Nr. 185
Flammen über Badun
Das Hauptquartier der Rebellen wird zum Hexenkessel – und Melbar Kasom hat seine große Stunde
von KURT BRAND
Seit dem 2. November 2328 kursiert die Nachricht vom Tode Perry Rhodans, Atlans und Reginald Bulls in der Galaxis. Die Unbekannten, die diese Meldung verbreiten, können auch mit Bildern von der völlig zerstörten CREST, des ehemals stolzen Flaggschiffs der Solaren Flotte, aufwarten. In Terrania weiß man, dass sich die drei wichtigsten Persönlichkeiten des Vereinten Imperiums zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich auf der CREST aufhielten. Die Todesnachricht lässt sich nicht dementieren, denn die Verschollenen können kein Lebenszeichen übermitteln. Sie können auch nicht verhindern, dass die Galaktische Allianz sich langsam aber unaufhaltsam aufzulösen beginnt und die Mitglieder dieses Bundes in zunehmendem Maße ihre eigenen Interessen verfolgen.
Die Verschollenen verlieren jedoch nicht den Mut, obwohl nach der Injektion des tödlichen Giftes ihre Lebenserwartung nur noch nach Tagen zählt.
Das Gegenmittel ist im Besitz des Obmanns von Plophos – und somit unerreichbar für die Injizierten, die von den Gegnern des Obmanns verschleppt werden – nach BADUN, einer Welt, die in Flammen aufgeht, als die Flotte des Plophoser naht ...
Die Hauptpersonen des Romans
Lord Kositch Abro – Anführer der Rebellen von Badun.
Mory Abro – Die seltsame Tochter eines noch seltsameren Lords.
Alekom Jiggins – Spion des Obmanns von Plophos.
Iratio Hondro – Von ihm hängt es ab, wer weiterleben darf.
Okika – Kommandant eines alten Raumschiffs.
Perry Rhodan, Atlan, Reginald Bull, Melbar Kasom und André Noir – Von einer Gefangenschaft in die andere – das ist ihr Los.
1.
Es war heller Tag, und trotzdem stand der Himmel voller Sterne!
Das Licht der kleinen roten Sonne Thoma reichte nicht aus, das Leuchten Abertausender ferner Sonnen zu unterdrücken.
Es glitzerte und funkelte vom Himmel. Das Zentrum der Galaxis zeigte sich hier als ein Sternenmeer. Ein leuchtender Punkt stand neben dem anderen, und jeder Punkt war eine Sonne.
Das war der Tageshimmel über Badun und damit auch über Lordstown, der einzigen Stadt auf Badun. Vierzigtausend Menschen wohnten in ihren Mauern; vierzigtausend, die dem Sterngewimmel über ihren Köpfen keinen einzigen Blick schenkten.
Sie hatten dafür auch keine Zeit.
Der Dienst nahm sie zu sehr in Anspruch, und Lord Kositch Abro gab ihnen keine Gelegenheit, an etwas anderes als den Dienst zu denken.
Badun im Thoma-System war kein Planet, sondern der größte von fünf Monden, die den Riesenplaneten Bell umliefen. Marsgroß und kalt, war Badun eine unwirtliche Welt. Die riesigen Gebirge, von großen vegetationslosen Ebenen umgeben, standen überall wie eine Drohung vor dem klaren, wolkenarmen Himmel. Es gab einen Ozean – ein flaches Meer, dessen größte Tiefe nicht einmal hundert Meter erreichte. Kein Fluss schickte seine Wasser dorthin. Auf Badun gab es keine Flüsse.
Trotzdem waren Menschen auf dieser unwirtlichen Sternkugel sesshaft geworden. Im Laufe von rund hundert Jahren hatte sich die Stadt Lordstown entwickelt, und sie war zum geheimen Zentrum der Neutralisten, der unzufriedenen Plophoser, geworden. Dass man diese bisher nicht entdeckt hatte, verdankten sie allein der galaktischen Position des Thoma-Systems. In einem Meer von Millionen Sonnen versteckt, die unwahrscheinlich dicht zusammenstanden, brauchten sie nicht zu fürchten, dass eines Tages Schiffe der Plophoser über Badun erscheinen könnten. Denn wer mit den Tücken dieser Sternenballung nicht vertraut war, ging mit seinem Schiff darin unter.
Lordstown machte einen hässlichen Eindruck. Die Stadt war aus dem Boden gestampft worden. Sie bestand nur aus primitiven Häusern, unschönen Bauten, welche aus Fertigteilen errichtet wurden.
Den Bewohnern war das Aussehen Lordstowns gleichgültig. Sie stellten keine Ansprüche. Ihr Lebensziel war, einmal in der Galaxis die Macht zu übernehmen. Dafür verzichteten sie gern auf manche Annehmlichkeiten des Lebens.
In Lordstown herrschte ein lebhaftes Kommen und Gehen. Tag und Nacht starteten Raumschiffe oder kamen zu Lordstowns großem Landehafen zurück. Manche Neutralisten blieben nur kurz in der Stadt, andere waren auf Lebenszeit zur Zentrale versetzt worden. Sie hatten es nicht leicht, sich den Gewohnheiten der Eingesessenen anzupassen. Auf dem Mond Badun herrschten in mancher Hinsicht eigenartige Sitten und Gebräuche. Das Militärische war vorrangig, aber nur einer hatte die Befehlsgewalt: Lord Kositch Abro, der diktatorische Chef dieser Neutralistengruppe.
Er war ein Riese von 1,99 Metern, breitschultrig, aber trotz seiner 56 Lebensjahre von jugendlichem Elan. In seinem streng geschnittenen Gesicht fielen die Hakennase und sein gepflegter roter Bart auf. Wer Lord Abro schärfer betrachtete, stutzte über das kalte Glitzern in seinen dunklen Augen. Manchmal war ein eigenartiges Leuchten darin zu sehen.
Wer Menschen abzuschätzen verstand, erkannte, dass Lord Abro ein eiskalter Rechner, war, der nur sein Ziel vor Augen hatte. Menschliche Unzulänglichkeiten duldete dieser Mann nicht. Mit drakonischen Maßnahmen griff er durch, aber er verstand es immer wieder, sein hartes Zupacken seinen Getreuen zu begründen.
Nur wenn Lord Kositch Abro sprach, ging viel von dem Eindruck, den er bei anderen hervorrief, verloren. Es tat den Ohren weh, wenn man seiner Fistelstimme lauschen musste. Die Bewohner von Lordstown hatten sich inzwischen daran gewöhnt. Wer zum ersten Mal seinen Fuß auf den Mond Badun setzte und zur Berichterstattung vor dem Lord erscheinen musste, durfte glücklich sein, wenn er vorher von dritter Seite auf Abros schauerliche Fistelstimme aufmerksam gemacht worden war.
Menschen, die vor Abro zusammenzuckten, wenn er fistelte, konnten sicher sein, dass der Lord sie umgehend zu einem Einsatz abkommandierte, von dem es kein Wiederkommen gab.
In diesem Punkt war er empfindlicher als der sensibelste Mensch; seine Empfindlichkeit war einfach krankhaft.
Abro beherrschte von der Burg aus den Mond Badun.
Die Burg, eins der wenigen Gebäude der Stadt, die aus Plastikbeton errichtet waren, hatte die Form eines Hufeisens. Nur dreigeschossig, überragte sie die anderen Häuser der Stadt nicht. Sieben gedrungene Kuppeln verteilten sich in gleichmäßigem Abstand auf dem Flachdach. Eingeweihte wussten, dass unter diesen Kuppeln unwahrscheinlich starke Energiegeschützstellungen verborgen waren.
Die Burg war gleichzeitig das Zentrum von Lordstown. Die nächsten Häuser standen erst in dreihundert Meter Entfernung. Für die Zwischenzone bestand generelles Bauverbot, damit die Burg sich notfalls hinter einem starken Schutzfeld verbergen konnte.
Im linken Flügel des hufeisenförmigen Bauwerkes lagen die Arbeitsräume des Lords.
Vor einer halben Stunde hatte Lord Kositch Abro die Einsatzbesprechung mit seinen Raumschiffskommandanten abrupt beendet und die Männer aufgefordert, in zwei Stunden wieder vor ihm zu erscheinen.
Kaum waren sie gegangen, als er die Order erließ, ihn unter keinen Umständen zu stören. Während er diesen Befehl gab, verfolgte sein Blick drei Sipans, die ihm leise surrend um den Kopf flogen.
Lord Kositch Abro hasste Sipans, diese kleinen Fliegen, die wie winzige Doppeldecker aussahen und bisher jedem Ausrottungsversuch der Menschen widerstanden hatten.
Um die Sipans zu vernichten, hatte Abro die Besprechung mit den Schiffskommandanten unterbrochen. Nur deshalb wollte er nicht gestört werden.
Er hasste diese Fliegen, und sie hassten ihn!
Das wusste er, aber nur er allein. Nicht einmal seiner Tochter Mory hatte er sich anvertraut. Niemand durfte erfahren, dass die Sipans ihn hassten!
Eine Fliege schwirrte dicht an seinem Gesicht vorüber. Blitzschnell schlug er zu, traf sie und sah das Insekt benommen auf dem Boden herumkriechen.
»Ha ...!«, triumphierte er, als er die Sipan zertrat. »Du kannst mich nicht mehr hassen!« In seinen Augen leuchtete ein eigenartiges Feuer. Sein Mund, den selten jemand lachen sah, zeigte jetzt den triumphierenden Zug eines Siegers.
Er zertrat die zweite Fliege, sprang der dritten nach, verfehlte diese jedoch und stürzte. Dumpf dröhnte es, als er auf den Boden fiel.
Er hatte keine Bewegung getan, um die Wucht des Aufpralles zu mildern. Jetzt bewegte er langsam seine Arme, stützte sich auf und betrachtete mit funkelnden Augen die Sipan, die er eben zertreten hatte. Dabei kreischte er: »Da liegst du und rührst dich nicht mehr, Sipan! So hasse ich!«
Dann erhob sich der Lord. Außerhalb der Reichweite seiner Arme flog die dritte Sipan. Auf Zehenspitzen lief er ihr nach. Blitzschnell schlug er von rechts und links nach ihr, traf sie, und die Fliege endete wie ihre Vorgängerinnen.
»Hahaha ...«, gellte sein irres Lachen durch den großen Raum. Er starrte zu Boden und rieb sich unentwegt die Hände. »Jetzt bin ich nur noch allein da, der hasst ... Ich, Abro der Große!«
Sekundenlang hielt er den Kopf gesenkt. Als er dann aufblickte, war das eigenartige Feuer aus seinen Augen verschwunden und hatte einem grübelnden Ausdruck Platz gemacht.
»Was wollte ich denn tun?«, fragte er sich und blickte sich verwundert um.
Eine neue Sipan schwirrte dicht an seinem Gesicht vorbei. Er schenkte ihr keinen Blick.
Langsam ging er auf seinen wuchtigen Schreibtisch zu – Lord Kositch Abro liebte das Große, – da sah er eine Notiz darauf liegen.
»Ach, das war's«, sagte er sich und schaltete die Sichtsprechverbindung ein.
»Euten, ich möchte mit meiner Tochter sprechen!«
Euten war der Adjutant des Lords.
Abro grübelte. Warum habe ich die Kommandanten fortgeschickt, fragte er sich.
Die Sipan setzte sich jetzt neben seine rechte Hand auf den Schreibtisch. Er blies sie an und sah ihr nach, als sie davonflog, aber er dachte sich nichts dabei.
Die portalgroße Tür öffnete sich. Eine schlanke junge Frau betrat den großen Raum. »Ja?«, sagte sie und blieb lässig neben seinem Schreibtisch stehen.
»Mory, die CC-2 landet in drei Stunden. Ich wollte dich daran erinnern«, fistelte er und betrachtete dabei seine Tochter.
Mehr denn je erinnerte ihn Mory an seine verstorbene Frau. Die Schönheit der Mutter war der Tochter vererbt worden. Nur das rotblonde Haar, das ihr bis über die Schultern hing, hatte sie vom Vater.
Mory Abro war eine wirklich schöne Frau, vierundzwanzig Jahre alt, aber nicht nur schön, sondern auch klug. Auf Badun sagten viele: gefährlich klug!
»Also, in drei Stunden kommt die CC-2. Gut! Ich werde ihn mir genau ansehen!«
»Nimm dir nicht zuviel vor, Mory. Rhodan ist nicht der Typ, der sich von einer Frau den Kopf verdrehen lässt ...«
»Vater, das lass bitte meine Sorge sein«, erwiderte sie kühl. »Darf ich dich an Genoth erinnern? An Pladdan und Milko? Weder dir noch deinen besten Männern gelang es, sie umzustimmen. Ich habe dann nur mit ihnen geplaudert und bald wären sie unsere Freunde.«
»Aber du kannst doch Rhodan nicht mit diesen Typen vergleichen, Mory!«, fistelte er erregt.
»Frauenlogik ist noch nie identisch gewesen mit der Logik der Männer«, erwiderte sie kühl. »Auch hier auf Badun macht eine Frau Politik! Ich, Vater! Was ich mir bis heute in den Kopf gesetzt habe, habe ich auch immer erreicht. Das trifft auch für Rhodan zu!«
In diesem Augenblick bewunderte der Lord seine Tochter.
Mory Abro war sich bewusst, welchen Eindruck sie auf Männer machte; sie fühlte oft die bewundernden Blicke, mit denen man ihr nachsah. Sie nahm es hin und vergaß es im gleichen Moment wieder. Ihr scharfer Intellekt schützte sie davor, sich in einen Mann zu verlieben. Wenn sie etwas reizte, dann war es nie ein Mann, sondern das Ziel, das sie über diesen Mann erreichen wollte. Und sie hatte große Pläne. Mory Abro war eine der leidenschaftlichsten Neutralisten, die man sich denken konnte.
Aus Abros Blick verschwand die Bewunderung für seine Tochter. Er sah sie nun missgestimmt an. »Du willst Rhodan doch nicht etwa in dieser Kleidung entgegentreten?«
Sie trug eine enganliegende Kombination, die so geschickt gearbeitet war, dass auch ein misstrauischer Beobachter bei ihr keinen Thermostrahler vermutet hätte. Aber Mory Abro ohne Energiestrahler – das war undenkbar.
Als leidenschaftlicher Schütze übte sie jeden Tag mit ihrer Waffe. Aus den Schießwettbewerben der letzten drei Jahre war sie stets als Siegerin hervorgegangen.
»Gefällt dir meine Kombination nicht?«, fragte sie. Zum ersten Mal leuchteten ihre Augen auf und zeigten ein ganz anderes Wesen. Aber sofort hatte sie sich wieder in der Gewalt. Sie verlor niemals die Kontrolle über sich, selbst wenn sie einmal heftig aufbrauste. Denn neben ihrem ausgeprägt starken Willen verfügte sie auch über jene verstandesmäßige Kälte, die sie davor schützte, unüberlegt zu sprechen oder zu handeln.
Ihre stärkste Waffe aber war ihre faszinierende Schönheit, ihr attraktives Äußeres. Zwanzig Zentimeter kleiner als ihr Vater, war sie immer noch größer als die meisten Menschen. Doch dieses Merkmal trat nicht in den Vordergrund. Auffälliger wirkte ihr leuchtendes Rothaar und in natürlichem Gegensatz dazu die weiße Haut. Die wunderbar geschwungenen blutvollen Lippen konnten auf jedes Make-up verzichten.
»Nun sag doch, was dir an meiner Kombination missfällt!«, drängte sie ihn.
Wenn Abro auch seine Tochter verwöhnte, so ließ er doch nicht alles durchgehen.
Ihr Ton hatte ihm nicht gefallen. Scharf sagte er: »Mir missfällt, wie du in der Kombination wirkst!«
Sie lächelte ihren Vater an und fiel ihm ins Wort: »Danke für das Kompliment, Vater. Aber du darfst dich beruhigen. Deine Tochter hat, was Kleidung anbetrifft, noch nie einen schlechten Geschmack bewiesen. Ich werde Perry Rhodan als Repräsentantin der Neutralisten in der Form gegenübertreten, wie du es von mir erwartest. Aber weißt du, dass ich nicht einmal besonders neugierig auf diesen Mann bin?«
Lord Abro starrte seine Tochter entgeistert an.
»Was sagst du da? Du unterschätzt ja diesen Mann in allen Punkten! Du hast unseren Plan schon zerstört, bevor Rhodan hier eingetroffen ist!«
Seine Erregung sprang auf sie nicht über. Gelassen erwiderte sie: »Was ist Perry Rhodan noch? Was er einmal war, zählt doch nicht mehr. Wenn er auf Badun eintrifft, dann ist er der Mann, der in fünfzehn Tagen sterben muss – er, Reginald Bull, Atlan und die anderen!«
»Bis dahin haben wir das Gegenmittel ...«
»Glaubst du wirklich daran, Vater? Oder versuchst du dich selbst zu belügen?«
»Dann ist doch unser gesamtes Vorgehen sinnlos, Mory!«, fistelte der Lord und sprang auf.
»Damit es wieder Sinn bekommt, habe ich gehandelt, Vater. Dreißig unserer besten Agenten sind nach Plophos unterwegs, um unter allen Umständen das absorbierende Gegenmittel aufzutreiben. In deinem Namen habe ich ihnen befohlen, alles daranzusetzen, damit wir binnen fünf Tagen im Besitz des Stoffes sind. Mit dem Mittel in der Hand werde ich mich dann erneut mit Rhodan unterhalten. Für ihn heißt es dann: leben oder sterben! Für uns bedeutet es, einen der fähigsten Köpfe innerhalb der Galaxis als Berater zu haben!«
»Mory ...« Lord Kositch Abro begann in seinem Arbeitsraum auf und ab zu wandern. »Meine Angst, dass du Rhodan völlig falsch einschätzt, wird immer größer. Er wird unter diesem Druck, den du auf ihn ausüben willst, nicht nachgeben. Dieser Mann stirbt, aber er lässt sich nicht erpressen!«
Sie lächelte ihren Vater an. »Männerlogik«, sagte sie nachsichtig. »Wie klug ihr Männer doch immer wieder seid. Wer hat denn behauptet, dass ich Rhodan erpressen will? Weißt du, wann eine Frau bei einem Mann alles erreicht? Wenn der Mann glaubt, der Frau zu tiefem Dank verpflichtet zu sein. Und Rhodan wird mir zu danken haben; ich werde die gefühlvolle Stunde nutzen und ihm das Versprechen abnehmen, auf das wir warten ...«
»Du glaubst, dass er sein Wort hält? Du bist doch närrisch, Mory!«, rief er verzweifelt.
Ruhig hielt sie ihm entgegen: »Deine Geschichtskenntnisse sind mangelhaft, Vater. Ich habe Rhodans Lebenslauf studiert. Es gibt in seinem Leben nicht einen einzigen Fall, in dem er eins seiner Versprechen gebrochen hat! Ich glaube, ich kenne ihn doch besser als du.«
»Gut«, entschied Abro, »ich lasse dir vorläufig freie Hand, wenngleich ich nicht überzeugt bin, dass du Rhodan richtig beurteilst. Hoffentlich irre ich mich.«
»Ich werde dir beweisen, dass du irrst, Vater!«
*
Es war sinnlos, den Plophoser-Neutralisten Okika zu fragen, wohin die verrostete Kaulquappe fliegen würde.
Es war ebenso sinnlos, dagegen zu protestieren, in dieser Kabine eingesperrt zu sein.
Vor einer Stunde waren Perry Rhodan, Atlan, Bully und der Ertruser Melbar Kasom an Bord des kleinen Kugelraumers geführt worden. Dieses Schiff, das rund zweihundert Jahre alt war, zeigte sich innen ebenso verwahrlost wie außen.
»Hier hinein!«, hatte ihnen ein Plophoser gesagt und auf eine Kabinentür gedeutet. Drei Neutralisten standen hinter ihnen. Lässig hielten sie die Strahlwaffen, aber diese Lässigkeit konnte keinen der vier Männer täuschen. Rhodan und seine Freunde hatten inzwischen erfahren, welcher Art diese Menschen waren.
Melbar Kasom öffnete die Kabinentür. Bully warf einen Blick hinein und sagte empört: »Das ist ja ein Loch!«
»Vorwärts!«, befahl der Plophoser, der auf die Kabinentür gedeutet hatte. Er riss die Waffe hoch. Sein Gesicht war dabei ausdruckslos, seine Augen blieben kalt.
Sie betraten die Kabine. Hinter ihnen fiel die Tür krachend ins Schloss. Danach wurde sie noch verriegelt.
»Was wird man mit André Noir machen?«, fragte Rhodan, der über den Schmutz in diesem Raum hinwegsah.
Bully stieß einen alten Plastikeimer in die Ecke. »Uns in solch ein Loch zu sperren«, sagte er grimmig. »Was diese Burschen mit Noir machen werden? Ihn wahrscheinlich auch an Bord schaffen.«
Melbar Kasom versuchte die Bordverständigung in Gang zu bringen. Sie funktionierte nicht.
Atlan hockte auf einer massiven Spule, die aus der Energieabteilung der Kaulquappe stammte. Grübelnd blickte er zu Boden. Bully nahm neben ihm Platz. Er setzte zum Sprechen an, als im Ringwulst die Impulsmotoren des kleinen Raumers anliefen.
Das Schiff stand in einer riesigen Höhle, vor jeder Sicht geschützt. Daraus würde es gleich zum Flug durch den Raum starten und sie irgendwohin bringen.
»Etwas Schlimmeres hätte uns nicht passieren können«, sagte der Arkonide kopfschüttelnd. »Bald können wir die Tage an unseren Fingern abzählen. Na, Perry, siehst du in diesem Flug abermals eine Verbesserung unserer Chancen?«
»Darauf kann ich erst antworten, wenn ich weiß, wohin man uns bringt. Über einen Punkt jedoch habe ich Gewissheit: Man denkt nicht daran, uns zu vernichten. Ich glaube, man wird alles Menschenmögliche tun, um das Gegengift zu beschaffen.«
»Und worauf basiert dein Wissen?«, fragte Atlan spöttisch.
»Als ich André Noir zum letzten Male aufsuchte, besaß er seinen Zellaktivator noch. Bisher hat man auch keinen Versuch gemacht, Bully den Aktivator abzunehmen. Dabei war den Rebellen bekannt, welche Kostbarkeiten wir besitzen.«
»Bist du sicher, dass Noir ihn auch jetzt noch besitzt?«, zweifelte Atlan. »Wenn ich bedenke, wie heimtückisch man unseren Mutanten ausgeschaltet hat, dann kann ich von diesen Neutralisten nichts Gutes erwarten.«
Rhodan, der darauf verzichtete, sich auf dem Gerümpel ihrer Kabine niederzulassen, lehnte sich gegen die Wand. »Ich kann das Vorgehen der Rebellen gut verstehen, Atlan.«
Bully sah ihn erstaunt an.