Nr. 587
Die Flotte der Retter
Die einen sorgen für Hilfe – die anderen planen den Mord
von HANS KNEIFEL
Auf Terra und den übrigen Menschheitswelten schreibt man Mitte Juni des Jahres 3444 – das heißt, es sind nur noch sechs Wochen bis zum 1. August, dem Termin der Neuwahlen zum Amt des Großadministrators.
Während die Propagandamaschinerien der zugelassenen Parteien auf Hochtouren laufen und die betreffenden Kandidaten sich selbst in das beste und ihre Gegner in das schlechteste Licht zu rücken bemüht sind, unternimmt Perry Rhodan nichts, um seine Wiederwahl sicherzustellen.
Der Großadministrator ist mit dem Asporco-Komplex beschäftigt und mit den Second-Genesis-Mutanten, seinen alten Mitstreitern beim Aufbau des Solaren Imperiums.
Die acht Personen, die seit rund fünfhundert Jahren als tot galten, bildeten einen Astralkörper, um ihrer hoffnungslosen Lage auf dem Medoplaneten Tahun zu entgehen. Sie flohen zum Planeten Asporc, um ihre weitere Existenz zu sichern. Und dort erkennen sie zu ihrer Bestürzung, was ihr vorangegangener Aufenthalt unter den Eingeborenen des Planeten bewirkt zu haben scheint.
Auch Perry Rhodan erkennt dies – und er sorgt für sofortige Hilfe. Doch eine durchgreifende Hilfsaktion wird erst möglich durch die DIE FLOTTE DER RETTER ...
Die Hauptpersonen des Romans
Hoc Calvaniyz – Perry Rhodans Bote.
Reginald Bull – Der Staatsmarschall stellt sich dem Parlament.
Roi Danton, Galbraith Deighton und Geoffry Abel Waringer – Perry Rhodans Freunde leiten Sofortmaßnahmen ein.
Bount Terhera – Der Marshall stellt einen Misstrauensantrag.
Ibn Siegel und Hekal Sasdro – Zwei Männer, die nicht wissen, was sie tun.
1.
Als Kommandant Hoc Calvaniyz auf die Uhr sah, wusste er, dass auch für ihn die nächsten Tage unter dem unerbittlichen Diktat der Sekunden stehen würden. Das Bordchronometer der CMP-34 zeigte den siebzehnten Juni 3444 an; zwei Minuten und neunzehn Sekunden war dieser Tag erst alt.
Sein Zweiter Offizier kam in die Zentrale, feuchtete seine trockenen Lippen an und sagte heiser: »Unsere Konverter sind Schrott, wenn wir Terra erreicht haben, Sir!«
»Das ist mir gleichgültig. Es geht schließlich um sechs Milliarden Lebewesen!«
Kommandant Hoc Calvaniyz war ein untersetzter, kräftiger Mann mit dunklem Haar. Er stand in der Zentrale wie ein Block aus schwarzem Stein; hart und kantig und unverrückbar. In einer Serie wilder Linearetappen war der Kreuzer in den letzten Tagen unterwegs gewesen. Jetzt näherte er sich dem Sonnensystem.
»Auf Asporc werden sie alle sterben, wenn wir nicht schnell genug schalten. Wie steht es mit dem Hyperraumfunkspruch?«, fragte Hoc.
Er war nervös und abgespannt. Die Maschinen des Kreuzers dröhnten unablässig. Fast sämtliche Energieanzeigen pendelten um die roten Marken. Es konnte geschehen, dass sie dicht vor der Erde den Linearraum verlassen mussten und in Schleichfahrt das Ziel erreichten.
»Alles ist vorbereitet, Sir!«, sagte Bote Fontenay, der Zweite.
»Gut.«
Wieder sah Hoc auf die Uhr. Noch war es zu früh. Er musste noch einige Minuten warten, ehe er sicher sein konnte, dass man auf Terra seinen Spruch empfangen hatte.
Bote schüttelte den Kopf. Er hatte eben einen kurzen Rundgang hinter sich und kannte die Gefühle der kleinen Mannschaft. Wie auch er waren sie über den riskanten Flug verblüfft und leicht erschrocken: Seit dem Start am vierzehnten dieses Monats waren knapp drei Tage vergangen – und Terra lag vor ihnen. Die Linearmanöver waren ausgesprochen wahnwitzig gewesen.
»Wir werden einen gigantischen Wirbel entfachen, Sir!«, knurrte Fontenay.
»Nichts anderes hatte Rhodan vor!«, gab Hoc ungerührt zurück. Er fühlte sich in seiner Haut nicht besonders wohl, denn in den nächsten Tagen waren er und seine Mannschaft Hauptfiguren. Und er fühlte sich auch deshalb nicht gut, weil er wusste, dass das Schiff nahezu ein Wrack sein würde, was die Maschinen betraf.
»Ich beginne zu glauben, dass wir nicht helfen können – wenigstens nicht gründlich und nicht schnell genug!«, meinte Fontenay. Um sechs Milliarden Lebewesen vor dem sicheren Hungertod zu retten, brauchte man erstens einen logistischen Unterbau, der unvorstellbar verzweigt war, und zweitens eine Lastkapazität, deren Größe ihn schwindlig machte.
Hoc sagte kurz: »Rhodan hat eine Frist gesetzt. Ich bin nicht gerade ein fanatischer Anhänger von solchen Bestimmungen, aber ich wette jeden Betrag, dass gegen Ende dieses Monats eine gigantische Flotte auf Asporc landet!«
Fontenay erklärte verdrossen: »Gegen Sie wette ich nicht, Kommandant!«
Hoc sah wieder auf die Digitalziffern, dann beugte er sich vor und drückte einen Schalter. Er wurde mit der Funkzentrale der Korvette verbunden und sagte kurz: »Fahren Sie das Band ab, Akis!«
»Selbstverständlich, Sir!«
»Danke!«
Hoc Calvaniyz hoffte, dass Reginald Bull, nicht nur Staatsmarschall des Solaren Imperiums, sondern auch der Stellvertreter des Großadministrators, sich auf Terra aufhielt. Das würde ihm, Hoc, seine Mission unendlich erleichtern und viele andere Dinge viel schneller in Gang bringen. Hoc kannte Bulls Entschlossenheit, wenn es um gewisse Beschlüsse ging.
Es war auch für die CMP-34 sicherer, wenn sie sich außerhalb der Grenzen deutlich genug ankündigte. Seit dem Debakel des »Schwarmes« war unter den Feuerleitoffizieren der Heimatflotte eine begreifliche Unruhe üblich. Hoc tippte dem Piloten auf die Schulter und sagte kurz: »Linearmanöver, kurz orten!«
»Selbstverständlich!«
Der Leichte Kreuzer glitt einige Sekunden nach dieser Anordnung aus der Librationszone heraus und zurück in den dreidimensionalen Normalraum. Die Orterschirme sprachen an und zeigten in weiter Ferne die vertrauten Konstellationen der Planeten und den Trümmerring, der einmal den Namen Pluto getragen hatte.
»Ausgezeichnet. Wir können zufrieden sein. Ein Linearmanöver bis dicht vor die Erde, ja?«
»Sir!«, sagte der Pilot. »Das ist ausdrücklich verboten. Natürlich kann ich den Kurs ...«
Hoc grinste kalt und winkte ab.
»Tun Sie bitte, was ich sage. Ich verantworte es! Eine dringende Botschaft rechtfertigt auch diese Überschreitung!«
Jetzt grinste auch der Pilot und schloss: »Mit Vergnügen, Kommandant!«
»Na also!«, kommentierte Bote Fontenay trocken. »Es wird schwer sein, uns zu übersehen!«
Er brauchte nicht die geringste Phantasie, um sich jetzt die Ereignisse eines Vollalarms auszurechnen. Der Hyperraumfunkspruch hatte, an Reginald Bull und an Imperium-Alpha gerichtet, Rhodans Botschaft enthalten. Bull würde den Schiffen befehlen, nicht zu schießen.
Hoc Calvaniyz wusste, dass sein Funkspruch einen Vollalarm der Heimatflotte ausgelöst hatte.
Aufmerksam beobachtete er die Anzeigen und die Skalen. Verbotenerweise machte die CMP-34 einen sehr kurzen Linearsprung quer durch das Sonnensystem. Normalerweise galt dies als ernster Zwischenfall, aber Hoc rechnete mit Bulls schneller Reaktion und mit der zurückhaltenden Vorsicht Julian Tifflors.
Die Heimatflotte hatte Vollalarm. Die in der Nähe zusammengezogenen Verbände der drei Hauptflotten – Innensektor, Mittelsektor und Außenringsektor – wurden aufmerksam. Auch das Transportkommando würde Vollalarm erhalten, denn Hoc hatte Rhodans Botschaft entsprechende Texte angefügt.
Für Notfälle wie den vorliegenden lagen entsprechende Pläne bereit. Jeder Kommandant wusste genau, was er zu tun hatte. Computerberechnete Logistik verhinderte in jedem Fall ein Chaos.
Während Tausende von Schiffen entsprechende Befehle erhielten, raste die CMP-34 durch das halbe Sonnensystem, schwang dicht vor dem irdischen Mond aus der Librationszone und hatte die Geschwindigkeit gedrosselt, als die Erde sich blauweiß aus dem nachtschwarzen Hintergrund hervorschob.
Sofort bekam die Funkabteilung Arbeit.
»Sir! An die Mikrophone! Sie geben uns dreißig Sekunden Zeit!«, schrie aufgeregt ein Funker.
Hoc nickte und drehte seinen Sessel, so dass er vor den schweren Linsen der Aufnahmegeräte saß.
Einige Tausend kleine und große Schiffe richteten ihre Transformkanonen auf den Eindringling.
»Hier ist die CMP-34«, begann Hoc, »unter Kommandant Major Hoc Calvaniyz. Wir kommen von Asporc und haben wichtigste Botschaften des Großadministrators. Wir sind sehr in Eile; es geht um sechs Milliarden Lebewesen, die ohne unsere Hilfe verhungern. Ich entschuldige mich für dieses Aufsehen erregende Manöver, aber unsere Zeit zählt nach Sekunden.«
Das Bild wechselte. Reginald Bull blickte Hoc an. Hoc salutierte und sagte: »Sir, ich bedaure, aber das war nötig ...«
Bull winkte ab. Auf seiner Stirn waren tiefe Sorgenfalten erschienen. Er sah den müden, unrasierten Kommandanten an und sagte kurz: »Sie kommen von Rhodan?«
»So ist es, Staatsmarschall. Ich muss dringend mit Ihnen sprechen.«
»Jeder muss dringend mit mir sprechen«, knurrte Bull verzweifelt. »Landen Sie bitte auf dem Flottenhafen. Stellen Sie eine Mannschaft zusammen, die mir alles erklären kann – ich kenne den Text Ihrer verschlüsselten Meldung von eben. Sie werden abgeholt.«
»Danke, Sir. Wir sind bereit!«, sagte Hoc. »Wir haben nicht viel Zeit.«
Bull schüttelte vorwurfsvoll den Kopf und erwiderte: »Ich habe noch viel weniger Zeit. Eine kurze Frage: Ist es ernst?«
Hoc presste die Lippen aufeinander. Reginald Bull, der den Gesichtsausdruck sehr genau zu deuten wusste, zuckte zusammen.
»Verdammt ernst, Sir. Es geht um Stunden!«, war die Antwort.
Reginald Bull begriff. Als er den Text der Hyperraummeldung auf seinen Schreibtisch bekommen hatte, zeichnete sich bereits deutlich die Ahnung des Kommenden ab. Rhodan stand buchstäblich vor einem Problem, das kaum zu lösen war. Kein Problem der Waffen, kein Gegner diesmal, sondern ein Volk, das von Terra – indirekt – in die Notlage gebracht worden war, und dem jetzt geholfen werden musste. Bull sah gewaltige Anstrengungen auf sich zukommen. Sie erdrückten ihn im Augenblick fast, aber nahezu alles konnte gelöst werden.
»Das ist weniger ein qualitatives als ein quantitatives Problem«, sagte er leise, wie zu sich selbst. »Einverstanden! Ich erwarte Sie und Ihr Team, Major. Ich werde sehen, wen ich zusammenrufen kann!«
Hoc salutierte, während sein Schiff in die Atmosphäre eintauchte und auf den riesigen Flottenhafen von Terrania City zusteuerte.
Ausgerechnet, dachte Hoc Calvaniyz verzweifelt. Ausgerechnet! Am ersten August dieses Jahres findet die Neuwahl des Großadministrators statt. Mit dieser Aktion wird sich Rhodan sein politisches Grab schaufeln! Das konnte nicht gut gehen! Es war so gut wie ausgeschlossen.
Fontenay kam näher und sagte mit düsterem Gesichtsausdruck: »Die Konverter laufen, bildlich gesprochen, auf der letzten Niete, Sir.«
Hoc warf einen schnellen Blick auf die Schirme der Panoramagalerie und erwiderte lässig: »Sollen sie! Die letzten dreihundert Kilometer werden wir noch schaffen. Bote, Sie gehen jetzt bitte in die Messe und trommeln unsere Mannschaft zusammen. Wir brauchen jeden, der das Problem auf Asporc gut genug kennt, um etwas aussagen zu können.«
Bote nickte kurz. Er fühlte sich ebenso ausgelaugt wie Hoc. Aber jetzt ließ wenigstens diese wahnsinnige Spannung nach. Das Schiff war so gut wie sicher gelandet.
»Wieviel Mann?«
»Mit uns nicht mehr als sieben. Viele Köche verderben den Brei.«
»Ich fliege!«
Hoc fuhr durch sein dunkles Haar, seine Handfläche umfasste das Kinn. Er würde sich noch duschen und rasieren müssen. Wieder einmal schätzte er die Zeit ab, dann wandte er sich an einen Offizier.
»Narvalo!«, sagte er. »Sie haben gehört, was Bull sagte. Sie wissen Bescheid. Ich gehe jetzt in meine Kabine und mache mich frisch. Bei einer Störung sofort hinunterrufen, ja?«
»Jawohl, Sir.«
Mit schnellen, entschlossenen Schritten verließ der Kommandant die Zentrale. Er ließ sich in der kleinen Messe einen Krug Kaffee geben und trank, während er sich rasierte und umzog, mehrere Tassen des widerlich starken Gebräus. Als er seinen schnellen Herzschlag spürte, war er zufrieden: Die nächsten Stunden würde er nicht einschlafen.
Die Nachrichten, die er mit sich brachte, schilderten einen beängstigenden Zustand.
Dieser Zustand musste binnen kürzester Zeit mit dem Einsatz gewaltiger Mittel geändert werden, wobei es tatsächlich um Stunden ging.
Die Änderung erforderte gewaltige Geldsummen, eine wahre Flut von Schiffen und Menschen und Robotern und eine ebenso gewaltige Anstrengung des Solaren Imperiums.
Das Chaos auf Asporc hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt ausbrechen können.
Hoc Calvaniyz hätte zu keinem weniger Aufsehen erregenden Zeitpunkt hier landen können.
»Es ist zum Wahnsinnigwerden!«, stöhnte er und nahm die Mappe und die Spulen an sich. »Die Opposition wird sich auf Rhodan stürzen wie eine Schar Geier!«
Er war weit davon entfernt, Opponenten des Großadministrators mit Aasvögeln zu vergleichen, aber dieses Bild drängte sich ihm immer wieder auf, wenn er an die kommenden Tage und Stunden dachte.
»Fangen wir also an!«, sagte er schicksalsergeben und ging in die Zentrale zurück.
Die CMP-34 erhielt vom Tower eine Reihe verschlüsselter Anweisungen. Der Pilot änderte den Kurs, schwebte über den gesamten Platz und landete das Schiff vorsichtig dicht neben dem Tower. Kaum waren die Maschinen ausgeschaltet, kamen von allen Seiten schwere Gleiter herangerast. Robotmaschinen bewegten sich rasselnd und klirrend näher.
Die Funkabteilung sagte: »Ab jetzt ist alles hochklassig geheim. Eben kamen die Anweisungen durch, Sir. Die CMP-34 wird mit größter Geheimhaltung versorgt, repariert, neu ausgerüstet und gecheckt. Sie sollen auf einen weißen Gleiter achten, Kommandant!«
Hoc winkte zum Schirm hin und sagte: »Danke!«
Zehn Minuten später befanden er und seine Leute sich in den Sitzen des schweren Gleiters. Mit heulender Sirene und unter stärkstem Polizeischutz raste das Fahrzeug vom Raumhafen weg in Richtung Terrania City.
Hocs Annahme, er würde zum ersten Mal in seinem Leben die geheime unterirdische Schaltzentrale des Imperiums, die den Namen Alpha trug, erleben können, war hundertprozentig sicher.
Zuerst kam Bull auf ihn zu und schüttelte seine Hand.
2.
Reginald Bull deutete auf die Ziffern, die auf den kleinen, rechteckigen Schirmen wechselten.
»Wir haben jetzt etwas über zehn Uhr«, sagte er. »Ich habe an einigen Hebeln gezogen. Spätestens um Mitternacht müssen die detaillierten Befehle gebündelt hinausgehen.«
Sie alle saßen um einen großen, runden Tisch herum. Zahllose Kommunikationsgeräte waren eingeschaltet, wurden aber im Augenblick nicht benutzt. Zwischen den Spulen und Berichten, den Notiztafeln und Papieren lagen und standen Teller und Tassen eines kräftigen Frühstücks.
Augenblicklich waren nur Reginald Bull, Galbraith Deighton und einige ihrer Vertrauten anwesend, und natürlich Hoc und seine sechs Männer. Er hatte bis vor wenigen Minuten die Botschaften Rhodans interpretiert, wo es sich als notwendig herausgestellt hatte.
Deighton lehnte sich zurück. Hoc konnte deutlich erkennen, dass die Gedanken dieses Mannes förmlich rotierten. Noch herrschte hier die Ruhe vor dem Sturm. Aber in anderen Räumen und, hervorgerufen durch Serien von Hypergrammen, auf anderen Planeten, begann dieser Sturm bereits. Deighton sagte nach einer Weile: »Das ist nicht nur eine gewaltige Aufgabe für die gesamte Menschheit, sondern auch ein gewaltiger innenpolitischer Konflikt. Die drei oppositionellen Parteien werden genügend Munition haben, um sich auf Rhodan einzuschießen – und Perry tut nichts, sagt nichts, handelt nicht. Ist nicht einmal auf Terra.«
Hoc erinnerte sich der grauenvollen Szenen auf Asporc und sagte hart: »Er ist dort, wo er am meisten helfen kann, Sir.«
Deighton sah ihn mit leichter Verwunderung an, dann hob er die Schultern.
»Nun«, führte er leise aus, »darüber kann man geteilter Meinung sein. Aber an der Stelle von Rhodan wären wir vermutlich alle auf Asporc. Jedenfalls sollten wir uns alle, Bully, von vornherein darüber im klaren sein, dass Rhodans Forderung nach Hilfe hochgradigen politischen Zündstoff darstellt.«
»Einverstanden, ganz deiner Meinung, Deighton!«, sagte Bull grimmig. »Aber ich stelle von nun ab meine Handlungen unter ein ganz einfaches Motto: Solange ich ein Lebewesen retten kann, ist mir jedes Argument der Opposition zu klein.«
»Ausgezeichnet!«, brummte Bote Fontenay leise.
Sie alle wussten, dass sich in kürzester Zeit ein offener Machtkampf zwischen den vier großen Parteien anbahnen würde. Der Kampf schwelte noch im verborgenen; die Gegner tasteten sich ab, das gesamte politische Geschäft wurde auf vielen Planeten betrieben. Oftmals in hässlicher und verbrecherischer Form, oftmals als offene Auseinandersetzung, in der die besseren Argumente siegten. Die eine Partei, die der Rhodanisten, war nach wie vor irgendwie paralysiert, weil sie nichts hatte, woran sie sich halten konnte. Rhodan schwieg und blieb passiv und rätselhaft wie eine Sphinx.
Bull wandte sich an seinen Adjutanten und erkundigte sich: »Liegen schon Nachrichten von Roi Danton vor? Ich warte – wir warten alle! – außerdem auf Tifflor und Waringer!«
Der Stabsoffizier schüttelte den Kopf.
»Noch nichts. Sie wurden gebeten, sich sofort hierher zu begeben. Es kann nicht mehr lange dauern, Sir!«
Bull nickte. Es war bekannt und erfüllte sie alle mit einer gewissen Sorge, dass auch unter den Schiffskommandanten und den Flottillenkommandeuren gegen die Person wie auch gegen den Regierungsstil Rhodans erhebliche Widerstände vorhanden waren. Selbst dort, wo die einzelnen Personen weiterhin für Rhodans Platz an der Regierungsspitze waren, schürten die Opponenten gegen Rhodan. Vor allem Marschall Bount Terhera war ein Meister der Intrige, der verschleierten und offenen Vorwürfe, der scheinbar zugkräftigen Argumentation. In der letzten Zeit war er mehr und mehr zu demagogischen Praktiken übergegangen.
»Warten wir also noch eine Weile!«, bestimmte Bull. »Es ist sinnlos, etwas anordnen zu wollen, solange wir keine exakten Zahlen besitzen. Die aber sind von Abel Waringer abhängig.«