Thomas Mann
Vorwort zu einem Roman
Essay/s
Fischer e-books
In der Textfassung der
Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe
(GKFA)
Mit Daten zu Leben und Werk
Textgrundlage: Thomas Mann, Große kommentierte Frankfurter Ausgabe, Band 14.1: Essays I (1893-1914), herausgegeben und textkritisch durchgesehen von Heinrich Detering unter Mitarbeit von Stephan Stachorski. Frankfurt am Main 2002. Erstdruck dieses Textes in: Süddeutsche Monatshefte, November 1913, S. 235-239.
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ISBN 978-3-10-400398-6
»Liebe zu sich selbst«, hat, ich weiß nicht mehr welcher Autor gesagt – es war ein geistreicher Autor, soviel ist sicher – »Liebe zu sich selbst ist immer der Anfang eines romanhaften Lebens.« Liebe zu sich selbst, so kann man hinzufügen, ist auch der Anfang aller Autobiographie. Denn der Trieb eines Menschen, sein Leben zu fixieren, sein Werden aufzuzeigen, sein Schicksal literarisch zu feiern und die Teilnahme der Mit- und Nachwelt leidenschaftlich dafür in Anspruch zu nehmen, hat dieselbe ungewöhnliche Lebhaftigkeit des Ichgefühls zur Voraussetzung, die, nach jenem Autor, ein Leben nicht nur subjektiv zum Roman zu stempeln, sondern auch objektiv ins Interessante und Bedeutende zu erheben vermag. Das ist etwas Stärkeres, Tieferes und Produktiveres als »Selbstgefälligkeit«. Es ist in den schönsten Fällen das dankbar-ehrfürchtige Erfülltsein der Götterlieblinge von sich selbst, wie es mit unvergleichlich innigem Nachdruck aus den Zeilen spricht:
»Alles geben die Götter, die unendlichen,
Ihren Lieblingen ganz:
Alle Freuden, die unendlichen,
Alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.«