»Servus Piefke!« wäre nicht entstanden ohne folgende Personen und Institutionen: Julia Reifenberger, Florian Gründel, Harald Kämmerer, Peter Blau, Ole Schmitt, Ruth Oppl, Mark-tefan Tietze und Christian Moser (den Mann mit dem entscheidenden Hinweis). Sowie der Gaststätte Klabunt. (Alles Piefke, nebenbei gesagt) Und meiner wunderbaren Heimatstadt Wien, ohne die ich nie geworden wäre, was ich bin: Exilwiener.
Diverse Wörter und Begriffe wurden in diesem Buch verwendet, die der deutsche Leser vielleicht nicht sofort versteht. Zum besseren Verständnis folgen nun kurze Erklärungen in ortsüblicher Schreibweise. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird so mancher Wiener an Form und Inhalt etwas auszusetzen haben. Aber wann hat der Wiener an irgendetwas nichts auszusetzen? Eben!
16er Blech
Eine Dose Bier – aber ausschließlich der Marke »Ottakringer«. Ottakring ist nämlich der sechzehnte Wiener Gemeindebezirk. Dort steht auch die Brauerei. Daher der »16er«.
38er, der
Straßenbahn, die zwischen Grinzing und Schottentor (Innenstadt) verkehrt und deshalb die Nummer 38 trägt, weil zuerst 30 Minuten keine kommt, dann aber acht hintereinander.
In Wien sind alle Straßenbahnen männlich, obwohl es die Tramway (ausgesprochen: Drahmwei) heißt. Grund dafür ist die still mitgedachte Bezeichnung »Wagen«, die hört man nur mehr beispielsweise beim »D-Wagen« (es gibt auch Straßenbahnen mit Buchstaben, wenige, aber doch), also der Straßenbahnlinie D.
Hier möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich die äußerst billige Pointe, dass ich zum ersten Mal Deutsche in einer Straßenbahn treffe, die exakt jene Nummer trägt, die auch das Jahr bezeichnet, in dem die Deutschen zum letzten Mal (unter österreichischer Führung) in Österreich und Wien einmarschiert sind, elegant beiseitegelassen habe. Grundsätzlich ist es aber besser, sich im 38er zu befinden als im 38er Jahr.
Abbusseln
Eine Methode durch möglichst häufiges Aufdrücken gespitzter Lippen auf Wangen (oder Luft) bei größtmöglich-versicherter Freundlichkeit in der Öffentlichkeit einander die tiefstmögliche Verachtung auszudrücken. Bei privater Anwendung kann es sich durchaus tatsächlich um Sympathie handeln. Muss aber nicht.
Sonderfall Fußball: Hier kann es im Radio bei Live-Übertragungen schon mal zu klassenüberschreitenden Emotionsausbrüchen kommen, so beispielsweise in Cordoba 1978: »Der Herr Diplom-Ingenieur und I, wir busseln uns ab!« Kommt aber ähnlich oft vor wie ein Sieg der österreichischen Fußballnationalmannschaft über die deutsche.
Aluweckerl
Eine Dose Bier.
Sollte es sich um »Ottakringer« handeln, siehe : 16er Blech.
Ausgehn, sich
Siehe: Das wird sich schon ausgehn.
Auslage
Schaufenster. Wenn man etwas »nicht in die Auslag’ stellen soll«, ist man dazu aufgerufen, es nicht so plakativ zu behandeln. Oder einfach zu schweigen.
Auslända
In Wien: Feindbild und an allem schuld.
In Deutschland: ein Problem.
Vergleiche: Problembär, Problemkuh, Problemvorsitzender
Ausse flutschn
Geschmeidig entweichen. Nicht zu verwechseln mit: Ausse rutschen. Dann ist jemandem etwas unfreiwillig entwichen. Meist unangenehme Wahrheiten.
Bahöö
Lärm, Krach, Tumult, Streit, Aufregung (kommt vielleicht vom Tschechischen pahel – Krawall). Wird in Wien nicht gerne gesehen. Wer »an Bahöö macht«, dem fehlt es meist an »Schmäh« (siehe dort).
Bscheid stessen
Jemandem eine Auskunft erteilen. Wird gerne zu spät oder indirekt gemacht. Rechtzeitig und direkt liegt dem Wiener nicht.
Bugl
Brotanschnitt. Nicht zu verwechseln mit »Buckl« – denn das ist ein körperliches Merkmal, eine Verkrümmung des Rückens. Merke : Das eine isst man am Würstelstand beispielsweise zur »Eitrigen« (siehe dort), das andere hat der Quasimodo.
Bumsen
Ist nicht »poppen« oder »ficken«, sieht aber von außen genau so aus. Hat aber nichts zu tun mit den Südtiroler »Bumsern«. Das waren Bombenleger.
Burschen, klasse
Siehe: Klasse Burschen
Chick
Siehe: Tschick
Dachinierer
Nichtstuer, Taugenichts.
Höchste Form der Wiener Unternehmungslust.
Das wird sich schon ausgehn
In etwa: »Das wird schon klappen«. Meistens angewandt, wenn gerade ein Abgabetermin in unangenehme Nähe rückt. Das »sich« ist eines der vielen reflexiven Elemente des Wienerischen, das sich die Wiener aus dem Tschechischen eingebürgert haben. Sozusagen ein grammatikalischer Einwanderer.
Ähnlich auch: »Treff ma sich« (treffen wir uns bzw. einander).
Des schau ma dann, wann ma so weit san
»Das werden wir dann sehen, wenn wir erst einmal so weit sind«. Die automatische Antwort auf die anklagende Frage: »Wie soll sich das ausgehn?«
Siehe: ausgehn, sich und »Das wird sich schon ausgehn«
Die da oben
Mythische Beschreibung der gesellschaftlichen Elite, Entscheidungsträger und politischen Instanzen. Wer genau das ist, weiß man nicht und will es auch gar nicht wissen. Unterscheidungsmerkmal ist lediglich, dass der Sprecher nicht dazugehört.
Du Trottel
Unfreundliche Bezeichnung des Gegenübers. Aber immer noch besser als »Wappler«, »Wixer« oder »Weh«.
Eh
Eigentlich: ohnehin. Hat aber viel mehr Bedeutungsebenen als dieses kleine Glossar erfassen kann. In »eh« steckt alles drin, was Menschen und Gesellschaft (vielleicht auch Gebäude) in Wien zusammenhält. »Eh« ist so etwas wie der Klebstoff dieser Stadt. Eine Lebens- und Weltanschauung in einer Silbe.
Das ist Effizenz!
Verstanden?
Nein?
Is eh wurscht …
Eitrige
Die gebratene Käsekrainer. Also eine Wurst, die mit Käse gefüllt ist, welcher in ihrem gebratenen Zustand flüssig austritt. Intergrationswillige Piefke (siehe dort) erkennt man daran, dass sie versuchen, diese am Würstelstand mit den Worten: »eine Eiterige, bitte« zu bestellen. Was dem Wiener Ohr wehtut und dem Piefke wider dessen Absicht keinerlei Sympathien einbringt. Korrekt wird die »Eitrige« mit einem »Bugl« (siehe dort) einem »Aluweckerl« (siehe dort) und einem »Krokodil« (aufgeschnittenes Essiggurkerl) verzehrt.
Fäun
Eigentlich: stinken. Hat aber auch noch die Bedeutungen beschimpfen, nerven, sich beklagen: ich fäu dich an, es fäut mich an, er fäut umananda (siehe dort). Die hier gewählte Schreibweise wird sicherlich in Wien da und dort auf Ablehnung stoßen, da die Wortwurzel »faulen« nicht mehr erkennbar ist. Andererseits hält sie der Autor für phonetisch korrekt. Und wem das nicht passt, der »soll net umananda fäun, sondern selba a Biachl schreibm, wei’s mi unhamlich anfäut, deppat von der Seitn angfäut zum werdn.«
Womit, glaube ich, alles erklärt wäre.
Fesch
Äußerlich ansprechend und attraktiv. Fast immer mit gegenteiligem Inhalt versehen.
Fiakergulasch
Gulasch aus Essiggurkerln, Spiegelei und Würsteln. Der »Fiaker« beschreibt sowohl eine Art Pferdewagen-Taxi wie auch den Kutscher desselben. Und wird FiÁcker ausgesprochen (also mit Betonung auf der zweiten Silbe), und nicht – wie das der Piefke (siehe dort) gerne tut – FíAcker (mit Betonung auf der ersten Silbe). Der arme Mann muss zwar ständig mit Pferden leben, mit einem Vieh-Acker hat er trotzdem nichts am Hut.
Das nach ihm benannte Gulasch hingegen kann man an kalten, nassen und windigen Wintertagen (und von denen gibt es in Wien reichlich) nur sehr empfehlen.
Geh, gusch!
Halt die Klappe! bzw. Halt’s Maul! »Geh« hat in diesem Fall nichts mit »gehen« zu tun. Vielmehr ist es eine Art »Aussage-Anlauf«-Silbe. So sagt man auch: Geh, zu wasn? (Aber wozu denn?) oder auch: Geh, schleich di! (Hau ab!).
»Gusch« kommt natürlich von »kuschen«. Eine auch in Deutschland weitverbreitete Konfliktvermeidungsform.
Goldenes Wiener Herz
Eine Erfindung der Wiener Fremdenverkehrswerbung. Bestenfalls ein Gerücht. Obwohl es auch in Wiener Liedern oft besungen wird, ist es in Wirklichkeit unauffindbar. Also ein PR-Gag, der älter ist als das Wort »PR-Gag«.
Grammelknödel
Knödel (setze ich als bekannt voraus) gefüllt mit Grammeln (in Deutschland »Grieben«). Also unglaublich fett, cholesterinreich und voller Kohlehydrate, mit einem Wort: herrlich!
Halt die Pappn!
Halts Maul! Aus der »Pappn« (Mund/Maul/Goschen – hat also nichts mit Pappe oder Papier zu tun) kann auch gern etwas »ausse flutschn« (siehe dort).
Heuriger
Buschenschank / Buschenschänke. In Deutschland auch bekannt als »Besen«- oder »Straußwirtschaf t«. Die Wiener wissen großenteils gar nicht, dass es das woanders auch gibt. Geht alles letztlich auf eine Verordnung Josephs II. aus dem Jahr 1784 zurück (er war einer der wenigen vernünftigen Habsburger und deshalb auch sehr unbeliebt), die den Weinbauern (mitunter auch Bierbrauern) gestattet, ihr Getränk auch selbst zu verkaufen und es damit nicht zu festgesetzten Preisen an den nächsten Großkopferten abgeben zu müssen. Diese Freiheit wird durch ein Reisigbündel am Haustor angezeigt. Später nimmt man auch ein bißchen Grünzeug dazu. So entsteht der »Buschen« (oder eben Besen oder Strauß).
Klasse Burschen
Ungefähr »dufte Kumpels« oder »tolle Jungs« oder »coole Typen«, wie auch immer, meist eingeschworene Männerrunden, in denen es einen gibt, der redet, einen der organisiert, einen der zahlt und einen, der der Depp ist und eigentlich nur dazu da, die anderen zu bewundern. Diese Rolle kann natürlich auch mit der des Zahlenden zusammenfallen.
Krepieren
Die Patschen strecken, den Holzpyjama anziehen, a Bankerl reissen, also: ableben.
Krokodil
Siehe: »Eitrige«
Liab, (mei ist der)
Eine Beleidigung. »Liab« (lieb) ist so gut wie nie nett gemeint, außer es handelt sich um ein Kind. Besser noch einen Hund.
Leich, scheene
Siehe: Scheene Leich
Leiwand
DAS wienerische Wort schlechthin. Alles ist leiwand, wenns leiwand ist, weil nur was wirklich leiwand ist, kann auch leiwand sein. Oder urleiwand. Oder noch leiwander und am leiwandsten.
Und »leiwand« ist natürlich viel leiwander als »dufte«, »knorke«, »krass«, »endgeil« oder das simple »super«.
Kommt tatsächlich vom »linnen Gewand«, also der »Leinwand«, wird aber viel häufiger aus Baumwoll-T-Shirts heraus geäußert. Wenn man in Wien fragt, was es eigentlich bedeutet, bekommt man gerne die Antwort: »Na, net oasch.« (oasch – siehe dort)
Marillenmarmelade
Marillen sind Aprikosen, und Marmelade ist keine Konfitüre, deshalb auch der Begriff »Marmeladinger« (siehe dort). Die »Wachauer Marille« ist im Übrigen seit dem EU-Beitritt Österreichs ein geschützter Begriff.
Marmeladinger
Kosename für die Deutschen. Zum Ursprung des Begriffs gibt es zwei Thesen: Entweder weil die deutschen Besatzer von 1938 bis 1945 sich als so gierig auf süße Mehlspeisen (oft mit Marmelade gefüllt) erwiesen haben, oder weil der Deutsche gerne »Konfitüre« sagt, wo er »Marmelade« sagen sollte. Möglich ist auch beides.
Meier gehen
Sterben, funktionsuntüchtig werden, kaputtgehen. Was der Meier damit zu tun hat? Das müssen Sie den schon selber fragen.
Menschen samma alle
Höchster Glaubenssatz des Wiener Fatalismus und gleichzeitige Entschuldigung für so ziemlich alles.
Mistelbacher
Polizist. Angeblich weil viele Polizisten aus Mistelbach (rund 50 km nördlich von Wien gelegen) kommen. Man sollte aber nie einen Mistelbacher als Mistelbacher ansprechen. Auch nicht als »Kieberer«, »Schnittlauch« oder »Spinatwachter«. Am besten spricht man ihn gar nicht an.
Motschkern
Sich beschweren, nölen, miesmachen. In Wien ein durchaus beliebter Zeitvertreib.
Negerant
Kommt von »neger«, das bedeutet soviel wie »pleite«. Über die Herkunft kann nur spekuliert werden. Wie wär’s damit: abgebrannt – schwarz – neger. Der »Negerant« ist das passende Hauptwort dazu. Also jemand, der pleite ist. Ähnliche Hauptwörter: Der Besitzer einer Trafik (Tabakladen, Kiosk) ist der »Trafikant«. Nichts damit zu tun haben allerdings die »Mizzi Tant« und »Samarkand«.
Nudeldrucker
Beleidigung. Früher spezifisch für einen Pedanten bzw. Geizkragen, heute vielseitig einsetzbar.
Nur kaane Wöhn
Wörtlich: »nur keine Wellen«. Keine Aufregung, keine Eile, keine Hast. Besser alles ist »pomali« (siehe dort).
Oasch
Arsch. Ist aber auch – und weitaus häufiger – als Eigenschaftswort in Verwendung. Was in Deutschland vielleicht »saufies«, »vollkrass« oder sogar »arschig« ist, ist in Wien alles nur »oasch«. Und was nicht »oasch« ist, ist eigentlich »eh leiwand« (siehe dort).
Oaschgsichta
Nein, wir haben gesagt, da müssen Sie schon selber drauf kommen!
Palatschinken
Pfannkuchen. Nur schmackhafter als diese, weil nicht dick wie ein Steak. Und immer wieder großer Quell der Freude des sehr einfachen deutschen Wortspiels »Palat – Schinken!« Und schon freut man sich. In Wahrheit hat das Wort denselben Wortstamm wie Plazenta und heißt einfach nur »Kuchen«. Ist aber von seinem langen Weg von Rumänien über Ungarn nach Österreich ein wenig ausgeschmückt worden. Dafür schmecken sie besser.
Pappn, die
Siehe: Halt die Pappn
Partie, die
Clique, Gruppe, Freundeskreis.
Also einfach »a Blasn aus lauter Haberer«.
Peitscherlbua, der
Strichjunge
Petschieren
Früher: Versiegeln, vom tschechischen pecet (Siegel).
Heute: pudern, schnackseln, bumsen (siehe dort)
Pickerl
Siehe: Vignette
Piefke
»Liebevolle« Bezeichnung für die Bürger Deutschlands. Diese sprechen auch »Pief kinesisch« und wohnen in der »Pief kei«. Benannt nach dem Militärmusiker Johann Gottfried Piefke, der 1866 nach dem Sieg der Preußen über die Österreicher den »Königgrätzer Marsch« komponierte und ihn auch noch unweit von Wien (etwa 20 km) in Gänserndorf von preußischen Militärkapellen hat intonieren lassen. So macht man sich nicht beliebt bei uns.
Merke aber: Bayern sind keine Piefke! Insofern gibt es große Überschneidungen mit dem bayrischen Begriff »Preiß’n« (Preußen).
Pomali
Gelassen, leicht, gemütlich. Wird auf Wienerisch allerdings »gmiadlich« ausgesprochen.
Powidltatschkerl
Teigtaschen mit Pflaumenmus gefüllt. Schmeckt allerdings – natürlich – besser, wie man an dem Wort schon sieht. So wie Powidltatschkerl »ganz pomali aus der Pappn ausse flutscht«, wenn es denn flutscht, so viel besser munden sie denn auch als »Teigtaschen«. Beide Worte kommen mal wieder aus dem Tschechischen.
Pudern
Petschieren, schnackseln, bumsen (siehe dort)
Raunzen
Jammern, sich beschweren, beklagen. Nur lautmalerisch ausgeprägter. Am ehesten trifft es noch das deutsche Wort »quengeln«. Verwandt mit »motschkern« (siehe dort).
Sacklpicker
Schimpfwort. Bedeutete früher »Knastbruder«, da in den Werkstätten des Gefängnisses (in Wien: »Häfn«) Papiertüten gefertigt bzw. dort zusammengeklebt wurden. Tüte heißt »Sackl« oder »Sackerl«, kleben heißt »picken«. Heute ist das Wort universeller verwendbar, als es die Wortwurzel vorgibt.
Safnsieda
Schimpfwort, eigentlich »Seifen-Sieder«, »Seifen-Kocher«.
Schaaß, der
Siehe: Wenn der Wiener an Schaaß lasst
Scheene Leich
Ein schönes Begräbnis. Ziel- und Endpunkt des Wienerischen Seins.
Scherzerl
Brotanschnitt, aber auch: kleiner Witz, Schmäh.
Schiach
Häßlich, aber mit breiterem Bedeutungsspektrum – so kann es auch für ekelhaft, abgründig, grauenhaft oder gemein stehen. Wenn beispielsweise »jemandem schiach wird«, so hat dieser Angst. Existenzielle Angst. »Mulmig« wäre hier also eine zu schwache Übersetzung. Die wär nicht »schiach« genug.
Schleich di
Verpiss dich, Hau ab, Mach die Fliege, Mach dich vom Acker. Mit einem Wort: »Hau di über’d Heisa!« (über die Häuser).
Schmäh
Vielleicht vom Jiddischen schema – »Erzählung«, »Gehörtes« abgeleitet, vielleicht aber auch aus der »Schmähung« (das glaub ich eher). Neben »leiwand« (siehe dort) ein wesentliches Wort des Wienerischen. Bedeutet zuerst nur: Scherz, Witz. Meint aber auch: Sinn für Humor, Mutterwitz, Trick, Kniff, soziale Kompetenz. Keinen »Schmäh« zu haben, führt in Wien automatisch zur sozialen Isolation. Man muss den »Schmäh führen« können, damit der »Schmäh rennt«. Und alles, was dabei gesagt wird, soll man nicht zu ernst nehmen, da es ja nur »schmähhalber« gesagt wurde. Und fällt einem gar nichts mehr ein, weil man sprachlos oder sehr erstaunt ist, dann ist man »schmähstad«. Ernst gemeint, also »schmäh ohne« bzw. »ohne Schmäh«.
Die Deutschen stehen grundsätzlich im Verdacht, keinen Schmäh zu haben. Ehrlich – ohne Schmäh!
Schnackseln
Pudern, petschieren, bumsen (siehe dort)
Seiern
Raunzen (siehe dort)
Semmeln
Brötchen
Semmelbröseln
Paniermehl. Ohne diese gibt es keine »Panier« (und nicht »Panade«) beim Wiener Schnitzel. Und das wäre ein herber Verlust.
Servas
Servus. Lateinische Kurzform für servus sum – »ich bin dein Sklave«. Verwandt mit »Service« und »servieren«. Allerdings nicht mit dem Vornamen »Severin«, der vom Wort severus hergeleitet wird, und das bedeutet: ernst, streng. Bei genauer Beobachtung merkt man auch, dass das »r« innerhalb dieser Wörter an ganz unterschiedlichen Stellen steht.
Entgegen Peter Alexanders Aussage wird in Wien »Servus« eigentlich nie zum Abschied gesagt, sondern fast ausschließlich zur Begrüßung.
Speiben
Kotzen. Manche meinen »speiben« wäre dünnflüssiger als »kotzen«, da beim Kotzen mehr feste Substanzen mitkämen. Empirisch ist das von mir aus nicht zu belegen.
Sudern
Seiern (siehe dort)
Tachinierer
Siehe: Dachinierer
Taschenfeidl
Taschenmesser. »Feidl« kommt vom Mittelhochdeutschen »vitelen«, was soviel bedeutet wie »sägen«.
Trottel, Du
Siehe: Du Trottel
Tschick, der
Vom Italienischen cicca – Zigarettenstummel. Bedeutet »Zigarette«. Der Tschick ist Singular, die Tschick Plural. Wiener, die das Wienerische schlecht beherrschen (auch solche gibt es!), sprechen gerne von »Tschicks«. Das allerdings ist Englisch, wird chicks geschrieben und bedeutet entweder »Hühner« oder »Mädchen«. Wer auf Nummer sicher gehen will, soll einfach »Spe« sagen. Das bedeutet dasselbe.
Tuchent
Eine dicke Daunendecke. Eigentlich wird sie »Duchend« ausgesprochen, aber anders geschrieben, um Ähnlichkeiten mit der Familie Dichand (Herausgeber der Kronenzeitung) zu vermeiden. Wenn etwas »unter der Tuchent« gemacht wird, soll es nicht ans Tageslicht gelangen. Und das betrifft nur in den seltensten Fällen sexuelle Dinge.
Umananda
Umher, herum, ringsum.
Vignette
Vulgo: »Pickerl«, weil sie auf die Windschutzscheibe geklebt (gepickt) wird. Deutsche Autofahrer vermuten häufig, die Vignette sei extra dazu erfunden worden, um sie zu ärgern. Was nicht stimmt. Sie wurde erfunden, um die Autobahnbenutzer abzukassieren. Egal, welcher Nationalität. Menschen ohne Führerschein finden das völlig in Ordnung.
Weckerln
Kleine Brote, aber keine Semmeln (siehe dort). Es gibt Grahamweckerln, Kronweckerln, Wachauer und viele andere. Hat auf jeden Fall nichts mit »Weckern« zu tun.
Weiterwursteln
Höchste Form der Staatskunst in Österreich. Bedeutet: eine Arbeitsgruppe gründen, Probleme durchdiskutieren, Beschlüsse fassen und dann genauso weitermachen wie vorher.
Wenn der Wiener an Schaaß lasst
… macht der Herrgott a scheens Wetter. Wörtlich für Pief ke: Sollte der Wiener Flatulenzen produzieren, wird eine höhere Macht positiv ins klimatische Geschehen eingreifen. Der my t hische Glaube, als Wiener per se vom Schicksal bevorzugt zu sein. Ist aber nicht wirklich ernst gemeint. Nur Schmäh (siehe dort).
Wiener Herz, goldenes
Siehe: Goldenes Wiener Herz
Wöhn, kaane
Siehe: Nur kaane Wöhn
Wurscht
Egal. Gibt es auch als »wuascht«, »wurst« oder »blunzn«. Tritt häufig zusammen auf mit: a, echt, eh, ganz, mir, so, sowas von, total, völlig. Das missing link der Zustandsbeschreibung zwischen »leiwand« (siehe dort) und »oasch« (siehe dort). Was weder das eine noch das andere ist, ist im Prinzip »wurscht«.
Severin Groebner ist seit 1969 vom Schicksal bestimmter Wiener, zwangsläufiger Bahnfahrer und freiwilliger Frankfurter. Essen, Trinken und Wohnen finanziert er sich durch selbst gestrickte Kabarettprogramme, Radiosendungen und Schauspielerei. Aufgrund seiner ausgeprägten, aggressiven Schüchternheit war es ihm unmöglich, mehrere Kleinkunstpreise (Salzburger Stier, deutscher Kleinkunstpreis, etc.) abzulehnen. All dies ermöglicht ihm ausgedehnte Reisen durch das deutsche Gastland, an dem er vor allem die badische Küche, den Rheingauer Riesling, bayrisches Bier, den Zugang zum Meer und die Frankfurter grüne Soße schätzt. Sowie den Umstand, dass es nicht sein Heimatland ist. Sonst geht’s ihm gut. Was er sich drüber hinaus denkt, steht in diesem Buch.