Nr. 88
Der Zeitlose
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Nach seiner langen Odyssee mit dem Fernraumschiff SOL ist Perry Rhodan in die Milchstraße zurückgekehrt. Sein einziges Ziel ist es, die Laren und ihre Helfer endlich zu vertreiben. Dafür setzt er alles aufs Spiel, auch seine Freundschaft zu Atlan. Denn der Arkonide weigert sich, ihn zu unterstützen. Atlan befürchtet einen Krieg, in dem die Menschheit nur verlieren kann. Alaska Saedelaere, der Mann mit der Maske, hat in der Zwischenzeit die SOL verlassen und durch einen Zeitbrunnen die Erde erreicht. Doch Terra, an einen unbekannten Ort versetzt, ist nahezu entvölkert. Einige wenige Menschen kämpfen um ihr Überleben. Da erscheinen Fremde auf der Erde ...
Eine Erde ohne Menschen. Für die meisten von uns mag das unvorstellbar sein; wir brauchen die Ansprache und das Gefühl, nicht allein zu sein. Ohne unsere Mitmenschen wären wir wie eine Pflanze, die kein Wasser mehr bekommt. Über kurz oder lang würden wir verkümmern.
Natürlich gibt es Ausnahmen. Wenn wir in einer endlosen Schlange an der Supermarktkasse stehen und uns die Zeit unter den Nägeln brennt. Oder im Urlaub, sobald wir wie Heringe in der Dose in der Seilbahngondel stehen oder der weiße Meeresstrand mit Liegestühlen und Sonnenschirmen zugepflastert ist. In diesen Momenten sehnen wir uns wahrscheinlich danach, allein zu sein. Der Gedanke ist zu verlockend: kein Stress, keine Verpflichtungen, keine Vorschriften ...
Aber, seien wir ehrlich, diese Einsamkeit würde Ängste hervorbringen. Über kurz oder lang wäre die Furcht unser steter Begleiter. Wenn du allein bist, von wem stammt dann das Geräusch der Schritte, das du plötzlich zu hören glaubst?
Ungefähr in dieser Situation müssen sich die wenigen Menschen befinden, die nach dem Sturz der Erde durch den Schlund im Mahlstrom in einer menschenleeren Umgebung erwachen. Kommen die Erwachenden überhaupt auf den Gedanken, dieses vermeintliche Paradies zu genießen? Eher erwartet sie ein Kampf ums Überleben.
Aber das ist nur die eine Facette des vorliegenden Buches. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen und unterhaltsame Stunden bei der Lektüre!
Die in diesem Buch enthaltenen Originalromane sind: Der Zeitlose (746) von William Voltz; Die Konfrontation (752) von H. G. Francis; Strategen des Universums (753) von Ernst Vlcek; Zwischenspiel auf Rolfth (754) von H. G. Ewers; Welt ohne Menschen (757) von William Voltz; Die Einsamen von Terra (758) von William Voltz sowie Eiswüste Alaska (759) von Kurt Mahr.
Hubert Haensel
1971/84 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest. Mit Hilfe der arkonidischen Technik gelingen die Einigung der Menschheit und der Aufbruch in die Galaxis. Das Geistwesen ES gewährt Rhodan und seinen engsten Wegbegleitern die relative Unsterblichkeit. (HC 1–7)
2040 – Das Solare Imperium entsteht und stellt einen galaktischen Wirtschafts- und Machtfaktor ersten Ranges dar. In den folgenden Jahrhunderten folgen Bedrohungen durch die Posbis sowie galaktische Großmächte wie Akonen und Blues. (HC 7–20)
2400/06 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda; Abwehr von Invasionsversuchen von dort und Befreiung der Völker vom Terrorregime der Meister der Insel. (HC 21–32)
2435/37 – Der Riesenroboter OLD MAN und die Zweitkonditionierten bedrohen die Galaxis. Nach Rhodans Odyssee durch M 87 gelingt der Sieg über die Erste Schwingungsmacht. (HC 33–44)
2909 – Während der Second-Genesis-Krise kommen fast alle Mutanten ums Leben. (HC 45)
3430/38 – Das Solare Imperium droht in einem Bruderkrieg vernichtet zu werden. Bei Zeitreisen lernt Perry Rhodan die Cappins kennen. Expedition zur Galaxis Gruelfin, um eine Pedo-Invasion der Milchstraße zu verhindern. (HC 45–54)
3441/43 – Die MARCO POLO kehrt in die Milchstraße zurück und findet die Intelligenzen der Galaxis verdummt vor. Der Schwarm dringt in die Galaxis ein. Gleichzeitig wird das heimliche Imperium der Cynos aktiv, die am Ende den Schwarm wieder übernehmen und mit ihm die Milchstraße verlassen. (HC 55–63)
3444 – Die bei der Second-Genesis-Krise gestorbenen Mutanten kehren als Bewusstseinsinhalte zurück. In dem Planetoiden Wabe 1000 finden sie schließlich ein dauerhaftes Asyl. (HC 64–67)
3456 – Perry Rhodan gelangt im Zuge eines gescheiterten Experiments in ein paralleles Universum und muss gegen sein negatives Spiegelbild kämpfen. Nach seiner Rückkehr bricht in der Galaxis die PAD-Seuche aus. (HC 68–69)
3457/58 – Perry Rhodans Gehirn wird in die Galaxis Naupaum verschlagen. Auf der Suche nach der heimatlichen Galaxis gewinnt er neue Freunde. Schließlich gelingt ihm mit Hilfe der PTG-Anlagen auf dem Planeten Payntec die Rückkehr. (HC 70–73)
3458/60 – Die technisch überlegenen Laren treten auf den Plan und ernennen Perry Rhodan gegen seinen Willen zum Ersten Hetran der Milchstraße. Rhodan organisiert den Widerstand, muss aber schließlich Erde und Mond durch einen Sonnentransmitter schicken, um sie in Sicherheit zu bringen. Doch sie rematerialisieren nicht am vorgesehenen Ort, sondern weit entfernt von der Milchstraße im »Mahlstrom der Sterne«. Den Terranern gelingt es nur unter großen Schwierigkeiten, sich in dieser fremden Region des Universums zu behaupten. (HC 74–80)
3540 – Auf der Erde greift die Aphilie um sich, die Unfähigkeit des Menschen, Gefühle zu empfinden. Perry Rhodan, die Mutanten und andere gesund Gebliebene beginnen an Bord der SOL eine Reise ins Ungewisse – sie suchen den Weg zurück in die Milchstraße. (HC 81)
3578 – In Balayndagar wird die SOL von den Keloskern festgehalten, einem Volk des Konzils der Sieben. Um der Vernichtung der Kleingalaxis zu entgehen, bleibt der SOL nur der Sturz in ein gewaltiges Black Hole. (HC 82–84)
3580 – Die Laren herrschen in der Milchstraße, die freien Menschen haben sich in die Dunkelwolke Provcon-Faust zurückgezogen. Neue Hoffnung keimt auf, als der Verkünder des Sonnenboten die Freiheit verspricht. Lordadmiral Atlan sucht die Unterstützung alter Freunde, die Galaktische-Völkerwürde-Koalition (GAVÖK) wird gegründet. (HC 82, 84, 85)
Auf der Erde im Mahlstrom zeichnet sich eine verhängnisvolle Entwicklung ab. (HC 83)
3581 – Die SOL erreicht die Dimensionsblase der Zgmahkonen und begegnet den Spezialisten der Nacht. Um die Rückkehr zu ermöglichen, dringt ein Stoßtrupp in die Galaxis der Laren vor und holt das Beraghskolth an Bord. (HC 84, 85)
Nur knapp entgeht die SOL der Vernichtung; die Entstehung des Konzils wird geklärt. (HC 86)
Monate nach der SOL-Zelle-2 erreicht Perry Rhodan mit der SOL die Milchstraße und wird mit einer falschen MARCO POLO und dem Wirken eines Doppelgängers konfrontiert. (HC 87)
Im Mahlstrom halten der geheimnisvolle Plan der Vollendung und die PILLE die Menschen im Griff. Die Erde stürzt in den »Schlund«. (HC 86)
Wir befinden uns im zu Ende gehenden 36. Jahrhundert. Seit die Laren, ein Volk des Konzils der Sieben Galaxien, in der Milchstraße herrschen, existiert das Solare Imperium nicht mehr. An weit voneinander entfernten Regionen des Universums müssen sich die Menschen dem Kampf ums Überleben stellen.
In der Milchstraße wurden die Menschen, die über Tausende von Welten verstreut leben, von den Laren und ihren Helfern, den Überschweren, verfolgt und unterdrückt. Unter der Führung des Arkoniden Atlan ist jedoch im Verborgenen das Neue Einsteinsche Imperium der Menschheit herangewachsen. Atlan vermeidet die offene Auseinandersetzung, er taktiert und spielt auf Zeitgewinn.
Aber nun kehrt Perry Rhodan nach langen Jahren zurück in die Heimatgalaxis. Während seiner langen und gefahrvollen Odyssee wurden der Terraner und die Besatzung seines Fernraumschiffs SOL mit führenden Völkern des Konzils konfrontiert. Perry Rhodan konnte das Konzil bereits schwächen, und er will nun sofort dazu übergehen, die Laren aus der Milchstraße zu vertreiben – trotz der Gefahr einer Konfrontation mit Atlan.
Der Erde, von der die SOL vor über vierzig Jahren zu ihrer weiten Reise aufgebrochen ist, droht inzwischen neues Unheil. Ihr Sturz durch den Schlund konnte nicht abgewendet werden. Terra ist an einem unbekannten Ort materialisiert, der Planet ist bis auf eine Hand voll Menschen entvölkert ...
Milchstraße
1.
Atlan
Ich kämpfte gegen die Erinnerung an, weil ich nicht für unbestimmte Zeit in uferlosen Träumen versinken wollte. Meine Augen wurden feucht, und mein Atem beschleunigte sich. Ich hatte das Gefühl, dass alles in mir in Aufruhr geriet.
Die Korallen leuchteten in rotem und orangefarbenem Licht. Sie bedeckten den Meeresgrund und die steil neben der Panoramascheibe aufsteigende Felswand und verbreiteten eine Helligkeit, als befände ich mich dicht unter der Wasseroberfläche und nicht in einer Tiefe von nahezu viertausend Metern. Ein mächtiger Flammenschwertfisch zog an der transparenten Kuppelwand entlang, die ihm folgenden schlangenförmigen Parasitenfische warteten darauf, dass er Beute machte.
Die Unterwasserwelt von Gäa war völlig anders als auf der fernen Erde. Dennoch gab es vieles, was beiden gemeinsam war. Jahrtausende hatte ich in meiner submarinen Kuppel auf Terra verbracht und auf ein Raumschiff gewartet, mit dem ich nach Arkon zurückkehren konnte. Vielleicht war das der Grund dafür gewesen, dass ein mir gut bekannter Industrieller mir dieses Tiefseehaus vermacht hatte. Ich zog mich gern hierher zurück, um in Ruhe nachzudenken.
Ein Schwarm bunter Fische näherte sich der Scheibe, flüchtete jedoch blitzartig, als ein Bizarrkrebs aus seinem Versteck hervorschoss. Nur knapp entgingen die Fische dem gierigen Räuber.
Ein Gong ertönte.
Welchen Grund konnte es geben, mich zu stören? Ich schaltete an meinem Armband, und einige Meter entfernt entstand das holografische Konterfei Julian Tifflors. Ich war überrascht, denn ich hatte nicht erwartet, dass mein Stellvertreter schon nach Point Allegro zurückkehren würde.
»Tiff«, ich wandte mich ihm zu, »ist etwas passiert?«
Er schüttelte den Kopf. »Der Transport ist angekommen, Atlan. Es hat alles geklappt, von kleinen Zwischenfällen abgesehen. Ich habe mit Perry gesprochen.«
»Er ist also wirklich zurück«, stellte ich freudig erregt fest. »Wann landet er auf Gäa? Oder ist er schon bei dir? So antworte doch, Tiff!«
»Ich bin auf Gäa, aber er ist nicht bei mir.«
»Nicht?«, fragte ich bestürzt. »Das verstehe ich nicht. Gib mir eine Erklärung dafür, Tiff!«
»Wäre es dir recht, wenn ich zu dir komme?«
»Wieso?«, fragte ich verwirrt.
Du bist ein unhöflicher Klotz!, ermahnte mich mein Extrasinn. Tifflor will in Ruhe mit dir reden.
»Entschuldige, Tiff. Selbstverständlich bin ich einverstanden. Ich hatte nur ...«
»Ich verstehe das schon«, sagte Julian Tifflor ruhig. »Es ist die Freude darüber, dass Perry wieder da ist. Mir erging es kaum anders.«
»Und die anderen? Was ist mit Fellmer Lloyd, mit Gucky, mit Icho Tolot?« Wie oft hatte ich an sie alle gedacht. Hundertzwanzig lange Jahre hatte ich nichts von ihnen gehört. Perry war mit der Erde verschwunden, aber uns war es nicht gelungen herauszufinden, wohin. Wie oft hatte man mich davon überzeugen wollen, dass Perry Rhodan nicht mehr am Leben sein konnte. Ich hatte mich gegen alle Zweifel gewehrt, weil ich mir nie hatte vorstellen können, dass mein bester Freund nicht mehr lebte.
Viel war in dieser Zeit geschehen.
Perry hatte die Erde vor dem Würgegriff des Konzils retten können. Es war ihm gelungen, sie aus dem Sonnensystem herauszulösen, doch dann war der Kontakt abgerissen. Inzwischen gab es in der Dunkelwolke Provcon-Faust eine Neue Menschheit. Ein Neues Imperium war den Trümmern des Solaren Imperiums entwachsen. Ich war stolz auf Gäa und unser Werk.
Werde nicht sentimental, mahnte mein Extrahirn. Das trübt den Blick für die Realität.
»Sieh da, auch ein Logiksektor kann sich irren«, sagte ich laut. »Ich bin absolut nicht sentimental, sondern lediglich zufrieden und ein wenig stolz.«
Natürlich war es nicht gelungen, die vielen von Terranern besiedelten Planeten in der Milchstraße zu retten. Sie waren in die Hände der Laren und des Konzils gefallen. Wir hatten nicht verhindern können, dass sie geknechtet und rücksichtslos ausgebeutet wurden. Erst in den letzten Jahrzehnten hatte sich die Lage leicht entspannt, seit wir uns mit einem Status quo zufrieden gaben. Wir hätten beim besten Willen niemals alle Menschen auf Gäa und den anderen Planeten in der Provcon-Faust aufnehmen können.
So hatten wir zwar keinen Idealzustand erreicht, aber immerhin einen guten Erfolg. Ich war überzeugt davon, dass Perry das Neue Einsteinsche Imperium und seine Macht entsprechend würdigen würde.
Träumer, spottete mein Extrasinn.
»Sei still!«, befahl ich, wohl wissend, dass der Logiksektor darauf nicht achtete. Er meldete sich, ob es mir passte oder nicht.
Sekunden später trat Julian Tifflor aus dem Transmitter. Er trug eine schlichte Uniform ohne Rangabzeichen. In der Hinsicht glich er Perry; er hasste alles Auffällige und Protzige. Mir wurde bewusst, dass Tiff auch sonst große Ähnlichkeit mit Rhodan hatte. Vielleicht war es das, was mir an ihm so gefiel.
Er reichte mir die Hand.
»Warum seid ihr nicht zusammen gekommen?«, wollte ich wissen.
»Das kann ich kaum mit einem einzigen Satz beantworten«, sagte Tiff. »Dazu muss ich weiter ausholen.«
Ich fragte mich, was geschehen sein mochte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich gar nichts anderes erwartet, als dass Perry sofort nach Gäa kommen würde. Mir wurde kalt. Wollte Tifflor mir schonend beibringen, dass Perry Rhodan wirklich nicht mehr lebte? Unwillkürlich griff ich nach seinem Arm, aber die Frage kam mir nicht über die Zunge. Ich fürchtete die Wahrheit. Welch grausames Schicksal hatte Perry nach so langer Zeit in die Heimat zurückfinden lassen und ihn dann in den Tod geführt?
Julian Tifflor erriet meine Gedanken. Er schüttelte den Kopf. »Nein, er ist nicht tot«, sagte er.
»Was dann? Ist er verletzt? Was ist geschehen?«
»Um es kurz zu machen, Atlan: Perry hat meine Einladung angenommen, nach Gäa zu kommen.«
»Warum ist er dann nicht hier?«
Tiff hob abwehrend die Hand. »Lass mich bitte ausreden. An Bord seines Raumschiffs sind einige Kelosker, das sind die siebendimensional denkenden Wesen, die das Konzil in den vergangenen Jahrtausenden mit strategischen Plänen versorgt haben. Perry hat diese Konzilsangehörigen als Verbündete gewonnen.«
Er blickte mich prüfend an, während in mir eine bange Ahnung aufstieg. Ich glaubte bereits zu wissen, was Tifflor sagen würde.
Du kennst Perry Rhodan doch genau, ermahnte mich mein Logiksektor. Warum regst du dich also auf?
»Mit Hilfe dieser Kelosker will Perry den Laren strategische Langzeitpläne in die Hände spielen, die in der Zukunft helfen werden, die Macht der Laren zu brechen. Es handelt sich um gefälschte Pläne.«
Ich schwieg. Bald anderthalb Jahrhunderte hatte ich für das Überleben der Menschheit gekämpft und unter ständiger Bedrohung durch das Konzil das Imperium einer Neuen Menschheit aufgebaut. In all dieser Zeit war ich fest davon überzeugt gewesen, dass Perry alles ebenso gemacht hätte. Doch nun musste ich erkennen, dass ich mich getäuscht hatte.
Mein Freund hatte sich nicht verändert. Offensiv und kompromisslos ging er gegen die Laren und das Konzil vor. Was hatte er erlebt? War er blind vor Hass geworden, dass er glaubte, seine Menschheit auf diese Weise vom Konzil befreien zu müssen?
Du nimmst ihm gar nicht übel, dass er eine aggressive Politik betreibt, korrigierte mein Logiksektor. Du wirfst ihm nur vor, dass er sich nicht ausreichend über die Situation in der Galaxis informiert und dich nicht genügend berücksichtigt. Du bist in deiner Eitelkeit gekränkt, weil er über deinen Kopf hinweg handelt.
Das war eine harte Feststellung. Ich weigerte mich, darüber nachzudenken.
»Außerdem will er das Solsystem von den Keloskern siebendimensional vermessen lassen«, fuhr Tiff fort.
Ich war verblüfft. »Wozu soll das gut sein?«, fragte ich verständnislos.
»Rhodan ist mit der Erde bekanntlich nicht beim Sonnentransmitter Archi-Tritrans herausgekommen, sondern in einem fernen Gebiet, das er Mahlstrom nennt.« Julian Tifflor erläuterte mir ausführlich, wie Perry mit der SOL in die Galaxis Balayndagar und schließlich in den Dakkardim-Ballon eingedrungen war. Ich erfuhr staunend, dass es Rhodan gelungen war, die Geschichte des Konzils von den Anfängen an aufzurollen, die Spezialisten der Nacht für sich zu gewinnen und schließlich das Volk der Zgmahkonen, das den Kern des Konzils bildete, vom Universum abzutrennen. Damit hatte er den Kopf des Konzils zerschlagen.
»Und nun glaubt er, das genügt, um die Milchstraße zurückzugewinnen?« Mir blieb nur ein Kopfschütteln. »Er kennt die Situation nicht, schlägt aber dennoch gegen die Laren los, als sei die Freiheit über Nacht zu erobern.«
»Perry ist nicht bereit, etwas anderes anzuerkennen«, sagte Tifflor. »Er ist davon überzeugt, dass er die Laren schon in absehbarer Zeitvertreiben kann, andernfalls würde er das Solsystem nicht vermessen lassen.«
»Du solltest mir erklären, weshalb er das macht, Julian«, erinnerte ich.
»Er hofft, exakte Bezugspunkte zu bekommen, damit er die Erde aus dem Mahlstrom ins heimatliche Solsystem zurückholen kann.«
Ich erhob mich und blickte wieder ins Meer hinaus. In mir brodelte es. Ein riesiger Feuerfisch zog vorbei. Als er mich bemerkte, griff er vehement an. Ich hörte den dumpfen Aufschlag, als er an der Scheibe scheiterte. Sehen konnte ich ihn da schon nicht mehr, denn meine Augen tränten vor Erregung.
Du belügst dich selbst, stellte mein Extrasinn nüchtern fest. Wenn du nur einmal in den vergangenen Jahrzehnten darüber nachgedacht hättest, was Rhodan wirklich bei seiner Rückkehr unternehmen würde, dann wärst du jetzt nicht überrascht.
»Ich muss mit ihm reden, Julian!«, sagte ich. »Perry darf die Laren nicht angreifen. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Er muss den Status quo respektieren, oder wir fallen in die alten Zustände zurück. Das würde für Milliarden Menschen draußen in der Galaxis Sklaverei und Tod bedeuten. Das müssen wir verhindern.«
Ich raffte die wenigen Sachen zusammen, die ich oben benötigte, und eilte zum Transmitter. Julian Tifflor schloss sich mir wortlos an. Glücklicherweise brauchte ich mit ihm nicht darüber zu diskutieren, welche Strategie wir verfolgen mussten. Wir waren uns einig darüber, dass wir noch viel zu tun hatten, bis die Neue Menschheit wirklich in Sicherheit war. Ich glaubte, auf einem schwankenden Floß zu stehen, auf dem ein kleiner Schritt zur falschen Seite hin schon den Tod bedeuten konnte.
Auch auf Gäa gab es kaum jemanden, der mit unseren Plänen nicht einverstanden war. Es existierte lediglich eine galaxisorientierte, radikale Studentengruppe, die uns einige Sorgen bereitete. Diese Leute plädierten dafür, dass wir das Versteck des NEI nicht länger geheim halten sollten, und sie stützten sich dabei in ihrer militärpolitischen Überzeugung auf eine wissenschaftliche Erkenntnis, die auf Handel und Wirtschaft zwischen verschiedenen Planeten zutraf. Wer die eigene Wirtschaft leistungs- und konkurrenzfähig machen wollte, der musste sie zu ständigen Verbesserungen zwingen. Das geschah am besten dadurch, dass man Zollschranken beseitigte und sich für Importe öffnete. Die Einfuhren bewirkten dann verstärkte Anstrengungen, bis die eigenen Produkte so gut wie die Importe oder sogar noch besser waren.
Derartige Erkenntnisse auf die Situation Gäas zu übertragen war kompletter Irrwitz. Die Studentengruppe ORIENT war jedoch davon überzeugt, den Schlüssel in Händen zu halten, mit dem sich alle Probleme lösen ließen.
Tifflor und ich gingen durch den Transmitter. Wir kamen in meinem Hauptbüro in Sol-Town, der Hauptstadt von Gäa, heraus.
Ich eilte zum Interkom und erteilte den Befehl, einen Leichten Kreuzer für den Start vorzubereiten. Tiff ging in sein Büro hinüber und erledigte von dort aus unaufschiebbare Arbeiten. Wenig später trafen wir uns wieder. Auf dem Parkdach stand ein schneller Gleiter mit Pilot und zwei Sicherheitsbeamten bereit.
Wir hatten uns daran gewöhnen müssen, dass ein gewisser Schutz notwendig war. Die friedlichen Jahre auf Gäa waren vorbei, seitdem die Gruppe ORIENT von sich reden machte.
Wir landeten auf einem Sonderparkplatz des Raumhafengebäudes, der ausschließlich für Regierungsmitglieder vorgesehen war. Als ich den Gleiter verließ, zitterte der Boden unter meinen Füßen.
Eine Sirene heulte auf.
Die Sicherheitsbeamten rannten auf mich zu. »Gehen Sie in Deckung!«, schrie einer von ihnen.
Ich dachte nicht daran.
Wenige Schritte von mir entfernt stürzten zwei maskierte Männer aus dem Kontrollgebäude. Wir standen uns gegenüber. Einer von ihnen blutete aus einer tiefen Schulterwunde. Beide waren mit nachgebildeten Revolvern bewaffnet, wie sie neuerdings bei der Jagd auf Kleinwild benutzt wurden.
Ich blickte in die Waffenmündungen. Gleichzeitig streckte ich den Sicherheitsbeamten abwehrend die Hand entgegen. »Nicht schießen!«, befahl ich. Dabei war ich völlig ruhig, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass die jungen Männer, die fraglos einen Sabotageakt verübt hatten, mich angreifen würden.
Ich ging auf sie zu. »Weiter kommen Sie ohnehin nicht«, sagte ich. »Geben Sie auf!«
Einer der beiden sprang auf mich zu. Ich erkannte seine Absicht. Er glaubte, mich als Geisel nehmen zu können. Gelassen wartete ich, bis er vor mir stand und versuchte, mir die Waffe gegen den Kopf zu drücken. Kurz zuckten meine Arme zur Seite, Handkanten und Ellenbogen trafen die entscheidenden Punkte. Stöhnend sackte der Attentäter zu Boden. Die Waffe entfiel seiner Hand.
Der zweite Maskierte schoss, verfehlte mich aber. Dann blitzte es neben mir auf. Ein Energiestrahl tötete den Saboteur. Er stürzte den Mitarbeitern des Raumhafens, die in diesem Moment aus dem Gebäude kamen, vor die Füße.
»Es tut mir Leid, Sir«, sagte der Sicherheitsbeamte, der geschossen hatte. »Unter den gegebenen Umständen konnte ich nicht anders handeln.«
»Schon gut«, erwiderte ich niedergeschlagen. »Ich hätte das Leben des Mannes gern geschont.« Seltsamerweise hatte ich sogar Verständnis für ihn und seinen Begleiter. Er war auf Gäa geboren und hatte die Provcon-Faust sicherlich nie verlassen. Nur wenige Menschen der neuen Generation waren jemals in der Milchstraße gewesen, aber jetzt drängte es die jungen Leute nach draußen. Sie waren nicht mehr mit dem zufrieden, was sie hier hatten – vor allem glaubten sie, Veränderungen herbeiführen zu müssen. Sie kannten die Laren und die anderen Völker des Konzils ebenso wenig wie die Überschweren. Deshalb glaubten sie uns nicht mehr.
Ich beugte mich über den Mann, den ich niedergeschlagen hatte, und zog ihm die Maske vom Gesicht. Unruhige Augen blickten mich an, als ich dem Mann das Hemd aufknöpfte. Darunter kam ein Schmuckstück zum Vorschein, das eine aufgehende Sonne darstellte – das Zeichen der Organisation ORIENT, die zum Glück nur aus wenigen Studenten bestand.
»Diese Verbrecher«, sagte eine Frau neben mir. »Sie haben ein Mädchen und einen Mann getötet. Warum machen sie das? Wozu?«
»Stehen Sie auf!«, befahl ich dem Studenten. Er gehorchte. »Wollen Sie dieser Frau keine Antwort geben?«
Er blickte mich trotzig an und schwieg.
»Weshalb haben Sie die Bombe gelegt?«, herrschte ich ihn an. Er antwortete nicht. Ich drehte mich um und gab den Sicherheitsbeamten ein Zeichen. »Abführen!«
Julian Tifflor kam zu mir. »Hast du eine Antwort, Atlan?«, fragte er. »Warum tun sie das?«
Ich schüttelte den Kopf. Die Studenten von ORIENT hatten alle Möglichkeiten, ihre Ansichten und Überzeugungen demokratisch durchzusetzen, wobei ich einräumen musste, dass sie auf diesem Weg kaum eine Mehrheit bekommen würden. Vorzuwerfen war ihnen, dass sie es nicht einmal versucht, sondern von Anfang an den nackten Terror gewählt hatten. Glaubten sie wirklich, damit politische Freunde gewinnen zu können?
Perry Rhodan
Gucky hatte Pech. Der Mausbiber materialisierte in der Hygienekabine. Er mochte wohl angenommen haben, dass ich sie zu dieser Zeit nicht benutzte. Tatsächlich hatte ich sie erst vor wenigen Sekunden verlassen. Das Wasser spritzte immer noch aus allen Düsen, und es war sehr heiß.
Ich hörte einen Schrei, drehte mich um, sah Gucky verschwinden und auf dem Tisch wieder erscheinen. Er war klatschnass.
»Wehe, wenn du lachst«, drohte er, »dann stelle ich dich auf den Kopf.«
»Ich bin todernst«, antwortete ich, obwohl ich meine Heiterkeit nur mühsam unterdrücken konnte.
Gucky hopste vom Tisch herunter und kehrte in die Hygienekabine zurück, nachdem er telekinetisch die Trockendüsen eingeschaltet hatte. Argwöhnisch beobachtete er mich, während er im warmen Luftstrom stand.
»Was führt dich zu mir?«, wollte ich wissen.
»Du bekommst Besuch«, teilte er mir wortkarg mit. Die unerwartete Dusche schien ihn hart getroffen zu haben.
»Das ist schön«, entgegnete ich, trank ein Glas Saft, setzte mich in einen Sessel und nahm mir eine Akte vor, in der Dobrak, der Kelosker, sein Vorhaben skizziert hatte, wie wir die Laren täuschen konnten.
Gucky hielt es genau drei Minuten aus, dann teleportierte er zu mir. Er materialisierte unmittelbar vor mir in einer Höhe von etwa zwanzig Zentimetern und ließ sich fallen. Da ich seine Absicht erkannte, zog ich rechtzeitig die Füße weg.
Er pfiff missmutig. Ich las weiter, als sei nichts vorgefallen. Gucky klappte die Akte telekinetisch zu und ließ sie an die Decke schweben.
»Ach, du bist noch da, Kleiner«, sagte ich und heuchelte Erstaunen. »Was gibt es denn?«
Er blickte mich sprachlos an. Dann bohrte er einen Finger ins rechte Ohr und schüttelte den Kopf. »Bist du überhaupt nicht neugierig, wer dich besuchen will?«
Ich gähnte und deutete zu der Akte hoch, die unverändert unter der Decke schwebte. »Ich habe zu tun, Kleiner. Außerdem bin ich zu müde zum Raten. Wer wird's schon sein? Dobrak?«
»Ganz kalt.« Seine Augen funkelten.
»Atlan?«, fragte ich, ohne nachzudenken, weil ich einfach nur jemanden nennen wollte, der es bestimmt nicht sein konnte.
Gucky riss die Augen auf. »Wie kommst du auf den?«, forschte er in einem so eigenartigen Ton, dass ich sofort erkannte, dass ich richtig geraten hatte. Ich war wie elektrisiert und richtete mich ruckartig auf. »Atlan? Ist es wirklich der Arkonide?«
»Der und kein anderer, Perry. Er wird in spätestens zehn Minuten die SOL betreten. Er ist mit einem Leichten Kreuzer von Gäa gekommen, um mit dir zu reden. Vor wenigen Minuten hat er sich angekündigt.«
Nun hielt mich nichts mehr in meiner Kabine. Ich streckte Gucky die Hand hin. »Bring mich in den Hangar, in dem er einschleusen wird, Kleiner!«
Der Ilt ergriff meine Hand. Ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, stand ich zwischen einigen Offizieren der SOL. Mentro Kosum, Fellmer Lloyd, Icho Tolot, Lord Zwiebus, Takvorian, Merkosh und weitere Mutanten waren ebenfalls da. Ich spürte, dass alle die gleiche Erregung erfasst hatte wie mich. Dennoch gab es einen großen Unterschied zwischen ihnen und mir. Niemandem stand der Arkonide so nahe wie mir. Viel Zeit war vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten, und doch kam es mir vor, als sei es erst wenige Tage her, dass wir miteinander gesprochen hatten.
Ein Licht leuchtete über dem Innenschott auf. Atlan befand sich schon in der Schleuse. Ungeduldig trat ich vor. Endlos lang dehnten sich die Sekunden, bis sich das Innenschott öffnete. Freudig lächelnd kam Atlan mir entgegen. Dann standen wir uns gegenüber, schüttelten uns die Hände und blickten uns an.
Er war der gleiche große Mann wie früher. Die Zeit war spurlos an ihm vorübergegangen, und doch schien es mir, als sei seine ohnehin beeindruckende Persönlichkeit noch gewachsen.
»Da habe ich mir nun während des Fluges von Gäa bis an den Rand des Solsystems überlegt, was ich sagen soll, habe mir fast so etwas wie eine anspruchsvolle Rede zusammengestellt, aber nun ist alles wie weggewischt«, sagte Atlan und fügte spontan hinzu: »Mensch, Perry, ich freue mich wie ein Kind.«
Damit durchbrach er die vage Beklemmung, die über unserer ersten Begegnung nach so langer Zeit lag. Die Mutanten und alten Freunde Atlans umringten uns, um ihn zu begrüßen. Ein heilloses Durcheinander entstand, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt hatte. Über eine Stunde verging, bis Atlan und ich wieder etwas Ruhe fanden. Ich fühlte, dass er nicht einfach nur gekommen war, um mir die Hand zu schütteln, sondern dass ihn etwas bedrückte. Ich musste an mein letztes Gespräch mit Julian Tifflor denken, in dem dieser von der Neuen Menschheit gesprochen hatte, als sei sie der Mittelpunkt unseres Denkens und als ob die Menschheit, die ich meinte, nicht mehr existierte. Ich konnte mich noch nicht mit der Neuen Menschheit von Gäa identifizieren, weil ich in erster Linie an die auf der Erde und den ehemaligen Imperiumsplaneten lebenden Menschen dachte.
Ich fragte mich zum wiederholten Mal, wofür Atlan eintrat. Was verstand er unter dem Begriff Menschheit? Seine Antwort war ungeheuer wichtig für mich.
Ich beobachtete ihn, als er mit den anderen sprach. Ich sah ihn lachen und scherzen. Hin und wieder blickte er zu mir herüber, und in diesen Momenten erschien es mir, als würden seine Augen ernst und nachdenklich. Aber vielleicht täuschte ich mich auch.
Schließlich löste er sich aus der Menge und kam zu mir. »Ihr seid ziemlich lange mit der SOL unterwegs gewesen«, stellte er fest.
»Das kann man wohl sagen.«
»Der Leichte Kreuzer, mit dem ich gekommen bin, ist vor dem Start mit Spezialitäten von Gäa ausgestattet worden, Perry. Hättest du Appetit auf gegrilltes Fleisch, saftiges Gemüse und erntefrisches Obst?«
Mir lief das Wasser im Mund zusammen.
»Diese Einladung gilt doch auch für uns, oder?«, erkundigte sich Gucky schrill. »Was meinst du wohl, was ich für einen Appetit habe! Seit Jahrzehnten habe ich nichts mehr gegessen, was mir geschmeckt hat.«
»Auf dem Kreuzer ist alles vorbereitet, Freunde«, erklärte der Arkonide. »Eine Tafel wartet auf euch, wie ihr sie bestimmt schon lange nicht mehr gesehen habt.«
»Ich geh schon mal vor«, kündigte Gucky an und teleportierte.
Das Essen war allerdings ein Genuss, der unsere Erwartungen weit übertraf. Köstlichkeiten der Art, wie Atlan sie uns servierte, kannten wir kaum noch aus der Erinnerung. Wir aßen und tranken, und dabei schienen wir uns wieder näher zu kommen. Die Mutanten und Zellaktivatorträger kamen mit Atlan überein, sich mit ihm von nun an auch zu duzen. Mich beeindruckte dieser Freundschaftsbeweis aber nur wenig. Im Gegenteil. Je länger die Tafel dauerte, desto unruhiger wurde ich.
Schließlich wusste ich, dass Atlan nicht gekommen war, um uns einen großen Empfang zu bereiten. Ich kannte ihn gut genug, um zu erkennen, dass ihn etwas belastete, und ich ahnte auch, was das war.
Ich stieß mit ihm an und sagte: »Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir beide miteinander reden. Wo sind wir ungestört?«
Er nickte, erhob sich und führte mich in eine geräumige Kabine. Die Ruhe hier tat gut.
»Ich habe schon einiges von dem gehört, was du herausgefunden hast, Perry«, sagte er. »Tiff hat es mir berichtet. Dennoch würde ich gern mehr über das Konzil erfahren.«
Ich gab ihm eine kurze Schilderung bis hin zum Zusammenbruch der Dimensionstunnel. Atlan hörte konzentriert zu und stellte nur wenige Fragen.
Ich erwartete Zustimmung und eine gewisse Freude über unseren Sieg im Kern des Konzils. Er war in meinen Augen tausendmal mehr wert als ein Sieg über die Laren. Denn das Hetos der Sieben konnte sehr wohl ohne die Laren, diese aber nicht ohne das Hetos existieren.
»Eine eingeschlossene Konzilsspitze bedeutet hier in der Milchstraße gar nichts«, antwortete Atlan kühl.
»Habe ich mich so undeutlich ausgedrückt, dass du mich nicht verstanden hast?«, fragte ich betroffen.
»Mir ist durchaus alles klar«, erwiderte er um eine weitere Nuance distanzierter. »Hier bedeutet es absolut nichts, dass die Zgmahkonen ausgeschaltet sind. Wir haben es mit den Laren, den Hyptons und den Mastibekks zu tun. Diese Völker sind in der Galaxis präsent und mächtig. Daran wird sich in den nächsten Jahrhunderten auch nichts ändern, ob die Zgmahkonen da sind oder nicht.«
Etwas Ähnliches hatte ich schon befürchtet, es nur nicht wirklich wahrhaben wollen. War das tatsächlich noch mein alter Freund Atlan, auf den ich mich stets blind hatte verlassen können?
»Du irrst, Atlan«, sagte ich. »Es ist die besondere Struktur des Konzils, die dazu führen wird, dass die Laren, Hyptons und Mastibekks schließlich nichts mehr ausrichten können. Diese Völker sind voneinander abhängig, und über allen standen die Zgmahkonen als Koordinatoren. Für sie war das Konzil das Instrument ihrer Macht. Das Instrument allein kann nichts ausrichten.«
»Was hast du vor?«
»Ich will die Macht der Laren und der anderen Konzilsvölker in der Milchstraße schnellstmöglich brechen. Die Menschheit muss wieder frei werden.«
Atlan schüttelte den Kopf. »Gegen die Laren zu kämpfen wäre verhängnisvoll. Die Gefahr für die Neue Menschheit und die auf den Planeten außerhalb der Provcon-Faust lebenden Menschen wäre zu groß. Wir haben bereits viel erreicht. Die Menschen werden nicht mehr in der Weise wie früher versklavt und gequält, es gibt zwar noch Umschulungen, aber sie stellen nicht mehr die Gehirnwäsche einstiger Aktionen dar. Die Lage entspannt sich langsam. In einer solchen Situation einen Krieg gegen die Laren zu beginnen wäre ein schwerer Fehler.«
Ich blickte Atlan ungläubig an. Jetzt hatte ich es von ihm selbst gehört.
»Vielleicht hast du dich bereits daran gewöhnt, dass die Laren die Milchstraße beherrschen«, sagte ich. »Nichts gegen sie zu unternehmen, das hieße, ihre Herrschaft zu zementieren. Das hieße auch, nicht für eine bessere Zukunft der Menschen zu arbeiten, sondern dagegen.«
»Das sind harte Worte, Perry.«
»Sie treffen den Kern der Sache.«
Atlan schüttelte den Kopf. »Du darfst nicht aufs Spiel setzen, was wir mühsam aufgebaut haben.«
»Was ist das denn schon?«, fragte ich scharf. »Du hast das Neue Einsteinsche Imperium gegründet, ein Gebilde mit einem klingenden Namen, aber ohne Inhalt. Du hast dich mit ihm in der Provcon-Faust versteckt, die wegen ihrer Energiewirbel für andere absolut unzugänglich ist. Allein mit Hilfe der Vakulotsen können wir hinein oder heraus. Die Vincraner zeigen uns den Weg durch die Wirbel und sonst keinem. Wunderschön, Atlan, aber was soll ich dazu sagen, wenn du eine solch ideale Ausgangsposition für einen Kampf gegen die Laren hast, sie aber in keiner Weise nutzt?«
Er war blass geworden. »Du gehst zu weit, Perry«, sagte er heftig.
»Das sehe ich nicht so. Du sitzt mit deinem Neuen Imperium in absoluter Sicherheit und lässt dich auf ein Pseudoabkommen mit den Laren ein, das den Menschen überhaupt nichts, den Laren aber alles bringt.«
»Du vergisst die Menschen auf den von Laren besetzten Welten.«
»Glaubst du wirklich, ihnen erginge es schlechter, wenn du nicht mit den Bedingungen dieses Status quo einverstanden wärst? Wenn viele von ihnen von den Laren in Ruhe gelassen werden, dann nur deshalb, weil die Laren momentan mit ihnen nichts anfangen können. Wie aber sieht es auf den Welten aus, die vom Konzil ausgebeutet werden? Gibt es auf ihnen noch Menschen, oder sind alle evakuiert worden?«
Atlans Augen wurden feucht, ein unübersehbares Zeichen seiner Erregung. Meine Vorwürfe verletzten ihn.
»Was schlägst du vor?«, fragte er.
»Die Kelosker werden den Laren Pläne zuspielen, die das Ende der larischen Macht einleiten. Dazu benötige ich deine Unterstützung. Ich brauche ein Ultraschlachtschiff von dir.«
»Perry«, sagte er eindringlich, »versuche wenigstens, unseren Standpunkt zu verstehen. Selbstverständlich haben wir das Ziel, die Laren zu vertreiben. Aber wir wollen vorsichtig vorgehen, unsere Position Schritt für Schritt verbessern und das larische Machtgebilde allmählich unterwandern. Nur so können wir ohne verheerende Verluste die Milchstraße befreien.«
»Was, meinst du, werden die Laren mit Gäa machen, sollte es ihnen wider Erwarten gelingen, in die Provcon-Faust einzudringen?«
»Die Laren halten sich an den Status quo«, erwiderte er ausweichend.
»Du verschließt die Augen vor der Wahrheit«, sagte ich ärgerlich. »Dabei weißt du genau, dass die Laren Gäa gnadenlos vernichten würden. Und sie werden nicht einen Menschen am Leben lassen und sich einen Teufel um deinen Status quo scheren.«
»Du bist lange unterwegs gewesen, Perry. Du hast immer nur gekämpft. Seit einem Menschenleben bist du praktisch nicht zur Ruhe gekommen. Nun glaubst du, alles lasse sich nur im offenen Kampf bewältigen.«
»Offen? Ich habe niemals gesagt, dass ich die Laren in einer offenen Schlacht bekämpfen will. Ich habe lediglich versucht, dir klar zu machen, dass ich nicht daran denke, nur abzuwarten. Wir sind im Vorteil, Atlan. Die Kommunikation zu den eigentlich Mächtigen des Konzils ist abgebrochen. Das muss die Laren verunsichern. Sie haben keine Rückendeckung mehr und sind praktisch isoliert. Genau das ist unsere Chance. Aber allein, Atlan, allein kann ich kaum etwas gegen die Laren unternehmen. Ich benötige deine Hilfe.« Ich machte eine kurze Pause und fragte: »Wann kann ich das Ultraschlachtschiff haben?«
Atlan erhob sich. »Wir kommen nicht weiter, Perry. So nicht. Deshalb schlage ich dir vor, erst einmal Gäa zu besuchen. Du brauchst ein paar Tage Ruhe. Mit Hektik ist nichts gewonnen. Zieh dich zusammen mit mir in die Provcon-Faust zurück und lass die Laren in dieser Zeit nach dir suchen. Auf Gäa können wir weiterreden, ohne uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.« Er versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht recht. Die alte Herzlichkeit kam nicht auf.
Ich spürte, dass Atlan mir das Schlachtschiff nicht geben wollte, jetzt noch nicht. Wir waren oft unterschiedlicher Ansicht gewesen, aber wir hatten uns stets zusammengerauft. Warum sollte das dieses Mal nicht auch der Fall sein?
Eigentlich hätte sein Logiksektor ihm sagen müssen, dass ich Recht hatte.
»Ist etwas nicht in Ordnung, Perry?«, fragte Fellmer Lloyd besorgt, als ich seine Kabine betrat.
Ich ließ mich in einen Sessel sinken. »Das weiß ich selbst noch nicht genau«, erwiderte ich ausweichend. »Ich werde mit Atlan in die Provcon-Faust fliegen und mich dort umsehen.«
Der Telepath musterte mich erstaunt. »Selbstverständlich ist das notwendig«, sagte er. »Geplant war das jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht.«
»Allerdings nicht«, gab ich zu. »Ich kann einen Besuch auf Gäa aber nicht umgehen. Es scheint, als sei Atlan nicht bereit, uns ein Ultraschlachtschiff zur Verfügung zu stellen.«
»Er hat abgelehnt?« Fellmer reichte mir einen Kaffee.
»So deutlich wurde er nicht. Sagen wir: Er sträubt sich. In der Sicherheit der Provcon-Faust lässt es sich offenbar allzu bequem leben. Ein wenig von dem alten Schwung ist dahin. Ich werde Atlan umstimmen müssen. Außerdem ist die SZ-2 in der Provcon-Faust.«
Fellmer Lloyd lächelte, blickte mich offen an und fragte: »Und was führt dich wirklich zu mir?«
»Ich will, dass du, Gucky und Ribald mich begleiten. Daneben werde ich noch einige der älteren Offiziere und Wissenschaftler mitnehmen, die unter Umständen auf Gäa Freunde oder Verwandte treffen können. Insgesamt werden wir etwa hundert Personen sein.«
»Gucky, Ribald und mich ... Wozu, Perry? Was bezweckst du damit?«
Ich sagte es ihm.
Bis jetzt hatte er gestanden. Nun setzte er sich bestürzt.
»Ich hoffe, dass du dich täuschst«, sagte er nach einer Weile.
»Ich habe mir die Rückkehr in die Milchstraße auch anders vorgestellt«, entgegnete ich hart. »Aber wir müssen uns auf die Realitäten einstellen. Vorläufig ist noch nichts entschieden. Ich will lediglich einige Vorbereitungen für den Notfall treffen.«
»Wo ist Atlan?«
»Er ist auf dem Leichten Kreuzer geblieben und erwartet uns. Wir brechen sofort auf. Ich bitte dich, dass du die Mutanten vorbereitest und die Offiziere und Wissenschaftler aussuchst, die uns begleiten werden. Ich habe noch eine Lagebesprechung.«
Damit erhob ich mich und ließ Fellmer allein. Er würde mir den Rücken freihalten, sodass ich mich auf andere Probleme konzentrieren konnte.
Eine Stunde später wechselte ich auf den Leichten Kreuzer über.
Atlan
Ich war davon überzeugt, dass Perry früher oder später einsehen würde, dass ich Recht hatte. Wir mussten den von mir und dem NEI eingeschlagenen Weg weitergehen. Dass wir zu einer Einigung kommen würden, stand für mich bereits fest.
Zugleich hielt ich es für undenkbar, dass es zwischen mir und Perry zu einer ernsthaften Auseinandersetzung oder gar zu einem Bruch kommen könnte.
Er war während des gesamten Fluges bei mir in der Hauptleitzentrale. Wir hatten das Thema, das uns beide am meisten bewegte, fallen lassen und unterhielten uns wie in alten Zeiten. Ich spürte, dass sein Verständnis für mich wuchs. Zumindest begann er, meine Aufbauarbeit anzuerkennen. Er ignorierte die Tatsache nicht länger, dass es uns gelungen war, Milliarden Menschen vor dem Zugriff der Laren in Sicherheit zu bringen.
Ich berichtete ihm von den NEI-Agenten, die ich auf wichtigen Welten eingeschleust hatte. Allerdings verschwieg ich, dass einige unserer Stützpunkte über eine beträchtliche Schlagkraft verfügten. Ganz so streng, wie er glaubte, hielt ich mich auch wieder nicht an den Status quo.
Perry war nicht überrascht, als zwei Vincraner die Hauptleitzentrale betraten. Er kannte diese Wesen. Die hochgewachsenen, schwächlich wirkenden Gestalten ignorierten uns. Die Vakulotsen waren nach wie vor unzugänglich, dennoch gab es vielfältige Beziehungen zwischen uns und dem Volk der Vincraner.
Nur ein einziges Mal blickten sie mich mit ihren übergroßen grünen Augen an. Das war, als wir die Energiewirbel der Dunkelwolke passiert hatten und in den freien Raum Richtung Prov-System vorstießen. Es war, als wollten sie mich fragen, wer der Mann an meiner Seite sei. Dann verschwanden sie.
»Seltsame Geschöpfe«, sagte Perry.
»Sie sind unsere Lebensversicherung.«
»Habt ihr nie versucht, ohne sie auszukommen?«
»Bisher haben wir keine Möglichkeit gefunden, die Dunkelwolke ohne ihre Hilfe zu durchfliegen.«
Ich ließ einen Funkspruch nach Gäa absetzen, den ich schon vor Stunden vorbereitet hatte. Julian Tifflor musste wissen, dass Perry Rhodan kam.
Zwei Stunden später landeten wir auf dem Raumhafen von Sol-Town. Schon beim Anflug konnten wir die Menschenmenge sehen, die sich am Raumhafen versammelt hatte. Gäa war bereit, Rhodan gebührend zu empfangen.
Als ich mit ihm den Kreuzer verließ, brandete ein unbeschreiblicher Jubel auf. Die Raumhafenbehörde hatte das Landefeld für die Bevölkerung freigegeben. Ganz kamen die Bewohner von Sol-Town dennoch nicht an uns heran, denn der Weg zu den Hafengebäuden wurde von Kampfrobotern und Raumsoldaten freigehalten.
»So viel Ehre, Atlan, oder so viel Angst um mich?«, fragte Perry spöttisch.
Das Bild, das sich uns bot, behagte mir ebenso wenig. Julian Tifflor ging jedoch nicht das geringste Risiko ein. Er wollte vermeiden, dass Perry direkten Kontakt mit der Menge bekam. Die Zwischenfälle mit der Organisation ORIENT wogen schwer genug. Hätte sie sich Rhodan als Zielobjekt einer neuen Aktion ausgesucht, wäre das einer Katastrophe gleichgekommen. Um Zwischenfälle unmöglich zu machen, hatte Tiff auch den Luftraum mit zahlreichen Kampfgleitern absichern lassen.
Und doch hatte er noch nicht genug für die Sicherheit getan.
Als ich neben Perry durch das Spalier der Raumsoldaten und Kampfroboter ging, materialisierte ein mit einem roten Tuch maskierter Mann neben uns. Er warf sich auf Perry, umarmte ihn und verschwand mit ihm.
Gucky teleportierte um Bruchteile von Sekunden zu spät heran. Rhodan war da bereits nicht mehr da.
Ich verharrte wie vom Schlag getroffen auf der Stelle.
»Wo ist er, Gucky?«, fragte ich. Um uns herum war es still geworden. Die Menge schien zu einer leblosen Mauer erstarrt zu sein.
»Sollte das ein Trick von dir sein, Arkonide?«, fragte der Mausbiber. Er musterte mich mit seinen großen Augen und kreuzte die Arme argwöhnisch vor der Brust. »Du hast nicht einen einzigen Ton davon gesagt, dass du Mutanten hast.«
»Perry weiß, dass die PEW-Mutanten bei mir auf Gäa sind«, verteidigte ich mich. Dann erst wurde mir bewusst, was Gucky gemeint hatte. »Du glaubst doch nicht etwa, ich hätte ...?«
Fellmer Lloyd erschien neben mir. Sicherheitsoffiziere rannten auf mich zu, als könnten sie jetzt noch etwas ausrichten. Die Menge lärmte und schrie; die Menschen wollten wissen, was geschehen war.
»Atlan, was hat das zu bedeuten?«, fragte Lloyd in einem Ton, der mich erschreckte.
Was willst du denn?, raunte mein Logiksektor mit unerbittlicher Härte. Für sie muss es doch so aussehen, als hättest du Rhodan entführen lassen.
»Du hast uns einiges zu erklären«, sagte Gucky böse.
»Ich habe nichts damit zu tun«, erwiderte ich hastig. Ihr Misstrauen wurde nicht geringer. »Es gibt eine Terrororganisation auf Gäa, die seit geraumer Zeit mit spektakulären Anschlägen von sich reden macht. Sie hat Rhodan entführt, um uns erpressen zu können. Es ist wirklich so.«
Ich hatte das Gefühl, dass mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Die Mutanten sahen mich an und schwiegen. Sie nahmen mir die Erklärung nicht ab.
Für sie sieht es so aus, als hättest du Rhodan nach Gäa gelockt, um ihn auszuschalten und zu verhindern, dass der Status quo verletzt wird.
»Kommt mit!«, bat ich erregt. »Ich will, dass ihr mit Julian Tifflor sprecht. Hoffentlich vertraut ihr ihm mehr als mir.«
Jetzt hatte ich kein Verständnis mehr für die Studenten von ORIENT. Ich hatte bereits Anordnung gegeben, hart und entschlossen gegen sie vorzugehen. Nun sollten sie mich kennen lernen.
Ich befahl einem Offizier, einen Kampfgleiter landen zu lassen. Kurz darauf saß ich mit Gucky, Fellmer Lloyd und Ribald Corello in der Maschine und jagte auf mein Hauptbüro zu. Die am Raumhafen versammelte Menge zerstreute sich nicht. Viele Menschen hatten noch gar nicht begriffen, was geschehen war, doch schon in weniger als einer Stunde würde der Zwischenfall auf allen von uns besiedelten Planeten in der Provcon-Faust bekannt sein.
Ich machte mir heftigste Vorwürfe, weil ich nicht einmal in Erwägung gezogen hatte, dass ein Teleporter zur Organisation ORIENT gehören könnte. Außer den Altmutanten hatte es nie Mutanten auf Gäa gegeben. Das hatte uns wahrscheinlich zu dieser Unaufmerksamkeit verleitet.
Wer sagt denn, dass es sich um einen auf Gäa geborenen Mutanten handelt?
Mir stockte der Atem. Ich verstand, was mein Logiksektor damit ausdrücken wollte. War es denn wirklich völlig ausgeschlossen, dass die Altmutanten aktiv geworden waren? War nicht durchaus möglich, dass sie ebenfalls mit meiner Entscheidung, die Bedingungen des Status quo zu respektieren, nicht einverstanden waren?
War es etwa Tako Kakuta gewesen, der Perry Rhodan entführt hatte?
Ungeduldig wartete ich darauf, dass der Gleiter endlich landete. Ich musste zu Julian Tifflor und mir Gewissheit verschaffen.
Perry Rhodan
Ich wurde von der Blitzaktion völlig überrascht. Bevor ich überhaupt erkannte, was geschah, befand ich mich in einem kahlen Raum. Eine Meute junger Männer und Frauen stürzte sich auf mich und versuchte, mir die Kombination vom Leib zu reißen und an den Zellaktivator zu gelangen.
In dieser Situation machte ich einen Fehler. Anstatt mich auf Gucky oder Fellmer Lloyd zu konzentrieren und ihnen durch meine Gedanken zu verraten, wo ich mich aufhielt, wehrte ich mich. Ich parierte die Angriffe auf mich mit einer Reihe von Dagor-Griffen und schleuderte einige Männer zurück. Sie mochten erwartet haben, einen verweichlichten und untrainierten Mann vorzufinden, aber darin täuschten sie sich.
Ich sprang zur Seite und drängte mich an eine Wand, bis ich endlich den Rücken frei hatte. Dabei erwiderte ich die Attacken meiner Entführer mit harten und gezielten Schlägen. Als ich nur noch drei Gegner hatte, rief eine der Frauen: »Halt, Rhodan!« Sie hielt einen Strahler in der Hand.
Die Frau hatte ein schmales, fast asketisches Gesicht. Das schwarze Haar fiel ihr bis auf die Schultern. Ich blickte in zwei braune und eiskalte Augen.
»Wenn Sie sich jetzt noch bewegen, Rhodan, töte ich Sie!«
Sie würde ihre Drohung wahr machen. Sie war um die zwanzig Jahre alt und sicherlich auf Gäa geboren. Damit gehörte sie einer Generation an, die keine Beziehung mehr zu mir hatte. Ich war eine Legende für sie, nichts weiter. Ein Mann, der irgendwann existiert hatte und jetzt wieder erschienen war, der ihr aber herzlich wenig bedeutete.
Ich hob die Hände. »Ich werde mich nicht wehren«, erklärte ich. »Also, was wollen Sie?«
Sie streckte die linke Hand aus. »Den Zellaktivator.«
»Damit können Sie nichts anfangen. Glauben Sie nur nicht, dass Sie ein langes Leben gewinnen können. Er ist auf mich justiert und würde Sie umbringen.«
»Halten Sie den Mund! Diese Dinge sind uns allen bekannt.«
Ich nahm den Zellaktivator ab und legte ihn in ihre Hand. Sie reichte ihn an einen rothaarigen Mann weiter. Es war der Teleporter. Er nahm das Gerät entgegen und verschwand damit.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Was wollen Sie eigentlich?«, fragte ich. »Glauben Sie, Sie könnten mich, Atlan oder sonst jemand erpressen? Sie können mich nicht einmal halten. Ich brauche mich nur auf meine Freunde zu konzentrieren, um sie zu mir zu rufen.«
»Tun Sie das ruhig«, erwiderte sie gelassen. »Im gleichen Moment würde einer von uns Ihren Zellaktivator zerstören, und das wäre Ihr Todesurteil.«