Kosmos
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
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© 2008, 2009, 2011, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
ISBN 978-3-440-12901-2
Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
»Nein, ich habe sie dabei!« Justus Jonas sah sich verstohlen um. Im bunten Treiben auf der Front Street konnte er Peter und Bob entdecken, die in wattierten Jacken auf und ab gingen, um sich warm zu halten. Zum Glück waren sie außer Hörweite. Justus drehte die Schnur des Telefons nervös um den Finger.
»Nein, die Mütze ist nicht zu dünn, Tante Mathilda.« Er ließ die aufgedrehte Schnur wieder vom Finger rutschen. »Ja! Der Flug war gut. Wie du hörst, sind wir ausnahmsweise mal nicht abgestürzt.« Er hielt inne und duckte sich leicht unter dem Redeschwall am anderen Ende der Leitung.
»Tante Mathilda, es war alles mit Onkel Titus abgesprochen!«, protestierte er. »Er hat gestern früh gesagt, dass ich fahren darf. Du warst schließlich –«
Der Erste Detektiv wurde durch einen erneuten Redeschwall unterbrochen. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Peter sich der Telefonzelle näherte. »Nein, ich lasse mich nicht von den Huskys beißen. Und abgesehen davon, haben die drei Detektive sowieso schon viel gefährlichere Situationen gemeistert, als eine Reportage über ein Schlittenhunderennen! Wir haben ausnahmsweise mal keinen Fall, Carol Ford ist eine nette Journalistin, die definitiv nichts Böses im Schilde führt, und die Arbeit hier wird uns viel Spaß machen. Das ist für uns sozusagen ein Sonntagsspaziergang.«
Die Tür der Zelle wurde aufgerissen, und eisige Luft drängte sich in den kleinen Raum. »Viele Grüße an Onkel Titus und bis in einer Woche!« Justus hängte rasch auf.
»Lass mich raten. Tante Mathilda macht sich Sorgen und findet es gar nicht gut, dass du so mir nichts, dir nichts abgeflogen bist.« Peter grinste über das ganze Gesicht.
»Also ich kann mich da gut an die Einwände einer gewissen Person – nennen wir sie einfach mal Mrs Shaw – erinnern, dass es ja viel zu gefährlich wäre, bei minus vierzig Grad auf einem Schneemobil durch die Wildnis Alaskas zu fahren. Schon wegen der bösen, hungrigen Bären und der Wölfe, der tückischen Gletscher und den Schneestürmen …«
»Ist schon gut!« Peter hob abwehrend die Hände. »Außerdem müssen wir jetzt endlich los! Carol wartet bestimmt schon am Startgelände auf uns.«
Der vereinbarte Treffpunkt lag am nördlichen Rand von Dawson, einer ehemaligen Goldgräberstadt nahe der Grenze zu Alaska. Einige der alten Holzfassaden erinnerten noch an die großen Zeiten von Dawson, als Goldsucher aus allen Teilen der Erde nach Kanada und Alaska gekommen waren, um ihr Glück zu suchen.
Die drei ??? waren allerdings nicht dem Ruf des Goldes gefolgt, sondern dem Anruf von Carol Ford. Die junge Frau war eine ambitionierte Fernsehjournalistin und eine Bekannte von Bobs Vater, der bei einer großen Zeitung in Los Angeles arbeitete. Schon einmal hatten die drei ??? Carol Ford bei einem Abenteuer beiseitegestanden – allerdings nicht im hohen Norden, sondern auf hoher See.
Erst am Tag zuvor hatte sie überraschend in aller Frühe in Rocky Beach angerufen und die Jungen um Hilfe gebeten. Justus war etwas enttäuscht gewesen, dass es sich dabei nicht um einen neuen Auftrag für ihr Detektiv-Trio handelte, sondern lediglich um einen Ferienjob. Aber als Carol Ford erzählt hatte, dass sie ein Team für ihre Dreharbeiten beim Nordic Wilderness Race suchte, hatten die drei ??? nach knappen fünf Sekunden Bedenkzeit zugesagt. Noch am selben Tag hatte Carol dann alles Weitere in die Wege geleitet und den Jungen für den nächsten Morgen einen Flug nach Dawson besorgt.
Nun wartete die blonde Journalistin ungeduldig zwischen aufgeregten Menschen in Schneeanzügen, noch aufgeregteren Hunden und einer Vielzahl von Trucks, Hunde- und Motorschlitten. Carol Ford trat von einem Bein aufs andere. Dabei rieb sie zitternd die Handflächen aneinander.
»Schön, dass ihr endlich da seid!«, begrüßte sie die Jungen. »Noch fünf Minuten länger, und ich wäre eine Eisfigur geworden.«
»Dabei haben wir hier in Dawson gerade mal zehn Grad unter null.«, sagte Justus fachmännisch. »Auf der Strecke nach Fairbanks werden wir es noch mit ganz anderen Temperaturen zu tun bekommen.«
Carol seufzte. »Was man nicht alles auf sich nimmt, um eine gute Geschichte ins Fernsehen zu bringen, was?«
»Und genau dazu hätten wir auch noch eine ganze Reihe Fragen.«, meldete sich Bob zu Wort. »Am Telefon hast du uns ja gestern nur das Nötigste gesagt.«
»Ich habe auch eine ganze Reihe Antworten für euch, aber ich muss mich dringend etwas bewegen! Wie wäre es, wenn ich euch das Gelände zeige? Eure Fragen kann ich genauso gut im Gehen beantworten.«
Die frierenden drei ??? willigten begeistert ein. Rumstehen war so ziemlich das Letzte, wonach ihnen augenblicklich zumute war. Ein kalter Wind fegte über den Platz und blies ihnen feinen Schneestaub ins Gesicht. Die blasse Sonne stand schon halb hinter den gezackten Bergketten am Horizont, und eine frostige Dämmerung setzte ein.
»Kommt!« Carol führte die Jungen über das Gelände zu den parkenden Trucks, die mehrere Gucklöcher an den Seiten hatten. Aus einigen schauten neugierige Hundeschnauzen hervor. Dick vermummte Menschen schleppten Eimer mit Futter durch die Gegend, andere machten sich an den flachen Rennschlitten zu schaffen, die sie mit Kanistern, Schlafsäcken, Lampen und allerhand anderem Material beluden.
»Danke, dass ihr so spontan zugesagt habt.« Kurz bevor sie die Trucks erreichten, hielt Carol inne.
»Kein Problem!«, meinte Peter. »Wir haben Ferien und waren sowieso gerade auf der Suche nach einer Gelegenheit, unsere Kasse etwas aufzubessern.«
»Gut. Ich habe nämlich nicht nur einen Presse-Job für euch«, Carol senkte ihre Stimme. »Sondern auch einen Fall!«
Justus sog hörbar die Luft ein. Das Wort »Fall« hatte eine geradezu magische Wirkung auf den Ersten Detektiv. »Warum hast du uns davon am Telefon nichts gesagt?«
»Weil ständig Leute durchs Renn-Büro liefen, während ich mit euch telefoniert habe.«
»Du hättest es uns verschlüsselt mitteilen können«, meinte Justus.
Carol lachte. »Denk du dir mal eine verschlüsselte Botschaft aus, wenn du von einem Rudel Schlittenhundeführer belagert wirst, das nur darauf wartet, dir den Hörer aus der Hand zu reißen!«
»Worum geht es denn überhaupt?«, fragte Bob.
»Es geht um Sabotage!« Carol sah hinüber zu den Arbeitern bei den Trucks. »Nun, genauer gesagt vermute ich das. Probleme gibt es bei Dreharbeiten ja immer – die üblichen tausend Kleinigkeiten, die genau dann schiefgehen, wenn mal an einem wichtigen Projekt arbeitet! Aber dann ist mein Team ganz plötzlich erkrankt. Auf höchst merkwürdige Weise! Ich …«
»Feuer!« Peter unterbrach die Kamerafrau mitten im Satz.
»Was?« Justus fuhr ruckartig herum. Nun sah auch er die schwarze Rauchsäule, die keine hundert Meter entfernt in den Himmel stieg.
»Na los!« Schon hatte sich Peter in Bewegung gesetzt, dicht gefolgt von Bob. Mittlerweile hatten auch andere Leute auf dem Platz das Feuer entdeckt. Aus allen Ecken kamen sie herbeigeeilt.
»Es ist nur ein Holzstapel!«, stellte Justus unnötigerweise fest, als er gemeinsam mit Carol und einem rotgesichtigen Mann den Brandherd erreichte. Peter knurrte etwas, während er mit einer großen Schippe Schnee und Sand auf die lodernden Flammen warf. Bob half ihm, so gut es ging, mit einem alten Eimer. Bevor auch nur einer der Hinzugekommenen in Aktion treten konnte, war das Feuer erstickt. Die Gruppe von Schaulustigen löste sich langsam auf.
»Francis sollte ihr Lagerfeuer nächstes Mal nicht unbeaufsichtigt lassen!«, brummte der rotgesichtige Mann. »Fast hätte es ihre Ausrüstung erwischt!« Er klopfte wie zum Nachdruck auf einen zweirädrigen Anhänger, über den eine graue Plane gespannt war. Dann nickte er Carol und den Jungen kurz zu und schlenderte davon.
»Wer ist Francis?« Justus kniete sich hin und untersuchte die verkohlten Holzscheite.
»Sie ist eine von den Mushern.« Carol trat erneut von einem Bein aufs andere.
»Musher?«, fragte Peter. Er wischte sich mit dem Ärmel über das rußverschmierte Gesicht.
»Entschuldige, Carol«, Justus sah von den Holzresten auf und grinste, »unser Zweiter hat im Flugzeug geschlafen, als Bob und ich die Recherchen durchgegangen sind.«
»Von wegen, als ihr die Recherchen durchgegangen seid! Du hast einen Endlosvortrag nach dem anderen gehalten. Über das Sozialverhalten von Hunden, die Rennregeln und irgendwelche Futterzusammenstellungen. Da musste ich mich zum Selbstschutz zwischendurch auf stand-by stellen!«
»Streitet euch jetzt bitte nicht. Dafür ist nun wirklich keine Zeit!«, unterbrach Carol die beiden. »Um es kurz zu machen, Peter: Musher sind Hundeschlittenführer und …«
»… und die stehen hinten auf den Rennschlitten, die von etwa zwölf bis sechzehn Hunden gezogen werden. Das Gespann fährt über den sogenannten Trail, also die markierte Rennstrecke, von Dawson bis nach Fairbanks. Ha! Seht ihr, ich habe gar nicht die ganze Zeit geschlafen.«, verteidigte sich der Zweite Detektiv mit gespielter Empörung. »Ich bin die personifizierte Information!«
»Wunderbar, dann brauche ich das ja nicht mehr zu erklären und kann gleich zu den wichtigen Punkten kommen. Francis Studstill wäre nämlich schon zwei Mal fast zum Opfer des Saboteurs geworden!«
In diesem Augenblick wurde im nächstgelegenen Transporter eine Tür geöffnet, und eine kleine Gestalt in einem blauen Overall stieg zu ihnen herab. Unter einer verschlissenen Mütze mit Ohrenklappen blickte ein rundliches Gesicht hervor – mit auffallend grünen Augen und einer nicht minder auffälligen Zahl an Sommersprossen.
»Na, wenn man von der Teufelin spricht!«, begrüßt Carol die kleine Gestalt. »Hallo, Francis!«
Die junge Frau sah verschlafen aus. Sie rieb sich die Augen und sah sich langsam um. »Was ist denn hier passiert?«
»Ich denke, der Saboteur hat wieder zugeschlagen.«, berichtete Carol voller Eifer. Das Überbringen von aufregenden Nachrichten lag ihr sichtbar im Blut. »Fast hätte dein Anhänger gebrannt!«
Mit einem Mal war alle Müdigkeit aus der Musherin gefahren. »Es hat gebrannt?« Schon war sie bei ihrem Anhänger und riss hektisch die Plane beiseite.
»Es ist ja nichts passiert.«, versuchte Bob die aufgeregte Frau zu beruhigen.
»Aber es hätte etwas passieren können!« Francis Studstill drehte sich zu Carol und den Jungen um. »In dem Anhänger befindet sich nicht nur mein Schlitten, sondern auch mein gesamter Vorrat an Feuerstarter-Chemikalien, die Magnesiumladung für die Leuchtrakete und ein Kanister Benzin für meinen Transporter. Eine Flamme hätte genügt, und der ganze Kram wäre in die Luft gegangen!«
Peter wurde bleich. »Sie meinen, das hier hätte explodieren können?«
»Und wie!« Die Musherin sah sehr besorgt drein.
»Es ist aber nicht explodiert.«, sagte Carol munter. »Die Jungs konnten es verhindern.«
Langsam entspannte sich die Musherin wieder. »Da habe ich wohl Glück gehabt.« Sie lächelte und entblößte dabei eine kleine Zahnlücke zwischen den oberen Schneidezähnen. »Vielen Dank für euer Eingreifen!« Schon war sie bei ihnen und gab jedem die Hand. Bob verzog leicht das Gesicht, als er an der Reihe war. Die Musherin hatte für ihre zierliche Größe einen verblüffend festen Händedruck. Auch Justus und Peter schienen etwas überrascht und schüttelten – möglichst unauffällig – ihre schmerzenden Hände.
»Ich bin heilfroh, dass du so schnell ein neues Team gefunden hast, Carol«, wandte sich Francis an die Journalistin. »Dieses Mal werde ich auch dafür sorgen, dass keine Kekse rumliegen.«
»Weswegen denn?«, forschte Justus nach.
»Keine Kekse?« Peter warf einen Blick auf die kräftige Gestalt seines Freundes. »Das hören einige der Anwesenden aber nicht gerade gerne.«
Der Erste Detektiv räusperte sich hörbar. Anspielungen auf seine überschüssigen Pfunde nahm er grundsätzlich übel. »Ich bin nicht an dem Gebäck selbst interessiert, sondern an den Beweggründen für dessen Abwesenheit!«
»Mein Beweggrund ist das reine schlechte Gewissen. Meine letzte Kekspackung hat Carols Jungs niedergestreckt.«
»Red keinen Unsinn, Francis«, protestierte Carol. »Josh und Cord sind selbst schuld, wenn sie einfach etwas essen, das ihnen nicht gehört!«
»Es waren Erdnusskekse!«, klärte Francis die drei Detektive auf. »Ohne die fahre ich nirgendwohin. Ich habe eine angebrochene Packung vorne im Transporter liegen gelassen. Die beiden haben sich recht ordentlich bedient, und anschließend ging es ihnen dann ziemlich schlecht.«
»Aber von Keksen kann man sich doch keine Lebensmittelvergiftung holen!« Justus zog die Stirn in Falten. »Verdorbene Lebensmittel, insbesondere Fleisch und Fisch, sowie Speisen mit rohen Eiern sind Nährgut für Salmonellen und andere Krankheitserreger. Aber durchgebackene Kekse können keine Vergiftungserscheinungen hervorrufen!«
»Das habe ich ja auch gesagt. Aber die Kekse waren das Einzige, was wir anderen an diesem Tag nicht gegessen haben. Es können nur die Kekse gewesen sein. Außerdem meinte der Arzt, dass es vielleicht ein allergischer Schock war. Manche Menschen reagieren allergisch auf Nüsse.«
»Wurden die Reste anschließend untersucht?«, fragte Bob.
»Wie denn? Die Jungs haben alle aufgegessen – bis auf den letzten Erdnusskrümel«, seufzte Carol. »Diese Idioten!«
»Das klingt nach einem Versuch, Sie zu vergiften, Miss Studstill.« Justus sah nachdenklich drein.
Francis lachte auf. »Mich vergiften? Also, das kann ich nicht glauben. Ich habe jetzt schon ein paar größere Rennen mitgemacht, und bisher ist nie etwas Derartiges passiert. Wir kämpfen hart, aber fair! Das ist hier schließlich nicht das Eisballett.«
»Nun, es gibt da so Gerüchte.« Carol sah Francis aufmerksam an. »Jared Fox hat behauptet, dass sich jemand an seinem Schlitten zu schaffen gemacht hat.«
»Jared Fox!« Francis verdrehte die Augen. »Der erzählt viel, wenn der Tag lang ist. Beim letzten Cross-Alaska Rennen hat er auch behauptet, Killergnome und Monster gesehen zu haben. Dabei war der Gute einfach nur komplett dehydriert. Er hatte schlichtweg zu wenig getrunken. Das kommt vor. Jeder von uns hat mit Wassermangel und Erschöpfung zu kämpfen. Aber Jared übertreibt es eben immer wieder. Und er ist froh, wenn er seine Katastrophen mit halbwegs gutem Gewissen auf andere schieben kann. Wer weiß, was ihm dieses Mal passiert! Vielleicht wird er von einem Schneemenschen entführt oder von radioaktiven Hexen verfolgt. Man darf gespannt sein.«
»Dennoch –«, Justus wollte nicht aufgeben.
»Stopp!«, wurde er prompt von Francis unterbrochen. »Ich will mich vor so einem bedeutenden Rennen nicht wahnsinnig machen und mich davor fürchten, vergiftet oder sonst wie sabotiert zu werden. Den Hunden und mir steht schon genug bevor.«
»Wie Sie meinen.«
»Meine ich. Themenwechsel! Wollt ihr mein Team mal anschauen?« »Sehr gerne!«, sagten Peter und Bob wie aus einem Mund.
Sie folgten Francis auf die andere Seite des Transporters, wo sich sechzehn Hundeköpfe aus den Gucklöchern schoben.
»Das sind die besten Schlittenhunde von Südalaska!« Sie kraulte ein großes, grau-weißes Tier hinter den Ohren. »Alles sibirische Huskys aus meiner eigenen Züchtung in Tok.«
Justus trat einen Schritt zurück. »Sind die … ich meine, beißen die?«
Francis lachte. »Nein, die sind wild wie die Wölfe, wenn es darum geht, als Erster beim Futter zu sein, aber mit Menschen sind sie ganz lieb.«
»Darf ich die auch mal anfassen?«, fragte Peter.
»Klar!« Francis deutete auf einen schmalen, schwarzen Hund mit großen, hellblauen Augen. »Das ist Spooky, mein Jüngster. Er ist sehr zutraulich.«
Vorsichtig streichelte Peter Spooky.
»Mit denen werde ich die nächsten Tage über hundert Meilen zurücklegen! Hey, ihr zwei könnt die auch streicheln.«
Während Bob der Aufforderung nachkam, blieb Justus weiter auf seinem Platz stehen. »Man soll sein Schicksal nie herausfordern«, erklärte er.
»Und du sagst immer, ich wäre zu ängstlich!«, meinte Peter grinsend. »Wer ist hier jetzt der Angsthase?«
»Tiere sind stets ein unberechenbarer Faktor!«, stellte Justus mit Nachdruck fest.
»Von wegen!« Francis strich einem cremefarbenen Hund über die Schnauze. »Auf meine Hunde kann ich mich verlassen. Es sind oft eher die Menschen, die sich unberechenbar verhalten!«
»Weißt du schon, wann du starten wirst?«, fragte Carol.
»Ich habe die Nummer acht gezogen – die letzte Nummer. Mehr sind wir nicht.«
»Aber es sollten doch zehn Musher starten!«, sagte Carol überrascht. »Wer gibt denn kurz vor so einem Rennen auf?«
»Einen Musher hat es heute früh übel erwischt: eine ziemlich heftige Magenverstimmung. Wer weiß, vielleicht hat der ja auch Erdnussbutterkekse gegessen.«
»Und der andere?«, fragte Justus.
»Der ist vorhin bei der Tierarztkontrolle durchgefallen. Stellt euch vor: Seine Huskys hatten unzulässige Substanzen im Blut!«
»Die Hunde waren gedopt?« Justus konnte seine Neugierde kaum im Zaum halten.
»Nun, es scheint so«, meinte Francis. »Der Musher hat es aufs Heftigste dementiert, aber die Regeln sind klar: Wer dopt, fliegt raus. Jedenfalls sind jetzt außer mir nur noch sieben Musher im Spiel. Candace Jane Duskin, Baxter Norsworthy, Gordon Hoke …« Sie hielt einen Moment inne. »… Jared Fox, Curtis Moylan und zwei Typen, deren Namen mir gerade nicht einfallen.«
»Halt!«, protestierte Peter. »Bei so vielen Namen komme ich ganz durcheinander.«
»Soll ich das jetzt wiederholen?«, fragte Francis belustigt.
»Nicht nötig«, meinte Justus, der immer noch einen kritischen Blick auf die Hunde warf. »Wer ist denn der Favorit des Rennens?«
»Ziemlich gute Chancen hat Baxter Norsworthy. Der ist fast schon so was wie ein Nationalheld. Aber ich gönne ihm den Sieg nicht. Der Typ ist mir unsympathisch!« Francis rümpfte die Nase. »Er lässt Plakate von seinen Hunden drucken und nimmt jede Gelegenheit wahr, sich feiern zu lassen. Da ist mir Gordon Hoke deutlich lieber. Er ist der älteste von den Mushern und schon weit über fünfzig. Ein richtiges Urgestein! Der hat natürlich unheimlich viel Erfahrung.«
»Und was ist mit Ihrer Konkurrentin, Mrs Duskin?«
»Candace? Nun, sie ist definitiv eine sehr zielstrebige Person. Und sie will unbedingt die Werbeverträge mit Kodiak Sports und ApolloHundefutter