Nr. 478
Die Schlacht um Olymp
Sie säten das Grauen – und sie ernteten den Tod
von H. G. EWERS
Auf Terra und den anderen Welten des Solaren Imperiums schreibt man Mitte März des Jahres 3438. Somit sind seit dem Start der MARCO POLO in die Heimatgalaxis der Cappins zirka acht Monate vergangen. Acht Monate, die der Expedition der achttausend eine Fülle von Abenteuern und gefahrvollen Situationen bescherten.
Das gilt besonders für Perry Rhodan, Ovaron, Atlan und fünf ihrer Gefährten, die in die Gewalt des Taschkars gerieten.
Sie wanderten durch eine wahre Hölle. Sie kämpften sich von Station zu Station, verfolgt von Robotern und bedroht von Naturgewalten und mechanischen Todesfallen. Ihr Leidensweg führte sie über das »violette Feuer« ins Gebiet der »verrückten Roboter« und von da aus zum »Duell der Mächtigen«. Dann, nach dem Tod des Taschkars, gelangten sie in das Innere des »großen Vasallen«, wo sie erneut um ihr Leben kämpfen mussten.
Mit Hilfe einer kleinen Raumjacht konnten sie flüchten. Und schließlich teleportierten sie in das Schiff der Moritatoren, das sie zurück zur wartenden MARCO POLO brachte.
Soweit zur Lage in Gruelfin, wie sie sich Mitte März 3438 dem Betrachter darbietet. Zur gleichen Zeit ereignen sich in der Galaxis schwerwiegende Dinge.
Die »Invasion der Schatten« beginnt. Eine große Zahl von takerischen Pedotransferern hat den Planeten der Freihändler erreicht und bringt Tod und Verderben über eine friedliche Welt. Die heimtückischen Angreifer gehen aufs Ganze: Sie wollen DIE SCHLACHT UM OLYMP gewinnen.
Die Hauptpersonen des Romans
Ribald Corello – Der Supermutant greift ein.
Reginald Bull und Julian Tifflor – Der Staatsmarschall und der Solarmarschall kommen nach Olymp.
Balton Wyt – Telekinet und Sonderoffizier des Solaren Imperiums.
Anson Argyris – Der Kaiser von Olymp legt eine neue Maske an.
Kalan Zorkh – Kommandant des Schiffes der »Ghostrider«.
Lesska Lokoshan – Ein Mann, der seinen Enkel sucht.
1.
Robotisch gesteuerte Space-Jets kreisten in verschiedenen Höhen über dem Landefeld des Flottenhafens Tercho, zwei Divisionen Kampfroboter waren ausgeschwärmt und sicherten das terkonitblau schimmernde Kugelraumschiff ab, das vor wenigen Minuten auf Olymp gelandet war.
Balton Wyt stand aufrecht in dem offenen Luxusgleiter und starrte hinüber zu der Mittelstütze der CARTHAGO. Das Außenschott war noch geschlossen.
Neben dem ehemaligen Freifahrer und jetzigen Sonderoffizier des Solaren Imperiums stand Solarmarschall Galbraith Deighton. Deighton sprach über Telekom mit dem Kommandanten des Leichten Kreuzers der Staatenklasse, einem jener superschnellen Raumschiffe, wie sie gewöhnlich für blitzartige Erkundungsvorstöße in feindliches Gebiet verwendet wurden. Schiffe dieser Art taugten nicht zum offenen Kampf, unter ihrer Hülle aus Terkonitstahl waren Kraftwerke. Umformerbänke und Triebwerksaggregate sowie Deuteriumbehälter dicht an dicht zusammengepackt. Das ließ nur noch Raum für eine notdürftige Bewaffnung.
Galbraith Deighton bestätigte eine Durchsage und schaltete dann seinen Telekom ab. Er wandte sich an Wyt und erklärte: »Corello ist nicht allein. Staatsmarschall Bull und Solarmarschall Tifflor sind ebenfalls mit der CARTHAGO gekommen.«
Balton Wyt gähnte hinter vorgehaltener Hand. Er war müde und fühlte sich ausgelaugt, aber er riss sich zusammen. Über seiner angeschmutzten Kampfkombination trug er einen prachtvollen Schulterumhang mit den Insignien des Kaisers Anson Argyris. Dieses Kleidungsstück wies ihn als Regierenden Gouverneur der Freifahrer aus. Die ersten Reaktionen auf seine Machtübernahme waren unterschiedlich gewesen; allerdings gab es keine Auflehnung, da Wyt versichert hatte, er bliebe nur so lange im Amt, bis Kaiser Argyris geborgen und wieder handlungsfähig sei.
Er überlegte gerade, wie es seinem Urenkel Kimray gehen mochte. Phyl Amant hatte dafür gesorgt, dass er in die Obhut von Spezialisten gebracht wurde, die seinen verwirrten Geist in die Realität zurückführen sollten.
In diesem Moment öffnete sich unterhalb des Ringwulstes ein Hangarschott. Ein kegelförmiges Gebilde schwebte ins Freie. Es schimmerte im gleichen hellen Terkonitblau wie die Außenhülle der CARTHAGO und besaß statt der Kegelspitze eine kugelförmige Ausbuchtung, deren Vorderteil aus durchsichtigem Panzertroplon bestand.
»Ribald Corello ...«, murmelte Deighton nachdenklich.
Balton warf dem SolAb-Chef einen schnellen Blick zu. Er konnte verstehen, dass Deighton den Supermutanten Ribald Corello noch immer mit gemischten Gefühlen betrachtete. Es war noch gar nicht so lange her, da hätte dieser körperlich verkrüppelte Mann beinahe das Solare Imperium zerschlagen und Perry Rhodan umgebracht. Damals war er vom Großadministrator zum Menschheitsfeind Nummer Eins erklärt worden. Später hatte man ihn von seiner Psycho-Konditionierung befreien und aus einem Werkzeug des Báalol-Kultes einen freien Menschen und Freund der solaren Menschheit machen können.
Endlich glitt auch das Schott der Mittelstütze auf. Vier schwere Kampfroboter schwebten auf Antigravpolstern heraus. Sie waren ähnlich gebaut wie Corellos Transportroboter.
Hinter den Robotern kamen zwei Männer: Reginald Bull und Julian Tifflor, außer Perry Rhodan die wichtigsten Persönlichkeiten des Imperiums. Sie trugen gewöhnliche Kampfanzüge ohne jede Rangabzeichen.
Galbraith Deighton sagte etwas zu dem Roboter, der den Gleiter steuerte. Das Fahrzeug glitt dicht über dem Boden zwischen den Landestützen der CARTHAGO hindurch und näher an Bull und Tifflor heran.
Reginald Bull klappte seinen Druckhelm zurück, grinste und winkte. Julian Tifflor lächelte nur leicht; er wirkte immer noch so bescheiden wie als Raumkadett, obwohl diese Zeit viele Jahrhunderte zurücklag.
Balton öffnete den Mund, um seine Begrüßung anzubringen, aber er kam nicht mehr dazu, etwas zu sagen, denn in diesem Augenblick füllte sich die Luft über dem Landefeld mit sonnenheißen grellen Blitzen, und das Fauchen, Donnern, Krachen und Brodeln von Strahlschüssen betäubte die Ohren.
Balton Wyt reagierte instinktiv. Er sprang aus dem Gleiter, rollte sich ab und kniete sich hin, während die Rechte den Impulsstrahlern aus dem Gürtelhalfter riss und die Linke den Helm verschloss. Das Lichtfilter schützte seine Augen, und er spähte umher, um zu erkennen, woher der Beschuss kam.
Doch das abgefilterte und daher schwach gelbliche Leuchten von Impulsstrahlen zuckte außerhalb des Landebeinkreises der CARTHAGO von allen Richtungen heran und nach allen Richtungen davon. Die vier Kampfroboter des Leichten Kreuzers schossen aus allen Waffen auf die für Balton noch unsichtbaren Angreifer. Sie hatten ihre Paratronschirme aktiviert und kurvten pausenlos hin und her, um die auf dem Boden liegenden Menschen zu decken.
Solarmarschall Tifflor kniete ebenfalls auf dem Bodenbelag. Durch die transparente kugelförmige Helmschale hindurch erkannte Balton Wyt, dass Tifflor über Helmfunk mit jemandem sprach.
Reginald Bull duckte sich tiefer, als ein Strahlschuss seinen Individualschirm streifte und eine grelle Entladung hervorrief.
Dann knackte es in Baltons Helmempfänger und Julian Tifflors Stimme sagte so gelassen wie bei einem Manöver: »Eine der Roboterdivisionen greift uns an. Sie ...« Er verstummte, als die leichten Impulsgeschütze der CARTHAGO losdonnerten. In der nächsten Feuerpause fuhr er schnell fort: »Sie sind anscheinend fernschalttechnisch beeinflusst worden, werden aber durch die übrigen Divisionen zurückgeschlagen.«
Etwas explodierte an einem der säulenförmigen Landebeine der CARTHAGO. Die Stütze brach zusammen. Kurz darauf trafen mehrere Impulsstrahlen gleichzeitig das nächste Landebein. Erst jetzt wurde es Wyt bewusst, dass die CARTHAGO ja relativ ungeschützt war. Der Kommandant hatte wegen den Personen, die sich unterhalb der Kugelzelle aufhielten, die Schutzschirme nicht aktivieren können.
»Zurück ins Schiff!«, rief Reginald Bull und rannte geduckt auf die Schleusenpforte der Mittelstütze zu. Ein Kampfroboter schwebte neben ihm her, um ihn gegen Beschuss zu decken.
Da rauschte etwas heran und explodierte in der offenen Schleusenkammer. Ein kleiner Glutball blähte sich auf, weißglühende Fetzen summten und heulten durch die Luft. Staatsmarschall Bull wurde einige Meter zurückgeschleudert. Die Schleuse war unbrauchbar geworden.
Balton Wyt fühlte, wie eiskalter Zorn in ihm hochstieg. Er erhob sich, winkte mit dem Impulsstrahler und rief über Helmfunk: »Folgen Sie mir ins Freie! Ich werde den Kampf aufnehmen, meine Herren.«
Damit drehte er sich um und rannte aus dem Schatten des Kugelschiffes, sprang über brodelnde Lavaseen, glühende Schmelzrisse und geborstene Bodenplatten. Von oben segelte ein tonnenschweres Trümmerstück herab. Es hätte Wyt zerschmettert, wenn sein Paratronschirm nicht aktiviert gewesen wäre. So gab es nur eine heftige Entladung, Balton Wyt stand sekundenlang in völliger Leere, dann schloss sich die Strukturlücke wieder, durch die das Trümmerstück aus dem Normalraum in den Hyperraum abgestrahlt worden war.
Balton taumelte, lief weiter, wandte sich um und blickte an der Außenzelle der CARTHAGO hinauf. Riesige Löcher mit glühenden Rändern gähnten dort oben. Aus drei Triebwerksöffnungen brodelte glutflüssiges Magma. Soeben schlug eine neue Salve ein und riss den Schiffsrumpf auseinander. Ein Drittel der Landebeine war zerschmolzen. Langsam senkte sich die CARTHAGO auf die Seite. Sie war nicht viel mehr als ein Wrack, aber ihre wenigen Geschütze feuerten immer noch auf den Gegner.
»Verdammt!«, sagte Reginald Bull neben Wyt. »Verdammt!«
Solarmarschall Tifflor kam ruhig näher. Die terranischen Kegelroboter umkreisten die Männer wie Schäferhunde die Herde. Dabei feuerten sie aus allen Rohren auf die wenigen Flugroboter, die das Abwehrfeuer der CARTHAGO und der loyal gebliebenen Kampfroboter durchbrochen hatten.
Sieben mit Robotern besetzte Flugpanzer senkten sich aus dem glutdurchzuckten Himmel herab und bildeten einen lockeren Halbkreis um die führenden Persönlichkeiten des Imperiums und der Freihändler. Einer wurde voll getroffen und setzte hart auf.
Plötzlich schwoll der Gefechtslärm zu einer bislang nicht erreichten Stärke an. Balton vermutete, dass die »umgedrehte« Roboterdivision einen letzten verzweifelten Durchbruch gestartet hatte. Eine glutumtoste Feuerwalze näherte sich. Von drei Seiten jagten loyale Kampfmaschinen auf den Angreifer zu und verwickelten ihn in verlustreiche Kämpfe. Von oben stürzten die robotbemannten Space-Jets immer wieder auf den Gegner herab. Ihre Impulsgeschütze und Desintegratorkanonen räumten auf, aber da jede Roboterdivision über ein eigenes Luft- und Raumabwehr-System verfügte, schlug ihnen heftiges Feuer entgegen.
Balton Wyt sah, wie zwei Space-Jets fast gleichzeitig explodierten und ihre glühenden Trümmer in weitem Umkreis verstreut wurden.
Da senkte sich ein wabernder strahlender Ball lautlos aus der kochenden Atmosphäre. Zahllose Energiebahnen rasten auf ihn zu, aber ihre vernichtende Energie ließ den strahlenden Ball nur noch stärker leuchten.
Balton ahnte, dass sich Ribald Corello in dem strahlenden Ball befand. Der Supermutant war ein so genannter Individualauflader, wie alle Antis des Báalol-Kultes. Er verstärkte den Schutzschirm seines Transportroboters mit Hilfe seiner parapsychischen Begabung um einen Faktor, der zwischen zehn- und vierzigtausend lag. Das machte ihn nicht in jedem Fall unangreifbar, aber die Waffen einer Roboterdivision reichten bei weitem nicht aus, ihn ernsthaft zu gefährden.
Sekunden später explodierte drüben beim Gegner der erste Roboter, ohne dass ihn ein Strahlschuss getroffen hätte. Dem ersten folgten am laufenden Band weitere. Die Abstände zwischen den Explosionen waren teilweise kaum erkennbar. Von seinem Platz aus sah Balton fast nur die Explosionen, doch er wusste, wie sie zustande kamen.
Telepsimation!
Als Telepsimat vermochte Corello beliebige Objekte bis zur Masse von siebenhundertfünfzig Gramm nach Art eines Fiktivtransmitters in andere Objekte hinein zu versetzen. Balton nahm an, dass der Supermutant mit Mikro-Atombomben arbeitete. Das erklärte auch den späten Zeitpunkt seines Eingreifens. Wahrscheinlich hatte er sich erst mit einer ausreichenden Anzahl von Sprengkörpern versorgen müssen.
Innerhalb weniger Minuten brach der feindliche Angriff zusammen, und plötzlich eröffnete auch das Posbischiff das Feuer. Der Fragmentraumer ragte hinter der brennenden CARTHAGO gleich einem gigantischen Gebirge auf. Seine Waffen schlugen so vernichtend zu, dass der Rest der Roboterdivision innerhalb von wenigen Sekunden vernichtet war.
Die jähe Stille wirkte fast betäubend. Benommen klappten die Männer ihre Druckhelme zurück, nachdem ein kurzer Sturm frische kühle Luft zugeführt hatte.
Ribald Corello senkte sich mit seinem Transportroboter neben den Männern auf den Boden. Der Energieschirm war erloschen.
Balton Wyt schritt hinüber, als die Kugelspitze des Roboters sich öffnete und Corellos kleines Gesicht und der monströse Kopf zum Vorschein kamen.
»Vielen Dank, Corello«, sagte Balton und blickte in die großen grünen Augen des Mutanten. »Wir sind Ihnen sehr dankbar für Ihr wirksames Eingreifen.«
»Es kam nur etwas spät, Wyt«, antwortete Ribald mit seiner schrillen Stimme. »Ich ahnte ja nicht, dass wir mitten auf TERCHO angegriffen werden könnten und hatte natürlich nur einige Mikrobomben bei mir.«
Hinter Wyt krachten die letzten Landestützen der CARTHAGO zusammen. Die Kugelzelle prallte auf den Platzbelag und verursachte einen kurzen Glut- und Funkenregen. Einige Roboter schwebten auf Antigravfeldern aus Schotten und Einschusslöchern. Aus der Ferne ertönte das Heulen von Sirenen. »Wieviel Mann waren auf dem Schiff?«, fragte Balton mit belegter Stimme.
Solarmarschall Tifflor lächelte.
»Drei, und die stehen hier. Alle anderen, einschließlich des Kommandanten, waren Roboter – sonst lebten wir wahrscheinlich nicht mehr.«
Irgendwo am Platzrand feuerte ein Impulsgeschütz, verstummte aber sofort wieder. Aus dem Himmel taumelte ein eiförmiges Fahrzeug herab. Das Heck glühte kirschrot. Ein Luk sprang auf, und eine Gestalt im Raumanzug schoss mit Hilfe seiner Tornisteraggregate davon. Wenig später schlug das Fahrzeug auf und zerbrach in drei Teile.
Die Gestalt flog auf Balton Wyt zu, landete wenige Schritte vor ihm und schaltete seine Aggregate ab. Balton bemerkte verwundert, dass die Gestalt höchstens 1,40 Meter groß war. Als sie ihren Helm zurückschlug, sah er in ein schmales, goldbraunes Gesicht mit scharfgekrümmter Nase, aus dem ihm zwei blaue Augen zornig entgegenstanden.
»Was ist das für ein Empfang für einen friedfertigen Menschen!«, dröhnte ein tiefer Bass. »Zuerst schießt eine Space-Jet mein Raumschiff ab, dann wird mein Rettungsboot zerstört. Sind Sie etwa der Oberhäuptling der Freibeuter hier?«
Balton Wyt schluckte und suchte nach Worten.
Galbraith Deighton kam ihm zuvor. Der Solarmarschall schien hochgradig erregt zu sein. Seine Stimme schwankte, als er fragte: »Sind Sie Major Patulli Lokoshan, Mann?«
Das goldbraune Gesicht verzerrte sich.
»Nein, Mann! Aber ich suche meinen Enkel. Eine dringende Familienangelegenheit erfordert, dass er mir sofort nach Kamash folgt. Ich will doch hoffen, dass Sie mir mein Schiff ersetzen.«
»Selbstverständlich«, erwiderte der SolAb-Chef. »Aber Patulli Lokoshan ist zur Zeit unerreichbar. Sie sind sein Großvater?«
Der kleine Mann reckte sich stolz. Er sah aus wie Patulli, aber die tiefen Furchen und die Falten seines Gesichtes waren unübersehbar. Sein blanker Schädel hatte nur noch wenige Fäden grünen Haares.
»Ich bin Lesska Nanaronsowje Kelimont Sagrimat Lokoshan, Faunameister von Kamash. Wäre mir hier etwas zugestoßen, hätte Kamash sich aus dem Imperiumsverband gelöst. Vielleicht überzeugt Sie das davon, dass ich eine wichtige Persönlichkeit bin, die überall diplomatische Immunität genießt, nur nicht auf dem Planeten der Freiräuber, wie ich erfuhr.«
»Ich bitte um Entschuldigung, Exzellenz«, sagte Balton Wyt und trat einen Schritt vor. »Olymp erlebt gerade eine Invasion, daher das kleine Missverständnis. Ich werde dafür sorgen, dass Sie vollen Schadenersatz erhalten – oder Ihre Angehörigen, falls Sie auf Olymp umkommen sollten.«
»Umkommen – ich, hier?«, fuhr Lesska Lokoshan auf. »Bringen Sie mich sofort in Sicherheit! Wer sind Sie überhaupt?«
Balton stellte sich vor und nannte seine derzeitige Amtsbezeichnung.
»Ich fahre mit Ihnen in den Kaiserlichen Palast, Exzellenz«, fügte er hinzu. »Leider gibt es auf Olymp zur Zeit keine absolute Sicherheit, aber das erkläre ich Ihnen später.«
»Das will ich auch hoffen«, antwortete der Kamashite und zuckte zusammen, als eines der weit entfernten Raumhafengebäude von einer Kernexplosion zerstört wurde. »Ein Lärm ist das hier«, murmelte er.
*
Balton Wyt hatte den Kamashiten der Obhut von Phyl Amant übergeben. Der Sekretär des Kaisers sollte Lesska Lokoshan in einer gut abgeschirmten Zimmerflucht unterbringen und dafür sorgen, dass er ständig überwacht wurde. Wyt war nicht bereit, den Besucher als harmlos anzusehen, ehe das von Terra angeforderte Dossier der Solaren Abwehr eingegangen war.
Nun saß er in einem abhörsicheren Konferenzraum seinen terranischen Besuchern gegenüber. Reginald Bull hatte einen Kognak getrunken, vor Julian Tifflor stand eine Tasse Kaffee, und Ribald Corello trank genießerisch die warme Milch, die ein Dienstroboter ihm reichte. Galbraith Deighton dagegen saß mit gekreuzten Armen in seinem Sessel und starrte düster vor sich hin.
Staatsmarschall Bull brach die Stille zuerst. Er blickte den Regierenden Gouverneur an und fragte: »Wie geht es dem Kaiser, Wyt?«
Balton lächelte hintergründig und antwortete: »Die Bergungsarbeiten werden mit Hochdruck vorangetrieben, Sir. Da man vor einigen Minuten zum ersten Mal Funkimpulse des Kaisers auffing, wird er wahrscheinlich heute noch geborgen werden können.
Ich nehme an, Majestät hat die Explosion seiner Geheimstation halbwegs wohlbehalten überstanden, wie er beispielsweise den Strahlschuss überstand, den ich gegen seine Beine abfeuerte. Sein Kern scheint recht hart zu sein.«
Reginald Bull räusperte sich verlegen, dann sagte er: »Wie ich erkenne, muss ich Sie in das Geheimnis des Freifahrerkaisers einweihen. Er ist in Wirklichkeit ein Superroboter vom Typ Vario-500, und sein Gehirn besteht aus einem vollwertigen positronischen und einem ebenfalls vollwertigen plasmatischen Teil.«
Balton nickte langsam.
»Und da beide Gehirnhälften den Körper gemeinsam beherrschen, wurde er durch die Übernahme des Plasmateils schizophren. Argyris lief regelrecht Amok.«