Nr. 524
Die Gelben Eroberer
Mausbiber Gucky auf dem Kristallplaneten – dem Gefängnis der Mutanten
von CLARK DARLTON
Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man Mitte Februar des Jahres 3442. Seit dem Tag, als die Katastrophe über fast alle Intelligenzwesen der Galaxis hereinbrach, ist somit über ein Jahr vergangen. Doch immer noch besteht keine echte Aussicht, den mysteriösen Schwarm an seinem Flug durch die Galaxis zu hindern oder die vom Schwarm ausgehende Manipulation der 5-D-Konstante, die bei den meisten Lebewesen eine Retardierung der Intelligenz hervorruft, rückgängig zu machen.
Perry Rhodan und seine immunen Gefährten lassen jedoch nichts unversucht, dem Geheimnis des Schwarms auf die Spur zu kommen. Von einigen Abstechern abgesehen, hält sich der Großadministrator mit der GOOD HOPE II fast ständig in der Nähe des Schwarms auf, um Informationen zu sammeln und Untersuchungen anzustellen.
Immerhin haben die Terraner bei dieser Tätigkeit schon einige beachtliche Erfolge erzielt. Allerdings ist ihr Wissen über Sinn und Ziel des Schwarms und über die eigentlichen Beherrscher der wandernden Kleingalaxis noch sehr lückenhaft.
Mausbiber Gucky beschließt, das Wissensgut über den Schwarm zu erweitern. Obwohl seine Gefährten ihn warnen, lässt er sich auf ein gefährliches parapsychisches Experiment ein und nimmt Kontakt mit einem alten Freund auf, der längst als verschollen gilt.
Und dann fliegt Gucky los, und seine Expedition stößt auf DIE GELBEN EROBERER ...
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Der Großadministrator wartet auf Gucky.
Gucky – Der Mausbiber will einen Freund befreien.
Ras Tschubai, Alaska Saedelaere und Toronar Kasom – Guckys Gefährten und Mitstreiter.
Harno – Gefangener des Kristallplaneten.
Das Y'Xanthomrier – Eine Statue erwacht zum Leben.
1.
Die letzte Transition hatte den Schwarm weit in die Milchstraße vorstoßen lassen. Seitdem flog er mit halber Lichtgeschwindigkeit weiter, änderte mehrmals seine Richtung, hielt jedoch generell entweder auf Quinto-Center oder aber das Zentrum der Milchstraße zu.
Es war keine neue Transition erfolgt.
Dafür begann der Schwarm, Sonnensysteme zu stehlen.
Optisch betrachtet konnte der Schwarm als eigene, künstlich geformte Galaxis bezeichnet werden, die mit fünfzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit in eine andere Galaxis, eben unsere Milchstraße, eindrang. Er bestand aus eingefangenen Sonnen, deren Planeten und einer vorerst nicht zu bestimmenden Anzahl von fremden Raumschiffen, die zum Teil von undurchdringlichen Energieschirmen umgeben waren.
Ein weit größerer Energieschirm, dessen Erzeugung unvorstellbare Kraftreserven erforderte, umgab den gesamten Schwarm. An seinem Kopfende, das achthundertzwanzig Lichtjahre breit war, öffnete er sich nur dann, wenn neue Sonnensysteme eingefangen wurden. Sie wurden durch spezielle Energiefelder allmählich auf die Schwarmgeschwindigkeit beschleunigt.
Der Schwarm selbst war bald elftausend Lichtjahre lang, in der Mitte maß er nahezu zweitausend Lichtjahre im Durchmesser.
Eine künstliche Kleingalaxis, in ihrer Gesamtheit von noch unbekannten Intelligenzen erschaffen und gesteuert, ein gigantisches Raumschiff, das aller Wahrscheinlichkeit nach von Welteninsel zu Welteninsel eilte, geeignete Planeten stahl, sich somit selbst mit allen notwendigen Rohstoffen versorgte – und einem noch unbekannten Endziel entgegenflog.
Alles in allem ein Phänomen, wie es in diesem Ausmaß noch niemals beobachtet worden war. Doch das war nicht alles.
Dem Schwarm voraus eilte eine Verdummungswelle, die durch eine Veränderung der fünfdimensionalen Gravitationskonstante hervorgerufen wurde. Erste Vermutungen besagten, dass diese Verdummungswelle dazu diente, intelligente Lebewesen davon abzuhalten, die Natur des Schwarms zu untersuchen oder ihn gar anzugreifen. Eine Vermutung, die sich nur zum Teil als absolut stichhaltig erwies, denn gewisse Ereignisse ließen darauf schließen, dass diese Veränderung der 5-D-Konstante nur einen einzigen Zweck hatte: den Unsterblichen vom Planeten Wanderer auszuschalten!
Damit wurde ES zur Schlüsselfigur des kosmischen Geschehens.
So gewaltig und unglaublich all diese Ereignisse auch sein mochten, die Resultate des Erscheinens der künstlichen Galaxis blieben harte und furchtbare Realität. Zivilisationen brachen zusammen, Sternenreiche drohten zu zerfallen, Bündnisse besaßen keine Gültigkeit mehr, einer ganzen Galaxis stand der Untergang bevor.
Und das alles nur, um ein einziges Lebewesen – wenn es ein Lebewesen im Sinne des Wortes war – zu vernichten ...?
Perry Rhodan, Großadministrator des Solaren Imperiums, gab nicht so leicht auf. Er rettete ES aus einer verzweifelten Situation und beschloss, nicht mehr länger abzuwarten. Es gab nur ein einziges Mittel, die wahren Absichten des Schwarms und seiner Herrscher herauszufinden: Angriff!
Damit war kein militärischer Angriff gemeint, weil ein solcher schon zu Beginn zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Es gab keine Macht, die den Schwarm hätte besiegen können.
Es gab nur die List.
Und es gab die Mutanten.
Nur so war es möglich, dass Rhodan dem Plan des Mausbibers Gucky zustimmte, als dieser durch ein gewagtes Experiment mit dem Energiewesen Harno Verbindung erhalten hatte.
Damals standen die beiden Schiffe GOOD HOPE II und INTERSOLAR nahe beim Schwarm, und als Gucky aus einer todesähnlichen Starre erwachte, berichtete er seine Erlebnisse während der Zeit, in der sich sein Bewusstsein vom Körper getrennt hatte. Und er machte seinen entscheidenden Vorschlag, der schließlich von Rhodan akzeptiert wurde.
Damals berichtete Gucky: »Ich weiß, dass ich ein großes Risiko einging, aber es war mein Plan, Harno zu suchen. Warum? Die Antwort liegt auf der Hand, Perry. Der Schwarm birgt eine Gefahr, vor der selbst der Unsterbliche von Wanderer nicht sicher ist. Was also lag näher als die Vermutung, dass auch Harno von ihr betroffen wurde? Aber noch eine zweite Vermutung scheint logisch: wenn überhaupt noch jemand helfen kann, dann Harno! Ich sprach mit Ribald Corello, der mir später dabei half, Geist und Körper räumlich und zeitlich zu trennen. Die Entstofflichung auf Zeit war schwierig, aber sie gelang mir. Mein Bewusstsein löste sich von meinem Körper, und ich schwebte frei im Raum, zwischen den Universen. Ich rief Harno, aber erst nach langer Zeit erhielt ich Kontakt mit ihm. Er ist ein Gefangener des Schwarms.«
Diese Mitteilung hatte Bestürzung bei Rhodan, Atlan und Bull hervorgerufen, aber der Mausbiber ließ ihnen keine Zeit, darüber nachzudenken. Er fuhr in seinem Bericht fort: »Ja, er ist Gefangener des Schwarms, aber ich konnte mein Bewusstsein mit dem seinen verschmelzen. Ich wurde zu Harno. Und ich sah das Y'Xanthomrier, einen lebenden Götzen, dem der Schwarm gehorcht und der blutige Tränen weint. Er beschloss, abermals ein Sonnensystem zu stehlen, und durch Harno erfuhr ich die Position.«
Damit hatte er seinen Plan bereits angedeutet.
Er kannte die astronautische Position eines Sonnensystems, das gestohlen werden sollte. Die Position einer roten Sonne mit zwei Planeten, die reich an Rohstoffen waren.
»Dein Plan?«, hatte Rhodan gefragt.
Und Gucky hatte ihn erläutert.
»Ras Tschubai, Alaska Saedelaere und Toronar Kasom werden mich begleiten. Wir nehmen eine Space-Jet, landen auf dem zweiten Planeten des von mir erwähnten Systems – und zusammen mit diesem Planeten lassen wir uns von dem Schwarm aufnehmen. So einfach ist das!«
Sicher, es hörte sich einfach an, aber das war auch alles.
Rhodan stimmte nach vielen Bedenken dem gewagten Plan zu, und die Space-Jet startete. Sie landete auf dem Eisplaneten und wurde von dem mit halber Lichtgeschwindigkeit heranrasenden Schwarm eingeholt und aufgenommen.
Der Funkkontakt mit Perry Rhodan riss ab.
Von dieser Sekunde an galten Gucky und seine drei todesmutigen Begleiter als verschollen.
Niemand wusste, was mit ihnen geschehen war.
Niemand wusste, ob sie noch lebten.
*
Die GOOD HOPE ging nach vergeblichem Warten auf einen neuen Funkspruch von Gucky in den Linearraum, um eine erste Etappe zurückzulegen. Kurz zuvor hatte sich Rhodan von Atlan und Julian Tifflor verabschiedet, die mit der INTERSOLAR ihre Position zehn Lichtjahre vor dem Schwarm hielten. Rhodan wollte sich mit der GOOD HOPE an das Ende des Schwarms begeben, weil niemand wissen konnte, an welcher Stelle die verschollene Space-Jet ihn verlassen würde – falls sie ihn jemals wieder verließ.
Der Kurs war von Bully, der die Navigation übernahm, so berechnet worden, dass sie nach fünftausend Lichtjahren an der Längsseite des Schwarms in das Normaluniversum zurückfielen, etwa fünf Lichtjahre vom Schwarm selbst entfernt.
Auf dem Bildschirm der GOOD HOPE entstand nach dem Rücktauchmanöver ein seltenes Schauspiel optischer Großartigkeit. Die gesamte Panoramafläche war angefüllt mit Tausenden von dahinrasenden Sternen, die vertikal zur Fahrtrichtung des Schiffes flogen. Die näheren waren nur als Leuchtstreifen zu erkennen, denn immerhin besaßen sie eine Eigengeschwindigkeit von fünfzig Prozent Licht. Die weiter entfernten blieben Sterne, aber ihre Bewegung war mit bloßem Auge erkennbar.
Der Schwarm!
Transparent umspannte der Gesamtenergieschirm diesen Schwarm. Er symbolisierte die Einheit der etwa achthunderttausend Sonnen und Planeten, die von ihm eingefangen worden waren, in der Milchstraße und in den anderen Galaxien, die er früher bereits heimgesucht hatte.
Niemand wusste, woher er kam, und niemand konnte ahnen, wohin er noch wollte. Sein Weg aber, so schien es, führte ihn quer durch die Milchstraße, und er ließ eine Spur zurück, die noch in einer Million Jahren zu sehen sein würde.
Joak Cascal, der Chef der Funkzentrale, betrat den Kommandoraum. Fasziniert sah er auf den Panoramaschirm und nahm das einmalige Schauspiel von wahrhaft kosmischer Größe in sich auf, dann ging er zu Rhodan.
»Permanenter Empfang, aber bisher ohne Erfolg. Kein Piepser.«
Bully nahm Rhodan die Entgegnung vorweg: »War auch nicht anders zu erwarten, Joak. Aber lassen Sie sich nicht entmutigen. Wenn irgendwie möglich, wird Gucky schon ein Lebenszeichen von sich geben. Fellmer Lloyd ist ebenfalls auf dem Posten, so dass uns auch telepathische Signale nicht entgehen können.« Er deutete in Richtung des Panoramaschirms. »Na, was sagen Sie dazu?«
»Ich habe so etwas noch nie gesehen.«
»So etwas haben wir alle noch nicht gesehen. Aber es ist da!«
»Ja, leider«, erwiderte Cascal und kehrte in seine Funkzentrale zurück, ohne das Ereignis weiter zu kommentieren.
Rhodan wandte sich um.
»Wie steht es mit der zweiten Linearetappe, Bully?«
»Läuft in einer halben Stunde an, Perry.«
»Gut. Dann würde ich dich bitten, hier zu bleiben. Ich lege mich ein paar Stunden hin. Du weckst mich, wenn du müde bist.«
»Oder vorher – wenn etwas passiert, das dich interessieren könnte.«
»Natürlich, alter Junge.« Er nickte ihm zu und ging zur Tür. »Aber ich hoffe, du kannst mich schlafen lassen.«
Bully sah ihm nach. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen, wenn es auch keine direkten Einsätze gegeben hatte. Aber gerade das Warten hatte an den Nerven gezehrt. Es war anstrengender als jede Aufregung gewesen.
»Also in einer halben Stunde«, sagte er zu Kosum, der hinter den Hauptkontrollen saß. »Bis dahin ist Gelegenheit zu einer kleinen Pause.«
Der Emotionaut zeigte auf den Bildschirm.
»Pause ist gut, Mr. Bull. Da gibt es soviel zu sehen, dass ich kaum dazu komme, mit den Augen zu blinzeln. Cascal hat recht: so etwas haben wir noch niemals beobachten können. Und dabei geht Rhodan schlafen!«
»Ihm haben fünf Minuten genügt, alles in sich aufzunehmen. Trotzdem gebe ich Ihnen recht: Ich könnte stundenlang zusehen, wie der Schwarm an uns vorbeizieht. Und nun überlegen Sie mal: Wenn wir bewegungslos an dieser Stelle des Raumes stehenblieben, würde es noch immer mehr als zehntausend Jahre dauern, bis der Schwarm vorbeigezogen wäre – natürlich vorausgesetzt, er ginge nicht in eine Transition.«
»Guckys Schicksal bereitet mir mehr Sorge«, gab Kosum zu.
Bully gab ihm recht: »Mir auch. Aber er hat bisher immer Glück gehabt, und wenn er in noch so einer ausweglosen Lage steckte. Er hat Ras Tschubai bei sich, auch ein Glückspilz. Dann Alaska und Toronar. Die werden es gemeinsam schon schaffen.«
Bully setzte sich in einen der freien Sessel und sah auf den Panoramaschirm.
Langsam nur verging die Zeit.
*
Im anderen Schiff, in der INTERSOLAR, sah es nicht viel anders aus, wenn sich auch auf dem riesigen Panoramaschirm ein ganz anderes Bild bot als auf dem der GOOD HOPE.
Als das andere Schiff mit Rhodan an Bord verschwunden war, blieben Atlan und Julian Tifflor noch eine Weile sitzen. Sie sahen auf den Schirm, wo der Schwarm nur von vorn zu erkennen war – eine dichte Masse von Sonnen, zehn Lichtjahre entfernt. Wie ein Kugelsternhaufen, der natürlich nur deshalb von dieser Stelle aus zu beobachten war, weil die überlichtschnellen Tasterreflektionen ihn auf den Bildschirm zauberten. Das Licht hätte vom Schwarm bis zur INTERSOLAR ohne dieses technische Hilfsmittel zehn Jahre benötigt.
Atlan, der immerhin seit mehr als elftausend Jahren lebte und das kosmische Geschehen besser kannte als jeder Terraner, schüttelte den Kopf.
»Ich kann mich nicht erinnern, jemals von diesem Schwarm gehört zu haben. Wenn er schon einmal hier war, muss es vor sehr, sehr langer Zeit gewesen sein. Aber er war da, denn er hat Spuren hinterlassen. Das weiß ich nun.«
Julian Tifflor warf ihm einen fragenden Blick zu, schwieg jedoch. Er wusste, dass Atlan von selbst reden würde, wenn er das Problem für wichtig genug hielt.
»Die Kohlensäcke, Julian. Alle anderen Regionen, in denen verhältnismäßig wenige oder über Hunderte von Lichtjahren hinweg überhaupt keine Sterne zu finden sind ...! Früher waren dort einmal Sterne, aber als der Schwarm damals durch die Galaxis zog, nahm er sie mit. Das kann vor hundert- oder zweihunderttausend Jahren gewesen sein. Vielleicht kommt er immer dann wieder, wenn die Galaxis eine Rotationsbewegung vollendet hat. Bei dem technischen Aufwand allerdings, dessen er sich bedient, wäre eine solche Abhängigkeit von unserer Drehbewegung nicht nötig, aber wir wissen noch zu wenig über ihn selbst.«
»Vielleicht wissen wir bald mehr«, meinte Tifflor und spielte damit auf die Mission Guckys und seiner Begleiter an. »Wenn alles nach Plan verläuft.«
Atlans Gesicht drückte Zweifel aus.
»Ja, wenn! Es ist gar nicht so sicher, dass wir je einen von ihnen wiedersehen. Ich hätte nicht zustimmen dürfen.«
»Das hätte wenig genützt«, befürchtete Tifflor. »Wenn sich der Mausbiber etwas in den Kopf gesetzt hat, ist es ihm kaum wieder auszureden. Außerdem nahm er allein für die Vorbereitungen ein gewaltiges Risiko auf sich, wie ich inzwischen von Ribald Corello erfuhr. Sollte das alles umsonst gewesen sein?«
Diesmal gab Atlan keine Antwort. Schweigend betrachtete er den Kopf des Schwarms, der mit halber Lichtgeschwindigkeit hinter dem Schiff herraste, ohne dass man eine Bewegung hätte erkennen können.
Irgendwo hinter dem kristallen schimmernden Energieschirm, der das Leuchten der Sterne kaum behinderte, waren zwei Terraner, ein Ertruser und der Mausbiber.
*
Langsam und vorsichtig beschleunigte die Space-Jet.
Der flache Diskus, fünfunddreißig Meter im Durchmesser, wirkte in seiner Winzigkeit wie ein Bazillus im Körper eines Dinosauriers.
Toronar Kasom, der große Ertruser, saß hinter den Flugkontrollen. Ras Tschubai, der Teleporter, unterstützte ihn bei seiner schwierigen Arbeit, indem er Orter- und Funkgeräte bediente. In einer der Kabinen hatten sich Gucky und Alaska Saedelaere zur Ruhe gelegt. Es konnte sein, dass sie in den nächsten Tagen keine Zeit zum Schlafen mehr erhalten würden.
Immer noch war der Schwarm schneller als sie, und natürlich wäre es für Kasom kein Problem gewesen, die Geschwindigkeiten in einem kurzen Manöver anzugleichen, aber er befürchtete dadurch eine Entdeckung, die sie ja unter allen Umständen vermeiden wollten. So konnte das Schiff für einen eingefangenen Meteoriten gehalten werden, der behutsam durch die speziellen Kraftfelder beschleunigt wurde, die auch die gestohlenen Sonnen und Planeten erfasst hatten.
Einige der langgezogenen weißen Leuchtstreifen waren kürzer geworden, als sich die Geschwindigkeit der Space-Jet erhöhte. Ein Blick auf die Instrumente zeigte, dass sie nun mit zehntausend Kilometern pro Sekunde in Schwarmrichtung dahinraste, der damit immer noch fünfzehn Mal schneller blieb.
»Ortung negativ«, sagte Ras von seinem Kontrollstand her. »Alle erfassten Objekte verhalten sich normal und bleiben auf Kurs. Ich würde jede Veränderung sofort bemerken.«
»Das beruhigt ungemein«, meinte Kasom sarkastisch. »Was sagen die Ferntaster?«
»Sonnen, Planeten und Raumschiffe – sehr viel Raumschiffe! Wir halten uns in einer eigenen Galaxis auf, daran kann kein Zweifel bestehen. Hereingekommen sind wir ja, die Frage ist nur, ob wir auch wieder hinauskommen.«
»Das ist eine Sorge, die im Augenblick noch nicht akut sein dürfte, mein lieber Ras. Im jetzigen Stadium ist das wichtigste, dass unsere Anwesenheit nicht entdeckt wird und der Schwarm keine Gegenmaßnahmen einleitet. Wenn wir gejagt werden, sind wir erledigt.«
Auf einem der kleinen Orterschirme, die mit den Tastergeräten gekoppelt waren, erschien ein Verband seltsam geformter Raumschiffe, die in Formation flogen. Sie erinnerten an Dreiecke, die mit der Basis voranflogen. Es mussten mehr als dreihundert sein.
»Was sind das für komische Vögel?«, fragte Ras und machte damit Kasom auf die merkwürdige Erscheinung aufmerksam. »Die Instrumente geben sehr geringe Werte an. Vielleicht Erkundungsschiffe?«
Der Ertruser studierte die fremden Schiffe.
»Schon möglich, aber wenn es wirklich derartige Einheiten sind, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Sie wären längst hinter uns her, wenn ihre Ortung angesprochen hätte. Wir sind zu klein.«
Ras speicherte alle Daten, die hereinkamen. Ganz allmählich ergaben sie ein übersichtliches Bild der näheren Umgebung innerhalb des Schwarms. Noch waren die Messungen schwierig und zum Teil sogar unvollständig und ungenau, aber gewisse Dinge zeichneten sich unmissverständlich ab: Im Schwarm herrschte Ordnung.
Es war eine Ordnung, die Ras und Kasom vorerst unverständlich war, aber zweifellos gab es sie. Die Fernortung zeigte außer dem Verband der dreihundert Erkundungsschiffe andere Einheiten größerer Raumschiffe, die ebenfalls in Verbänden dahinzogen, so als hätte jeder seinen ganz bestimmten Platz in der kleingalaktischen Gesamtheit.
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