Nr. 196
Planet der letzten Hoffnung
Der Funkspruch von den Sternen verheißt ihnen die Freiheit – doch die Männer der Blauen Garde kapitulieren nicht ...
von K. H. SCHEER
Nach monatelanger Irrfahrt im Kosmos sind Perry Rhodan und seine Gefährten wieder zur Erde zurückgekehrt, obwohl oftmals ihre Lage so hoffnungslos war, dass ihnen niemand mehr eine Chance gegeben hätte.
Inzwischen schreibt man auf der Erde Ende Juni des Jahres 2329. Die Pläne der Terrorgruppe Schwarzer Stern, deren fanatische Agenten um ein Haar die Hauptwelten des Solsystems vernichtet hätten, konnten wirksam durchkreuzt werden. Perry Rhodans Stellung als Großadministrator des Solaren Imperiums ist unumstritten, und auch die meisten Administratoren der terranischen Siedlungswelten haben erkannt, dass es bei den gegenwärtigen machtpolitischen Verhältnissen in der Galaxis sicherer ist, im Schutze des Solaren Imperiums zu bleiben, als eigensüchtige Ziele zu verfolgen. Iratio Hondro hingegen, der Obmann von Plophos, einer der ältesten und mächtigsten Siedlungswelten des Solaren Imperiums, gibt selbst dann nicht auf, als sein auf Terror und Unterdrückung begründetes Regime durch die Tätigkeit von Allan D. Mercants Agenten gestürzt wird.
Iratio Hondro flieht und begibt sich zum PLANETEN DER LETZTEN HOFFNUNG ...
Die Hauptpersonen des Romans
Miles Traut – Er soll eine Transformkanone bauen, doch er baut eine Elefantenbüchse.
Eve Narkol – Miles' heimliche Verlobte.
Shelo Bontlyn – Der Funktechniker hört Perry Rhodans Botschaft als erster.
Professor Kelo Kontemer – Selbst das Gift des Obmanns hat ihn nicht völlig gefügig gemacht.
Konta Hognar – Befehlshaber der Geheimzentrale LAST HOPE.
Major Merl Hafgo – Ein Mann, der ein gefährliches Spiel wagt.
Iratio Hondro – Ein flüchtiger Verbrecher.
1.
Shelo Bontlyn, stellvertretender Chef der Funk- und Ortungszentrale von Last Hope, horchte auf.
Das Summen des Antigravschachtes war nicht zu überhören. Es übertönte das Knistern und Prasseln der kosmischen Statik und erzeugte in Shelo Bontlyn ein Gefühl des Unbehagens.
Shelo schwenkte die zurückgeklappte Lehne seines Kontrollsessels wieder nach vorn. Eine bequeme Haltung während des Dienstes galt nicht als strafbar, aber sie wurde nicht gerne gesehen.
Zwei metallisch glänzende QB-Roboter erschienen in der Öffnung des Antigravliftes. Ihre Füße klackten auf den Boden. Zwei Schritte brachten sie in den großen, halbrunden Saal der Funk- und Ortungszentrale hinein.
Shelo Bontlyn rührte sich nicht. Angestrengter als zuvor überblickte er die Kontrollen. Die Betriebsanzeige des Hypersenders stand auf Rot. Es war bei Todesstrafe verboten, ohne Erlaubnis des Zellenbefehlshabers eine Nachricht abzusetzen.
Bontlyn schaute unwillkürlich zum Senderaum hinüber. Er wurde von einem blauleuchtenden Energiefeld abgesichert. Niemand außer Konta Hognar, dem Chef der Geheimstation auf Last Hope, konnte die Sperrschaltung betätigen.
Einer der Bildschirme war abgeschaltet. Ein Teil des Saales spiegelte sich darin. Bontlyn konnte unauffällig die Öffnung des Lichtschachtes beobachten.
Zwei Füße wurden erkennbar. Lange, dünne Beine folgten. Augenblicke später sprang ein hochgewachsener Mann aus dem Antischwerefeld. Die beiden QB-Roboter warteten. Ihre vier Waffenarme waren angewinkelt.
Shelo Bontlyn atmete etwas schneller. Von beginnender Furcht gepeinigt, rekonstruierte er seine Handlungen während der letzten Tage. Es war nichts geschehen, was das unverhoffte Auftauchen des Zellenleiters und Abwehrchefs Konta Hognar erforderlich gemacht hätte.
Shelo drückte gedankenlos auf den Schalter des vollautomatischen Frequenztasters. Blaue und grüne Lichter huschten über die Skalen. Das Gerät suchte die ungewöhnlichen Bänder ab – pro Sekunde achtundneunzig Millionen Randfrequenzen.
Der Funkverkehr von etwa vierzig Raumschiffen kam durch. Die Sprüche waren grundsätzlich verschlüsselt. Shelo achtete nicht darauf. Die hundertachtzig Hauptfrequenzen wurden ohnehin ständig überwacht. Dafür gab es andere Geräte mit synchron geschalteten Aufnahmebändern.
Schritte näherten sich. Sie klangen wie das Pochen ferner Trommeln. Der Zellenbefehlshaber blieb stehen. Das Geräusch verstummte.
»Hondro ist groß, Techniker Bontlyn«, grüßte der hochgewachsene Mann. Shelo fühlte einen Atemzug in seinem Nacken.
»Hondro ist groß, Sir«, dankte Bontlyn mit der gleichen, eigentümlichen Redewendung. Er wendete nicht den Kopf. Es war seine Aufgabe, ununterbrochen die Kontrollen zu überprüfen.
»Sie sind für die Dauer meiner Anwesenheit von Ihren Pflichten entbunden«, klang die Stimme erneut auf.
Shelo erhob sich, drehte sich um und nahm Haltung an.
Konta Hognar trug die blaue Kombiuniform der plophosischen Garde. Das rote V auf der linken Brustseite leuchtete.
Bontlyn sah zum Gesicht des Befehlshabers von Last Hope hinauf. Konta Hognar blickte seinerseits nachdenklich auf den untersetzten, mittelgroßen Techniker hinunter, dessen rote Haarborsten im Licht der Bildschirme grünliche Reflexe erzeugten. Die Roboter verhielten sich ruhig. Ihre Waffenarme standen immer noch in Anschlagstellung.
Es dauerte nur eine Sekunde, bis Shelo Bontlyn erkannt hatte, dass der mächtige und zugleich verhasste Mann nicht mit der Absicht gekommen war, ihn zum letzten Gang aufzufordern. Außerdem hätte es zur Erfüllung einer solchen Aufgabe genügend andere Polizisten gegeben.
Shelo atmete innerlich auf. Seine angespannte Haltung lockerte sich. Hognar, normalerweise ein scharfer Beobachter, übersah die Erleichterung des Funktechnikers.
Immer noch geistesabwesend wirkend, erkundigte sich der Zellenbefehlshaber: »Von der Heimatwelt sind wohl keine neuen Nachrichten durchgekommen?«
Es war mehr eine Feststellung als eine Frage gewesen.
»Nein, Sir, keinerlei Nachrichten«, bestätigte Bontlyn. Gleichzeitig erinnerte er sich daran, dass die Anrede ›Sir‹ zu den wenigen terranischen Begriffen gehörte, die im plophosischen Sprachgebrauch noch angewendet wurden. Die ehemalige Terrakolonie Plophos, dritter Planet der Sonne Eugaul, hatte als erste Welt die Autarkie erreicht. Ein von Terra unabhängiges Reich war entstanden.
Konta Hognar verschränkte die Hände auf dem Rücken und ging zu einem Bildschirm hinüber.
Er zeigte einen Teil der Oberfläche von Last Hope. Der Befehlshaber dieses plophosischen Stützpunktplaneten schien den Schirm nicht wahrzunehmen. Shelo Bontlyn wurde noch aufmerksamer. So kannte er den hageren Mann nicht.
»Ich halte Sie für einen verlässlichen Untergebenen des Obmanns, Techniker Bontlyn. Ihre Station ist personell unterbesetzt, nicht wahr?«
»Wir schaffen es schon, Sir«, entgegnete Shelo vorsichtig.
Der Chef nickte.
»Ich hatte keine andere Antwort erwartet. Sie wissen, wie nötig wir jeden fähigen Mann brauchen, um die Vorherrschaft des Imperiums unter dem Schurken Perry Rhodan zu brechen.«
Shelo bestätigte die Ansicht seines Vorgesetzten; allerdings mit Vorbehalten, die Konta Hognar nicht bewusst wurden.
Bontlyn hielt von der derzeitigen politischen und militärischen Zustandsform des Vereinten Imperiums nicht viel. Damit hatte er nicht einmal unrecht. Das plötzliche Wiederauftauchen jenes sagenhaften Mannes, den man Perry Rhodan nannte, konnte den begonnenen Zerfall des Vereinten Imperiums nicht mehr verhindern. Die fremden Völker fielen ab, die Galaktische Allianz zersplitterte.
Dennoch war Shelo Bontlyn nicht bereit, Perry Rhodan für einen Schurken zu halten.
Konta Hognar drehte sich um. Er schien einen Entschluss gefasst zu haben. Shelo erkannte den jähen Stimmungswechsel und nahm wieder Haltung an.
»Danke, mehr wollte ich nicht wissen. Benachrichtigen Sie mich sofort, sobald neue Nachrichten eintreffen.«
Der hagere Mann grüßte reserviert und ging auf den Lift zu. Zwei Minuten später war er mit seinen Begleitrobotern verschwunden.
Bontlyn wischte sich den Schweiß von der Stirn. Bedächtig nahm er in seinem Kontrollsessel Platz und sah zu den halbkreisförmig angeordneten Bildschirmen hinauf.
Was hatte Konta Hognar eigentlich gewollt? Er war sicherlich nicht deshalb während der zweiten Ruheperiode gekommen, um zu erklären, dass er Bontlyn für einen verlässlichen Untergebenen des Obmanns hielt und dass die Funkstation unterbesetzt war.
Shelo dachte lange über den eigentümlichen Zwischenfall nach, bis er zu dem Schluss kam, der Zellenbefehlshaber müsse von einer inneren Unruhe in die Unterwelt der Funk- und Ortungszentrale getrieben worden sein.
Weshalb war Hognar unruhig? War Rhodans plötzliche Rückkehr dafür verantwortlich?
Techniker Bontlyn lächelte spöttisch. Ein Funke des Hasses glomm in seinen hellen Augen auf. Als er sich seiner gefährlichen Reaktion bewusst wurde, sah er sich vorsichtig um, räusperte sich und ließ sein Gesicht zu der üblichen Maske erstarren.
Auf der Nordpolstation des Höllenplaneten Last Hope, 21.513 Lichtjahre von Terra entfernt, hatte man nicht zu lächeln, wenn man infolge indirekter Zusammenhänge an den Obmann des plophosischen Reiches dachte.
Shelo Bontlyn hatte sich aber an den verhassten Diktator erinnert, als ihm der Name Perry Rhodan in den Sinn gekommen war.
Mitte März 2329, also vor etwa vier Monaten gültiger Standardzeit, war die Besatzung von Last Hope über die Rückkehr des solaren Großadministrators benachrichtigt worden. Seitdem herrschte auf der Glutwelt Alarmzustand. Shelo Bontlyn gehörte auf Grund seiner Position zu den wenigen Männern, die ausführlicher über die Hintergründe der Ereignisse informiert waren.
Es war den Technikern zwar verboten worden, den Funkverkehr zwischen den Verwaltungsstellen des Imperiums abzuhören; aber hier und da lauschte man doch einmal.
Besonders Shelo Bontlyn konnte es infolge seines Grolls gegen den Obmann nicht unterlassen, sein Leben aufs Spiel zu setzen, nur um zu erfahren, was im Großraum der Galaxis geschah.
Die letzte Geheimnachricht von Plophos hatte zu beruhigend geklungen. Das Eugaul-System war zum Sperrgebiet erklärt worden, in das kein fremdes Raumschiff ohne Sondererlaubnis einfliegen durfte. Auch keine Terra-Schiffe!
Shelo Bontlyn und andere Männer der wissenschaftlichen Besatzung von Last Hope hatten heimlich darüber diskutiert, wie lange die Terraner die politischen Seitensprünge des Obmanns Iratio Hondro noch dulden würden. Die Blockade über dem Eugaul-System musste zu schwerwiegenden militärischen und auch wirtschaftlichen Verwicklungen führen.
Die innere Unruhe des Zellenbefehlshabers Konta Hognar wurde verständlich, wenn man sich vor Augen hielt, dass die plötzliche Rückkehr des längst totgesagten Perry Rhodan einen Schock in der Galaxis verursacht hatte.
Die Regierungschefs der von Terra beherrschten Sonnensysteme hatten übergangslos vor dem Mann gestanden, dem die Menschheit ihren Aufstieg zur kosmischen Großmacht zu verdanken hatte.
Shelo Bontlyn konnte sich vorstellen, wie verzweifelt die von dem Obmann angeführten Revolutionäre nach einem Ausweg gesucht hatten, um die bereits angelaufenen innenpolitischen Maßnahmen zu einem positiven Abschluss zu bringen. Bisher hatte man aber noch nichts von einer Revolte im Gebiet des Solaren Imperiums gehört. Ganz im Gegenteil: der Funkverkehr, der in letzter Zeit hektisch geworden war, hatte wieder normale Formen angenommen.
Shelo Bontlyn hatte sich darauf einen Reim gemacht. Für ihn stand es fest, dass Rhodan mit harter Hand und bewährter Genialität Ruhe und Ordnung geschaffen hatte.
Schon aus diesem Grund war der Techniker Bontlyn nicht damit einverstanden, wenn ein Mann, der erwiesenermaßen ein Schurke war, einen anderen Mann einen Schurken nannte.
Bontlyn begann wieder zu lächeln. Sinnend überschaute er die Kontrollorgane der Funk- und Ortungszentrale.
Er erinnerte sich an den Tag seiner Verbannung. Es war drei Jahre her. Er hatte den Fehler gemacht, sich der sachlich unrichtigen Anweisung eines Geheimdienstoffiziers zu widersetzen. Schon vier Stunden später war Shelo Bontlyn auf Lebenszeit verbannt worden. Seine nächste Station war der einzige Planet der roten Riesensonne Bolo gewesen. Last Hope, letzte Hoffnung, nannte man diese Welt, auf deren Nordpolkuppel ein wissenschaftliches Spezialkommando des Obmanns ein Forschungsinstitut errichtet hatte.
Erst etliche Monate nach seiner Ankunft hatte der verbitterte und an der Gerechtigkeit zweifelnde Techniker erfahren, dass man ihn ganz bewusst zu einer Befehlsverweigerung verführt hatte.
Iratio Hondro, Herrscher über das Eugaul-System, brauchte fähige Wissenschaftler und Techniker für Last Hope. Auf dieser Welt sollte versucht werden, das Geheimnis der terranischen Transformkanone zu enträtseln. Die bisherigen Forschungsergebnisse sahen vielversprechend aus.
Trotzdem konnte sich Shelo Bontlyn nicht mit der Sachlage befreunden. Auf Last Hope gab es achthundertundelf Menschen, sechshundertdreiundfünfzig Männer und hundertachtundfünfzig Frauen. Sie arbeiteten an dem Transformprogramm.
Etwa zweihundert Mitglieder der männlichen Besatzung waren Giftträger. Sie waren vor dem Abflug mit jenem teuflischen Toxikum behandelt worden, mit dem der Obmann alle bedeutenden und einflussreichen Persönlichkeiten zu lebenden Toten gemacht hatte.
Das Geheimnis des Depotgiftes war nur dem Obmann bekannt. Nur er besaß das so genannte Kompensationsmittel, das in regelmäßigen Abständen von vier Wochen Standardzeit gespritzt werden musste, wenn ein Vergifteter nicht elend zugrunde gehen wollte.
Kein Giftträger konnte es sich erlauben, gegen Iratio Hondro zu konspirieren. Das Ausbleiben der Kompensationsdosis hätte das Ende bedeutet.
Konta Hognar war ebenfalls ein Giftträger. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, war seine Nervosität nicht verwunderlich. Das letzte Versorgungsschiff war vor acht Wochen abgeflogen. Seitdem hatte man von Plophos nichts mehr gehört. Die täglich eingehenden Routinemeldungen waren unwesentlich. Sie trafen nicht den Kern der Sache.
Als sich Shelo Bontlyn in seinem Sessel zurücklehnte, empfand er intensiver als früher seinen Hass gegen Iratio Hondro. Ein Mann, der durch eine indirekte Versklavung seiner Untergebenen die eigene Position zu festigen versuchte, konnte keine Freunde haben. Hondro hatte den Weg der Skrupellosigkeit und Gewalt eingeschlagen. Er musste auf dieser vorgezeichneten Straße bleiben, oder er ging unter. Ein Zurück zur Loyalität gab es für ihn nicht mehr.
Shelo schaltete die vier Oberflächenkameras des Tagessektors ein. Blendende Helligkeit überflutete die Bildschirme.
Shelo kniff die Augen zusammen. Der Nordpol von Last Hope lag im Bereich einer wechselhaften Librationszone. Hier herrschte ein ständiges Zwielicht zwischen der Sonnenglut der jeweiligen Tageshalbkugel und der eisigen Nacht der zweiten Planetenhälfte.
Last Hope rotierte in einem Zeitraum von 64,3 Stunden einmal um seine Achse. Infolge seiner großen Sonnennähe entstanden auf der Tagesseite Temperaturen, die kein normales Lebewesen ertragen konnte.
Die Abkühlung der in den Nachtschatten eintauchenden Landmassen erfolgte sehr rasch. Die gespeicherte Tageshitze wurde innerhalb weniger Stunden in den Raum abgestrahlt. Die Atmosphäre des Planeten bestand nur aus geringfügigen Gasresten, mit denen eine Regulierung der klimatischen Verhältnisse nicht erzielt werden konnte.
Trotzdem reichten diese atmosphärischen Restgase noch aus, um in der Zwielichtzone grauenhafte Wirbelstürme zu erzeugen. Last Hope war eine ungemütliche Welt, auf der Menschen eigentlich nichts verloren hatten. Trotzdem waren die Nachkommen ehemaliger Terrakolonisten hier – auf Befehl eines gnadenlosen Mannes, der durch Gewaltmittel an die Macht gekommen war, und der mit der Gewalt seine Position zu halten und zu festigen versuchte.
Shelo schaute lange auf die flammenden Bildschirme. Die rote Sonne Bolo stand tief im Süden. Über dem Horizont erschienen nur hin und wieder leuchtende Gaszungen, die von dem Sternriesen ausgespien wurden.
Wenn eine kosmische Energiewolke dieser Art in den Raum schoss, sich aufblähte und langsam verglühte, dann erhellte sich das Zwielichtgebiet des Nordpols, und in den eingeschalteten Empfängern begann es zu prasseln.
Shelo Bontlyn hätte längst eine Flucht versucht, wenn es auf dieser Welt ein erstrebenswertes Ziel gegeben hätte.
Die Abwehrsoldaten der Blauen Garde wussten noch besser als die Verbannten, wie zwecklos es war, die große Station mit ihren bequemen Quartieren, Klimaanlagen und Versorgungslagern zu verlassen. Niemand konnte draußen leben; weder auf der Tages- noch auf der Nachtseite.
Aus diesem Grunde gab es an den Eingängen nur kleine Kontrollstationen, die oftmals nicht besetzt waren. Niemand war verrückt genug, freiwillig in die Hölle Nummer eins zu gehen, wenn es in der Hölle Nummer zwei noch einigermaßen erträglich war.
Bontlyn grinste vor sich hin. Der Vergleich mit den beiden Höllen war ihm gerade in den Sinn gekommen. Er gefiel ihm. Dann begann er erneut darüber nachzudenken, welche Chancen der Obmann noch hatte, Rhodans Macht zu brechen.
Gewiss – es gab einen im Universum berühmten Ausspruch. Danach zu urteilen, konnte die menschliche Rasse nur vom Menschen selbst besiegt werden. Plophoser waren aber Menschen! Sogar hervorragend ausgebildete Menschen mit erstklassigen geistigen und körperlichen Fähigkeiten. Ihre Vorfahren hatten zur Elite der irdischen Völker gehört, oder sie hätten nicht auswandern können. Nur starken Persönlichkeiten war damals, zu Beginn des Expansionszeitalters, die Ausreise genehmigt worden.
Darauf fußte Hondros Politik. Er wusste, auf welche Reserven er zurückgreifen konnte. Allerdings – Perry Rhodan hatte noch bessere Reserven!
Shelo Bontlyn seufzte. Er seufzte leise und resigniert, wie er es immer tat, wenn er mit seinen Überlegungen an diesem Punkt angekommen war.
Das Ende des dritten Wachzyklus näherte sich. In einer Stunde würde er abgelöst werden.
Der untersetzte Techniker gähnte und verstellte erneut die Sessellehne. Etwa zu diesem Zeitpunkt betrat ein hochgewachsener Mann in der Uniform des Solaren Imperiums die große Hyperfunkstation auf dem Planeten Plophos. Die Rangabzeichen auf seinen Schultern waren einmalig. Eine zweite Ausführung gab es davon nicht.
Der Mann war Perry Rhodan, Großadministrator des Vereinten Imperiums, Regierungschef des Solaren Imperiums und Oberbefehlshaber der Flotte.
In seiner Begleitung befanden sich einige Personen, darunter der bisherige Geheimdienstchef von Plophos, Isit Huran und der Neutralist, Großadmiral Arnt Kesenby.
Eine junge Frau mit rotblonden Haaren betrat neben Rhodan die Zentrale. Offiziere salutierten.
Man schrieb den 3. Juli 2329 Standardzeit.
2.
Shelo Bontlyn schreckte aus seinem Halbschlaf auf. Der SHF-Hypertronempfänger hatte angesprochen. Auf dem Bildschirm des überlichtschnell arbeitenden Gerätes flackerten grauweiße Linien. Sie entwirrten sich, nahmen Form an und bildeten die geometrische Figur des Anrufzeichens.
Die amtliche Hyperkomfrequenz des Planeten Plophos war mit 1124,37589 Gigatront festgelegt worden. Die Leistung der Großfunkstation von Plophos betrug zweiundachtzig Millionen Kilowatt.
Shelos Finger huschten über die Tasten seiner Steuerautomatik. Kontrollschirme leuchteten auf.
Jawohl – die mit dem Rufzeichen angekündigte Sendung kam von Plophos. Der Frequenzpeiler stand genau auf 1124,37589 Gigatront. Die vollautomatischen Richtstrahltaster zeigten den Einfall der Sendeimpulse aus dem Eugaul-Sektor mit einer Genauigkeit von Plus-Minus 0,003 Lichtstunden an.