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Nr. 396

 

Das Versteck in der Zukunft

 

Space-Jet C-13 auf Verfolgungsjagd. – Der Weg führt durch den Zeittransmitter

 

von CLARK DARLTON

 

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Auf der Erde und den Welten des Solaren Imperiums schreibt man Mitte August des Jahres 2437. Allen Verantwortlichen in den Führungsgremien des Imperiums und in den Stäben der Solaren Flotte ist längst klar geworden, dass die Stunde der entscheidenden Auseinandersetzung mit der Ersten Schwingungsmacht unaufhaltsam näherrückt.

Die SCENDALA, ein Patrouillenkreuzer der Solaren Flotte, ist auf eine heiße Spur gestoßen.

Ein Totenschiff mit einer Bestie an Bord wird aufgefunden. Das wracke Schiff wird aufgebracht und eingehend untersucht – und dabei wird das Flugziel des Schiffes ermittelt.

Das weitere Vorgehen der Terraner liegt damit fest: Das Totenschiff wird flugfertig gemacht und nimmt Kurs auf seinen ursprünglichen Bestimmungsort Port Gurrad, den Sklavenmarkt der Bestien, wo es die »Hyperseuche« verbreiten soll.

Der Plan gelingt! Aus Angst vor der vermeintlichen Hyperseuche geben die Bestien ihren Geheimstützpunkt auf und flüchten in panischer Hast. Eine speziell ausgerüstete Space-Jet heftet sich an ihre Fersen und findet DAS VERSTECK IN DER ZUKUNFT ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Major Pandar Runete – Pilot der Space-Jet C-13.

Roi Danton – Perry Rhodans Sohn entdeckt das Versteck in der Zukunft.

Dr. Josef Lieber – Chefmathematiker der CREST.

Tronar und Rakal Woolver – Zwillingsbrüder und Wellensprinter.

Gucky – Der Mausbiber gilt als »halbe Portion«.

1.

 

Der Planet »Port Gurrad«, etwa fünftausend Lichtjahre von der Kleinen Magellanschen Wolke entfernt, verlor am 16. August des Jahres 2437 seine Bedeutung als Stützpunkt der so genannten Uleb, jener sagenhaften Retortenwesen, die als Vorgänger der Haluter gelten durften.

Rhodan und ein Teil seiner Flotte landeten auf Port Gurrad und vertrieben die Uleb, die in einem riesigen Konusraumer die Flucht ergriffen. So gelang es etwa dreihundert Bestien, wie man die Uleb auch noch nannte, der sicheren Vernichtung zu entgehen.

Wieder einmal bewies Rhodan, dass er schnell und logisch zu denken verstand. Ihm war klar, dass die Uleb in ihrer panikartigen Flucht ihre Wohnwelt aufsuchen würden, falls man sie nicht verfolgte. Und für das Weiterbestehen des Solaren Imperiums musste es von lebenswichtiger Bedeutung sein, diese Wohnwelt zu finden, um das Übel an der Wurzel packen zu können.

Aus diesem Grund geschahen drei entscheidende Dinge:

General Ems Kastori verfolgte den Konusraumer nicht, sondern landete mit seiner Flotte von fünfzig Einheiten auf Port Gurrad.

Zweitens täuschte Rhodan die Flüchtigen, noch ehe sie mit ihrem Schiff im Linearraum verschwinden konnten. Mit Hilfe einiger Transformsalven wurde in der Blicklinie zu Port Gurrad eine künstliche Sonne erschaffen, die den Uleb die Vernichtung ihres Bio-Planeten vorgaukelte.

Und drittens schließlich startete die Space-Jet SJC-13 zu einem Sondereinsatz.

Dies ist die Geschichte ihres wagemutigen Fluges.

 

*

 

In der Kommandozentrale der SJC-13 war es eng. Sie bot fünf Personen zwar genügend Platz, aber immerhin befanden sich fünfeinhalb Personen an Bord der Space-Jet – sehr zum Kummer Guckys, der wieder einmal als halbe Portion berechnet wurde. Dementsprechend war auch sein Gesichtsausdruck, als der Chefmathematiker Dr. Josef Lieber ihn kurzerhand in die Höhe hob, sich setzte und ihn dann auf seinem Schoß platzierte.

»Sitzt doch so gerne weich«, sagte er begütigend und strich über das rostbraune Fell des Mausbibers. »Warum verziehst du denn so das Gesicht?«

»Ich muss wieder an die halbe Portion denken, als die ich bei der Einteilung bezeichnet wurde.«

»Das bezieht sich nur auf dein Körpervolumen«, tröstete ihn Dr. Lieber, der nicht nur ein Menschenfreund, sondern auch ein Tierfreund war. »Geistig betrachtet, bist du ein Riese.«

Guckys Gesicht wurde um eine Nuance heller.

»Das hast du schön gesagt, Josef, wirklich schön. Und ich lese in deinen Gedanken, dass du es auch so meinst. Bei Gelegenheit werde ich dich dafür retten – ich hoffe doch, dass wir bald in eine entsprechende Situation geraten.«

»Hoffe lieber nicht«, riet Roi Danton, der Kommandant des Unternehmens. Er hatte neben dem Piloten Major Pandar Runete Platz genommen und ließ den Bildschirm nicht aus den Augen. »Ich fürchte, wir werden auch ohne deinen Wunsch in peinliche Lagen geraten, wenn wir den Konusraumer konsequent verfolgen. Und das müssen wir ja wohl.«

In Richtung Port Gurrad stand noch immer der grellflammende Feuerball der künstlichen Sonne im All. Er sah wirklich so aus wie ein in Atomglut vergehender Planet. Die fliehenden Uleb mussten annehmen, ihre Biostation Gurrad bestünde nicht mehr.

Die restlichen Teilnehmer der Expedition waren die Wellensprinter Tronar und Rakal Woolver, die erstaunlichen Mutantenzwillinge, denen es jederzeit möglich war, sich in einen Energiefluss einzufädeln und so überall dort, wo sie es wünschten, rematerialisierend wieder zu erscheinen.

Fünf Männer und der Ilt Gucky.

Ein Todeskommando.

Noch aber lebten sie, und einige Millionen Kilometer vor ihnen beschleunigte der Konusraumer mit hohen Werten, um der vermeintlichen Verfolgung durch die Solare Flotte zu entgehen. Es durfte als sicher angesehen werden, dass seine Ortergeräte die Space-Jet nicht entdeckten.

Und das hatte seine besonderen Gründe.

Zwar handelte es sich bei der SJC-13 rein äußerlich gesehen um ein ganz normales Flottenmodell mit Überlichtantrieb, aber in ihrem Innern besaß sie einige Umbauten und Zusatzgeräte, die sie zu einem bemerkenswerten Schiffchen machten. In erster Linie gehörte dazu ein ultramoderner Halbraumspürer, mit dessen Hilfe es möglich war, auch im Linearraum und damit beim überlichtschnellen Flug andere Raumschiffe zu orten und ihren Standort und Kurs zu bestimmen. Ferner verfügte die Jet über einen in Kompaktbauweise hergestellten Strukturtaster, der sehr genaue Anmessungen fünfdimensionaler Schwingungen ermöglichte.

Und dann gab es noch etwas, das gerade im vorliegenden Fall besonders wichtig wurde: Die C-13 besaß den neuen von Dr. Geoffry Abel Waringer entwickelten Orterschutz. Dieses Gerät verhinderte weitgehend die Reflektierung ausgeschickter Tastimpulse und machte somit eine Ortung durch andere Raumschiffe nahezu unmöglich.

Das jedoch konnte Roi Danton nicht zur Unvorsichtigkeit verleiten.

»Rücken Sie nicht weiter auf, Major«, riet er dem Piloten. »Es gehört zu unserem Plan, dass sie nichts von einer Verfolgung bemerken, sie könnten sonst auf den Gedanken kommen, uns in die Irre zu führen. Wir wollen ihren Heimatplaneten finden, das ist unsere Aufgabe.«

Major Pandar Runete, der dunkelhaarige und schlanke Inder, verzog keine Miene.

»Vergessen Sie nicht, Sir, dass die Bestien von panischer Furcht erfüllt sind. Sie glauben, sich tödlich angesteckt zu haben, und ihre einzige Rettung liegt dort, wo sie zu Hause sind. Sie werden uns hinbringen.« Er deutete auf die Flugkontrollgeräte. »Außerdem haben wir den Orterschutz. Er ist fast so wirksam, als umkreisten wir eine Sonne in nächster Entfernung.«

»Richtig, Major, aber er schützt nicht gegen Sicht.«

Das stimmte allerdings. Wenn die Uleb sich der Mühe unterzogen, sich nicht nur auf ihre Orter zu verlassen, sondern das All mit starken Teleskopen absuchten, bestand durchaus die Möglichkeit, dass sie den winzigen Punkt hinter sich entdeckten. Eine Jet bot zwar nur kleine Umrisse und war ein schwer auszumachendes Objekt, aber wenn der Zufall den Bestien zu Hilfe kam ...

Darauf wollte Roi Danton es auf keinen Fall ankommen lassen.

»Du hast ganz schön harte Knochen«, beschwerte sich Gucky bei Dr. Lieber, auf dessen Schoß er saß. »Ich verziehe mich besser in meine Kabine und lege mich aufs Ohr. Oder werde ich hier dringend benötigt?«

»Eigentlich nicht«, erklärte Roi trocken. »Ich hole dich, wenn es soweit ist.«

Gucky rutschte von Dr. Liebers Schoß und watschelte zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um.

»Ich wäre dir dankbar, Pandar, wenn du den Interkom einschalten könntest. Mit Blick auf den Panoramaschirm, damit ich stets informiert bin. Ich sehe mir dann den Zirkus vom Bett aus an.«

Sprach's und war verschwunden.

»Ein lustiges Kerlchen, der Kleine. Man kann ihm nichts übelnehmen.«

Roi Danton schien anderer Meinung zu sein.

»Warten Sie es ab«, riet er. »Gucky kann auch ganz schön giftig sein, wenn man ihn ärgert und er nicht gerade zu faul ist.« Er sah wieder auf den Panoramaschirm. »Keine Kursänderung bisher, Major?«

»Keine. Aber das lässt keine Rückschlüsse auf das Ziel des Konusraumers zu, Sir. Die allgemeine Richtung ist die Kleine Magellansche Wolke, doch das kann sich jederzeit ändern. Nicht mehr lange, und die erste Linearetappe ist fällig.«

»Halbraumspürer einsatzbereit?«

»Alles klar, Sir. Geschwindigkeit jetzt zweitausend Sekundenkilometer. Schöne Schleicherei für einen Flüchtling.«

»Auch das wird sich ändern. Ich nehme an, die Burschen sind noch durcheinander nach der Katastrophe, die über sie hereinbrach. Schließlich haben sie zehntausend für eine Körperverwandlung geeignete Gurrads verloren und glauben, sich mit einer tödlichen Seuche infiziert zu haben. Da wundert mich nichts mehr.«

»Mich wundert aber doch etwas«, versicherte Major Runete und zeigte mit dem Daumen auf die Kontrolltafel. »Kein einziger Tastimpuls zu empfangen. Die Uleb vergessen völlig, ihre Ortergeräte einzusetzen. Das lässt auf eine erhebliche Verwirrung an Bord des Konusraumers schließen. Kann man so etwas Lebenswichtiges in dieser Situation überhaupt übersehen? Hat die Sorglosigkeit nicht vielleicht ganz andere Gründe?«

Roi Danton nickte langsam.

»Sie denken an eine Falle, in die man uns locken möchte? Möglich, aber nicht wahrscheinlich. Sie haben uns noch nicht entdeckt, das ist ziemlich sicher. Außerdem rechnen sie damit, dass Port Gurrad vernichtet wurde. Vielleicht nehmen sie sogar an, dass ein Teil unserer Schiffe dabei verlorenging. Nein, wir sind ihre geringste Sorge. Ihre Hauptsorge ist ihr eigenes Leben, Major. Und darum werden sie versuchen, ihre Heimatwelt zu erreichen, denn nur dort kann es, so glauben sie, eine Rettung für sie geben.«

Auf dem Interkomschirm erschien Guckys Kabine. Er lag auf dem Bett und hatte die Arme unter dem Kopf verschränkt. In dieser bequemen Stellung schien er sich entschlossen zu haben, an der beginnenden Debatte teilzunehmen.

»So, meinst du, Roi? Und du bist auch sicher, dass an Bord des Konusraumers eine Panik ausgebrochen ist?«

»Allerdings, dieser Auffassung bin ich.«

Gucky grinste und nickte.

»Ich auch, mein Lieber, ich auch. Und das wiederum würde bedeuten, dass Icho Tolot mit seinen Mutmaßungen recht behält. Die Bestien oder Uleb sind gegen den Infektionsstoff genauso empfindlich wie die alten Haluter. Und es sieht auch ganz so aus, als hätten sie noch immer kein Medikament dagegen gefunden. Jedenfalls glaubt die Besatzung dort vorn, sie müsse sterben, wenn keine Hilfe einträfe. Welcher Art diese Hilfe sein soll, wissen die Uleb wohl selbst nicht. Aber was tut man nicht alles in Todesangst ...?«

»Sie fliegen zur Heimatwelt«, konstatierte Roi Danton.

Major Runete schüttelte den Kopf.

»Und genau das ist es, was ich mir nicht vorstellen kann, Sir. Sie müssen wissen, dass sie dann die Bevölkerung dieser geheimnisvollen Heimatwelt anstecken. Es kann keine intelligenten Wesen mit solcher Verantwortungslosigkeit geben.«

»Doch, es gibt sie«, erklärte Dr. Lieber aus seiner Ecke her. »Es gibt sie wirklich. Sie kennen keine Skrupel, sie kennen nur die Sorge um sich selbst. Auch das hat Icho Tolot herausgefunden, und sicher hat er sich nicht geirrt.«

»Hat er auch nicht«, kam Gucky dem Mathematiker zu Hilfe. »Und weil er sich nicht geirrt hat, können wir mit der Panik an Bord des Konusschiffes rechnen – und auch damit, dass die Uleb unbesonnen und vielleicht sogar dumm handeln. Das ist unsere größte Chance. Ich glaube nicht, dass sie uns überlegt in eine Falle locken wollen. Die haben jetzt ganz andere Sorgen.«

»Sie beschleunigen nun mit höheren Werten«, unterbrach Major Runete die Diskussion. »Fünfzigtausend in der Sekunde.«

»Das ist ein Sechstel der Lichtgeschwindigkeit«, stellte Dr. Lieber fest. »Wann gehen sie in den Linearraum?«

»Bald«, vermutete Roi Danton und starrte auf den Panoramaschirm.

Eine Brücke vereinzelt im All stehender Sonnensysteme verband die beiden Magellanschen Wolken, nahezu einhundertsechzigtausend Lichtjahre von der Erde entfernt. Der Planet Port Gurrad gehörte zum Market-System, fast mitten zwischen den beiden kleinen Milchstraßen. Die C-13 verließ nun dieses System und stieß, den Konusraumer verfolgend, in den Leerraum vor. Der Kurs zeigte noch immer auf die KMW.

»Halbe Lichtgeschwindigkeit«, las Roi von den Kontrollen ab.

Der Konusraumer stand deutlich sichtbar auf dem Bildschirm. Umgekehrt würde die C-13 auf den Schirmen des anderen Schiffes kaum wahrnehmbar sein. Nur mit einer ausgezeichneten Vergrößerung und bei größter Aufmerksamkeit konnte man sie entdecken. Daher war die Frage, ob an Bord des Konusraumers Panik herrschte oder nicht, von eminenter Wichtigkeit.

»Wenn Dr. Lieber nicht recht hätte«, kam Tronar Woolver wieder auf das Problem zurück, »wären wir längst bemerkt worden.«

Roi nickte.

»Richtig, aber damit steht noch nicht fest, dass auch wir bemerkt hätten, dass sie uns bemerkt haben – mit anderen Worten: Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass sie uns in die Irre führen und in eine Falle zu locken beabsichtigen.«

»Unsinn!« Das war Gucky vom Interkombildschirm her. Er lag noch immer auf seinem Bett und räkelte sich faul. »Die Brüder sind viel zu durcheinander.«

»Kannst du Gedankenimpulse auffangen?«, erkundigte sich Roi.

»Nein – obwohl sie auf einen Energieschirm verzichten. Vielleicht andere Überlagerungen – was weiß ich ...?«

Roi zuckte die Achseln und interessierte sich wieder mehr für die Kontrollen als für eine fruchtlose Diskussion. Die Geschwindigkeit steigerte sich regelmäßig, und dann verrieten erste Schockimpulse, dass das Eintauchmanöver in den Linearraum begann.

Darauf war Major Runete natürlich vorbereitet.

Ohne dem Navigationscomputer einen Kurs mitgeteilt zu haben, leitete auch er das Linearmanöver ein. Gleichzeitig setzte er den Halbraumspürer in Tätigkeit.

Auf dem normalen Bildschirm verschwand der Konusraumer, und unter normalen Bedingungen wäre er nun auch für immer verloren gewesen, nicht aber mit den Spezialinstrumenten der Space-Jet.

Auf einem anderen Bildschirm begannen sich die Umrisse des Konusraumers abzuzeichnen, kaum dass die C-13 in den Linearraum eintauchte. Diese Umrisse wurden durch den positronischen Zeichner hervorgerufen, mit gleichzeitiger Angabe der Entfernung und der Flugrichtung. Major Runete hatte es einigermaßen leicht, dem mit unvorstellbarer Geschwindigkeit dahinrasenden Schiff zu folgen. Allerdings gab es sonst keine Orientierungsmöglichkeiten mehr, denn alle Sterne waren vom Bildschirm verschwunden.

Major Runete lehnte sich bequem zurück.

»Es kann nichts mehr passieren – wir verlieren sie nicht.«

Roi Danton schien ebenfalls beruhigt. Er atmete erleichtert auf.

»Geht glatter, als ich erwartete. Können Sie etwas über den Kurs aussagen?«

»Richtung KMW, wie bisher.«

»Scheint also doch das Zentrum ihres Reiches zu sein. Was sagen Sie nun, Dr. Lieber? Werden sie uns zu ihrer Heimatwelt bringen?«

»Natürlich, Sir. Wohin sonst? Hören Sie, die Sache ist doch ganz einfach, wenn man sie vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet. Nehmen Sie alles, was Icho Tolot herausgefunden hat und was wir sonst wissen, dann haben Sie die wahrscheinliche Mentalität der Uleb. Dann wissen Sie, wie sie handeln müssen, zumindest in einer ganz bestimmten Situation wie dieser. Sie glauben, mit der tödlichen Krankheit infiziert worden zu sein, daher ihre überstürzte Flucht. Sie hätte aber keinen Sinn, wenn nicht schnellste Hilfe irgendwo bereitstünde. Und die wiederum kann nur auf der Heimatwelt erfolgen. Und was nun die Idee angeht, sie verzichteten auf eine Hilfe und opferten sich für ihre Rasse, so halte ich das für ausgeschlossen. Die Uleb sind relativ unsterblich. Bei den Herrschern über die Magellanschen Wolken handelt es sich zweifellos um jene Bestien, die von den Okefenokees vor sechzigtausend Jahren in der Kugelgalaxis M 87 in der Retorte hergestellt wurden. Bitte, versetzen Sie sich in die Situation eines unsterblich gewordenen Volkes und seiner einzelnen Individuen, Sir. Der Tod muss für sie mehr Schrecken haben als für einen normalen Sterblichen. Sie werden egoistisch und verantwortungslos ihren Rassegenossen gegenüber. Sie denken zwangsläufig nur an sich selbst. So auch jene dreihundert Bestien vor uns in dem fliehenden Raumer. Vergessen Sie nicht, dass wir für ihre Einstellung genug Beweise besitzen. Die ungeheure Eigenliebe der Uleb ist uns aus der Geschichte bekannt. Gnadenlos haben sie ganze galaktische Völker ausgerottet, nur um ihrer eigenen Sicherheit willen. Sie haben Angst vor jedem Zeitexperiment, weil sie annehmen, dass es jemand gelingen könnte, ihre Entstehung ungeschehen zu machen. Darum vernichteten sie jeden Planeten, auf dem Zeitversuche angestellt wurden. In dieser Hinsicht sind sie sich einig, zugegeben, aber was ihre ethischen und moralischen Werte angeht, so würde ich es so formulieren: Untereinander pflegen sie nicht den geringsten freundschaftlichen Kontakt. Jeder ist sich selbst der Nächste. Und darum glaube ich, dass sie keine Skrupel kennen, nur an Hilfe für sich selbst denken und dorthin fliegen, wo sie Hilfe erhoffen – nämlich zu ihrem uns unbekannten Heimatsystem.«

Niemand hatte Dr. Lieber unterbrochen. Roi Danton nickte. Vom Interkomschirm her sagte Gucky nur: »Bravo, mein lieber Lieber – ganz meine Meinung!«