Nr. 195
Der Sturz des Sterndiktators
Ein Gift verhalf ihm zur Herrschaft – ein Serum bringt ihn zu Fall ...
von KURT MAHR
Nach monatelanger Irrfahrt im Kosmos sind Perry Rhodan und seine Gefährten wieder zur Erde zurückgekehrt, obwohl oftmals ihre Lage so hoffnungslos war, dass ihnen niemand mehr eine Chance gegeben hätte.
Inzwischen schreibt man auf der Erde Ende Juni des Jahres 2329. Die Pläne der Terrorgruppe Schwarzer Stern, deren fanatische Agenten um ein Haar die Hauptwelten des Solsystems vernichtet hätten, konnten wirksam durchkreuzt werden. Perry Rhodans Stellung als Großadministrator des Solaren Imperiums ist unumstritten, und auch die meisten Administratoren der terranischen Siedlungswelten haben erkannt, dass es bei den gegenwärtigen machtpolitischen Verhältnissen in der Galaxis sicherer ist, im Schutze des Solaren Imperiums zu bleiben, als eigensüchtige Ziele zu verfolgen. Nicht so Iratio Hondro, Obmann von Plophos! Er, der seine Herrschaft auf Unterdrückung und Terror aufgebaut hat, ist nicht gewillt, aufzustecken, obwohl er bereits eine entscheidende Schlappe erlitten hat. Er hält sich für stark genug, der Macht des Solaren Imperiums zu trotzen.
Seine Herrschaft zu brechen – das ist das Ziel der Männer und Frauen von der Galaktischen Abwehr, die auf Plophos landen. Terraner, als Galaktische Händler getarnt, arbeiten auf den STURZ DES STERNDIKTATORS hin.
Die Hauptpersonen des Romans
Kel Bassa – Der erste Mann, der das Serum der Freiheit erhält.
Isit Huran – Chef des plophosischen Geheimdienstes.
Iratio Hondro – Obmann von Plophos und erbitterter Gegner Perry Rhodans.
Jerk Hansom – Geheimer Berater Hondros.
Arnt Kesenby, Will Heeph und Sono Aront – Schlüsselfiguren der Revolution auf Plophos.
Guri Tetrona, Kazmer Tureck, Porro Mallin, Wilbro Hudson und Fann Perrigan – Männer des »Unternehmens Maulwurf«.
1.
Kel Bassa schloss die Tür hinter sich und überflog den kleinen Raum vor sich mit einem raschen Blick. Da wusste er, dass er in eine Falle gegangen war.
Nicht, dass er eine Ahnung gehabt hätte, wer ihm eine Falle stellen könnte oder warum man seiner habhaft werden wollte. Nur kannte er den Raum, unter dessen Tür er jetzt stand, und wusste, wie er normalerweise aussah. Und er kannte auch die Methoden, die aus einem Zimmer ein solches Ding machten, wie er es jetzt vor sich sah.
In diesem Raum hatte Kel Bassa zwei Jahre lang seine dienstfreien Nächte und die meisten Stunden seiner Freizeit verbracht. Nur Offiziere hatten das Recht, in solchen Zimmern zu wohnen. Rechts in der Wand lag ein mittelgroßes Fenster, das aus dem zwanzigsten Stock des Appartementhauses den westlichen Teil der Stadt übersah. Vor dem Fenster stand ein kleiner Rauchtisch, dazu gehörten zwei Sessel, die Kel so angeordnet hatte, wie er es für praktisch und elegant hielt. Die hintere rechte Ecke nahm eine gewinkelte Sitzbank ein, und vor der Bank stand ein breiter Esstisch. Links von der Bank war eine zweite Tür, die zu Küche und Bad führte. Wiederum links von der Tür stand die Couch, die nachtsüber als Bett diente. Der Kreis schloss sich in der Nähe des Eingangs, wo Kel aus seinen eigenen Mitteln eine Garderobe angelegt hatte. Auf einer kleinen Kommode stand das Visiphon, dessen lumineszent umrahmter Bildschirm darauf hinwies, dass es sich um ein Dienstgerät handelte.
Vom Eingang bis zur Küchentür waren es unter normalen Umständen rund sechs Meter. Jetzt jedoch schätzte Kel die Entfernung auf wenigstens dreimal soviel. Das Zimmer verlor ständig an Breite und gewann dafür an Länge. Es kam Kel vor, als blickte er in einen hell erleuchteten Gummischlauch, an dessen Ende jemand mit voller Kraft zog.
Sein Kopf brummte. Apathie umnebelte das Gehirn. Kel war bereit, sich fangen zu lassen, von wem und zu welchem Zweck die Falle auch immer aufgestellt worden sein mochte. In der nächsten Sekunde gab er sich einen Ruck. Er durfte sich nicht fangen lassen. Wenn er morgen Nacht nicht auf seinem Posten erschien, war er verloren. Und der Himmel mochte wissen, welche Pläne der Unbekannte mit ihm hatte.
Mit aller Kraft stemmte sich Kel gegen den hypnotischen Einfluss der Falle. Er drehte die rechte Hand und griff rückwärts. Wenn es ihm gelang, die Tür zu erreichen, brauchte er sich nur auf den Gang hinausfallen zu lassen, dann war er gerettet.
Aber eine mörderische, unbesiegbare Kraft stemmte sich gegen die Hand und bremste ihre Bewegung. Kel schloss die Augen und konzentrierte sich ganz auf seine Aufgabe. Er spannte die Muskeln und schob, bis ihm der Schweiß in Bächen übers Gesicht rann. Aber er unterlag. Die hypnotische Kraft, die gegen ihn ankämpfte, war unvergleichlich stärker.
Kel gab auf. Ohne die Augen zu öffnen, versuchte er, sich zu entspannen. Er durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. Da war immer noch das Visiphon. Er brauchte nur den Auslöser zu drücken und lange genug ins Mikrophon zu sprechen, dann würde die automatische Warnanlage irgendwo Alarm schlagen.
Es war so einfach, dass er sich wunderte, warum er noch nicht früher daraufgekommen war. Er drehte sich ein wenig zur Seite, und ohne die Augen zu öffnen, versuchte er sich auszurechnen, wie er sich fallen lassen müsste, um genau das Visiphon zu treffen.
Er gab sich einen Schwung nach vorne. Als wäre er plötzlich in den Sog eines künstlichen Schwerefelds geraten, fiel er jedoch nicht vornüber, sondern brach da, wo er gestanden hatte, zusammen. Der Sturz schien ihm so schwer, dass er einen Augenblick lang das Bewusstsein verlor.
Als er wieder zu sich kam, wusste er nicht mehr, warum er sich eigentlich gegen die fremden Befehle gestemmt hatte. Es war nutzlos, und woher wollte er außerdem wissen, dass die Falle nicht zu seinem Vorteil aufgestellt worden war? Er schüttelte den Kopf, verwundert über sich selbst, und stand auf. Die Stimme, die plötzlich zu ihm sprach, nahm er als selbstverständlich hin. Er war sogar froh, dass ihm endlich jemand sagte, was er zu tun hatte.
»Kel Bassa, Sie werden das Haus sofort verlassen«, befahl die Stimme. »Gehen Sie die Straße zwei Blocks in westlicher Richtung. In der Nähe der Seitenstraße zwischen dem zweiten und dem dritten Block wird ein Gleitwagen Ihnen entgegenkommen und am Randstein halten. Ein Luk wird sich öffnen, und jemand wird Ihnen zurufen: Hierher nach Fuller City. Sie werden in den Wagen steigen, und von da an lassen Sie alles unsere Sorge sein. Wenn Sie verstanden haben, wiederholen Sie die Anweisungen!«
Kel tat das. Die Stimme war zufrieden und sagte: »Gut! Gehen Sie jetzt!«
Kel tat, wie ihm geheißen war. Die Uhr neben der Tür zeigte 19:31.
Von 19:31 an diesem Abend an fehlte dem plophosischen Geheimdienst, der Blauen Garde, vorerst jeglicher Hinweis auf den Verbleib ihres Leutnants Kel Bassa.
Es sei denn, man hätte das Feuer, das gegen 20 Uhr in Kel Bassas Appartement ausbrach und sämtliche Einrichtungsgegenstände bis zur Unkenntlichkeit zerschmolz oder verbrannte, als einen Hinweis ausgelegt.
Kels Vorgesetzter konnte sich auf sein Verschwinden keinen Reim machen. Kel war in der folgenden Nacht zur Injektion fällig, und niemand, es sei denn, er wäre übergeschnappt, versäumte den Injektionstermin.
*
Isit Huran hasste diesen kalten, glattwandigen Gang mit der grellen Beleuchtung. Aber selbst jetzt, da er sicher war, dass niemand ihn beobachtete, gab er sich Mühe, an etwas Angenehmes zu denken und den nichtssagenden Gesichtsausdruck zu bewahren, für den er bekannt war.
Vom Ausgang des Antigravschachts bis zu der grauen Tür am anderen Ende, die Isit Huran die Schicksalstür nannte, waren es zehn Meter. Zehn Meter glatten Bodens, glatter Wände und glatter Decken, zweihundert Meter tief unter der Erde und von derart anheimelnder Atmosphäre erfüllt, dass man die Platzangst bekam.
Vor der grauen Tür blieb Isit stehen. Eine halbe Minute lang rührte er sich überhaupt nicht. Das gab dem Psychotaster über der Tür Gelegenheit, das Muster seiner Gehirnschwingungen aufzuzeichnen und mit dem Muster desjenigen zu vergleichen, der um diese Zeit hier erscheinen sollte. Der Vergleich fiel zur Zufriedenheit des Tasters aus. Über der Tür leuchtete ein Teil der Wand jetzt grün.
»Isit Huran bittet um den Vorzug, die vorgeschriebene Dosis empfangen zu dürfen«, sagte Isit.
Wenigstens das hätte er uns ersparen können, dachte er dabei. Wir wissen, dass wir von seiner Gnade abhängig sind, er braucht uns nicht alle vier Wochen noch zusätzlich daran zu erinnern.
Die Tür glitt jetzt beiseite, nachdem ein anderes Gerät auch das Sprachmuster abgetastet und mit einer Schablone verglichen hatte. Isit trat in den kleinen Raum, der als einzige Einrichtungsgegenstände eine Art Zahnarztstuhl und einen Bildschirm enthielt. Auf dem Bildschirm, ging das Gerücht, erschien das Gesicht des Obmanns, wenn er einem seiner Leute verkündete, er sei des Empfangs der Injektion für unwürdig befunden worden und werde keine Spritze mehr erhalten. Jedes Mal, wenn er den kleinen Raum betrat, warf Isit einen ängstlichen Blick auf den Schirm, bevor er sich in den Stuhl setzte.
Er tat es auch diesmal, aber ebensowenig wie in all den vergangenen Jahren gab es heute eine Komplikation. Eine Serie klauenartiger Gebilde drang aus der rechten Lehne des Stuhls und drückte Isits Arm gegen das Polster. Er spürte einen zuckenden Stich im Oberarm, dann ließ der Druck der Klauen nach, und Isit konnte wieder aufstehen.
Er atmete auf, als sich die Schicksalstür hinter ihm schloss. Für vier Wochen war er jetzt sicher. Vier Wochen lang hatte er Gelegenheit, sich den Unwillen des Obmanns zuzuziehen, so dass der ihm die nächste Injektion verweigerte und ihn jämmerlich zugrunde gehen ließ.
Nein, Isit Huran war ein kluger Mann und hatte nicht die Gewohnheit, an feststehenden Tatsachen herumzudeuteln. Seine und die Geschicke der Regierung PLOPHOS waren unlösbar miteinander verknüpft. Wenn er leben wollte, musste er tun, was dem Obmann nützte.
Auch wenn er den Obmann hasste wie sonst nichts auf dieser Welt.
*
Der Fall Kel Bassa erfüllte die Öffentlichkeit mit gelindem Erstaunen, die betroffenen Dienststellen jedoch mit höchster Erregung. In der Öffentlichkeit gab es seit langem Gerüchte, wonach der Obmann, Iratio Hondro, sämtliche Offiziere seines Geheimdienstes und andere wichtige Personen durch eine Art Rauschgift an sich gekettet hatte. Nur der Obmann selbst besaß das gefährliche Gift, und wer nicht dem Wahnsinn verfallen wollte, der hatte keine andere Möglichkeit, als jedem Befehl des Obmanns aufs Wort zu gehorchen. Niemand wusste, wieviel Wahrheit sich hinter dem Gerücht verbarg. Manche Leute glaubten, der Obmann sei zwar ein Schurke, aber doch wiederum kein solcher, dass er seinen Mitarbeitern gegenüber so grausam sein könne. Jedermann war überzeugt davon, dass Leutnant Bassa sich aus freien Stücken aus dem Dienst entfernt habe. Ein fremder Eingriff war undenkbar, dazu hielt Iratio Hondro die Zügel zu straff gespannt. Weil man sich aber über den Wahrheitsgehalt des Rauschgift-Gerüchts nicht im klaren war, war man auch nicht sicher, ob Kel Bassa als Held angesehen werden müsse oder als einer, der, weil er die Nase voll hatte, einfach davongelaufen war. PLOPHOS, obwohl seit dreihundert Jahren besiedelt, war immer noch eine wilde, menschenleere Welt. Kel hatte tausend Möglichkeiten, sich in der Wildnis zu verbergen, wenn er für den Rest seines Lebens einsam bleiben wollte.
Das war die Meinung der Öffentlichkeit, geteilt und unsicher.
Einmütigkeit herrschte jedoch in den Dienststellen der Blauen Garde, die mit der Untersuchung des Falles beauftragt waren. Hier wurde der schurkische Charakter des Obmanns nicht in Zweifel gezogen, denn jedes Mitglied der Garde erhielt in vierwöchigen Intervallen das lebenspendende Gegengift, das das Virus in seinem Blut für eine Weile betäubte. Die Mitglieder der Garde waren außer dem Obmann und einem paar seiner engsten, zivilen Mitarbeiter die einzigen, die die Öffentlichkeit hätten darüber aufklären können, dass die Verweigerung des Gegengifts nicht Wahnsinn, sondern Tod bedeutete, – einen Tod, der durch allmähliche Zersetzung wichtiger Körperorgane hervorgerufen wurde.
Aber was für eine Rolle spielte das schon?
Den Dienststellen war von vornherein klar, dass Kel Bassa nicht aus eigenem Entschluss ausgerissen sein könne. Nach zentraler Zeitrechnung schrieb man am Tag seines Verschwindens den 27. Juni 2329. Am frühen Morgen des 29. Juni war Kel zur Injektion fällig. Wenn er die Injektion nicht erhielt, war er am Abend des 30. Juni, spätestens am Morgen des 1. Juli ein toter Mann.
Für eine gewaltsame Entführung des Leutnants Kel Bassa gab es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Hätte in seinem Appartement ein Kampf stattgefunden, hätte die Alarmanlage angesprochen. Wäre die Tür des Appartements mit Gewalt geöffnet worden, wäre ebenfalls eine Warnung erfolgt. Außer mit dem dazugehörigen Elektronikschlüssel konnte das Türschloss jedoch nicht geöffnet werden – es sei denn unter Zuhilfenahme von Geräten, die nicht einmal der Geheimdienst besaß. Natürlich existierte ein Doppelschlüssel, aber der war, wie die Untersuchung ergab, von seinem Aufbewahrungsort in einem Safe der Geheimdienstzentrale nicht entfernt worden. Es blieb also noch die Möglichkeit, dass Kel Bassa zu irgendeinem Zeitpunkt der Vergangenheit einem Fremden, vielleicht jemand, den er für einen Freund hielt, Zutritt zu seiner Wohnung gestattet hatte und dass dieser Fremde während seiner Abwesenheit einen Mechanismus installierte, der, als er zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Fernbedienung ausgelöst wurde, Kel Bassa zum Fortlaufen zwang. Was sie sich unter einem solchen Mechanismus vorstellten, darüber vermochten die Beamten keinerlei sachdienliche Auskunft zu geben. Das beste, was man sagen konnte, war, in einem Fall wie diesem seien der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Der hypothetische Fremde musste übrigens außer dem Mechanismus noch eine Brandbombe in das Appartement praktiziert haben, denn der Brand, der Bassas Wohnung schließlich vernichtete, war mehr eine Explosion gewesen – heiß genug, um alles innerhalb der vier Wände restlos zu zerstören, und viel zu rasch vorbei, als dass er sich für die Nachbarappartements zu einer Gefahr hätte entwickeln können. Das war logisch. Der Fremde wollte natürlich nicht, dass bei der unvermeidlichen Untersuchung des Falles sein Mechanismus gefunden würde, der unter Umständen seine Identität enthüllt hätte.
Der automatische Pförtner am Haupteingang des Gebäudes verzeichnete, dass Kel Bassa das Haus um 19:31:58 verlassen habe. Wie üblich, hatte er eine Aufnahme angefertigt. Das Bild zeigte Kel Bassa mit nachdenklichem Gesicht. Er war allein gewesen.
Die Inhaber der beiden benachbarten Appartements, Leutnant Lem Chandler und Captain Wynn Ralston, waren zur fraglichen Zeit im Dienst gewesen. Ebenso im Dienst befand sich Oberleutnant Killam Feep, der die Wohnung über Kel Bassa innehatte. Der Bewohner des Appartements darunter, Leutnant Henny Opal, hatte zwar dienstfrei gehabt, war jedoch nicht zu Hause gewesen. Er entschuldigte sich mit einem verlegenen Lächeln und dem Hinweis, dass er in der Stadt eine Freundin habe.
Mit anderen Worten, Isit Huran und sein Geheimdienst tappten im dunkeln. Von Kel Bassa fehlte nach wie vor jede Spur. Es gab keinen Hinweis darauf, wie und warum er verschwunden war. Isit Huran verwunderte es nicht, dass er unter diesen Umständen zu einer sofortigen Berichterstattung zum Obmann bestellt wurde.
*
Iratio Hondro, der Obmann, saß reglos in seinem Sessel hinter dem mächtigen Arbeitstisch. Man hätte ihn für eine Statue halten können. Natürlich nicht Isit Huran. Der kannte Iratio seit der Zeit, da sie im Alter von zehn Jahren zusammen in dieselbe Schulklasse gesteckt worden waren. Iratio hatte von frühestem Kindesalter kein anderes Ziel gehabt als das, ein mächtiger Mann zu werden. Genauer konnte er sich damals nicht ausdrücken, aber er hatte sein Ziel erreicht. Und eines der Zeichen geistiger Überlegenheit, das hatte er damals schon seinem Schulfreund erklärt, war die Fähigkeit, anderen Menschen gegenüber völlig kalt und gefühllos zu erscheinen.
Isit verbarg das Lächeln, das die Erinnerung hervorrief, und verneigte sich tief.
»Gruß dem Obmann!«, sagte er laut.
Iratio bewegte sich plötzlich. Knarrend schwang der Sessel eine Vierteldrehung herum.
»Hör auf mit dem Quatsch, Isit«, knurrte Iratio. »Setz dich hin und hör zu!«
Isit gehorchte. Iratios Arbeitszimmer war nicht kleinlich ausgestattet. Im Halbkreis um den mächtigen Tisch herum standen sechs schwere, mit Leder überzogene Sessel. Das Leder war von den Häuten einheimischer Tiere gewonnen, und wenn der Obmann fremde Diplomaten in diesem Raum empfing, pflegte er voller Stolz darauf hinzuweisen.
Iratio war keinesfalls ein beeindruckender Mann. Seine Körpergröße lag ein paar Zentimeter unter dem Durchschnitt, und er versuchte, durch Umfang wettzumachen, was ihm an Länge fehlte. Er hatte Säcke unter den Augen, und sein Gesicht wirkte schwammig. Eines Tages, dachte Isit Huran jedes Mal von neuem, wird ihn der Schlag treffen. Und was wird dann aus uns?
»Es dreht sich um den Fall Bassa«, begann Iratio mit harter Stimme. »Wie stehen die Ermittlungen?«
Isit lehnte sich in seinem Sessel zurück und faltete die Hände.
»Wir sind keinen Schritt weitergekommen, Sir.«
Iratio schien nicht überrascht.
»Ich habe die Sache durchrechnen lassen«, erklärte er. »Du weißt, es haben sich in der letzten Zeit eine Menge merkwürdiger Dinge abgespielt. Die Notlandung der zwölf Springer mit der MALTZO, die Explosion des Robotschiffes, und jetzt die Entführung eines Offiziers der Garde. Ich dachte, wir hätten vielleicht genug Informationen, um die Zentrale Positronik damit zu füttern.«
Er machte eine Pause und fing an, auf der Platte seines Schreibtischs imaginären Staub zu wischen, als wäre die Sache viel zu unwichtig, um darüber noch ein Wort zu verlieren.
»Ja ... Sir?«, sagte Isit unterwürfig.
»Das Ergebnis ist nicht besonders beeindruckend«, fuhr der Obmann fort. »Die einzige Aussage, die die Maschine machen kann, trägt nur sechzig Prozent Wahrscheinlichkeit – und in meinen Augen ist sie pure Idiotie.«
Isit sah ihn erwartungsvoll an.
»Die Positronik behauptet, es müsste auf PLOPHOS eine Schar terranischer Agenten geben«, schloss Iratio.