannte Persönlichkeiten.
Man sorgt sich um sie! Aus verschiedenen Gründen! Einmal aus Freundschaft und Warmherzigkeit, andererseits wegen militärischer und politischer Erfordernisse, die in Abwesenheit der Befugten nicht erledigt werden können.
Der dritte Mann hatte gewiss Schwierigkeiten! Er wollte ohne Begleiter kommen – fast unmöglich für einen Menschen von seiner überragenden Größe. Sein Name und Rang:
Perry Rhodan, ehemals Ministerpräsident der Dritten Macht, später Erster Administrator des Solaren Systems, jetzt Großadministrator und Flottenchef des Vereinten Imperiums. Es war aus dem kleinen Planetenreich der Erde und dem riesigen Herrschaftsgebiet der Arkoniden entstanden.
Zwei Männer warteten auf einen der Größten der galaktischen Geschichte – und der galaktischen Gegenwart. Wahrscheinlich trafen sie aber mit dem Größten zusammen.
Wenigstens Melbar Kasom, der 16,3 Zentner schwere Überriese vom 3,4-Gravo-Planeten Ertrus, war der Auffassung, bald dem Größten unter den Großen gegenüberstehen zu dürfen.
Kasom haderte mit sich selbst. Vor wenigen Monaten war er noch der Meinung gewesen, der zehntausendjährige Arkonide Atlan sei von keinem anderen lebenden Intelligenzwesen zu übertreffen. Nicht in Lebenserfahrung, Klugheit, Moral und politischer Anpassungsfähigkeit.
Dann war Perry Rhodan durch die Ereignisse gezwungen worden, wieder so zu handeln, wie er in den Jahren 1971 bis 2100 gehandelt hatte. Das hatte Melbar Kasom – eine »grundehrliche Haut«, wie er von sich behauptete! – bewogen, seine Meinung zu revidieren.
Am 12. August 2328, Terrazeit, hatte er sich dazu entschlossen, Perry Rhodan um eine Stufe höher einzuordnen als Lordadmiral Atlan.
Es war 13 Uhr Standardzeit. Sie trog natürlich – die Zeit. Die Bordchronometer waren bezugsgebunden. Die kosmonautische Navigation im Gebiet des Milchstraßenkerns ließ einen ununterbrochenen Linearflug nicht zu. Dafür standen die Sonnen zu eng beisammen; manche nur einen Lichtmonat von dem Nachbarstern entfernt. Daraus ergaben sich nautische Probleme. Man konnte sie am sichersten meistern, wenn man den instabilen Halbraum und seine abstrakte Gesetzmäßigkeit verließ, um den schwierigen Teil der Strecke mit einfach lichtschneller Fahrt zu überwinden.
Daraus resultierten Dilatationseffekte. Also konnte die von den Uhren angegebene Zeit nicht mehr stimmen – wenigstens nicht für die Maßstäbe solcher Wesen, die an andere Bezugssysteme gebunden waren. Es war etwas kompliziert, aber es konnte annähernd berechnet werden. Männer wie Atlan und Melbar Kasom gewöhnten sich rasch an die Besonderheiten der Unendlichkeit.
Sie waren allein – fühlbar allein! Nirgends kann ein Wesen einsamer sein, als im Raum zwischen den Sternen. Auch dann, wenn sie nur wenige Lichtmonate voneinander entfernt sind.
Diese bedrückende Tatsache wurde aber durch eine zweite Gewissheit gemildert. Sie waren ihrem Schöpfer sehr nahe. Überall war sein Walten erkennbar. Nicht nur in der Existenz der Sterne; dem gewaltigsten Hinweis auf das Unergründliche und Unnachahmliche.
Schon die Ortungsgeräte bewiesen, dass diese scheinbare Leere von einem tausendfältigen Raunen und Wispern erfüllt war. Es handelte sich um die Energieströme zwischen den Sonnen. Früher hatte man diese Kräfte nicht erkannt, aber man hatte ihre Existenz vermutet.
Das Raumboot war knapp zwanzig Meter lang und in seiner Walzenform vier Meter durchmessend. MAJORI war es von Atlan getauft worden.
Seine Ortungsgeräte waren die modernsten der galaktischen Völker. Es gab viel zu lauschen und zu hören – auch im leeren Raum.
Die MAJORI war auf einer geheimen Werft der USO erbaut worden. Mit dem Geld der USO und von Wissenschaftlern der USO. Sie nahmen für sich das Privileg in Anspruch, die Erkenntnisse aller raumfahrenden Intelligenzen verwenden zu dürfen, so, wie es einer übergeordneten Schutzmacht auch zustand. Nach den vertraglichen Vereinbarungen natürlich!
Also war die MAJORI das vollendetste Zwergraumschiff, das jemals die Galaxis durchquert hatte.
Das überlichtschnelle Lineartriebwerk war ein Erzeugnis der Mikrotechniker von Siga. Auch sie waren Menschen, wenn auch umweltangepasst.
Die Normaltriebwerke waren von terranischen Konstruktionen abgeleitet worden. Die Ortungsanlagen stammten zum Teil von den bio-positronischen Robotern, die man Posbis nannte.
Alles, was gut und aufwendig war, hatte man in die MAJORI eingebaut. Ihre Konstrukteure hatten den Auftrag erhalten, ohne Rücksicht auf Kosten ein Meisterwerk zu liefern.
So kam es, dass an Bord der MAJORI mehr gehört und gesehen wurde, als auf anderen Schiffen. Ein Mann genügte zur Beherrschung der Flug- und Maschinenkontrollen. Die positronische Automatik war vollendet – wenigstens nach den zur Zeit geltenden Erkenntnissen. Wahrscheinlich konnte man es noch besser machen; aber Bessermachen setzte das Können voraus. Bisher hatte noch niemand eine Idee gehabt, wie man die Erzeugnisse der Hundertsonnenwelt verfeinern könnte.
Alles in allem: Die kleine MAJORI war ein Raumschiff, mit dem man schon einen Vorstoß in die unbekanntesten Gebiete der Milchstraße wagen konnte. Das wussten auch die beiden Einsamen, die ihr Leben einer Stahlhülle mit sinnverwirrenden Einrichtungen anvertraut hatten.
*
Das Rauschen und Wispern der interkosmischen Statik wurde nur hier und da von einem zirpenden Ton unterbrochen. Er drang aus den Lautsprechern der hyperdronatischen Wandler. Irgendwo in der Galaxis hatte irgend jemand einen Hyperfunkspruch ausgeschickt.
Ob wichtig oder unwichtig – er wurde gehört. Die vollautomatischen Kanaltaster der Peiler suchten in jeder Sekunde zwei Millionen mal alle bekannten Frequenzbänder ab.
In dem breiten Sessel ruhte ein Gigant. Spezialist Melbar Kasom wog nicht nur 16,3 Zentner, sondern er war auch 2,51 Meter groß und in den Schultern 2,13 Meter breit.
Einem Mann wie ihm musste man schon besondere Kleidungsstücke und Geräte zubilligen, wenn man ihn einsetzen wollte. Finanzielle Aufwendungen dieser Art lohnten sich immer, wenn man dadurch einen Ertruser als Mitarbeiter gewann.
Kasoms riesige Hand, umfangreicher als der Brustkorb eines normalen Erdgeborenen, konnte mit erstaunlicher Behutsamkeit zugreifen. Sein Zeigefinger, kräftig und dick wie der Unterarm eines Jungen, legte den Schalter des Automataufzeichners um. Melbar Kasom war der Ansicht, es könne nie verkehrt sein, lautstarke Funksprüche zu registrieren. Die Auswertung hatte Zeit.
Das Zirpen verstummte. In der Kabine wurde es still. Die Beleuchtung war abgeschaltet. Das Licht der nahen Sterne wurde jedoch durch die Beobachtungs-Bildschirme in die Zentrale gestrahlt. Es war hell genug für die Augen eines Mannes, der in den Abgründen zwischen den Sonnen zu Hause war.
Kasoms Gesicht spiegelte sich in den Armaturenverkleidungen. Es war ein breitflächiges Gesicht mit grobporiger Haut und starken Muskelwülsten an Wangen und Halsansatz. Das sandfarbene Haar trug er wie alle Ertruser vornehmer Abstammung als borstigen Sichelkamm. Die restlichen Teile der Schädelhaut waren kahl.
Es schien, als schliefe der Riese. Als jedoch ein blaugrüner Echopunkt erkennbar wurde, stieß Kasom einen Seufzer aus. Er reckte sich.
Dann erhob er sich. Die Bewegung wirkte plump; aber nur für schlechte Beobachter. Ertruser konnten ungeheuer schnell sein. Besonders aber dann, wenn sie ihre Mikrogravitatoren abschalteten, die ihnen die gewohnte Schwerkraft von 3,4 Gravos vermittelten.
Breitbeinig, die Arme wie haltsuchend angewinkelt, stampfte Kasom durch die Zentrale des Bootes. Sein Kopf berührte beinahe die Deckenarmaturen.
Vor der Panzertür des Querschotts angekommen, warf Kasom einen missbilligenden Blick nach oben. Der ohnehin niedrige Durchgang wurde durch eine Ventilgruppe der Klimaanlage noch mehr eingeengt.
Kasom zog das luftdicht schließende Luk mit dem kleinen Finger auf. Es zischte.
Hinter der ovalen Tür lag der Aufenthaltsraum, an den sich drei Kabinen und die Automatküche anschlossen. Der restliche Teil der Zelle wurde von den Maschinenanlagen eingenommen.
Kasom stieg über eine Bodenerhebung hinweg. Unter den Verkleidungsblechen war das Verschlussstück der Kanonen-Reaktionskammer angeordnet. Verschlussstücke waren meistens etwas plump.
Vor der ersten Kabinentür blieb der Ertruser stehen. Er lauschte. Ein Schimmer von Achtung und Zuneigung glomm in seinen Augen auf.
Behutsam drückte er auf den Knopf des Magnetschlosses. Die Sicherheitstür schob sich in die Wand zurück.
Auf dem herabgeklappten Lager des Raumes ruhte ein hochgewachsener Mann mit weißblonden Haaren. Atlans Gesicht war entspannt. Die massive Knochenplatte seines Brustkorbes hob und senkte sich kaum. Es war, als käme der Arkonide ohne Atem aus. Es war eine Täuschung.
Kasom räusperte sich. Bei dem entstehenden Grollen presste er erschreckt die Lippen zusammen. Selbst wenn Ertruser flüstern wollten, klang es immer noch wie das Hallen ferner Baumtrommeln.
Atlan schlug plötzlich die Augen auf. Sie leuchteten in einem rötlichen Goldton.
Einen Moment lang musterte er den fast quadratischen Koloss, der nur dann die schmale Türöffnung durchschreiten konnte, wenn er sich hindurchwand.
»Sie werden sich nie an einen Gegner heranschleichen können, Spezialist Kasom«, sagte der Lordadmiral. »Das soll keine Rüge sein. Ich hörte Sie schon, als Sie sich aus dem Kontrollsitz erhoben.«
»Entschuldigen Sie, Sir. Ich habe versucht, mich federleicht zu bewegen«, dröhnte der Bass des Ertrusers.
Atlan lachte. Er zog den Kopf ein, um nicht gegen die vorspringenden Stützen der oberen Klappkoje zu stoßen und erhob sich von dem Lager.
Die Magnethalterungen der einfachen Uniformkombination waren geöffnet. Sie glitt auseinander und gab den Blick auf eine eigroße Erhöhung frei. Sie befand sich auf Atlans Brust.
Kasom warf nur einen flüchtigen Blick auf das äußere Zeichen der biologischen Unsterblichkeit. Atlan gehörte zu den ältesten Wesen der Galaxis; bestimmt aber war er das älteste humanoide Geschöpf. Trotzdem sah er aus wie ein Dreißigjähriger.
Während seines zehntausendjährigen Aufenthaltes auf der Erde war der große Arkonide mehr Mensch geworden, als mancher, der diese Bezeichnung von Geburt an trug.
Atlan fuhr sich mit den Fingern durch die langen Haare. Er trug sie nach arkonidischer Sitte. Als er vor dem Ertruser stand, musste der fast zwei Meter große Mann den Kopf in den Nacken legen, um in die Augen seines Untergebenen sehen zu können.
»Haben Sie eine Ortung?«
»Ja, Sir. Er kommt. Ziemlich spät, wie mir scheint.«
Atlan schloss seine Uniform und legte den Kombinationsgürtel um. Das Edelmetallgriffstück der Strahlwaffe war der einzige Luxus, den sich der USO-Befehlshaber erlaubte.
»Die Galaxis brennt, Melbar«, erklärte Atlan. »Ich finde es erstaunlich, dass Perry überhaupt kommt. Dazu noch unter solchen Umständen. Darf ich Sie bitten, sich während unserer Besprechung in die Zentrale zurückzuziehen? Fassen Sie es bitte nicht als Misstrauensbeweis auf.«
»Aber, Sir, das ist doch selbstverständlich. Ich werde mir etwas in die Ohren stecken.«
»Lieber nicht. Unsere Wattebestände werden anderweitig benötigt.«
Kasom grinste. Ein Summton ließ ihn aufhorchen. Ohne ein Wort zu verlieren, eilte er in die Zentrale zurück.
Atlan sah dem Riesen nach. Kasoms Oberschenkel waren so dick wie terranische Weinfässer. In diesem Mann schlummerten ungeheure Kräfte.
Atlan warf noch einen prüfenden Blick in den Metallspiegel über der Waschgelegenheit. Er musterte sich intensiv. Langsam strich er mit den Fingern über die Narbe auf seiner Wange. Sie war eine Erinnerung an die bewegte Frühzeit der menschlichen Rasse. Ein römischer Legionär hatte versucht, dem unsterblichen Arkoniden zu beweisen, wie leicht man ihn töten konnte.
Atlan lächelte seinem Spiegelbild zu. Dann ging er zur Zentrale hinüber.
Spezialist Kasom hatte die Hypertaster justiert. Auf den Reliefschirmen der Massen- und Energieortung zeichnete sich ein länglicher Körper ab. Es handelte sich um einen modernen Raumjäger terranischer Fertigung. Diese Boote wurden von den neuen Jagdwaffen-Trägerschiffen und auch von größeren Einheiten der Flotte mitgeführt. Sie waren schnell, wendig, schlecht zu orten und stark bewaffnet. Natürlich waren sie auch leicht verwundbar. Die Schutzschirme waren dürftig. Das war aber konstruktionsbedingt.
Kasoms Augen verengten sich. Seine rötlichbraune Haut schimmerte im Licht der Armaturen wie oxydiertes Kupfer.
»Damit hat er sich zwischen die Sonnen des Zentrums gewagt? Donnerwetter, Sir – und ich hatte schon angenommen, wir wären große Helden. Schließlich ist unsere MAJORI ja auch kein Schlachtkreuzer.«
Atlan verzichtete auf eine Antwort. Er wartete, bis die kleine Maschine mit dem Bremsmanöver begann. Auf dem Echoschirm der Energieortung flackerten grüne Symbole. Die Zacken wurden immer steiler.
»Er bremst mit jedem Kilopond, das er in seinem Triebwerk hat«, murmelte Kasom. Es klang wieder wie verhallendes Donnergrollen. »Das sieht nach Eile aus.«
»Eile – das ist ein Begriff, der Rhodans Dasein charakterisiert. Die ständigen Belastungen körperlicher und seelischer Natur werden ihn zermürben.«
»Er ist ein Aktivatorträger, Sir! Er ist außer Ihnen der einzige Mann im Universum, der ein Gerät mit spezieller Individual-Eichung besitzt.«
Atlan winkte ab. Sein wissendes Lächeln wurde von Melbar richtig gedeutet.
»Ich schätze, Sir«, meinte er nachdenklich, »ich schätze, ich kann mit meiner Lebenserwartung von etwa dreihundertfünfzig Jahren zufrieden sein. Ich habe erst den siebenten, vielleicht sogar nur den achten Teil davon gelebt, und doch ist mir, als wäre ich ein uralter Mann. Darf ich etwas fragen, Sir? Ich wollte mich schon immer einmal danach erkundigen.«
Atlan ahnte, was der Ertruser wissen wollte. Er nickte.
»Sir, wenn ein Mann weiterleben muss, obwohl er vielleicht unsagbar müde geworden ist – und wenn er nicht altert trotz des erreichten Alters – kann das nicht schlimm sein?«
Atlan schwieg eine Weile. Verlorenen Blickes schaute er auf die Echoschirme. Der Jäger wurde jetzt auch von der Infrarotoptik erfasst, die ein einwandfreies Fernbild lieferte.
»Schlimm? Mein Freund, Sie haben nicht den richtigen Ausdruck gewählt! Es ist grauenhaft. Wir Menschen – Sie gestatten, dass ich mich als Mensch bezeichne – können die Natur nicht ungestraft überlisten. Mehr als ein Überlisten haben wir nämlich nicht erreicht. Die so genannte Unsterblichkeit der Aktivatorträger ist das Ergebnis einer ungeheuer hochstehenden Wissenschaft. Wir freveln, verstehen Sie! Es ist der Kreatur nicht gegeben, länger als vorgesehen zu leben. Andererseits sage ich mir, dass Perry und ich weit über das Ziel dessen hinausgeschossen sind, was man eine normale Lebenserwartung nennt. Da wir noch nicht bestraft worden sind, kann man glauben, die allmächtige Natur wäre damit einverstanden. Ich habe es schon lange aufgegeben, darüber nachzusinnen. Seien Sie zufrieden mit dem, was Ihnen beschieden ist. Ein Aktivatorträger sollte nicht beneidet werden. Keiner! Vor allem aber jene nicht, deren Geräte von jedermann getragen werden können. Sie sind ihres Lebens nicht mehr sicher.«
»Sir, ich bin vielleicht einfältig; aber warum legen Sie Ihren Aktivator nicht einfach ab, wenn es zuviel wird? Der Zellzerfall beginnt augenblicklich. Er bedeutet den Alterstod.«