Nr. 199
Arkons Ende
Die Raumortung war ausgeschaltet – die Angreifer auf M 13 hatten leichtes Spiel ...
von KURT BRAND
In den letzten Minuten seines Lebens schien Iratio Hondro, ehemaliger Obmann von Plophos, zu der Erkenntnis gelangt zu sein, dass er den falschen Weg zur Eroberung der Sterne beschritten hatte. Bevor Hondro starb, übergab er Perry Rhodan den Zellaktivator, mit der Bitte, das Gerät an Mory Abro, den neuen Obmann von Plophos, weiterzugeben.
Mory Abro kann somit Perry Rhodan auf dem Wege in die Unendlichkeit begleiten – als Perry Rhodans Gattin.
Im September des Jahres 2329 werden auf Plophos alle Vorbereitungen für die bevorstehende Hochzeit zwischen den höchsten Repräsentanten der beiden galaktischen Reiche getroffen. Das Solare Imperium und die ehemalige Kolonialwelt Plophos werden eine Verbindung miteinander eingehen, die enger ist als jedes andere Bündnis der solaren Geschichte.
Aber in den Septembertagen des Jahres 2329 geschieht noch etwas anderes: 34.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, mitten im Kugelsternhaufen M 13, bahnt sich eine Tragödie an.
ARKONS ENDE steht bevor!
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan und Mory Abro – Die Menschen jubeln ihnen zu, während für Arkon die Schicksalsstunde schlägt.
Atlan – Er sieht den Untergang einer Welt, auf die er jahrtausendelang stolz sein konnte.
Allan D. Mercant – Solarmarschall und Chef der Galaktischen Abwehr.
Gucky – Der Mausbiber bringt ein Hochzeitsgeschenk.
Rollf Leban – Ein Diplom-Ingenieur, der gern auf dem Mond spazieren geht.
Major Enk – Chef der terranischen Agentenzentrale auf Arkon.
Admiral Notgal – Ein Arkonide, der bereit ist, seinen Hass zu vergessen.
1.
John Marshall, Chef der Mutanten, machte sich seit einigen Tagen Sorgen über Mausbiber Gucky. Wenn es auf 18 Uhr ging, begann Gucky demonstrativ zu gähnen, sprach von Erschöpfungszuständen und suchte seinen Bungalow auf.
Fragte man Leutnant Gucky am nächsten Tag, ob es ihm jetzt besser ginge, dann gab er eine ausweichende Antwort.
Heute hatte er sich kurz vor 18 Uhr abermals bei Marshall krank gemeldet und war danach verschwunden. Marshall, der kurz darauf in Guckys Bungalow anrief, bekam keine Verbindung. Sein Versuch, den Mausbiber telepathisch zu erreichen, missglückte.
Sollte der Kleine, der bis heute nie verraten hatte, wie alt er war, sich tatsächlich krank fühlen?
Als Fellmer Lloyd in Marshalls Dienstzimmer trat, fiel ihm die nachdenkliche Verfassung seines Chefs auf. »Gibt es schon wieder neuen Ärger?«, fragte er ahnungslos.
Marshall erzählte ihm, was ihm Sorgen machte. Hin und wieder nickte Lloyd zustimmend zu seinen Worten. Als Marshall ihn fragend ansah, sagte er: »Gucky ist seit dem letzten Einsatz verändert nach Terrania zurückgekommen. Ob seine Frau Iltu ihm den Kopf gewaschen hat und der Haussegen bei den beiden schiefhängt?«
»Unwahrscheinlich, Fellmer. Gucky verschwindet zu regelmäßig. Jeden dritten Tag. Geht es auf 18 Uhr, dann gähnt er einem etwas vor, dass man darüber selbst müde wird.«
»Der Kleine war schon immer ein guter Schauspieler, John. Haben Sie denn nie versucht, seine Gedanken zu lesen?«
John Marshall winkte ab. »Kommen Sie bei Gucky durch, wenn er seine Gedanken abgeschirmt hat? Na also! Warum lachen Sie jetzt, Fellmer?«
Der Orter- und Telepathmutant nahm jetzt erst im Sessel Platz. »Ich habe einen Verdacht, Marshall. Natürlich kann ich mich täuschen. Wissen Sie zufällig, was in dreitägigem Abstand seit fast zwei Wochen um 18 Uhr von der TV-Station 7 gesendet wird?«
»Haben Sie Zeit dazu, sich ein langweiliges Fernsehprogramm anzusehen?«, fragte Marshall fast vorwurfsvoll.
»Sie wissen's also nicht, Marshall. TV-7 strahlt heute die letzte Folge der abenteuerlichen Serie Der Raumpirat aus. Ich selbst kenne sie nicht, aber nach dem, was ich darüber gehört habe, soll die Serie ein Knüller sein. Einige Male wurde sogar der Verdacht geäußert, der Autor müsste ein Angehöriger der Flotte oder der USO sein.«
»Wenn ich auf allen Unsinn hören wollte, der jeden Tag gesagt wird, dann käme ich zu keiner Arbeit mehr, Fellmer. Seit wann setzt sich Gucky vor den Bildschirm? Bis heute hat der Kleine immer wieder seinen guten Geschmack bewiesen.«
»Es war nur ein Verdacht, Marshall. Aber die Sendung Der Raumpirat soll wirklich gut sein ...«
»Dann sehen wir sie uns doch an. Kommen Sie, Fellmer. Im Nebenzimmer steht ein Apparat.«
Das Gerät im Nebenraum war in Betrieb. Acht Angehörige des Mutantenkorps saßen davor und verfolgten gespannt das Geschehen auf dem Bildschirm. Niemand drehte sich um, als John Marshall und Fellmer Lloyd hinter ihnen Platz nahmen.
Nach fünf Minuten flüsterte Marshall Lloyd ins Ohr: »Donnerwetter! Das Stück ist erstklassig. Sie haben recht. Das kann nur einer aus der Flotte oder der USO verfasst haben.«
Fellmer Lloyd unterbrach ihn. »Da, Marshall! Sehen Sie! Hören Sie!«
Sie sahen und hörten, und dann sahen sie sich gegenseitig fassungslos an. Leise standen sie auf und verließen den Raum. In Marshalls Gleiter rasten sie quer über Terrania zu Guckys Bungalow am See.
Die Terrasse vor dem Strand war leer, aber die Tür stand offen. Sie fanden ihn in gemütlicher Lage auf der Couch liegen, und über sein Fernsehgerät kam die Sendung der Station TV-7 herein.
Auf dem Bildschirm fand der Raumpirat sein verdientes Ende. Die Sendung war gerade vorbei, als Marshall und Lloyd wortlos Platz nahmen.
»Das also waren deine Erschöpfungszustände, Gucky!«, hielt Marshall ihm scharf vor.
Geistesgegenwärtig erwiderte Gucky: »Liege ich nicht völlig erschöpft auf meiner Couch? Ja, wenn ich draußen auf der Terrasse in der Sonne gelegen hätte oder im See geschwommen wäre. Trage ich keinen Schlafanzug? Was willst du überhaupt hier? Nach einem Krankenbesuch sieht das gar nicht aus.«
Gucky konnte wunderbar schauspielern. Sein Gähnen wirkte echt. Mittels Fernbedienung schaltete er das Gerät ab. Er legte den Kopf zur Seite und blinzelte Marshall und Lloyd an. Beide hatten ihre Gedanken abgeschirmt.
»Was wollt ihr? Ich bin krank, und ich bedarf der Schonung. Sonst würde ich euch ja gern als meine Gäste sehen, aber ihr müsst verstehen ...«
John Marshall fiel ihm ins Wort. »Wir haben sogar ein bisschen mehr verstanden, Gucky. Du hast das Fernsehstück Der Raumpirat geschrieben! Du hast Auslassungen des Chefs wortwörtlich benutzt. Du hast den Piraten wie Bully reden und handeln lassen! Was du dir erlaubt hast, ist nicht zu verzeihen.«
Gucky hatte seine Augen geschlossen. Marshalls Anschuldigungen schienen ihn nicht berührt zu haben. »Willst du mich bei Perry verpetzen, John?« In dieser Frage lag das Bekenntnis, dass er der Autor der Fernseh-Serie war.
»Bleibt mir etwas anderes übrig, als dem Chef davon Mitteilung zu machen? Ich komme nicht umhin, ihn und Bully zu informieren.« Marshalls Stimme klang scharf.
»Der Dicke wird sich freuen«, sagte Gucky wie einer, der in den letzten Zügen liegt. »Aber jetzt kann ich euch geistig nicht mehr folgen. Geht bitte!«
Auf dem Weg zur Großadministration fragte Lloyd: »Sie wollen den Chef wirklich informieren, Marshall?«
»Den Chef und Bully. Was Gucky sich geleistet hat, ist unverantwortlich!«
Marshall traf bei Perry Rhodan auch Bully und Atlan an. Er machte Meldung, aber über die ersten zwei Sätze kam er nicht hinaus.
Bully lachte schallend. Atlan stimmte in sein Lachen ein. Perry Rhodan schmunzelte. John Marshall schwieg verwirrt.
Bully schlug ihm auf die Schulter. »Marshall, waren Sie bei unserem Gartenzwerg?«
»Ich komme von ihm.«
»Und er hat Ihnen nicht gesagt, dass er uns sein literarisches Erstlingswerk zur Genehmigung vorgelegt hatte?«
»Kein Wort. Im Gegenteil. Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass er Erklärungen des Chefs wortwörtlich benutzt und dass der Raumpirat eine auffallende Ähnlichkeit mit Ihnen habe. Auf meinen Hinweis, ich würde den Chef und Sie informieren, sagte er nur: ›der Dicke wird sich freuen!‹«
Bully lachte abermals. »Marshall, ich werde nicht darauf reagieren. Denn das erwartet der Kleine, seitdem er uns sein Manuskript vorgelegt hat. Der Chef und ich haben getan, als ob wir die Ähnlichkeit zwischen den beiden Hauptpersonen und uns nicht bemerkt hätten. Wir werden dabei auch bleiben. Ansonsten war die Serie so abgefasst, dass jemand, der uns nicht so gut kennt wie Angehörige aus Ihrem Korps, gar nicht auf den Gedanken kommt, den Chef und mich mit den beiden Hauptpersonen zu identifizieren. Der Kleine hat sich diese mühselige Arbeit gemacht, um mir eins auszuwischen. Na ja, verdenken kann ich es ihm nicht. Ich habe ihn vor einiger Zeit mal ungerecht angefahren und mich hinterher nicht bei ihm entschuldigt. Und das kann unser Gartenzwerg nicht vertragen.
Aber etwas anderes, Marshall. Setzen Sie sich doch einmal mit der Antwerp-Corporation in Verbindung. Sie kennen doch die Firma, die hauptsächlich Halman-Kontakte herstellt. Wenden Sie sich an den Hauptaktionär und Eigentümer der Gesellschaft, Cole Antwerp. In der Verkaufsabteilung dieser Leute soll etwas nicht geheuer sein. Einzelheiten wird Ihnen Cole Antwerp geben. Vermutlich wird nicht viel dahinterstecken, aber fliegen Sie nach Europa hinüber, und sehen Sie doch mal nach.«
Niemand konnte sich vorstellen, dass sich dahinter ein ungeheuerer Fall verbarg.
Seitdem Perry Rhodan wieder nach Terrania zurückgekehrt war, hatte der Großsender oft Schnellverbindungen zum Planeten Plophos im Eugaul-System herzustellen! Der Hyperkomstrahl endete in New Taylor; vor der Gegenstation hielt sich Mory Abro auf. Die Gespräche gingen über Zerhacker und Raffer. Neugierige Ohren sollten nicht erfahren, was sich Mory Abro und Perry Rhodan privat zu sagen hatten.
Gerade sprach er wieder mit ihr. Die beiden Roboter vor seinem Arbeitszimmer hatten Anweisung, jede Störung fernzuhalten. Aber gegen Guckys Teleporterkunst konnten sie nichts ausrichten.
Plötzlich stand er vor Rhodan. Der verstummte mitten im Satz, warf dem Mausbiber einen scharfen Blick zu, der jeden anderen davongejagt hätte, und musste dann Mory Abro sagen, weil Gucky sich nicht von der Stelle rührte: »Mory, dein bester Freund Gucky ist gerade bei mir aufgetaucht?«
Ihre grünen Augen glänzten noch stärker vom Bildschirm, ihr Mund lachte. »Darf ich dem Kleinen guten Tag sagen, Perry?«
Gucky watschelte schon heran, sprang ohne zu fragen auf Rhodans Schoß, um mit seinem Kopf in den Aufnahmewinkel der Kamera zu kommen und piepste freudig: »Hallo, Mory! Oh, reizend siehst du heute aus. So habe ich dich noch nie gesehen. Deine Augen strahlen wie Sterne. Dein Mund ...«
In diesem Augenblick hatte Rhodan in sein Nackenfell gegriffen und ihn zurückgezogen. »Hör mal, Kleiner. Deine Komplimente schenkst du lieber deiner Frau Iltu. Das Süßholzraspeln ...«
»... überlasse ich dir natürlich, Perry!« Im gleichen Moment war Rhodans Schoß leer.
Über den Hyperkom klang das helle Lachen Morys. »Bitte, Perry, stell den Kleinen deswegen aber nicht zur Rede. Weißt du, warum jeder Gucky gern haben muss? Er ist von uns allen der einzige, der auch nicht ein Gran seiner Persönlichkeit dem modernen Leben und dessen Hetze geopfert hat. Du kennst ihn ja schon viel länger als ich. War er früher anders?«
»Nein, Liebe«, und er schmunzelte dabei. »Gucky hat sich in den vielen Jahrzehnten nicht verändert. Er hat so unendlich viel in sich aufgenommen, Wissen, Erkenntnisse und Erlebnisse, aber im Grunde ist er derselbe geblieben, der sich damals auf Tramp, seiner Heimatwelt, in einer Kiste in die STARDUST schmuggelte. Nur möchte ich gern wissen, was ihn jetzt veranlasste, zu mir zu kommen.«
Kurz darauf erfuhr er es. Rhodans Gespräch mit Mory Abro war beendet, die beiden Roboter hatten die neue Anweisung erhalten, Besucher wieder durchzulassen, als John Marshall eintrat.
Er war vor einer Stunde aus Europa zurückgekommen. Den größten Teil der Strecke hatte er mittels Transmitterstationen bewältigt.
»Chef«, sagte er, »ich suchte Mister Bull, als Gucky auftauchte und mir berichtete, dass er mit einem Schiff der USO zum Planeten Paro im Ala-System unterwegs sei. Ich komme von der Antwerp-Corporation. Hat Gucky Ihnen vielleicht schon erzählt, was ich dort festgestellt habe?«
Rhodan schüttelte den Kopf.
Marshall berichtete.
»Mister Cole Antwerp empfing mich in Turin sehr freundlich, und machte mich mit seinem Verkaufsleiterstab bekannt. Ein Drittel der Produktion des großen Werkes bilden die Halman-Kontakte. Das sind positronische Schachtelaggregate, so groß, wie früher Streichholzschachteln waren. Jeder Industriezweig benötigt sie. Zu Tausenden findet man sie auf jedem Raumer.
Der Umsatz der Halman-Kontakte ist in den letzten Monaten um das Vierfache gestiegen, aber die Verkaufsleitung der Corporation weiß nicht, wer die Endabnehmer sind. Das Werk hat versucht, es in Erfahrung zu bringen, und konnte die Ladungen bis zum Planeten Archetz verfolgen. Dort aber waren Lieferungen mit Stückzahlen von fünf und zehn Millionen verschwunden.«
Die kleine Pause, die Marshall unbeabsichtigt einlegte, nutzte Rhodan zu der Bemerkung: »Wie konnte Bully sie mit diesem Auftrag belasten, Marshall?«
Der winkte ab. »Den gleichen Gedanken hatte ich in Turin in der ersten halben Stunde. Ich wollte den Herren schon sagen, dass wir doch nicht dafür da sind, Geldforderungen für große Werke einzutreiben, als Mister Cole Antwerp mich zur Seite nahm und mir unter vier Augen sagte: Wir vermuten, dass Millionen Halman-Kontakte durch die Springersippe Cafan zum Blauen System geschafft worden sind. Wir vermuten es nur. Beweise besitzen wir nicht.
Ich habe von Turin aus unseren geheimen Stützpunkt auf Archetz angerufen. Die Männer haben auf der Händlerwelt erstaunlich schnell gearbeitet. Ich unterhielt mich noch mit Cole Antwerp, als die Mitteilung von Archetz einlief, dass Gerüchten zufolge der Springerpatriarch Sogo Cafan mit seinen 23 Schiffen seit Monaten zwischen M 13 und dem Imperium der Akonen hin- und herpendele.
Darauf hin habe ich Mercant unterrichtet; der versprach, dem Fall nachzugehen. Er brauchte die Galaktische Abwehr auf dem Regierungsplaneten Sphinx im Blauen System nicht einzuschalten. Von dort war nach hier schon gemeldet worden, dass Sogo Cafan mit seinen Raumern riesige Mengen Halman-Kontakte zu den Akonen schaffe.
Weil hier in der Zentrale kein Mensch mit dieser Nachricht etwas anfangen konnte, war sie gespeichert, aber nicht ausgewertet worden. Aufgrund meiner Nachricht aus Turin setzte Allan D. Mercant einige Fachleute auf diesen eigenartigen Handel an.«
»Wirklich eigenartig, oder nur ein riesiges Umweg-Geschäft, über das sich die Antwerp-Corporation eigentlich freuen sollte, Marshall?«
»Mister Cole Antwerp, ein junger Mann von 24 Jahren, war über den florierenden Verkauf nicht glücklich, weil es eine Kleinigkeit ist, einen Halman-Kontakt umzubauen, und dann hat man ein Schaltelement, das die Steuerung der Geschütz-Zieloptik übernimmt!«
»John, das ist keine gute Nachricht«, sagte Rhodan, der nachdenklich geworden war. »Verbinden Sie mich mal mit Mercant.«
Die Verbindung kam zustande.
»Mercant, was sagen Sie zu der Nachricht, die Marshall aus Turin mitgebracht hat?«
»Chef, ich habe schon über achtzig Mann nach Sphinx unterwegs. Wenn wir ausreichend über das Flottenbau-Programm der Akonen unterrichtet sein wollen, dann reicht die kleine Einheit auf Sphinx nicht aus, diese Aufgabe präzise zu erledigen.«
»Mit anderen Worten: Sie haben mal wieder Ahnungen, Mercant?«
»Leider, Sir.«
Wenn Mercants Ahnungen mit seiner Tätigkeit als Chef der Galaktischen Abwehr in Zusammenhang standen, dann konnte man sich darauf verlassen, dass böse Überraschungen vor der Tür standen.
Rhodan schwieg zu der Bestätigung des Solarmarschalls, aber es war nicht schwierig, die Gedanken des Großadministrators zu erraten.
In einigen Tagen sollten auf Plophos Obmann Mory Abro und Großadministrator Rhodan getraut werden. Die Hochzeitsfeierlichkeiten, so war es vorgesehen, würden sich über vier Wochen erstrecken.
War diese Hochzeit jetzt gefährdet? Planten die Akonen vielleicht, das Solare System in dieser Zeit zu überfallen, während sich alle führenden Köpfe der Erde auf Plophos befanden?
»Mercant«, fragte Rhodan, »ist es sehr schwierig, die Verstärkung, die nach dem Blauen System unterwegs ist, dort einsickern zu lassen?«
»Äußerst schwierig, Chef. Mit Menschenverlusten ist zu rechnen. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick. Gerade läuft eine Nachricht ein, die uns beide interessiert.«
Es dauerte nur Sekunden. Mercants Stimme klang so ruhig wie sonst, als er mitteilte: »In den Halman-Kontakten steckt viel mehr, als wir bisher ahnten. Ich begreife nicht, wieso dieser Artikel zum unbeschränkten Export freigegeben werden konnte. Man kann sie nicht nur zur Steuerung der Zieloptik verwenden, sondern sie auch nach einem weiteren Umbau, der technisch nicht die geringsten Schwierigkeiten bietet, zu einem I-N-Verstärker machen.«
»Was ist ein I-N-Verstärker, Mercant?«
»Jenes Gerät, mit dem ein Desintegratorstrahl bis auf zwölffache Stärke gebracht werden kann. Wir haben in jedem Geschütz bei unseren letzten Neubauten drei dieser Verstärker eingebaut. Das alles habe auch ich nicht gewusst und gerade erst von der wissenschaftlichen Abteilung meiner Abwehr erfahren.«
»Ist unsere Geschütz-Zieloptik besser als die der Akonen, Mercant?«
»Wir hatten in den letzten Jahren einen großen Vorsprung gewonnen, aber nachdem ich weiß, dass Millionen Halman-Kontakte zum Blauen System geschafft worden sind, glaube ich an die Überlegenheit unserer Visiertechnik nicht mehr so recht.«
»Danke«, sagte Rhodan. Mercant schaltete ab. Marshalls Lachen drückte Grimm aus.
»Chef, die Akonen haben doch keine Chance, in unser Sonnensystem einzufliegen. Mit ihren Raumern kommen sie nicht einmal bis an die Plutobahn heran. Dafür sorgen unsere Giganttransmitterstationen im Raum.«
»John, deswegen mache ich mir keine Sorgen. Sorge macht es mir, dass es schon wieder Krieg geben soll. Ich hatte vor, an meinem Hochzeitstag den Menschen eine friedliche Zukunft zu versprechen. Jetzt wage ich das nicht mehr. Krieg ist immer ein Rückschritt. Aber ich selbst kann doch auch keinen Krieg beginnen, um den Krieg der Akonen gegen uns zu verhindern.«
»Sind wir es, die angegriffen werden sollen, Chef?«, fragte Marshall.
Rhodan stutzte, schüttelte überrascht den Kopf und lachte dann. »Marshall, das war eine prachtvolle Frage. Sie haben recht: Sollen wir angegriffen werden oder wer? Warten wir ab, was die Abwehr in Erfahrung bringt. Vielleicht haben wir uns unbegründete Sorgen gemacht.«
*
Tage später kamen – aber nicht direkt – die ersten Berichte aus dem Blauen System. Das walzenförmige Schiff des Springers Olsgar, auf dem Flug von Sphinx nach Arkon III, strahlte auf halbem Weg einen verschlüsselten Hyperkomspruch nach Terrania ab.
Olsgar gehörte zu den wenigen Galaktischen Händlern, die in bedingungsloser Treue zum Solaren Imperium standen und den Zerfall des Vereinten Imperiums von ganzem Herzen bedauert hatten.