Nr. 549
Das Elixier der Götter
Mausbiber Gucky auf einer Extratour – das Geheimnis der Götzen wird enträtselt
von CLARK DARLTON
Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man Ende August des Jahres 3442.
Während Perry Rhodan mit der MARCO POLO und ihren Beibooten weiterhin im Innern des Sternenschwarms operiert und die INTERSOLAR mit Reginald Bull in Schwarmnähe ihre Überwachungsaufgabe durchführt, sind noch viele andere direkt oder indirekt tätig, um die vom Schwarm ausgehende Gefahr für die Völker der Milchstraße zu bannen.
Da ist zum Beispiel das von Cheborparczete Faynybret, dem seltsamen Wesen mit dem seltsamen Namen, geleitete Intelligenz-Suchkommando, dessen Mitglieder neben wichtigen Ausbildungs- und Transportaufgaben auch Suchaufträge erfüllen.
Und da ist Professor Geoffry Abel Waringer mit seinen Zehntausenden von Wissenschaftlern. Auf der Hundertsonnenwelt der Posbis lebend, entwickeln sie Geräte, die ihre Träger immun gegen die vom Schwarm ausgehenden intelligenzretardierenden Kräfte machen.
Auch Mausbiber Gucky ist zu erwähnen: Auf einer seiner berühmt-berüchtigten Extratouren enträtselt er ein Geheimnis der Beherrscher des Schwarms und findet DAS ELIXIER DER GÖTTER ...
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Expeditionschef der MARCO POLO.
Atlan – Der Lordadmiral befehligt ein neues Sonderunternehmen.
Gucky – Der Mausbiber unternimmt eine Extratour.
Ribald Corello – Der Supermutant fungiert als Kontaktmann.
Balton Wyt – Der Telekinet wird zum Schwimmkünstler.
Rynka Hosprunow – Kommandant der KMP-36.
1.
Das lange Warten war grauenhaft und zehrte an der Nervenkraft. Zwar hielt sich die MARCO POLO, Perry Rhodans Flaggschiff, bereits seit sechs Wochen in der Kopfregion des Schwarms auf, unentdeckt und unbehelligt, aber die Ortung durch die überall blitzschnell auftauchenden Wacheinheiten des unbekannten Gegners konnte jeden Augenblick erfolgen.
Man wartete auf die Rückkehr der Neugeborenen.
Für jeden Gelben Eroberer, der mit der Gebärflotte den Schwarm verlassen hatte, würden sieben Neugeborene zurückkehren.
Balton Wyt, der Telekinet, hatte seine Kabine verlassen und befand sich auf dem Weg zu seinem Freund Gucky, den er – den Umständen entsprechend – auf dem Bett liegend und vor Langeweile fast vergehend anzutreffen hoffte. Da es ihm ähnlich erging, nahm er automatisch an, es müsse allen anderen genauso gehen.
Als er in den Seitengang einbog, der zu den Kabinen führte, kam ihm ein junger Offizier entgegen, den Balton vom Sehen her kannte. An den Namen allerdings konnte er sich nicht entsinnen – kein Wunder, denn die MARCO POLO hatte achttausend Besatzungsmitglieder.
»Mr. Wyt«, sagte der Leutnant höflich, »würden Sie mir einige Fragen beantworten?«
Balton wunderte sich nicht, dass man ihn kannte. Er gehörte zum Korps der Mutanten und hielt sich selbst für eine recht wichtige Persönlichkeit. Er nickte gnädig und blieb stehen.
»Bitte, Leutnant, aber machen Sie es kurz. Ich habe zu tun.«
»Ich will Sie nicht aufhalten, aber sicherlich wissen Sie mehr als wir. Halten Sie mich nicht für unbescheiden oder neugierig, aber ich spreche gleichzeitig auch im Auftrag eines Teils der Mannschaft. Um es kurz zu machen: Wir treiben uns schon seit anderthalb Monaten in diesem Sektor des Schwarms herum – wie lange soll das noch dauern? Nichts geschieht, und wir setzen uns sogar der Gefahr einer Entdeckung aus, obwohl wir doch schon mehr als einmal die Gelegenheit hatten, den Schwarm zu verlassen. Warum geschieht das nicht?«
Balton Wyt betrachtete den Leutnant etwa so, wie eine Schlange ihre Beute fixieren würde, kurz bevor sie zum entscheidenden Stoß ansetzt. Natürlich kannte er Rhodans Absichten und Pläne wenigstens zum größten Teil und in groben Zügen, aber er wusste nicht, ob er darüber sprechen durfte. Auf der einen Seite hätte er nun diesem hoffnungsvollen jungen Mann gern mit seinem eigenen Wissen imponiert, auf der anderen Seite jedoch wollte er auf keinen Fall etwas Falsches tun.
»Wir warten«, sagte er offenherzig. »Das wissen Sie doch.«
»Richtig, wir warten auf die Rückkehr der Wabenschiffe. Aber kennen wir die Gewohnheiten der Fremden? Vielleicht müssen wir drei Jahre warten.« Balton Wyt lehnte sich gegen die Korridorwand und verschränkte die Arme auf der Brust.
»Leutnant, es mangelt Ihnen offensichtlich an Vertrauen zur Schiffsführung. Halten Sie Rhodan für derart verbohrt, dass er drei Jahre untätig im Schwarm verweilen würde? Ich muss doch sehr bitten ...«
»Ich habe absichtlich übertrieben, Mr. Wyt. Eigentlich wollte ich damit nur sagen, dass es vielleicht wichtigere Dinge zu tun gäbe. Wir aber sitzen hier und warten, bis man uns entdeckt. Und was dann los ist, können wir uns lebhaft vorstellen.«
»Was soll dann los sein?« Balton Wyt winkte verächtlich ab. »Wir verschwinden im Linearraum. So einfach ist das!«
»Und dafür warten wir so lange?« Der Leutnant schüttelte den Kopf. »Das können Sie mir nicht erzählen!«
»Habe ich aber«, meinte Balton Wyt und gab seinen Beinen den Befehl, sich in Bewegung zu setzen. »Tut mir leid, mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Teilen Sie das Ihren Freunden mit. Sie werden täglich über Interkom über die Lage informiert, und wenn sich etwas Neues ergibt, werden Sie es rechtzeitig erfahren. Die Gebärflotte hat den Schwarm verlassen, drei geeignete Planeten gefunden, auf denen die Teilung erfolgte. Sie wird also bald zurückkehren, und eben darauf warten wir. Die MARCO POLO steht augenblicklich im Schutz einer blauen Riesensonne und kann nicht entdeckt werden.« Er nickte dem Leutnant freundlich zu. »Und nun entschuldigen Sie mich, bitte. Ich werde erwartet.«
Der Leutnant trat zur Seite und ließ ihn vorbei.
»Danke für das Gespräch«, sagte er automatisch. »Sie haben mich ein wenig beruhigt. Ich verstehe ja, dass Sie schweigen müssen ...«
»Dann hätte ich überhaupt nichts gesagt«, belehrte ihn Balton mit höflichem Lächeln und marschierte davon, in Richtung von Guckys Kabine.
Der Leutnant: verschwand in entgegengesetzter Richtung.
Als Balton vor der Kabinentür stehenblieb, öffnete sich diese zu seiner Überraschung ganz von selbst und ehe er sich anmelden konnte. Zögernd trat er ein. Der Mausbiber lag, wie erwartet, angezogen auf seinem Bett und grinste ihm triumphierend entgegen.
»Nun komm schon 'rein und mach den Mund zu. Es zieht!«
Balton Wyt schluckte und trat in die Kabine. Hinter ihm schloss sich die Tür wieder.
»Du hast mal wieder gewusst, dass ich kam?«, murrte Balton und setzte sich an den Tisch, Gucky gegenüber. »Spion!«
»Deine Gedanken waren so intensiv, dass sie kaum zu überhören waren – wenn ich mich mal so ausdrücken darf. Den armen Leutnant hast du ja schön eingeseift. Der weiß jetzt noch weniger als zuvor.«
»Das war der Sinn meiner diplomatischen Worte«, behauptete Balton selbstbewusst. »Ehrlich gesagt: mir geht die Warterei ebenfalls auf die Nerven. Ich kann den Mann gut verstehen.«
Gucky gähnte und reckte sich.
»Was habt ihr nur alle? Ich finde die Erholungspause großartig. Müsst ihr Menschen denn immer etwas tun? Könnt ihr nicht mal faulenzen und das Leben genießen, so wie ich es auch tue?«
»Unter Leben genießen stelle ich mir etwas anderes vor, Gucky!«
Der Mausbiber nickte verständnisvoll.
»Ja, ja, ich weiß! Aber das kannst du ja auf der MARCO POLO auch haben, wenn du nicht so faul wärest und dich ein wenig umsähst. Außerdem gibt es Kinos, Messen, Bars, ein Schwimmbad, die Spielräume ...«
»Hör mir nur mit dem dreidimensionalen Schach auf! Ich bin zwar nicht gerade geistig minderbemittelt, aber ...«
»Ist ja auch nur etwas für Genies«, erklärte Gucky seinem Freund. »Man muss kubisch denken können.«
Balton starrte ihn an.
»Was muss man da können?«
Gucky winkte ab.
»Ach, lassen wir das! Was gibt es Neues? Mir kannst du es ja sagen.«
»Du bist doch Telepath. Esperst du nicht genug herum und liest Gedanken?«
»Dazu habe ich keine Zeit«, log Gucky unverfroren. »Also, nun rede schon! Kleben wir noch immer bei der blauen Sonne und warten auf den gelben Kindergarten?«
»Du drückst es verniedlicht aus, aber es trifft den Kern der Sache auf den Kopf. Oder so ähnlich.«
»Ja so ähnlich.« Er seufzte. »Ich habe das Gefühl, dass die schöne Wartezeit bald zu Ende ist. Ich spüre es im ...«
»Vielleicht bist du nur erkältet«, unterbrach ihn Balton. »Jedenfalls ist die Mannschaft nicht so ruhig und abgeklärt wie du und ich. Sie wird ungeduldig und stellt Fragen. Du hast es ja selbst mitgeespert.«
»Der Leutnant soll doch fragen soviel er will. Was glaubst du, was ich in den vergangenen Tagen schon für Vorträge gehalten habe? Es gibt immer noch Leute, die ausgerechnet mich um Aufklärung bitten. Die Armen!«
»Das kann ich mir vorstellen«, gab Balton zu. »Wahrscheinlich hast du allen Ernstes behauptet, wir wollten den neugeborenen Gelben Eroberern das Stricken beibringen.«
»Hihi!«, piepste Gucky vergnügt. »Das ist eine ausgezeichnete Idee! Vielleicht finde ich noch jemanden, der mir das abnimmt.« Er gähnte zum wiederholten Mal. »Warum bist du eigentlich hergekommen? Nur um mich zu stören?«
Der plötzliche Umschwung überraschte den Telekineten. Er schüttelte den Kopf.
»Ich dachte, dir wäre genauso langweilig wie mir, darum ...«
»Ach, und da meinst du, deine Gegenwart könne daran etwas ändern?« Der Mausbiber grinste von einem Pelzohr zum anderen. »Ich werde jetzt ein paar Stunden schlafen, wenn du gestattest. Bleibe ruhig dort sitzen, aber starre mich nicht so an. Ich habe einen spannenden Film im Mikroprojektor. Sieh ihn dir an, wenn du willst.«
»Filme kann ich auch bei mir sehen.«
»Und warum tust du es nicht?«
Balton Wyt sah ein, dass mit Gucky jetzt nicht viel anzufangen war. Der Mausbiber war faul und träge. Er würde kein vernünftiges Wort von sich geben, um ja keine Diskussion aufkommen zu lassen. Es war besser, ihn in Ruhe zu lassen. Sollte er schlafen bis sich der Pelz kräuselte!
»Du bist noch langweiliger als ein Felsbrocken«, eröffnete ihm der Telekinet und stand auf. »Ich gehe in die Messe der Wissenschaftler. Dort trifft man wenigstens noch auf intelligente Lebewesen.«
»Hoffentlich kannst du mit denen etwas anfangen«, meinte Gucky teilnahmslos und ließ ihn gehen.
Balton Wyt war natürlich ein wenig beleidigt, aber er wusste, dass Gucky es nicht so meinte. Er nahm es ihm nicht übel, und der Gedanke, in der Messe vielleicht Dr. Myrna Sharrock anzutreffen, ließ ihn seinen Kummer schnell vergessen ...
Er nahm einen anderen Weg, um nicht noch einmal dem jungen Leutnant zu begegnen.
Immerhin war eine von Guckys Bemerkungen haften geblieben: das kannst du auf der MARCO POLO auch haben!
Also – auf zur Messe der Wissenschaftler!
Er hatte Pech. Der einzige Besucher an der Obstsaftbar war Professor Henry Kattelbeck, der Kosmomineraloge. Er hatte dem Robot gerade eine Bestellung aufgegeben, als er den hereinkommenden Balton Wyt bemerkte. Mit ausgestreckten Armen lief er ihm entgegen.
»Lieber Freund, wie froh ich bin, Sie zu sehen! Seit wir uns in diesem angeblich so aufregenden Schwarm aufhalten, passiert überhaupt nichts mehr. Nicht einen einzigen Stein habe ich zu sehen bekommen! Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob ich nicht auf dem falschen Schiff bin.«
»Wir befinden uns in Warteposition«, versuchte Balton ihn zu besänftigen. Er kannte Kattelbeck recht gut und wusste, dass der Wissenschaftler gut mit Dr. Sharrock befreundet war. »Die Ruhe tut uns allen gut.«
Der Professor – biologisch war er zwei Jahrzehnte älter als Balton, wenn man das seltsame Abenteuer des Telekineten auf dem Planeten der automatischen Stadt nicht miteinbezog – winkte erregt ab.
»Die Ruhe tut uns gut ... das ist doch barer Unsinn! Die Ruhe tut uns eben nicht gut! Sie macht nervös, gereizt und unzufrieden. Sie geht uns auf die Nerven. Und Ihnen auch, Balton Wyt. Ganz gewaltig sogar, aber Sie geben es nur nicht zu, nicht wahr?«
»Es gibt genug Abwechslung, Professor. Wenn Sie wie ich sehr oft in der Kommandozentrale zu tun haben, dann würden Sie wissen, dass wir eigentlich ständig auf der Flucht vor den Wachschiffen des Schwarms sind. Ja, wir befinden uns immer auf der Flucht! Im Augenblick finden wir Schutz in der Nähe eines blauen Riesensterns, dessen Energieabstrahlung so gewaltig ist, dass uns selbst die empfindlichsten Instrumente nicht zu orten vermögen.« Er schüttelte den Kopf. »Und das nennen Sie langweilig?«
»Im Schiff merken wir nicht viel von diesen angeblichen Aufregungen, junger Freund. Besonders nicht in den Labors. Und schon gar nicht hier in der Messe.« Er erinnerte sich an seine Bestellung. »Darf ich Ihnen etwas bestellen?«
»Fantasynt, bitte.«
Später saßen sie sich an einem Tisch gegenüber. Zwei Assistenten waren ebenfalls in die Messe gekommen und hockten an der Bar. Sie unterhielten sich über belanglose Dinge, aber Balton merkte doch, dass sie nur seinetwegen so harmlos taten. Sie mussten ihn erkannt haben.
Zu seinem Leidwesen erfüllte sich seine heimliche Hoffnung nicht. Myrna Sharrock kam nicht auf die Idee, der Bar einen Besuch abzustatten. Den Professor nach ihr zu fragen, erschien ihm unkorrekt.
Er musste Zeit gewinnen.
»Da war eine Menge los in den letzten Tagen«, griff er den Faden wieder auf. »Unsere Emotionauten mussten mehrmals in Aktion treten, um die MARCO POLO vor Verfolgern in Sicherheit zu bringen. Rhodan legt keinen Wert darauf, es auf bewaffnete Auseinandersetzungen ankommen zu lassen. Er will nur beobachten, mehr nicht. Wir müssen wissen, ob sich unsere Vermutungen bewahrheiten. Wir müssen wissen, warum die unbekannten Herrscher des Schwarms die scheinbar nutzlosen Gelben Eroberer so hegen und pflegen. Sie besorgen ihnen Gebärplaneten, stellen ihnen Schiffe zur Verfügung, bringen aller Wahrscheinlichkeit die Neugeborenen in den Schwarm zurück ... schön und gut, aber wozu das alles? Aus reiner Nächstenliebe?« Er schüttelte den Kopf. »Ganz bestimmt nicht, Professor!«
»Sicher nicht, Balton Wyt! Wenn wir den Grund wüssten, wären wir ein Stück weiter.«
»Eben! Das ist auch der Grund der Warterei. Wir warten auf die Rückkehr der Gebärflotte. Sie muss mit der siebenfachen Anzahl der ausgeflogenen Gelben Eroberer zurückkehren. Und wir wollen wissen, was dann geschieht. Wird man sie auf irgendwelchen Planeten einfach aussetzen oder nicht? Und wenn, warum das? Oder geschieht etwas ganz anderes? Die Fürsorge der an sich recht rigorosen Herrscher – oder meinetwegen auch Götzen – ist mehr als verdächtig. Da steckt etwas dahinter, das wir nicht einmal vermuten können.«
»Es gibt aber eine ganze Menge solcher Vermutungen«, stellte Kattelbeck fest. »Wissen Sie, was ich persönlich von diesem Problem halte?«
»Nein, wie sollte ich das wissen?«
Kattelbeck ließ sich nicht beirren.
»Es steht für mich einwandfrei fest, dass diese Herrscher die Gelben Eroberer, die in Wirklichkeit harmlose und bedauernswerte Geschöpfe sind, ausnutzen. Sie brauchen sie für irgend etwas, das ich natürlich nicht definieren kann. Vielleicht als Bundesgenossen oder Arbeitskräfte.«
»Riesenschnecken als Arbeitskräfte?« Balton Wyt begann hemmungslos zu lachen. »Das ist aber recht weit hergeholt, Professor.«
»Nur dann, wenn sie meine Vermutung allzu wörtlich nehmen, und das wäre ein Fehler. Arbeit muss nicht immer etwas mit körperlicher Betätigung zu tun haben.«
»Wem sagen Sie das?«, erkundigte sich Balton Wyt pikiert. »Ich arbeite auch mit dem Geist, wenn ich Telekinese anwende. Selbst freischaffende Künstler tun das, wenn sie auch hin und wieder einen Knopf eindrücken, um einen Gedanken zu Papier zu bringen. Aber diese gelben Schnecken als Arbeitskräfte ...? Nehmen Sie es mir nicht übel, aber das kann ich mir einfach nicht vorstellen.«
»Und doch werden Sie sehen, dass ich recht habe«, erwiderte Kattelbeck erstaunlich sicher. »Ich bin ein logisch denkender Mensch, und mir kann niemand erzählen, ein intelligentes Lebewesen sei so selbstlos, wie diese Herrscher es zu sein scheinen. Wir werden noch alle unsere Überraschung erleben.«
Balton Wyt nickte gelassen.
»Sehen Sie, und deshalb warten wir ja!«
Kattelbeck nickte ebenfalls und deutete dann zur Tür.
»Welch eine Überraschung! Sehen Sie nur, wer da kommt ...«
Balton Wyt drehte sich um.
Dr. Myrna Sharrock betrat den Raum.
*
Die Biologin mochte knapp vierzig Jahre alt sein, sah gut aus und galt als ungemein intelligent. Das mochte auch der Grund dafür sein, dass sie nur wenig Freunde hatte.
Sie lächelte, als sie Balton Wyt erkannte. Ohne zu zögern, kam sie an den Tisch und setzte sich zu den beiden Männern.
»Störe ich, meine Herren?«
»Oh, nein, bitte ...«, stotterte Balton verwirrt und übersah das Grinsen des Professors. »Ganz im Gegenteil, würde ich sagen.«
»Fein!«, sagte Myrna und wartete, bis ihr der Robot den bestellten Saft brachte. »Dann war es doch eine gute Idee von mir, mal hierher zu kommen. Man kommt vor Langeweile ja fast um.«
»Das ließe sich vielleicht ändern«, schlug Balton kühn vor.
Sie maß ihn mit einem abschätzenden Blick und fragte nüchtern: »Wie meinen Sie das, mein Lieber?«
»Wie Sie es wünschen«, gab er zurück, wobei er sich über seine Kühnheit selbst zu wundern begann. Er hatte den heimlichen Verdacht, dass Gucky der Unterhaltung telepathisch folgte und plötzlich telehypnotische Fähigkeiten entwickelte. »Bin ich unverschämt, wenn ich das sage?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Zum Glück nicht, denn ich nahm etwas ganz Harmloses als Gegenmittel zur Langeweile an. Gehen wir schwimmen?«
Erfreut nickte Balton, dann warf er Kattelbeck einen ängstlichen Blick zu.
»Wenn unser verehrter Herr Professor nichts dagegen hat, gern.«
»Aber nein, sicher nicht!«, rief Kattelbeck fast erschrocken. »Ich mag die Schwerelosigkeit im Bad nicht.«
»Also, dann in einer Stunde«, sagte Myrna Sharrock kategorisch und nippte an ihrem synthetischen Obstsaft.
Eine Stunde später trafen sie sich im Bad.
Im Gegensatz zum Normalbad, wo die Antigravfelder eine ständige Anziehungskraft von einem Gravo erzeugten, handelte es sich hier um das so genannte Kugelbad ohne Schwerkraft. Nur durch eine Schleuse hindurch gelangte man in eine große Halle, in deren Mitte eine Wasserkugel von zehn Metern Durchmesser schwebte. Sie entstand durch einen winzigen Gravoerzeuger, der mit Magnetankern fest im Raum fixiert war. Um ihn herum ballte sich alles Wasser, das in der Halle vorhanden war. In der Halle selbst war die Schwerkraft aufgehoben.