Nr. 477
Invasion der Schatten
Gefahr für die Menschheit – eine Geisterarmee überfällt den Planeten Olymp
von H. G. EWERS
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Auf Terra und den anderen Welten des Solaren Imperiums schreibt man Mitte März des Jahres 3438. Somit sind seit dem Start der MARCO POLO in die Heimatgalaxis der Cappins zirka acht Monate vergangen. Acht Monate, die der Expedition der achttausend eine Fülle von Abenteuern und gefahrvollen Situationen bescherten.
Das gilt besonders für Perry Rhodan, Ovaron, Atlan und fünf ihrer Gefährten, die in die Gewalt des Taschkars gerieten. Als das peinliche Verhör auf Takera begann, entkamen sie aus der Gefangenschaft – aber nur, um in weitaus gefährlichere Gefilde zu gelangen.
Sie wanderten durch eine wahre Hölle. Sie kämpften sich von Station zu Station, verfolgt von Robotern und bedroht von Naturgewalten und mechanischen Todesfallen. Ihr Leidensweg führte sie über das »violette Feuer« ins Gebiet der »verrückten Roboter« und von da aus zum »Duell der Mächtigen«. Dann, nach dem Tode des Taschkars, gelangten sie in das Innere des »großen Vasallen«, wo sie erneut um ihr Leben kämpfen mussten.
Mit Hilfe einer kleinen Raumjacht konnten sie flüchten. Und schließlich teleportierten sie in das Schiff der Moritatoren, das sie sicher zurück zur wartenden MARCO POLO brachte.
Soweit zur Lage in Gruelfin, wie sie sich Mitte März 3438 dem Betrachter darbietet. Zur gleichen Zeit ereignen sich in der Galaxis schwerwiegende Dinge. Die INVASION DER SCHATTEN beginnt ...
Oberst Kalan Zorkh – Kommandant der EX-Box 123.
A-P1, genannt Basilowitsch – Posbi-Koordinator der EX-Box 123.
Anson Argyris – Ein Kaiser läuft Amok.
Phyl Amant – Kaiserlicher Sekretär.
Balton Wyt – Telekinet und Sonderoffizier des Solaren Imperiums.
Kimray Wyt – Balton Wyts Urenkel.
Galbraith Deighton – Solarmarschall und Chef der Solaren Abwehr.
Akanjii war allein. Er stand in der kleinen Beobachtungskuppel der Station und blickte geistesabwesend in das Sternenmeer der fremden Galaxis.
In nur wenigen hundert Lichtjahren Entfernung begann der ultrahell strahlende Zentrumskern der Galaxis, ein gigantisches kugelförmiges Gebilde aus Milliarden Sonnen und hocherhitzten glühenden Gasen, das Auge eines Sternenzyklons, der kaum vorstellbare Massen kosmischer Materie aus dem Halo ansaugte und an seinem äquatorialen Rand in die Ebene des Spiralnebels wirbelte, in die große Ebene, auf der die Sterne geboren wurden, ihren Entwicklungszyklus durchliefen und schlussendlich veredelte Materie in einer gewaltigen Explosion abstrahlten. Evolution der Materie. Ihr Ende war ebensowenig überschaubar wie ihr Anfang.
Akanjii interessierte es nicht. Ihn interessierte in erster Linie sein Auftrag, der ihn in diese fremde Galaxis geführt hatte. Akanjiis Auftraggeber waren kühl kalkulierende Machthaber; niemals hätten sie einen Träumer mit dem Befehl über die Station beauftragt. Akanjii wusste, dass sein Volk für die Herrschaft im Kosmos bestimmt war und dass nichts zählte, was nicht diesem großartigen Ziel diente.
Die Bildsprechanlage gab ein melodisches Klingen von sich. Akanjii schaltete das Gerät ein. Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht seines Stellvertreters.
»Ein verschlüsselter Funkspruch auf der Dakkarkomspur, Karam Akanjii«, meldete der Mann.
Akanjiis Gesicht verriet keinerlei Regung, doch hinter der hohen Stirn jagten sich plötzlich die Gedanken.
War es der Befehl, auf den er schon so lange gewartet hatte?
»Ich komme«, antwortete Akanjii.
Er schaltete das Bildsprechgerät aus und ging an der vorgewölbten Kuppel vorbei, ohne dem Sternenmeer dort draußen noch einen Blick zu schenken. Der Antigravschacht nahm ihn auf, und das gepolte Kraftfeld trug ihn vierzehn Etagen tiefer.
Die Besatzung der Funkzentrale sah ihrem Kommandeur mit einer Mischung von Neugier und Erregung entgegen. Akanjii lächelte undefinierbar und ging hinüber zum Pult der Dekodiermaschine. Sein Stellvertreter erwartete ihn zusammen mit dem Cheffunker.
Eine blausilbern schimmernde Folie mit zahlreichen eingestanzten Symbolen wechselte den Besitzer. Niemand außer dem Kommandeur der Station durfte die Symbole entschlüsseln – es sei denn, der Kommandeur fiele aus. Akanjii nahm die Folie und schob sie in den Prüfschlitz der Dekodiermaschine. Ein schwaches Summen ertönte; Lichter flammten auf und verloschen wieder, dann fiel die Folie in den Auffangbehälter. Ganz oben rechts stand ein leuchtendes Zeichen.
Akanjii spürte die Erregung fast körperlich.
Er kannte das Zeichen.
Es bedeutete, dass die Dekodierung nicht nach dem Primärkode erfolgen konnte, sondern nach dem geheimen Sekundärkode.
Und das wiederum bedeutete, dass zu Hause umwälzende Veränderungen vor sich gegangen waren!
Akanjii zwang sich zur Ruhe und aktivierte den geheimen Kode. Dann schob er die Folie in den Schlitz des Klartextsektors. Leuchtzeichen zeigten die Aktivierung der hochwertigen Positronik an, die die Entschlüsselung vornahm.
Entsprechend dem Grad der Kompliziertheit des Kodes brauchte die Maschine viereinhalb Zeiteinheiten zur Dekodierung.
Als die Klartextfolie aus dem Ausgabeschlitz schnellte, vernahm Akanjii einen tiefen Atemzug hinter sich. Der Stellvertreter konnte seine Erregung nur mühsam unterdrücken. Seine Augen richteten sich auf den Text. Er lautete:
Umstellung Einsatz sofort auf geheime sekundäre Marsav-Planung. Aktion so bald wie möglich nach Geheimplanung PEZTA-III einleiten.
Taschkar Ginkorasch
Befehlszentrale Marsav
Akanjii reichte die Folie an seinen Stellvertreter weiter. Der Mann las den Text und wurde blass, während seine Augen gleichzeitig in fanatischem Feuer funkelten.
»Endlich!«, stieß er hervor. »Jetzt geht es los!«
Akanjii sah den Cheffunker an.
»Aktivieren Sie die Rundrufanlage!«
Wenig später saß Akanjii vor dem Mikrophonwulst der Rundrufanlage und gab seine Befehle an die Wachbesatzung der Station durch. Danach liefen die Weckanlagen an. Die Schläfer wurden aus ihrer Starre befreit und bereiteten sich durch ein programmiertes Training auf den bevorstehenden Einsatz vor.
Außerhalb der Station hatte sich nichts verändert. Aber in ihr lauerte jetzt eine schlagkräftige Truppe, die nur darauf wartete, dass ein nichtsahnendes Opfer in der Nähe vorüberzog ...
Kalan Zorkh beobachtete Adam, der unter der Decke der Kommandozentrale einen Looping nach dem anderen vollführte.
Auf dem Nebensitz nahm A-P1 einige Schaltungen vor, dann drehte er den metallenen Schädel, starrte Zorkh aus seinen Augenzellen an und sagte mit schwach klirrender Stimme: »Kommandant, ich bitte Sie, Ihren Vogel in die Antigravkapsel zu stecken. Wir sind soeben ins System von Boscyks Stern eingeflogen und werden nach dem letzten Linearmanöver in zehn Minuten zur Landung auf Olymp ansetzen.«
»Ich weiß Bescheid, Basilowitsch«, erwiderte Kalan Zorkh. Seltsam, dachte er bei sich, warum die Menschen dem Posbi-Kommandeur den Namen Basilowitsch gegeben haben. Ihre Mentalität ist so vielschichtig, dass man sie in tausend Jahren nicht erforschen kann.
Er stieß einen gellenden Pfiff aus.
Adam unterbrach den letzten Looping, stieß im Sturzflug herab, fing sich dicht über dem Boden ab und landete auf der Rücklehne des Kontursessels von Professor Dr. Josef Niersteiner, dem Wissenschaftlichen Koordinator der EX-Box 123.
Der Kolkrabe plusterte sein Gefieder auf, klappte einige Male mit dem Schnabel und gab ein krächzendes »Korr« von sich.
Niersteiner verzog das Gesicht und rückte auf die Vorderkante seines Sessels.
»Rufen Sie Adam zu sich, Kommandant!«, verlangte er. »Ich habe eine frische Uniform an. Glauben Sie, ich lasse sie mir von Ihrem Vogel verunreinigen!«
Kalan verzog den Rachenmund zu einem Lachen, beherrschte sich aber im letzten Moment und gluckste nur ein paar Mal gedämpft.
»Komm zu mir, Adam!«, lockte er. »Komm zu deinem Herrchen, mein Kleiner!«
Der Kolkrabe trippelte nervös auf der Sessellehne hin und her, traf aber keine Anstalten, dem Ruf seines Herrn zu folgen.
»In letzter Zeit gehorcht er mir kaum noch«, sagte Kalan Zorkh entschuldigend. »Ich weiß auch nicht, was in Adam gefahren ist. Gibt es bei terranischen Kolkraben eigentlich so etwas wie ein Trotzalter?«
»Wahrscheinlich leidet das Tier an Zerebral-Sklerose«, erklärte Niersteiner gereizt. »Auf dem Olymp gibt es eine ganz ausgezeichnete Tierklinik; dort sollten Sie ihn behandeln lassen, Kommandant.«
Der Erste Offizier des Fragmentschiffes Oberstleutnant Jan Vermeeren, hielt die herabsinkende SERT-Haube mit den Händen auf, bevor sie sich über seinen Schädel stülpen konnte.
»Wie oft muss ich Sie darauf hinweisen«, sagte er zu Professor Niersteiner, »dass der Planet Olymp nicht das mindeste mit dem sagenhaften Wohnsitz der Götter gemein hat!«
Der Koordinator lächelte maliziös und bewegte dabei seine handtellergroßen blaubepelzten Ohren, das Kennzeichen der Jahswick-Geborenen. Er war Kolonialterraner der siebten Generation.
»Immerhin hat der Planet mit dem Götterberg den Namen gemein, lieber Freund.«
Vermeeren gab einen grunzenden Laut von sich und stülpte sich die SERT-Haube über den Schädel. Er bewegte anschließend keinen Finger, um die EX-Box 123 zu steuern; als Emotionaut beherrschte er die ungeheuer komplizierte Maschinerie allein mit seinen Gedankenimpulsen.
Das Fragmentschiff tauchte in den Zwischenraum ein.
Oberst Kalan Zorkh passte einen Augenblick ab, in dem Adam unaufmerksam war. Dann schoss der halutische Gigant blitzschnell aus seinem Spezialsessel, fing den Kolkraben in den hohlen Händen und sperrte das kreischende und um sich hackende Tier in die eiförmige Antigravkapsel an der Rückwand seines Sessels.
Als er sich wieder setzte, fiel das Schiff gerade in den Normalraum zurück. Auf dem Frontsektor der Panoramagalerie war die wolkenverhangene Kugel des Planeten Olymp zu sehen. Die kleine rote Sonne des Systems stand hinter dem anfliegenden Fragmentschiff, und die scharfen Augen Zorkhs konnten den winzigen Schatten erkennen, den die Box warf.
Der Haluter schaltete sich in die Hyperkomanlage ein und verfolgte das Gespräch zwischen dem Chef der Funkzentrale und dem Kontrollturm des Flottenhafens Tercho auf Olymp.
Dabei dachte Kalan Zorkh an die Reise der EX-Box 123 zurück, die vor einem Jahr von Tercho gestartet war und heute, am 14. März 3438 Erdzeit, wieder zurückkehrte.
Die EX-Box 123 war, wie bereits ihre Bezeichnung verriet, ein Fragmentraumschiff der Posbis, jener Rasse von bio-positronischen Robotern, die auf der so genannten Hundertsonnenwelt beheimatet war. Die Posbis zählten seit langer Zeit zu den zuverlässigsten Verbündeten des Solaren Imperiums, und das herrschende Zentralplasma der Hundertsonnenwelt war ein Freund Perry Rhodans.
Gemäß eines Vertrages zwischen den bio-positronischen Robotern und dem von Reginald Bull geleiteten Solaren Explorerkommando war die EX-Box 123 zu einem speziellen Erkundungsraumschiff umgebaut worden. Seine Besatzung bestand aus dreitausend spezialisierten und daher unterschiedlich gebauten Posbis, die jeder einen Ableger des Zentralplasmas als dominierendes Gehirnteil besaßen. Dazu kamen eintausendfünfhundert Menschen, Spezialisten von insgesamt einundachtzig Kolonialplaneten. Unter ihnen gab es nur wenige Erdgeborene – und einen Haluter.
Kalan Zorkh stand beim Solaren Explorerkommando unter Vertrag. Im Grunde genommen war er kein Spezialist, der für die Aufgaben eines Explorerschiffes ausgebildet war. Zorkh war Anthropologe, ein halutischer Wissenschaftler, der sich die Lebensaufgabe gestellt hatte, sich umfassend mit der Entwicklung des Menschen, seiner Völker und Kulturen zu befassen. An Bord eines Explorerschiffes mit seiner aus Angehörigen verschiedener Kolonialvölker zusammengewürfelten Besatzung konnte er naturgemäß sehr ergiebige Forschungen anstellen, und da ein Haluter schlechterdings unschlagbar als Raumschiffskommandant war, hatte Staatsmarschall Bull sofort zugegriffen, als der Haluter mit seinem Angebot zu ihm gekommen war.
Die einjährige Reise der EX-Box 123 hatte durch den Bluessektor geführt, jenen Teil der galaktischen Eastside, der vom Solaren Imperium als Hoheitsgebiet der Blues respektiert wurde. Da die verschiedenen Bluesvölker jedoch seit vielen Jahrhunderten mörderische Bruderkriege führten, wurde die Eastside regelmäßig von terranischen Erkundungsschiffen durchflogen. Der Bluessektor galt als gefährlicher Unruheherd, vor allem, da die Akonen immer wieder versuchten, auf den Feuern des Bruderkrieges ihr Süppchen zu kochen. Laut einem Sonderbefehl Perry Rhodans mischte sich das Solare Imperium zwar nicht in die inneren Angelegenheiten der Bluesvölker ein, aber seine Raumschiffe kontrollierten die Entwicklung ständig – und wenn es sich als notwendig erwies, schlug die Solare Flotte sehr hart zu, um eine Ausweitung des Krieges auf die von Menschen besiedelten Sektoren der Galaxis zu verhindern.
Auch die EX-Box 123 hatte nicht nur erkundet, sondern zugeschlagen, wo es notwendig gewesen war. Von ihren Beibooten waren zwei akonische Transportschiffe vernichtet worden, die bis unter die Decken ihrer Laderäume mit Virusbomben vollgeladen gewesen waren, die an ein Bluesvolk verkauft werden sollten, damit ein weiterer Planet entvölkert werden konnte. Kalan Zorkh hatte es abgelehnt, die Besatzungen vorher zu übernehmen; er hielt es für falsch, dass die Terraner Rücksicht auf Intelligenzen nahmen, die am Tod für ganze Planetenbevölkerungen verdienen wollten.
Oberstleutnant Jan Vermeeren, der sich gegen Zorkhs Befehle gestellt hatte, war eine Woche lang unter Kabinenarrest gestellt worden. Das lag inzwischen fast ein halbes Jahr zurück, aber manchmal brach bei dem Ersten Offizier noch der Groll hervor.
Im Augenblick war allerdings von der zwischen beiden Personen herrschenden Verstimmung nichts zu bemerken. Oberstleutnant Vermeerens Schädel steckte unter der SERT-Haube, und die Gedankenimpulse des Emotionauten steuerten das gewaltige Schiff in den Landekorridor, der ihm vom Kontrollturm Tercho zugewiesen worden war.
Wäre Kalan Zorkh imstande gewesen zu lächeln, so hätte er jetzt gelächelt. Der Haluter freute sich für die menschliche Besatzung über die Rückkehr in den Heimathafen. Das System von Boscyks Stern und der Planet Olymp gehörten zwar nicht zum Solaren Imperium, sondern zum Kaiserreich der Freifahrer, aber die wirtschaftlichen und galaktopolitischen Interessen beider Reiche waren so eng miteinander verknüpft, dass ein Freifahrer sich auf der Erde ebenso heimisch gefühlt hätte wie ein Terraner auf Olymp.
Die schwach abgeplattete Kugel Olymps schwoll im Frontschirm mehr und mehr an. Zwischen den Wolkenfeldern erkannte Kalan Zorkh die spiegelnden Flächen der großen Meere und Ausschnitte von kontinentalen Landflächen.
Olymp besaß sieben Kontinente, aber sechs von ihnen waren durchschnittlich nur so groß wie die terranische Insel Grönland. Der siebte Kontinent dagegen besaß die Ausdehnung Asiens, eine gewaltige Landmasse, von schneebedeckten Gebirgen umrahmt, deren Füße von grünen dampfenden Urwäldern gegürtet waren. Der Äquator lief ungefähr durch die Mitte dieses Großkontinents, und nördlich des Äquators lag die Stadt Trade City, der größte Warenumschlagplatz der bekannten Galaxis.
Die Prallfeldschirme leuchteten hell auf, als die Box in die oberen Schichten der Atmosphäre eintauchte. Kalan Zorkh sah das Areal von Trade City und dahinter das gewaltige Gebiet des so genannten Containertransmitters, das kreisförmig von insgesamt zwölf Raumhäfen umspannt wurde.
Dort unten starteten und landeten pro Minute drei Raumschiffe. Dazu arbeitete der Komplex des zentralen Containertransmitters pausenlos und das Antigravverbundnetz zwischen den Raumhäfen, Lagerhallen und dem Zentraltransmitter war ständig in Betrieb.
Die EX-Box 123 schwebte mit aktivierter Antigravprojektoren und donnernden Korrekturtriebwerken seitlich an der Stadt und dem Raumhafen-Transmitterkomplex vorüber und hielt Kurs auf den Flottenhafen Tercho, der zweihundertfünfzig Kilometer nördlich von Trade City lag.
In dreißig Kilometern Höhe wurde das Fragmentschiff vom energetischen Landegerüst gepackt. Ein Zittern durchlief die Schiffszelle, als die durch die Massenträgheit hervorgerufene Restfahrt aufgehoben wurde, dann verstummten die Impulsdüsen. Oberstleutnant Jan Vermeeren reduzierte die Arbeitsleistung der Antigravprojektoren um einen geringen Betrag; dadurch erhielt das Schiff einen Teil seines Gewichtes zurück und sank langsam im Landegerüst abwärts.
Als die Kontrollen anzeigten, dass die Landeteller Bodenberührung hatten, hob sich die SERT-Haube von Vermeerens Schädel. Der Erste Offizier kehrte allmählich in die unmittelbare Umgebung zurück.
Die Blicke des Haluters und des Ersten kreuzten sich und ruhten für eine Weile ineinander.
Ein rätselhaftes Lächeln umspielte Vermeerens Lippen, dann sagte der Oberstleutnant leise: »Wir haben es geschafft, Kommandant.«
*
Kaiser Anson Argyris beobachtete aus seinem Gleiter die Landung des Fragmentschiffes. Er kannte die annähernd würfelförmigen »Kästen« der Posbis, aber ihr Anblick faszinierte ihn jedes Mal aufs neue.
Wie jedes Posbischiff hatte die EX-Box 123 eine Kantenlänge von 2500 Metern, obwohl man eigentlich angesichts der zahllosen Einbuchtungen und skurrilen Auswüchse nicht von exakten Kanten sprechen konnte.
Die Flächen des »Würfels« waren zueinander verdreht, und die Auswüchse hatten einmal Kuppelform, dann wieder glichen sie futuristischen Kathedralen oder gar Konstruktionen, die sich mit nichts vergleichen ließen, das Menschen kannten. Es gab immer noch Menschen, die allen Ernstes daran zweifelten, dass derartige Konstruktionen sich überhaupt vom Boden eines Planeten erheben konnten. Tatsächlich aber standen die Flugleistungen eines Posbischiffes denen eines terranischen Ultraschlachtschiffes in nichts nach; diese Raumfahrzeuge vermochten sogar innerhalb von Planetenatmosphären äußerst geschickt zu manövrieren.
Anson Argyris wandte den Kopf und sagte zu Phyl Amant, seinem Sekretär: »Ich bin gespannt, ob der alte Kuppelkopf noch seinen Adam besitzt oder ob ihm der Vogel fortgeflogen ist.«
Phyl Amant lächelte zurückhaltend.
»Adam ist ein intelligentes Tier, Majestät. Er wird im Weltraum auf eine Flucht verzichtet haben.«
Der Kaiser lachte dröhnend.
In diesem Moment setzte das Fragmentschiff auf seinem Landeplatz auf. Das kaum merkliche Flimmern des energetischen Landegerüstes erlosch.