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Nr. 395

 

Die Hyperseuche

 

Sie fliegen mit dem Totenschiff – und sie entdecken den Sklavenmarkt im All

 

von KURT MAHR

 

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Auf der Erde und den Welten des Solaren Imperiums schreibt man Anfang August des Jahres 2437. Die Ereignisse der letzten Zeit haben eindeutig bewiesen, dass die entscheidende Auseinandersetzung mit der mysteriösen Ersten Schwingungsmacht nicht mehr länger hinausgezögert werden darf, wenn die Menschheit weiter bestehen will. Jeder Tag, den die Terraner untätig verstreichen und den unversöhnlichen Gegner weiter gewähren lassen würden, könnte den Untergang des Solaren Imperiums einleiten.

Aber haben Perry Rhodan und seine Terraner überhaupt eine reelle Chance, den unheimlichen Feind an der Durchführung seiner Pläne hindern? Wie soll man der Ersten Schwingungsmacht wirksam beikommen, wenn man nicht einmal genau weiß, wo sich das gegnerische Hauptquartier befindet?

Der Flug der CREST V ins Zentrum der Kleinen Magellanschen Wolke und zum Brutplaneten der Baramos brachte neues Wissen. Es wurde teuer erkauft – fast zu teuer ... Inzwischen hat sich die CREST-Besatzung, die »an der Schwelle zum Nichts« stand, aus grünen Schemen längst wieder in Menschen zurückverwandelt und ihre Aktionsfähigkeit zurückgewonnen.

Doch nicht das Solare Flaggschiff stößt auf eine neue, entscheidende Spur – vielmehr ist es die SCENDALA, ein Patrouillenkreuzer der Imperiumsflotte.

Ein Totenschiff, das eine Bestie an Bord hat, wird aufgebracht und untersucht. Dann wird das Totenschiff wieder flugfertig gemacht. Es soll sein ursprüngliches Reiseziel erreichen und DIE HYPERSEUCHE verbreiten ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Großadministrator und Gründer des Solaren Imperiums der Menschheit.

Icho Tolot – Der Haluter bringt Neuigkeiten.

Leutnant Ken Parmenter – Zweiter Astrogator der SCENDALA.

Atlan – Der Lordadmiral führt ein Unternehmen an, dessen Chancen minimal sind.

Paladin, John Marshall, Tako Kakuta, Ras Tschubai, Rakal und Tronar Woolver, Dr. Armond Bysiphere, Dr. Jean Beriot und Melbar Kasom – Atlans Begleiter.

1.

 

Der Leuchtpunkt auf dem Orterschirm verharrte. Sooft Ken Parmenter auf den Reset-Knopf drückte, der Punkt leuchtete jedes Mal wieder von neuem auf.

Sie hatten das Unglaubliche geschafft!

Sie hatten über eine Entfernung von Tausenden von Lichtjahren hinweg im ersten Anflug das Ziel erreicht – ein Ziel, dessen größte Ausdehnung nicht ganz zweihundert Meter betrug. So etwas wie Triumph erfüllte Ken, aber er war zu müde, als dass das Gefühl hätte zur Geltung kommen können. Seit dem Auftauchen im Zielgebiet hatte er zweiundzwanzig Stunden ununterbrochen am Ortergerät verbracht, er, der Zweite Astrogator der SCENDALA, der am besten wissen musste, wo sich das Ziel befand.

Er nahm das Interkommikrophon auf und sagte müde: »Ziel erfasst. Abstand eins-komma-acht-null-drei. Ich schalte auf Taststeuerung.«

Er drückte eine Serie von Schaltern, die klickend kippten. Von jetzt an fütterte das Ortergerät seine Informationen direkt in den Steuer- und Kontrollcomputer, der das mächtige Schiff auf dem kürzesten, sichersten Weg an das Ziel heranbringen würde.

Eine Stunde verstrich. Eine Ordonnanz erkundigte sich nach Kens Wohlbefinden. Er versicherte, er sei in Ordnung, werde seinen Posten jedoch nicht verlassen, bevor das Ziel von der Optik erfasst wurde.

Das Ziel ...!

Wie er selbst in Gedanken darum herumredete. Das Ziel war ein Wrack, vollgestopft mit Leichen. Er erinnerte sich daran, wie die SCENDALA es aufspürte.

Das diskusförmige Gebilde, die Außenhülle zerfetzt von Schusslöchern, entpuppte sich als ein Raumschiff unbekannter Herkunft. Seine Fracht – Tote. Fünfhundert Gurrads, sechzig Baramos und eine Bestie.

Berichtigung, Ken Parmenter: Ein Uleb! Perry Rhodan hatte es für richtig erachtet, den Namen »Bestie« aus dem offiziellen Vokabular zu streichen. Er mochte seine Berechtigung haben, aber in der intergalaktischen Politik wurde nicht ausschließlich nach den moralischen Maßstäben der Erde gerechnet.

Der Diskus trug einen aus einer langlebigen Ionenbatterie gespeisten Notsender mit einer Reichweite von rund 63 Lichtjahren. Nur weil die SCENDALA zufällig in Reichweite des Senders geraten war und das schwache Signal aufgefangen hatte, war das Wrack entdeckt worden. An einer der grässlich zugerichteten Gurrad-Leichen wurde eine Uhr gefunden, die wahrscheinlich im Augenblick des Todes infolge von Erschütterungen stehengeblieben war. Die Methoden der gurradschen Zeitrechnung waren bekannt. Die Uhr war vor fünfhundertundeinundzwanzig Jahren zum Stillstand gekommen. Mindestens so lange also war es her, seit die Besatzung des Schiffes einander an den Hals gefahren war und sich selbst mit einmaliger, unübertrefflicher Gründlichkeit ausgelöscht hatte.

Major Habylet, Kommandant der SCENDALA, zeichnete verantwortlich für die Mitnahme des toten Uleb, der Uhr und des Notsenders, als sie das Wrack verließen und die SCENDALA sich auf die Rückreise machte. In wenigstens zweierlei Hinsicht beging er dabei einen Fehler, denn erstens erwies sich der Uleb, nachdem er sich kurze Zeit in der sauerstoffreichen Atmosphäre der SCENDALA befunden hatte, als längst nicht so tot, wie ursprünglich angenommen worden war, und bereitete erhebliche Schwierigkeiten, bevor seine Bändigung bewerkstelligt werden konnte, und zweitens erachtete es das Flottenkommando, nachdem es Habylets Bericht gehört hatte, für unerlässlich, dass nicht nur drei isolierte Fundgegenstände, sondern das gesamte Wrack geborgen werde. Ein Bergungsschiff, die Stammmannschaft ergänzt durch das Astrogatorenteam der SCENDALA, machte sich also auf die Suche nach dem Diskus – eine Suche, bei der der fremde Notsender recht hilfreich hätte sein können, wenn Habylet ihn nicht abmontiert und mitgenommen hätte.

Das Versehen erwies sich nun, da das Schiff gefunden worden war, als nicht sonderlich schwerwiegend; aber Habylet hatte von seinen Vorgesetzten ein paar unfreundliche Worte zu hören bekommen.

In Gedanken versunken, sah Ken, wie der Reflexpunkt des Wracks an Helligkeit zunahm und auf das Zentrum des Orterschirms zuwanderte. Die automatische Steuerung funktionierte einwandfrei. Der Abstand, ursprünglich fast zwei Astronomische Einheiten, war auf weniger als eine Million Kilometer zusammengeschrumpft, und der Bremsprozess hatte längst begonnen.

Die Sterne der Materiebrücke zwischen den beiden Magellanschen Wolken leuchteten Hunderte von Lichtjahren weit jenseits des Wracks, besonders eine imposante Doppelsonne mit einer großen blauen und einer kleinen weißen Komponente. Als die Distanz auf einen halben Mondbahnradius abgesunken war, erwies sich die von der zerfetzten Hülle des Wracks erzeugte Reflexion als stark genug, um von den Kameras erfasst zu werden. Ein matt leuchtender Punkt erschien auf dem Bildschirm, wuchs und nahm Konturen an. Knapp drei Stunden, nachdem Ken Parmenter die erste Ortung des Wracks registriert hatte, kam das Bergungsschiff dreißig Kilometer vor dem fremden Fahrzeug zum Stillstand. Ken schaltete auf Kameravergrößerung und holte das Bild so dicht heran, als befände er sich nur wenige hundert Meter vor der Hülle. Lichtschwach, aber doch deutlich wahrnehmbar zeigten sich die ausgefransten Löcher, die die fehlgezielten Salven der Kämpfenden in die Schiffszelle gerissen hatten. Das Fahrzeug war von innen her vernichtet worden, das stand längst fest. Die Gurrads, Gefangene auf dem Weg irgendwohin zu einem trostlosen Schicksal, hatten sich gegen den Uleb und die Baramos erhoben. Die Bestie und die Baramos hatten sich wirkungsvoll zur Wehr gesetzt. Das Ergebnis: totale Vernichtung.

Der Interkom bellte plötzlich auf.

»Brücke an Leutnant Parmenter.«

Ken meldete sich.

»Das Bergungskommando ist fertig zum Ausschleusen, Leutnant.«

»Na und?«, brummte Ken.

»Ich dachte, Sie wollten vielleicht mit von der Partie sein. Ich weiß, dass wir Sie überbeansprucht haben, aber trotzdem ...«

»Schon gut, schon gut«, unterbrach Ken. »Ich komme.«

»Vorzüglich. Schleuse elf, C-Deck!«

Das Bergungskommando bestand aus vierzig Leuten, jeder mit einem tragbaren Antriebsaggregat bewaffnet. Die Männer würden sich auf sorgfältig errechnete Punkte über die Oberfläche des Diskusschiffes verteilen und im gegebenen Augenblick auf Kommando ihre Aggregate in Tätigkeit treten lassen. Bei dem Prozess, das Wrack auf die Lastenplattform des Bergungsschiffes zu bugsieren, leisteten Fessel- und Saugfelder den Löwenanteil der Arbeit, aber es waren immer wieder kleine Kurs- und Lagekorrekturen notwendig, zu deren Bewerkstelligung selbst im Zeitalter der fast vollständigen Automation nichts besser geeignet war als eine Handvoll von Männern, die auf einen Befehl hin im richtigen Augenblick auf den richtigen Knopf drückten.

Ken trieb mit dem Kommando zusammen auf den Diskusraumer zu. Während die Leute sich auf der Hülle des Schiffes verteilten, stieg er durch eine der Schussöffnungen ein. Er wusste nicht, was er drinnen wollte. Es gab nichts mehr zu erkunden meinte er. Was ihn trieb, konnte nur noch der morbide Wunsch des Zivilisierten sein, eine Szene von atemberaubender Schrecklichkeit ein zweites Mal zu sehen, auf dass ihm beim zweiten Mal das Bild weniger schrecklich erscheine und er es von da an nicht mehr in seinen Träumen mit sich herumzuschleppen brauche.

Das Innere des Schiffes hatte sich nicht verändert, seitdem Ken es gesehen hatte. Auf dem Rundgang dicht hinter dem Loch, das er zum Einstieg benutzt hatte, lagen die Leichen zweier Baramos, schlank, grazil, elegant. Das Kombinoband, das den wespenartigen Schädel umspannte, hatte längst aufgehört zu leuchten. Das sonst glitzernde Material der Flügelstümpfe, die aus der Einschnürung des Leibes ragten, hatte sich unter der luftleeren Kälte des Weltalls in ein schmutziges Grau verwandelt.

Fünf Meter weiter kauerte ein toter Gurrad – mächtig, breitschultrig, löwenmähnig. Um ihn herum bedeckte den Boden ein dünner, graubrauner Teppich aus Haar, das in der mörderischen Kälte brüchig geworden und abgesplittert war.

Ken schritt weiter, nachdem er den Antigrav seines Schutzanzuges so justiert hatte, dass der Boden des Ganges sich unter ihm befand. Er drang durch einen Radialgang in Richtung der Schiffszentrale vor. Überall fand er Spuren der Verwüstung und Leichen. Sie lagen auf dem Boden, klebten an den Wänden oder schwebten reglos in der Leere. Ken stieg über sie hinweg und wand sich an ihnen vorbei und bedauerte bei jedem Schritt mehr, dass er es sich hatte einfallen lassen, das Todesschiff zu betreten. Das Grauen war allgegenwärtig. Er würde weiterhin Albträume haben.

Er erreichte die Zentrale. Die Hälfte eines schweren Metallschottes hing schräg in der Gleitkufe, die Ränder zerfranst, schartig und schwarzblau von der tödlichen Hitze der Thermosalven. Ken trat ein. Das Bild, das sich ihm bot, unterschied sich kaum von dem, das er draußen in sich aufgenommen hatte. Zwei tote Baramos hingen unbeweglich zwischen Decke und Boden. Ein Gurrad stak in verrenkter Haltung zwischen zwei Schaltkonsolen, den Mund wie zu einem letzten Schrei weit aufgerissen, die Augen weiß und blicklos.

Ken entschied, er habe genug gesehen, und wandte sich ab. Da, im letzten Augenblick, bemerkte er etwas, das, soweit er wusste, bislang noch niemand aufgefallen war.

Die Verwüstungen im Kommandostand waren allgemein von geringerem Ausmaß als die in anderen Teilen des Schiffes. Es schien, als wäre es den aufständischen Gurrads erst im letzten Augenblick gelungen, bis hierher vorzudringen. Die Dichte der Einschüsse in den Wänden war geringer als sonstwo, und es gab Aggregate, die nur einen Treffer abbekommen hatten.

Und eines – das hatte Ken soeben entdeckt – das überhaupt nicht beschädigt worden war!

Es war kastenförmig, von mittelmäßigem Umfang und stand zwischen zwei Schaltpulten, von denen Major Habylet angenommen hatte, sie gehörten dem Piloten des Schiffes und seinem Stellvertreter. Das Aggregat war mit glattem, fugenlosem Plastikmetall verkleidet und besaß weder Kontrolllampen, noch Messskalen, die an anderen Geräten reichlich vorhanden waren.

Es sah aus wie eine positronische Speicherbank, und da sie sich in unmittelbarer Nähe des Pilotensitzes befand, konnte es sich nur um eine Bank handeln, deren Inhalt für die Leitung des Schiffes von besonderer Wichtigkeit war.

Ken eilte davon. Er hatte plötzlich keine Zeit mehr. Er hatte eine Entdeckung gemacht, über deren Tragweite sich zunächst noch nichts aussagen ließ. Aber wenn das Glück ihm hold war, dann hatte er einen Hinweis gefunden, der es ermöglichen würde, das Versteck der geheimnisvollen Ersten Schwingungsmacht zu entdecken.

 

*

 

»Sieh dir das Bild an«, sagte Perry Rhodan und wies auf eine aus der Serie der Vergrößerungen, die von Major Habylets photographischen Aufnahmen an Bord des Diskusschiffes angefertigt worden war.

Atlan betrachtete das Bild.

»Was sehe ich?«, wollte er wissen.

»Einen Sektor des Kommandostands, nach Aussage unserer Gewährsleute den Abschnitt zwischen den Sitzen des Piloten und des Co-Piloten.«

Der Arkonide lächelte. »Gewährsleute?«

»Die Baykalobos.«

»Aha.« Atlan blickte von neuem auf den Abzug. Plötzlich schien er zu sehen, worauf Rhodan seine Aufmerksamkeit hatte lenken wollen. Er schwenkte das Bild zur Seite; um bei schrägem Lichteinfall besseren Kontrast zu erzielen. »Ein völlig unbeschädigtes Aggregat!«, stieß er hervor. »Ohne Kontrollanlagen. Sieht aus wie eine positronische Speicherbank.«

Perry Rhodan nahm das Interkommikrophon zur Hand. »Kiroff ...?«

Das bärtige Gesicht eines Offiziers erschien auf dem Bildschirm.

»Zur Verfügung, Sir.«

»Bild einundzwanzig, Serie C. Vermitteln Sie es an die Baykalobos und fragen Sie sie, um was für ein Aggregat es sich bei dem kastenförmigen Gegenstand zwischen Piloten- und Co-Pilotensitz handelt.«

»Sofort, Sir.«

Der Bildschirm erlosch. Perry Rhodan wandte sich an den Arkoniden.

»Es zeichnet sich da nämlich eine Möglichkeit ab ...«, sagte er langsam und nachdenklich.

»Ich bin nicht auf den Kopf gefallen«, spottete Atlan. »Ich kann fast so schnell denken wie du.«

»Was hältst du davon?«

»Hm.«

Nur diesen einen Ton. Der Arkonide wandte sich ab und starrte auf den großen Bildschirm, der in der Art eines Fensters die Wand von Perry Rhodans privatem Arbeitsraum zierte und freien Ausblick in die Schwärze des Alls hinaus erlaubte.

»Ich möchte mich ungern darüber äußern«, sagte er nach einer Weile. »Es gibt zu wenig Anhaltspunkte, an denen man sich eine Meinung bilden könnte. Aber es scheint mir, dass das, was du vorhast, selbst im günstigsten Fall kaum mehr als ein Selbstmordunternehmen sein wird.«

»Nur im günstigsten Fall werden wir handeln«, gab Perry Rhodan zu bedenken.

»Also gut – dann hast du ein Selbstmordunternehmen an der Hand.«

Atlan wandte sich um und bedachte den Freund mit einem ernsten Blick.

»Ich möchte wissen, wie oft du das schon gesagt hast«, lächelte Rhodan. »Neunzig Prozent meiner Pläne sind in deinen Augen leichtsinnig, unverantwortlich, selbstmörderisch. Aber wo wären wir, wenn wir sie nicht trotzdem ausgeführt hätten?«

»Zu Hause«, lachte der Arkonide. »Sicher und geborgen. Mit einem kleinen Sternenreich um uns herum, vielleicht zwanzig oder dreißig Lichtjahre im Durchmesser. Keine galaktische Großmacht, beileibe nicht – aber sicher und in Frieden.«

Perry Rhodan schüttelte den Kopf.

»Kaum zu glauben, dass Terraner und Arkoniden zusammen in einer Wiege gelegen haben. Wie kam es, dass euch die Luft so rasch ausging und von eurem Unternehmungsgeist nichts mehr übrigblieb?«

»Also schön«, knurrte Atlan. »Ich sage kein Wort mehr gegen deinen verrückten Plan. Mir bleibt immer noch die Hoffnung, dass deine Vermutung ...«

Er wurde unterbrochen. Der Interkom summte. Perry Rhodan nahm das Mikrophon auf. Das bärtige Gesicht erschien von neuem.

»Kiroff ...?«

»Sir, Ihre Anweisung wurde ausgeführt.«

»Resultat?«

»Zwei Baykalobos identifizierten das fragliche Aggregat. Es handelt sich um einen positronischen Speicher zur Aufbewahrung astronautischer Daten. Er scheint unbeschädigt und enthält wahrscheinlich nach wie vor die Zielkoordinaten des Diskusschiffes.«

Perry Rhodan ließ das Mikrophon sinken und warf dem Arkoniden einen triumphierenden Blick zu.

»Eins zu null für mich«, bemerkte er gelassen.

 

*

 

Am 30. Juli 2437 Allgemeiner Zeit traf das Bergungsschiff FBT-223 wieder im Sektor Galaxis-Nord ein. Auf ihrer weit ausladenden Bergeplattform ruhte sicher im unwiderstehlichen Griff der Fesselfelder das Wrack des fremden Diskusraumschiffes, einhundertundachtzig Meter im Durchmesser, sechzig Meter hoch.

Noch aus beträchtlicher Entfernung erreichte die CREST V ein Funkspruch von Leutnant Ken Parmenter, dem zweiten Astrogatoren der SCENDALA, der die Reise an Bord der FBT-223 mitgemacht hatte, um dem Tender das Auffinden des gesuchten Objektes zu erleichtern. Parmenter verlangte, mit der Schiffsleitung verbunden zu werden, und sein Wunsch wurde erfüllt. Mit mühsam unterdrückter Erregung schilderte er die Entdeckung des unbeschädigten Aggregates im Kommandostand des Diskusraumers.

Auf diese Weise erhielt Perry Rhodan Bestätigung für etwas, was angesichts der unzulänglichen Unterlagen bislang nur pure Vermutung hatte sein können: Der positronische Datenspeicher des fremden Schiffes war von den Verwüstungen des Kampfes verschont geblieben und intakt.

Der Tender ging unweit der CREST V auf Parkposition. Die Mannschaft wurde für eine Ruheperiode von einhundert Stunden an Bord des Flaggschiffes übernommen. Dafür begab sich ein Team von vierzig Wissenschaftlern und Ingenieuren, begleitet von einer Gruppe Baykalobos, an Bord des Tenders, um das Diskusraumschiff zu untersuchen und mit den von Rhodan angeordneten Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten zu beginnen.

Die Leichen der ehemaligen Besatzung sowie der Gurrads wurden beiseitegeräumt, jedoch an Bord gelassen. Sie spielten in Perry Rhodans Plänen eine wichtige Rolle. Die Aufmerksamkeit der Techniker galt in erster Linie dem Triebwerkssystem. Unterstützt von den Baykalobos, stellten sie fest, dass sowohl im Normalflug-, wie auch im Linearflugsektor infolge des heftigen Feueraustausches erhebliche Schäden entstanden waren. MAX-3, der Sprecher der Baykalobo-Gruppe, äußerte jedoch mit Bestimmtheit, dass beide Triebwerkssektoren repariert werden könnten. Eine Handvoll Techniker, angeleitet von MAX-3, machte sich sofort an die Arbeit.

Inzwischen hatte eine andere Gruppe damit begonnen, die Zentrale wiederherzustellen und den positronischen Speicher auszubauen, so dass er an Bord der CREST auf seinen Inhalt untersucht werden konnte. Diese Arbeit erforderte Zeit und Umsicht, denn die Verbindungen zwischen dem Speicher und der längst zerstörten Positronik des Diskusraumers mussten so gelöst werden, dass der Speicherinhalt davon unberührt blieb.

Perry Rhodan hatte angeordnet, dass die Arbeiten an dem Diskusraumschiff im Vierschichtenbetrieb durchgeführt würden. Jede Schicht arbeitete sechs Stunden. Mehr konnte zwar den Terranern, aber nicht den von Natur aus weniger widerstandsfähigen Baykalobos zugemutet werden.

Die Erfolge des konzentrierten Arbeitsaufwandes zeigten sich bald. Als erstes wurde die Kommandozentrale wiederhergestellt, so dass sie im Notfall belüftet werden konnte. Eine Abtastung sämtlicher Triebwerkskontrollfunktionen ergab, dass die Triebwerkskontrolle wieder funktionierte. Einen halben Tag später waren auch die Meiler soweit wiederhergestellt, dass das fremde Schiff, Beladung mit Stützmasse vorausgesetzt, nun als beschränkt raumflugtauglich betrachtet werden konnte.

Fünfeinhalb Tage nach der Rückkehr der FBT-223 gelang es endlich, den Inhalt des positronischen Speichers zu entschlüsseln. Perry Rhodans Hoffnungen wurden vollauf befriedigt. Unter dem Wust von Informationen, die der Speicher enthielt, befanden sich an prominenter Stelle die galaktischen Daten des Zielpunktes, zu dem der Diskusraumer unterwegs gewesen war, als die Gurrads losbrachen und der anschließende Vernichtungskampf das Schiff in ein Wrack voller Leichen verwandelte.