Kosmos
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
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© 2011, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
ISBN 978-3-440-13270-8
Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
»Stellt euch vor: Mrs Kretchmer wurde ermordet!« Mathilda Jonas stellte ihren vollgepackten Einkaufskorb schwungvoll auf einem alten Ofen ab.
»Ermordet?« Justus sah seine Tante erschrocken an. Er war gerade dabei, mit seinen beiden Freunden Peter Shaw und Bob Andrews in der Freiluftwerkstatt auf dem Schrottplatz ein paar alte Sonnenschirme zu reparieren. Beinahe wäre ihm das Flickzeug aus den Händen gerutscht. Rocky Beach war ein malerisches Küstenstädtchen. Obwohl es ganz in der Nähe der Großstadt Los Angeles lag, war das Leben dort eher beschaulich. Morde und andere Gewaltverbrechen gehörten nicht zum Alltag. Und dann auch noch Eudora Kretchmer, die in Rocky Beach recht bekannt war. Sie arbeitete in der Kirchenverwaltung und engagierte sich für wohltätige Zwecke.
»Was ist denn genau passiert?«, fragte Bob.
»Ja, wurde sie erschossen?«
»Oder überfahren?«
»Sie wurde erstochen«, begann Tante Mathilda. »Aber …«
»Sie hatte anscheinend einige Feindinnen im Frauenklub«, sagte Peter. »Meine Mutter meinte mal, dass Mrs Kretchmer immer wieder Ärger macht, wenn es um das Kuchenbuffet zum Erntedankfest oder die Besetzung des Krippenspiels geht.«
»Aber das ist doch kein Grund, sie umzubringen«, meinte Bob betroffen.
»Nun …«, fing Tante Mathilda an, aber Peter fiel ihr erneut ins Wort. »Ich schätze mal, dass es Mrs Espenson war. Sie ist die Einzige, die wirklich von Mrs Kretchmers Tod profitiert, da sie nun zur zweiten Vorsitzenden des Klubs aufrücken kann.«
»Hat die Polizei irgendwelche Hinweise? Oder wurde die Tat etwa schon gestanden?«, wollte Bob wissen.
Peter nickte. »Ja, hat Mrs Espenson sich bereits gestellt?«
»Wer hat dir überhaupt von dem Mord erzählt, Tante?«, fragte Justus.
»Na, Eudora Kretchmer selbst. Ich habe sie eben beim Einkaufen getroffen«, sagte Tante Mathilda, als wäre es das Normalste der Welt, mit einer Ermordeten im Supermarkt über ihren Tod zu plaudern.
»Moment mal, dann war es also nur ein versuchter Mord?« Justus, der sich normalerweise nicht so leicht aus dem Konzept bringen ließ, war nun doch leicht verwirrt.
»So kann man das nicht sagen.« Tante Mathilda ließ sich auf eine verrostete Gartenbank sinken. »Ein Einbrecher hat ihr Porträt vorgestern direkt aus dem Schlafzimmer der Kretchmers entwendet und heute lag es zerstört auf der Türschwelle ihres Hauses!«
»Aha«, machte Justus. »Schon wieder ein zerstörtes Gemälde. Dann handelt es sich vermutlich um die neueste Tat des berüchtigten Bildermörders.«
»So ist es«, bestätigte Tante Mathilda. »Es verlief genau wie bei den letzten Malen, als der Bildermörder zuschlug. Mr Kretchmer bekam kurz nach Entführung des Bildes einen Erpresserbrief. Man wies ihn an, Geld an einem bestimmten Übergabeort zu hinterlegen. Sonst würde das Gemälde mit dem Abbild seiner Ehefrau zerstört, oder besser ›ermordet‹ werden.«
Bob legte den fertig reparierten Sonnenschirm beiseite. »Und Mr Kretchmer hat nicht bezahlt?«
»Offenbar nicht«, stellte Peter fest. »Verständlich, oder würdet ihr gern ein Bild von Mrs Kretchmer im Schlafzimmer hängen haben?«
Tante Mathilda warf ihm einen strengen Blick zu.
Justus kümmerte sich nicht um Peters Kommentar. »Dieser Bildermörder hat eine interessante Vorgehensweise.«
»Also ich habe bis eben noch nie etwas von diesem Typen gehört«, gab Peter zu.
»Manchmal lebst du wirklich auf dem Mond, Zweiter«. Bob schüttelte belustigt den Kopf. »Der Kunstmörder hat sich nicht auf berühmte Kunstwerke spezialisiert, sondern auf private Liebhaberstücke, genauer gesagt auf Porträts. Er stiehlt die Bilder und bietet sie den Besitzern dann für relativ wenig Geld wieder an. Gehen sie auf den Handel ein, bekommen sie das Bild unversehrt zurück. Weigern sie sich zu zahlen, wird das Bild regelrecht ermordet. Der Bildermörder schlitzt es auf, malt dem Gesicht einen entsetzen Ausdruck und tropft rote Farbe über die Leinwand.«
»Nicht gerade die feine Art, mit Bildern umzugehen!«, meinte Peter.
»Diese Methode ist sehr makaber, aber durchaus effektiv«, räumte Justus ein. »Porträts haben für die Besitzer ja oft einen persönlichen Hintergrund. Es sind die Abbildungen von Verwandten, Freunden, Kindern oder Vorfahren. Die drohende Hinrichtung der Bilder setzt ihre Besitzer also besonders unter Druck.«
»Vielleicht hat der Bildermörder aber auch einfach nur großen Spaß daran, Porträts möglichst bestialisch umzubringen – sozusagen als Hobby«, überlegte Peter. »Dann möchte ich diesem Menschen lieber nicht begegnen. Vor allem nicht nachts.«
»Solange du kein Porträt bist, hast du doch nichts zu befürchten.« Bob grinste.
»Ich finde, dass der Bildermord nach einem Fall für die drei ??? klingt«, stellte Justus fest. »Was meint ihr, Kollegen?«
Bob war sofort einverstanden. Das Thema Kunst interessierte ihn sehr. Abgesehen davon hatten die drei Detektive schon seit einigen Wochen keinen Fall mehr bearbeitet und die Ferien verliefen bislang eher ereignislos. »Wir können ja nachher bei Mrs Kretchmer vorbeischauen und fragen, ob wir das zerstörte Bild untersuchen dürfen.«
»Das wird nicht gehen.« Tante Mathilda stand auf. Sie strich ihren Rock glatt. »Mrs Kretchmer hat bereits Inspektor Cotta eingeschaltet und ihm das Porträt übergeben. Die Spurensicherung der Polizei soll sich darum kümmern.« Sie nahm ihren Einkaufskorb vom Ofen und sah sich in der Freiluftwerkstatt um. »Außerdem werdet ihr heute gar keine Zeit für einen neuen Fall finden. Ihr habt in der letzten Stunde gerade mal sechs Schirme geschafft! Dabei braucht Titus heute Nachmittag alle fünfzehn Stück. Der Besitzer des kleinen Cafés am Hafen will sie kaufen.«
»Wir beeilen uns ja, Tante Mathilda!«, versprach Justus zerknirscht. Der Erste Detektiv hätte wesentlich lieber die Spur des Bildermörders aufgenommen, als alte Leinenschirme zu flicken. Näharbeiten gehörten nicht zu den Dingen, die er schätzte.
»Dann schützt mal besser keine Müdigkeit vor!« Mathilda Jonas stapfte davon in Richtung Wohnhaus.
Peter schnappte sich einen roten Sonnenschirm, der arg zerschlissen war. »Ich weiß nicht, ob ich Lust habe, mich mit so einem Verbrecher zu beschäftigen. Wer weiß, ob der nicht auch Menschen umbringt, wenn man ihm zu nahe kommt.« Er blickte verzweifelt auf die vielen Risse im Stoff. »Und wie bitte schön soll ich den noch flicken? Diesen Schirm kann man nicht mehr retten! Der ist garantiert in einem schlimmeren Zustand als das Bild von Mrs Kretchmer. Vermutlich wurde er von einem Sonnenschirmmörder angegriffen! Das wäre doch ein Fall für uns.«
Bob lachte, doch dann seufzte er. »Mit der ganzen Arbeit sind wir morgen noch nicht fertig. Können wir nicht euren neuen Helfer fragen, ob er uns mit den Schirmen etwas unter die Arme greift, Just? Wie heißt er gleich?«
»Brock Duff!« Justus sah mit einem Mal entsetzt aus. »Bloß nicht! Der Mann würde ein heilloses Chaos anrichten. Abgesehen davon erzählt er stundenlang von der Farm seiner Eltern, von ihren Kühen, den Traktoren und von seinen vier Schwestern Mary-Beth, Mary-Hope, Mary-June und Mary-April.«
»Ja, er ist schon ein echtes Landei«, gab Bob belustigt zu. »Und sein Wohnmobil parkt mir doch eine Spur zu dicht an unserer Zentrale.«
»Ich würde mir jedenfalls freiwillig alle Mary-Geschichten anhören, wenn diese blöde Flickerei dafür schneller erledigt wäre«, knurrte Peter. »Ein Königreich für eine Abwechslung!«
Der Zweite Detektiv hatte Glück. Die Abwechslung erschien schon wenige Minuten später in einer glänzenden grünen Limousine. Der Wagen parkte mit quietschenden Reifen in der Einfahrt zum Schrottplatz. Ein leicht untersetzter Mann mit schütterem braunen Haar sprang aus dem Auto, steuerte direkt auf die Baracke zu, in der sich das Büro von Onkel Titus und Tante Mathilda befand, und klopfte lautstark an die Tür.
»Nur ein Kunde!«, bemerkte Bob beiläufig und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
Justus sprang auf. »Da stimmt doch etwas nicht!«
»Ach, Just, das hat bestimmt nichts zu bedeuten. Autsch!« Peter zuckte zurück. Er hatte sich mit der Nadel in den Finger gestochen. Ein einzelner roter Blutstropfen fiel hinab auf den Schirm. »Herrje, jetzt sieht das Ding wirklich wie ermordet aus.«
»Lass den Schirm und komm«, sagte Justus ungeduldig. »Der Mann sieht aus, als würde er gleich die Tür eintreten.«
»Da könntest du recht haben!«, meinte Bob besorgt, als die drei ??? im Gänsemarsch zur Bürobaracke gingen.
Der Mann schlug nun mit der flachen Hand gegen die Tür. »Hallo? Ist da jemand?«
»Guten Tag!«, sagte Justus freundlich. »Kann ich Ihnen helfen?«
Der Mann drehte sich erschrocken zu den Jungen um. »Oh, ja! Ich möchte gern Herrn Titus Jonas sprechen.« Er tupfte sich mit einem blütenweißen Taschentuch ein paar kleine Schweißperlen von der Stirn.
»Mein Onkel ist bei einer Versteigerung. Er wird bestimmt erst gegen Nachmittag wieder hier sein. Aber Sie können gern mit meiner Tante sprechen.«
»Ja, das wäre sicherlich gut.« Der Mann nickte etwas zu heftig. »Würdest du sie schnell holen, Junge?«
»Kein Problem, Sir.« Justus eilte davon, während Peter und Bob mit dem Mann neben dem Büro warteten. Es dauerte nicht lange, bis Justus aus dem Wohnhaus zurückkam. Tante Mathilda spazierte neben ihm her.
»Mrs Jonas?«, begrüßte der Mann Tante Mathilda, bevor sie ihn überhaupt erreicht hatte. Er sprang auf sie zu und schüttelte ihre Hand, als wollte er sie abreißen. »Mein Name ist John Greenwalt.« Er ließ Tante Mathilda wieder los und begann in seinen Taschen zu wühlen. Justus’ aufmerksamem Blick entging nicht, dass seine Hände dabei leicht zitterten. »Warten Sie, hier … ist meine Visitenkarte … Ich bin der Direktor der ›Rocky Beach Art Gallery Hall‹.«
»Ach, Sie kommen von der Kunsthalle«, sagte Tante Mathilda. »Wie kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie Bilderrahmen? Oder Vitrinen? Wir haben da neulich erst ein paar sehr schöne Stücke von einem alten Museum übernommen, das leider geschlossen werden musste.«
»Nein … also, ich möchte nichts erwerben.« Mr Greenwalt sah von Tante Mathilda zu den Jungen und wieder zurück. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Sie gerne unter vier Augen sprechen, Madam. Es … nun ja … es handelt sich um eine etwas heikle Angelegenheit.«
»Meinetwegen, kommen Sie.« Tante Mathilda schloss das Büro auf. Dann drehte sie sich zu den drei ??? um. »Da drüben wartet noch eine ganze Reihe von Schirmen auf euch! Also los, macht euch nützlich, ihr drei.«
»Schon gut, Tante Mathilda.« Justus wartete, bis die Bürotür hinter Mr Greenwalt und seiner Tante zuklappte, dann wandte er sich an seine beiden Freunde. »Kollegen, ich würde sagen, da ist ganz definitiv etwas im Busch!«
Der Erste Detektiv winkte Peter und Bob hinter einen Stapel Bauholz. Von dort ging es – verdeckt von einem Schrank und ein paar Kommoden – zur Rückseite des Büros. Hier gab es keine Fenster. Justus deutete auf ein vergittertes Loch, das sich rechts oben in der Wellblechwand befand und zur Belüftung diente. Wenn man auf eine umgedrehte Kiste oder Tonne stieg, konnte man mit etwas Anstrengung hören, was drinnen gesprochen wurde. Peter schnappte sich ein kleines Fass und positionierte es unter dem Lüftungsgitter. Dann stieg er hinauf. Wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte er ein Ohr an das Gitter pressen.
»Gestohlene Bilder?«, fragte Tante Mathilda gerade entrüstet. »Mein Herr, wir sind kein Hehlerschrottplatz, sondern ein anständiges Gebrauchtwarencenter!«
»Einer der beiden Diebe wurde heute von der Polizei gefasst. Er hat ausgesagt, dass er und sein Komplize die Gemälde hier verkauft hätten«, erklang die Stimme von Mr Greenwalt.
»Ach ja? Mir ganz sicher nicht. Ich erinnere mich an alles, was wir ankaufen und verkaufen!« Tante Mathildas Stimme überschlug sich nun beinahe. »Wir führen Buch über den Wareneingang.«
»Madam, ich will Ihnen nichts unterstellen. Ich bin extra persönlich hierhergekommen, um den Sachverhalt zu klären.« Er gab sich alle Mühe, Tante Mathilda zu besänftigen. »Vielleicht hat einer Ihrer Mitarbeiter die Bilder angenommen und den Kauf nicht eingetragen. Es sind ja keine bekannten Gemälde. Die Bilder sehen eher unspektakulär aus.«
»Mir wurden aber auch keine unspektakulären Bilder verkauft! Die letzten Gemälde hat mein Mann vor zwei Wochen erstanden, bei einer Zwangsversteigerung in San Bernadino und da ging alles mit rechten Dingen zu.«
»Das glaube ich Ihnen ja, Madam.«
»Um was für Gemälde handelt es sich denn nun? Sind sie wertvoll?«
»Aber nein«, antwortete Mr Greenwalt. »Wir vermuten, dass die Diebe keinen Kunstverstand hatten. Sie hofften vermutlich, schnelles Geld zu machen. Dennoch möchten wir von der ›Art Gallery Hall‹ die Objekte gern wiederhaben. Sie gehören zu einer hübschen kleinen Ausstellung mit Bildern von Kunststudenten. Wer weiß, ob nicht ein zukünftiger Meister dabei ist.«
»Nun gut, ich kann meinen Mann nachher fragen, ob hier in den letzten Tagen Bilder verkauft wurden …«, begann Tante Mathilda.
»Vorgestern!«, wurde sie sogleich von Mr Greenwalt unterbrochen. »Die Bilder wurden zwar bereits am Montag beim Transport zur ›Art Gallery Hall‹ gestohlen, aber angeblich erst vorgestern zum Schrottplatz gebracht. Genauer gesagt: vorgestern Abend gegen sechs Uhr. Es handelte sich bei den Tätern um zwei weiße Männer mittleren Alters.«
»Sechs Uhr«, wiederholte Tante Mathilda langsam. Peter nahm an, dass sie sich die Zeit notierte. »Zwei Männer. Mittleres Alter. Und wie sehen die Bilder aus?«
»Es waren dreizehn Gemälde, Acrylfarbe auf Leinwand. Alle Motive zeigen verkleidete Menschen: Kinder, Männer und Frauen. Warten Sie, ich habe eine Liste mit genauen Beschreibungen angefertigt.« Was Greenwalt danach sagte, ging in einem lauten Sägegeräusch unter. Peter presste sein rechtes Ohr fester an das Gitter, während er das linke zuhielt. Trotzdem verstand er kein einziges Wort mehr.
»So ein Mist!«, entfuhr es Justus. »Ausgerechnet jetzt!« Er spähte über den Hof. Höchst konzentriert war Brock Duff gerade dabei, einen Tisch zu Kleinholz zu verarbeiten.
»Macht nichts, Just. Ich habe genug gehört.« Peter kletterte von der Tonne. »Ihr werdet es nicht glauben, aber es sieht so aus, als hätten wir dreizehn gestohlene Gemälde auf dem Schrottplatz!«
»Warum macht Mr Greenwalt so viel Aufhebens um die Bilder?«, fragte Justus, nachdem Peter ihm und Bob in der Freiluftwerkstatt Bericht erstattet hatte. »Man könnte meinen, es handele sich um alte Meister.«
»Vielleicht ist ihm der Diebstahl peinlich«, überlegte Peter. »Die ›Art Gallery Hall‹ hat sich ja in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Erinnert ihr euch noch daran, wie Ed Stingwoods Bild Grüne Eisenfrau gestohlen wurde?«
»Natürlich«, antwortete Bob. »Immerhin haben wir das Bild wiedergefunden und den Dieb überführt. Allerdings haben die Leute von der Kunsthalle danach ihr ganzes Sicherheitskonzept überarbeitet. Angeblich gehört die ›Art Gallery Hall‹ mittlerweile zu den sichersten Museen in Kalifornien.«
Peter zog die Stirn kraus. »Das ist doch Verschwendung. Bei denen hängt doch nur noch unbekanntes Zeug.«
»Nicht ganz. Ich habe in der ›Rocky Beach Today‹ gelesen, dass sich die ›Art Gallery Hall‹ erneut um einige große Ausstellungen beworben hat. Die Chancen stehen dieses Mal nicht schlecht, da mehrere Gebäude des ›Los Angeles Museum of County Art‹ derzeit umgebaut und die Ausstellungen auf Museen in der Gegend verteilt werden.«
»Den Artikel habe ich auch gelesen. Aber ich fürchte, dass sich die ›Art Gallery Hall‹ mit solchen internationalen Großprojekten übernimmt«, sagte Justus nachdenklich.
»Achtung, sie kommen!« Bob reckte sich, um einen Blick auf Mathilda Jonas und den Direktor der Kunsthalle werfen zu können. Die beiden steuerten gerade quer über das Schrottplatzgelände auf Brock Duff zu.
»Kommt Kollegen, das Gespräch will ich nicht verpassen!« Justus setzte sich in Bewegung.
»Was machen Sie denn da, Brock?«, fragte Tante Mathilda kopfschüttelnd, als sie gleichzeitig mit den drei ??? an der Kreissäge ankam.
»Ich säge«, antwortete der junge, sonnengebräunte Mann freundlich.
»Brock, haben Sie zufällig vorgestern zwei Männern dreizehn Bilder abgekauft?« Tante Mathilda verschränkte die Arme. Auf Brock Duff wirkte diese resolute Geste offenbar ziemlich einschüchternd. Er duckte sich leicht.
»Gestern, Mrs Jonas? Dreizehn Männer? Zwei Bilder? Nein, warten Sie!« Man konnte förmlich sehen, wie es in seinem Kopf unter den dichten braunen Haaren ratterte. »Ja, da waren zwei Männer mit Bildern.«
»Gemälde von verkleideten Menschen?«, hakte Mr Greenwalt mit sichtlichem Unbehagen nach.
»Ja, sie waren schön bunt und …«
»Warum haben Sie den Kauf nicht notiert?«, fiel ihm Tante Mathilda ins Wort.
Brock duckte sich erneut. »Das habe ich wohl vergessen, Mrs Jonas.«
»Und was haben Sie für die Bilder genommen?«
»Moment … So um die sechzig Dollar.«
»Insgesamt?«
»Nein, Mrs Jonas, pro Bild. Ich habe sie sogar etwas runtergehandelt!«
»Himmel!« Tante Mathilda schnaubte. »Sind sie denn noch hier, Brock?«
»Wer?«
»Na, die Bilder!«
»Schon.«
»Alle?«
»Na ja, die, die ich nicht verkauft habe«, sagte Brock langsam.
»Verkauft?« Mr Greenwalts Stimme klang schrill. Er sah aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen oder in eine der beiden Tischhälften beißen. »Sie haben diese Bilder verkauft?«
Brock Duff klopfte Greenwalt freundschaftlich auf die Schulter. »Nicht alle, Sir. Nur manche von denen.«
»Das ist eine Katastrophe!« Mr Greenwalt rang sichtlich um Fassung.
»Na, da hat Brock uns ja etwas eingebrockt!«, knurrte Justus leise.
»Wir haben ja noch andere hübsche Bilder. Vielleicht möchten Sie die kaufen«, schlug Brock Duff indes hilfsbereit vor.