Nr. 523
Die Planetenräuber
Alle haben Angst um Gucky – der Mausbiber macht ein gefährliches Experiment
von CLARK DARLTON
Seit dem Tag, als die Katastrophe über fast alle Intelligenzwesen der Galaxis hereinbrach, ist über ein Jahr vergangen. Doch immer noch besteht keine echte Aussicht, den mysteriösen Schwarm an seinem Flug durch die Galaxis zu hindern oder die vom Schwarm ausgehende Manipulation der 5-D-Konstante, die bei den meisten Lebewesen eine Retardierung der Intelligenz hervorruft, rückgängig zu machen.
Perry Rhodan und seine immunen Gefährten lassen jedoch nichts unversucht, dem Geheimnis des Schwarms auf die Spur zu kommen. Von einigen Abstechern abgesehen, hält sich der Großadministrator mit der GOOD HOPE II fast ständig in der Nähe des Schwarms auf, um Informationen zu sammeln und Untersuchungen anzustellen.
Immerhin haben die Terraner bei dieser Tätigkeit schon einige beachtliche Erfolge erzielt. Allerdings ist ihr Wissen über Sinn und Ziel des Schwarms und über die eigentlichen Beherrscher der wandernden Kleingalaxis noch sehr lückenhaft.
Mausbiber Gucky beschließt, das Wissensgut über den Schwarm zu erweitern. Obwohl seine Gefährten ihn warnen, lässt er sich auf ein gefährliches parapsychisches Experiment ein und nimmt Kontakt mit einem alten Freund auf, der längst als verschollen gilt.
Und dann fliegt Gucky los, um DIE PLANETENRÄUBER zu überlisten ...
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Der Großadministrator macht sich Sorgen um Gucky.
Gucky – Der Mausbiber wagt ein parapsychisches Experiment.
Ribald Corello – Guckys Helfer.
Ras Tschubai, Toronar Kasom und Alaska Saedelaere – Guckys Gefährten.
Harno – Ein Wesen aus Raum, Zeit und Energie.
Jäger und Alter Herr – Zwei Bewohner eines Eisplaneten.
Nicht alles, was du siehst, ist Wirklichkeit.
Und vieles, was wirklich ist, kannst du nicht sehen ...
1.
Die Kreise waren bunt und schillerten in allen Farben, die er sich nur vorzustellen vermochte. Sie drehten sich, einige langsam und bedächtig, andere wieder rasend schnell, so dass er ihren Lauf kaum mit den Augen verfolgen konnte. Sie überschnitten sich in der Peripherie, gingen manchmal ineinander über, verschmolzen zu abstrakten Einheiten und bildeten rätselhafte Muster.
Dazu ertönte eine seltsame Musik – wenn es Musik war, die er hörte. Nach einer gewissen Zeitspanne vermochte er sogar eine Harmonie zu erkennen, verbunden mit einer rhythmischen Wiederholung, die er wiederum als Melodie zu identifizieren versuchte.
Farben und Töne vermischten sich zu einer sphärischen Sinfonie irrealer Phantastik, so als befinde er sich in einem rauschähnlichen Zustand, was der Wahrheit vielleicht am nächsten kam. Aber es war ein fünfdimensionaler Rausch ohne materielle Stimulanz.
Er schwebte im Nichts, nicht einmal im vierdimensionalen Nichts.
Es gab ihn nicht mehr, und doch existierte er.
Er existierte fünfdimensional.
Und dann vernahm er wieder die Stimme, die schon einmal zu ihm gesprochen hatte, lautlos und ohne Ton, aber doch deutlicher als jedes gesprochene Wort vermochte sie ihm Gedanken und Begriffe mitzuteilen. Gedanken und Begriffe sehr realer Art ...
Die Zeit hat keinen Wert mehr für dich, so wie du nun auch den Raum überwunden hast. Du wolltest den Kontakt mit mir – nun hast du ihn. Ich habe dich ebenfalls gesucht, denn ich brauche deine Hilfe.
Er wollte antworten, aber dann entsann er sich, dass die Stimme ihn auch hören konnte, wenn er nur dachte – stark und konzentriert dachte. Er wusste nicht, wie weit die Stimme entfernt war – oder das, was zu der Stimme gehörte. Hundert Lichtjahre? Tausend Lichtjahre? Oder ganz einfach tausend Jahre?
Du brauchst meine Hilfe? Ich wollte deine!
Immer rasender wurde der Wirbel der farbigen Kreise. Er, der raum- und zeitlos inmitten der chaotischen Unwirklichkeit schwebte, ließ sich für einen Augenblick ablenken.
Für einen Augenblick? Vielleicht für Jahrzehnte oder Jahrtausende, er wusste es nicht.
Die Sphärenmusik war leiser geworden. Dafür wirbelten die Kreise schneller und schneller, verschmolzen nun zu einem farbigen Universum wogender Buntheit, das erste Konzentrationen zu bilden begann.
Kugeln, riesige und bunte Kugeln. Keine Kreise mehr ...
Ich bin ein Gefangener, teilte die Stimme mit. Energetische Felder halten mich und lassen mich nicht mehr frei. Selbst die Zeit steht still für mich, obwohl ich sie sonst beherrschte, und nicht sie mich. Wo bist du? Wann bist du ...?
Er konnte nicht sofort antworten, denn die Nachricht schockierte ihn. Wie konnte er jemand um Hilfe bitten, der selbst der Hilfe so dringend bedurfte? Er konnte den Blick nicht von den schwebenden bunten Kugeln abwenden, die alle Farben aufzusaugen schienen, bis der Raum dunkel und schwarz wurde. Die Musik war endgültig verstummt.
Er fühlte sich wieder allein.
Ich bin hier! Und jetzt!
Jetzt – das ist immer. Die Geburt des Universums fällt mit seinem Ende zusammen – zeitlich gesehen. Ich kann es dir beweisen, mein kleiner Freund, wenn du es verlangst. Ich kann es sogar jetzt, wo ich gefangen und hilflos bin, denn meine Wächter haben keine Gewalt über die Zeit. Sie haben nur das von mir, was Materie ist. Aber selbst sie möchte ich nicht für immer verlieren.
Eine der Kugeln, ein riesiger, blauer Ball, kam langsam auf ihn zu, so als wolle er ihn verschlingen. Er vermochte nichts dagegen zu tun, und vielleicht wollte er es auch nicht. Seine Neugier war stärker als seine Furcht. Er wusste noch, dass er jetzt und hier nicht sterben konnte, denn das, was sterblich war, besaß er nicht mehr.
Aber er begann es bereits zu vergessen ...
Die Furcht wurde wieder stärker.
Eine blaue Sonne – ich stürze in sie hinein, Freund! Hilf mir!
Die Stimme war sofort wieder da und beruhigte ihn:
Die Sonne besteht aus Energie, so wie du auch. Dir wird nichts geschehen. Dir kann nichts geschehen! Du wirst ein Teil der Sonne – du wirst diese Sonne selbst sein. Du hast ihre Geburt erlebt, und du wirst auch ihren Tod miterleben. Jahrmilliarden, die dir wie Minuten erscheinen. Und in deiner anderen Wirklichkeit werden es nur Sekunden sein, in denen dein Herz vielleicht nur einmal schlägt.
Die blaue Sonne füllte den Raum aus. Ihre Energiefinger waren wie Zungen, die nach ihm leckten und die ihn zu umschlingen drohten. Instinktiv wollte er sich dagegen wehren, aber dann erlahmte sein Widerstand. Die Stimme war wieder da:
Ruhig, ganz ruhig. Dir geschieht nichts. Du weißt selbst, dass du immer wieder nach dort zurückkehren kannst, von wo – und von wann – du gekommen bist. Aber du hättest nichts gewonnen, gar nichts! Deine Suche wäre vergebens gewesen, und alles müsste noch einmal von vorn beginnen. Willst du das?
Nein, das wollte er nicht! Es war schwer genug gewesen, den Übergang zu schaffen – den Übergang von materieller zur energetischen Existenz. Der Übergang von der dritten und vierten Dimension zur fünften – und in ihr zu bleiben.
Er fiel in die blaue Sonne hinein, aber er spürte nicht ihre flammende Hitze, ihre versengende Kraft, die alles verzehrte. Nur ihn nicht, denn er war ein Teil dieser Sonne geworden.
Er fiel bis zum Mittelpunkt, dann hielten ihn die Gravitationsfelder in der Schwebe.
Haben wir noch Kontakt?, dachte er.
Wir werden ihn nie verlieren, antwortete die Stimme. Erlebe!
Und er, der nun die Sonne selbst war, er lebte ...
*
Die Fliehkraft, hervorgerufen durch die schnelle Rotation, war größer als die Kräfte des Zusammenhalts, die Gravitation. Immer mehr Gaswolken – oder Wolken aus purer Energie – wurden fortgeschleudert, entfernten sich jedoch meist nicht so weit, dass sie nicht von der nun blassblauen Riesensonne wieder eingefangen werden konnten.
Sie begannen, sie in regelmäßigen Bahnen zu umkreisen und schnell abzukühlen. Aber sie verdichteten sich nicht zu fester Materie, sondern zu kalter Energie.
Sie wurden zu Planeten aus Energie.
In diesem Universum gab es nur Energie, keine Materie. Es war ein fünfdimensionales Universum. Ein unmögliches Universum ...
Nicht mehr für ihn, der oftmals schon Sekundenbruchteile in diesem Universum gewesen war, um unvorstellbare Entfernungen in Nullzeit zurückzulegen. Diesmal jedoch war es ihm gelungen, diesen Zustand permanent zu machen. Er blieb energetisch im Nicht-Existenten.
Die Sonne wurde blassblau, dann weiß und schließlich gelb.
Jahrmillionen mussten vergangen sein.
Die Planeten, sieben an der Zahl, waren fest geworden, feste Energie, die von Kraftfeldern zusammengehalten wurde. Sie unterschieden sich rein äußerlich nicht von materiellen Welten, wie er sie kannte.
Er wollte sie sehen, vielleicht betreten.
Er rief die Stimme: Kontakt?
Kontakt hergestellt, kleiner Freund.
Die Planeten der Sonne – ich sehe sie. Sind es Welten, wie ich sie kenne? Gibt es Leben auf ihnen, oder wird es einmal entstehen?
Statt jeder Antwort entließ ihn das gewaltige Gravitationsfeld der nun gelben Sonne. Eine riesige Protuberanz schleuderte ihn hinaus in den Raum, und bald schon geriet er in das Schwerefeld des vierten Planeten, der ihn anzog und in die Kreisbahn lenkte.
Sein eigener Wille ließ ihn dann zur Oberfläche hinabsinken, wo er sanft landete.
Da stand er nun, scheinbar körperlich und real vorhanden, in der leeren Wüste einer toten Welt. Es gab keine Atmosphäre, aber er benötigte auch keine. Er atmete nicht, er existierte nur.
Der Boden unter seinen Füßen – er besaß wirklich Füße! – war fest und sicher. Er konnte ihn spüren, so wie er seinen Körper spüren konnte. Die Kräfte der Gravitation waren normal; sie ließen ihn nicht los, aber sie zwangen ihn auch nicht in die Knie. Er stand da, einsam und wirklich allein. Über ihm war die Sonne, nun mehr weiß als blau, groß und heiß. Ihre strahlende Helligkeit hatte die Sterne verlöschen lassen, die am Himmel stehen mussten. Sie stand in einem schwarzen Kreis, an dessen Rand erst matt und schüchtern leuchtende Sterne sichtbar wurden.
Vorsichtig, so als habe er Angst, in den Boden zu sinken, tat er einige Schritte in Richtung auf das flachgestreckte Hügelland zu, das die Sicht zum westlichen Horizont versperrte. Ihm war, als käme von dort wieder die seltsame Musik, die er vor der Schöpfung des fünfdimensionalen Universums gehört hatte. Vielleicht war alles nur Einbildung und existierte lediglich in seiner Phantasie, auch die blaue Sonne und dieser tote Planet, aber er sah alles und spürte alles.
Er sah auch die Veränderungen der Planetenoberfläche, während am Himmel die Sonne langsam zu verblassen begann und gelblich wurde, ohne sich jedoch vom Fleck zu rühren.
Neue Gebirge entstanden, während die vorhandenen flacher wurden und scheinbar im Boden versanken. Vulkane brachen aus und schleuderten gewaltige Gasmassen in den Himmel, bis sie allmählich eine dünne Atmosphäre zu bilden begannen. Sie verflüchtigte sich nicht in den Raum, denn die Schwerkraft des namenlosen Planeten hielt sie fest.
In den Senken begann sich Flüssigkeit anzusammeln, die vom Himmel fiel. Es regnete. Meere entstanden – flache und warme Urmeere, während die Atmosphäre dicker und höher wurde.
Er, für den die Jahrmillionen wie Minuten waren, wurde Zeuge der Entstehung des Lebens – und es war kein energetisches, sondern richtiges, materielles Leben, wie er es kannte. Winzige Sporen, die eingekapselt und in Totenstarre gefallen, Tausende von Lichtjahren zurückgelegt hatten, wurden vom Schwerefeld des Planeten eingefangen und sanken durch die Atmosphäre der Oberfläche entgegen, bis sie ins Meer tauchten, ihre Schalen aufweichten und sie selbst wieder zum Leben erwachten.
Er fragte sich vergebens, woher die Sporen kamen. Sicher, von einer anderen, bereits bewohnten Welt. Aber vorher ...? Irgendwann und irgendwo einmal musste es die erste Spore gegeben haben!
Wenig später bereits – von seinem zeitlichen Standpunkt aus gesehen – waren die Meere belebt. Krebse, Muscheltiere, Fische, die ersten Lurche, die auch auf dem Land zu leben versuchten. Dann immer mehr Tiere, die das Land eroberten, bis auch dort der Kampf ums Dasein begann und die stärkere Art überleben ließ.
Inzwischen veränderte sich die Zusammensetzung der Atmosphäre, denn weite Ebenen waren nun mit dichter, dschungelartiger Vegetation bedeckt. Die Fotosynthese erzeugte Sauerstoff, denn der Energieträger Chlorophyll war vorhanden. Das Leben stellte sich um, es passte sich den neuen Verhältnissen an. Damit bildeten sich alle Voraussetzungen zur Entwicklung der Intelligenz ...
Er selbst blieb von alledem unberührt. Obwohl er vermeinte, körperlich in dieser Welt zu existieren, obwohl er Hitze und Kälte und auch den festen Boden spürte, bemerkte ihn niemand. Er war für alles Leben unsichtbar, nicht vorhanden. Die Zeit raste an ihm vorüber, der Zukunft entgegen – und sie riss ihn mit.
Freund!, rief er die Stimme. Was zeigst du mir? Warum zeigst du es mir? Ich war gekommen, um deine Hilfe für uns zu erbitten, und dann benötigst du selber Hilfe. Und nun das ...!
Über Jahrmillionen hinweg erhielt er die Antwort:
Zeit, kleiner Freund, kann auch nur eine Illusion sein, aber wir glauben an sie, darum altern wir. Ist also auch das Altern nur eine Illusion? Natürlich nicht, wenigstens nicht für den Sterblichen. Ich will damit sagen: jede Krankheit wird durch Illusion und Suggestion real – und der Tod ist auch nur eine Krankheit, mehr nicht. Dieser Planet ist wie alle Welten krank. Kaum geboren, verurteilt sich das Leben auf ihm selbst zum Tode – das ist es, was ich dir zeigen will.
Aber die Gefahr, die unsere Galaxis bedroht – der Schwarm –, er ist keine Illusion, er ist real! Wir verlieren nur Zeit ...
Wir können niemals die Zeit verlieren, weil es sie in diesem Sinne nicht gibt. Wir können sie einholen oder ihr entgegeneilen – wie wir es wünschen. Wir steigen in sie ein, wann immer wir wollen. Wenn du zu deinen Freunden zurückkehrst, wird nichts versäumt sein. Nichts!
Die Stimme zog sich zurück.
Er war wieder einsam, mitten unter dem sich entwickelnden Leben der nun nicht mehr leeren und toten Welt. Die Sonne war gelb geworden. Dörfer und Städte entstanden, und die beherrschende Intelligenz entdeckte die Technik. Bald stiegen ihre ersten Raumschiffe in den blauen Himmel und erreichten die anderen Planeten des Systems. Und als sie Besuch aus dem Kosmos erhielten, waren sie noch nicht reif für den ersten Kontakt. Der Krieg löschte sie aus.
Die Welt war wieder leer und tot, und sie war für lange Zeit nicht bewohnbar.
Die Sonne färbte sich rötlich, als der ewige Kreislauf erneut begann. Aber als eine neue intelligente Art die Welt bevölkerte, war es eine sterbende Welt. Die Strahlen der altersschwachen Sonne genügten nicht mehr, das Leben zu erhalten. Noch ehe die Flucht in den Raum gelang, wurde die fast erkaltete Sonne zu einer aufflammenden Nova, die alle Planeten bis zum sechsten verschlang.
Dann erlosch die Sonne, als sei sie gesättigt.
Er aber, Zeuge des Geschehens, schwebte wieder körperlos im Raum zwischen den anderen Sternen, die einem ähnlichen Schicksal entgegenloderten.
*
Etwas drängte sich in sein Bewusstsein.
Zuerst wollte er sich instinktiv dagegen wehren, aber dann ahnte er, dass es die Stimme war, die wieder Kontakt mit ihm aufnehmen wollte.
Er gab den Widerstand auf und empfing bereitwillig die Gedankenimpulse.
Du hast Geburt, Leben und Tod eines Sterns erlebt, mein Freund. Real erlebt! Es gab diese Welt wirklich – es gibt sie noch! Sie ist voller Hoffnung, und bald wird die erste Rakete in den Himmel steigen. Was dann geschieht, ist unvermeidbar. Es ist bereits geschehen – in der Zukunft. Niemand kann es ändern.
So ist unser Schicksal vorausbestimmt? Macht das nicht alles Tun und Streben sinnlos? Warum bitte ich dich um Hilfe, wenn bereits das, was ich vermeiden will – der Untergang – geschehen ist?
Er ist in einer der möglichen Daseinsebenen geschehen, mein Freund, aber nicht in allen anderen möglichen. Jedes Eingreifen verändert die bestehenden Möglichkeiten, auch wenn sie schon eingetreten sind. Darum – und das vergiss niemals! – ist jedes Streben sinnvoll!
Wie kann ich dir helfen?
Nicht durch den geistigen Kontakt, den wir glücklicherweise herstellen konnten, wenn er mir auch ermöglicht, dir die Situation ein wenig klarzumachen. Nur die Tat kann helfen – dir und euch. Entspanne dich jetzt, mein Freund, ich werde dir zeigen – oder es zumindest versuchen –, wo ich bin und was ich bin. Der Versuch kann misslingen, dann musst du dich sofort aus meinem Bewusstsein zurückziehen. Tue es, bevor es zu spät ist, willst du mir das versprechen? Fliehe, wenn ich dich darum bitte, und versuche später zurückzukehren.
Er versprach es und spürte, wie sich die Stimme aus ihm zurückzog. Aber der Kontakt wurde diesmal nicht völlig unterbrochen. Ihm war, als hielte ihn jemand fest und versuchte, ihn mitzunehmen, und willig versuchte er zu folgen. Sein Vertrauen in die Stimme des Freundes war unbegrenzt, denn die Stimme war der Freund.
Die Sterne wanderten wie leuchtende Striche an ihm vorbei, als er das Universum durchfiel. Galaxien wurden zu wirbelnden Feuerrädern, dann zu still und ruhig leuchtenden Lichtpunkten in unendlichen Fernen. Diesmal wurde keine Zeit, sondern nur der Raum durcheilt.
Bis eine neue Galaxis vor ihm auftauchte und näherkam.
Er stürzte in sie hinein. Die Lichtwolke löste sich in Millionen von Sternen auf, aber sie waren es nicht, deren Anblick ihn faszinierte, sondern es war ein merkwürdiges, zusammenhängendes Gebilde, das Tausende von Lichtjahren lang war und mit großer Geschwindigkeit in die Galaxis eindrang. Es bestand aus unzähligen Energieblasen, die Planeten, Sonnen und riesige Raumschiffsansammlungen umgaben und ineinander übergingen.
Der Schwarm!
Und er, jetzt wieder körperlos und nur Bewusstsein, raste in diesen Schwarm hinein, passierte ungehindert die ersten Energieschirme – und sah plötzlich nichts mehr.
Dafür fühlte er.
Ein ungeheurer Schmerz durchpulste ihn, quälte sein Bewusstsein und drohte es auseinanderzusprengen. Er besaß keinen Körper, aber er spürte den Schmerz mit einer Intensität, die er sich vorher niemals hätte vorstellen können. Der mentale Schmerz war größer als jeder körperliche. Er war schlimmer als jeder Tod.
Freund, warum hilfst du mir nicht? So hilf mir doch ...!
Die Stimme war sofort da, ruhig und trostreich, zuverlässig.
Ich kann dir nicht helfen, denn du bist ich. Unsere beiden Identitäten verschmolzen zu einer, so wie auch dein Bewusstsein und mein Bewusstsein eins wurden. Was ich fühle, das fühlst auch du. Verstehst du nun, warum ich dein Kommen herbeisehnte?
Schmerzen! Die Stimme hatte Schmerzen, und er auch. Er war die Stimme, und die Stimme war er.
Energiewirbel umtosten ihn. Sie waren es, die sein Bewusstsein durchdrangen und die Schmerzen verursachten. Sie hielten ihn (oder die Stimme) gefangen und ließen ihn nicht mehr los. Er war in einem fünfdimensionalen Gefängnis.
Ich bin du. Wie sollte ich dich befreien können?