Thomas Mann
Süßer Schlaf!
Essay/s
Fischer e-books
In der Textfassung der
Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe
(GKFA)
Mit Daten zu Leben und Werk
Textgrundlage: Thomas Mann, Große kommentierte Frankfurter Ausgabe, Band 14.1: Essays I (1893-1914), herausgegeben und textkritisch durchgesehen von Heinrich Detering unter Mitarbeit von Stephan Stachorski. Frankfurt am Main 2002. Erstdruck dieses Textes in: Neue Freie Presse (Wien), 30. Mai 1909.
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ISBN 978-3-10-400360-3
Daß täglich die Nacht sinkt, daß über Qual und Drangsal, Leiden und Bangen sich allabendlich stillend und löschend die Gnade des Schlafes breitet, daß stets aufs neue dieser Labe- und Lethetrank unseren verdorrten Lippen bereit ist, aufs neue stets, nach dem Kampf, dies milde Bad unseren zitternden Leib umfängt, damit er, gereinigt von Schweiß, Staub und Blut, gestärkt, erneuert, verjüngt, fast unwissend wieder, fast mit der ursprünglichen Tapferkeit und Lust daraus hervorgehe – Freund! ich habe das immer als die gütigste und rührendste der großen Tatsachen empfunden und anerkannt. Wir treten, Geschöpfe des blinden Dranges, aus leidloser Nacht in den Tag und wandern. Die Sonne sengt uns, wir schreiten auf Dornen und spitzem Gestein, unsere Füße bluten, unsere Brust keucht. Entsetzen, wenn die glühende Straße der Mühsal ungeteilt, ohne vorläufiges