Mein Leben ohne Ernst
In ihrem Buch »Mutanfall« blickt die Glarnerin Lisa Marti auf ein Leben zurück, das spannender und tragischer, letztlich aber auch optimistischer und zufriedener nicht sein könnte. Unterstützt von der Ghostwriterin Franziska K. Müller, erzählt sie von ihrem immensen Verlust, als ihr Mann Ernst spurlos verschwindet, von großer Einsamkeit, tiefster Verzweiflung und einer bis heute brennenden Ungewissheit über seinen Verbleib. Sie erzählt aber auch von einem dunklen Kapitel Schweizer Geschichte, das sie am eigenen Leib erfahren musste – dem Verdingkindwesen. Lisas Geschichte berührt und wühlt auf und – sie macht Mut.
»Legt die Schriften der großen Weisen aus Asien ruhig einmal beiseite. Hier kommt ein gerüttelt Maß an gelebter, authentischer Weisheit!«
Andreas Vollenweider, Musiker und Freund von Lisa Marti, in seinem Nachwort
Die Autorin Lisa Marti
Die Ghostwriterin Franziska K. Müller
Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte wurden einige der Namen geändert.
Alle Rechte vorbehalten, einschließlich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe.
© 2011 Wörterseh Verlag, Gockhausen
Lektorat: Claudia Bislin, Zürich
Korrektorat: Andrea Leuthold, Zürich
Umschlaggestaltung: Thomas Jarzina, Holzkirchen
Foto Buchcover: Marcel Studer
Layout, Satz und herstellerische Betreuung: Rolf Schöner, Buchherstellung, Aarau
Druck und Bindung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm
Print ISBN: 978-3-03763-022-8
E-Book ISBN: 978-3-03763-504-9
www.woerterseh.ch
»Wenn sich dir Hindernisse in den Weg stellen,
ändere die Richtung – aber nicht das Ziel.«
Vorwort
Der Lüdi-Balg
Schwimmen lernen
Ernst
Was wir waren
Wie wir wurden
Für immer
Ohne Ernst
Reisejahre
Sebastian
Wildwest in Schwanden
Spuren im Wind
Weiterleben
Nachwort:
Eine Nacht in der Karawanserei an der
Rathausgasse in Glarus
Interview:
»Manchmal bringen wir das Glück zurück«
Glossar
Dank
Als ich Lisa Marti zum ersten Mal anrief, geschah es im falschen Moment: Es herrsche Hochsaison, im Geschäft sei viel los, erklärte die Achtundsiebzigjährige hastig, bevor sie das Gespräch beendete. Ich schrieb ihr einen Brief und erklärte, dass mich ihre Lebensgeschichte – von der ich durch einen Zufall vernommen hatte – interessiere und aus ihrer Biografie ein Buch entstehen könnte. Mein Interesse galt einer Frau, die vordergründig ein angepasstes Leben zu führen schien. In einer ländlichen Gegend. Im Kanton Glarus. Extravaganz, Selbstverwirklichung und unkonventionelle weibliche Lebenswege erwartet man in diesem Landstrich nicht unbedingt. Zumal Lisa Marti einer Generation von Frauen angehört, die in den 1950er-Jahren erwachsen wurden. Wie die Abenteurerin später erklärte, habe sie selbst mithilfe von elektrischem Bügeleisen und Waschmaschine einen tadellosen Haushalt geführt, sei stets adrett frisiert und gekleidet gewesen und habe lange Zeit mehrheitlich getan, was von ihr erwartet worden sei.
Wochen später willigte Lisa Marti ein, mich zu treffen, und an einem eisig kalten Wintertag erwartete sie mich am Bahnhof von Glarus. In Bergsteigerkleidung stand sie vor ihrem Jeep, umarmte mich lachend. Der wilde Haarschopf schneeweiß, das Gesicht fein gefurcht wie Winterholz, das seine eigenwillige Schönheit erst im hohen Alter erreicht. Ein Gesicht, das von einem bewegten und nicht immer kompromissbereiten Dasein erzählt. Vom Willen, weiterzumachen, egal, welche Hindernisse sich in den Weg stellen.
In den folgenden Monaten sahen wir uns oft, und bald stellte ich fest: An Lisa ist alles groß. Das Herz. Der Geist. Der Lebensdurst. Ihr Haus mit den vielen Zimmern und Gästebetten. Der drei Meter lange Esszimmertisch, an dem Freunde, die erwachsenen Kinder, die Enkel, Austauschstudenten und deren Kollegen spontane Runden bilden. Der Kühlschrank: XL-Format. Der Abfalleimer: XXL-Format. In unzähligen und bisweilen chaotisch ablaufenden Gesprächen erfuhr ich, dass die Glarnerin ein Leben führte, das sich nicht immer an Vorstellungen und Pläne hielt, in dem das Rezept für das Glück immer wieder umgeschrieben werden musste. Eine Existenz, die durch schwierige Kindheitsjahre geprägt war. Durch die Chancenlosigkeit einer Zukunft, die andere für sie festlegen wollten, und später durch die Sitten einer Zeit, in der die weibliche Eigenständigkeit erkämpft werden musste. Sie trat dem Schicksal immer wieder entgegen. Auch, als ihr Mann vor sechsunddreißig Jahren für immer verschwand.
Während unserer Gespräche rieselte Schnee vor den Fenstern, dann zog der Frühling ins Land, die Bäume im riesigen Garten schimmerten hellgrün. Später stand der Garten in voller Blüte, der Pool glitzerte türkisfarben, in der offenen Sommerküche wurde gekocht, und im Freien fanden große Partys statt. Mittendrin: Lisa. Sie gestikuliert, redet, erzählt von abenteuerlichen Reiseplänen, vom Geschäft, von einem neuen Schwarm, den sie – nebenbei gesagt – abblitzen ließ. Ich wusste längst, dass sie eine spannende Figur ist und eine mutige Frau: Nicht nur, weil sie hohe Berggipfel erklomm, viel Gutes tat, dem Unglück immer wieder ein Schnippchen schlug. Sondern auch, weil sie eigene Versäumnisse und Fehler, die es auf dem Weg zur Selbstverwirklichung gab, nicht schönredet und schon gar nicht verschweigt.
Mitternacht ist längst vorbei, als sie vor der Jurte steht. Von außen grau und unscheinbar, ist das Innere mit filigran bemalten Möbeln und bunten Stoffen ausgestattet. In heißen Sommernächten schläft Lisa Marti im kühlen Nomadenzelt, das einst in den weiten Steppen der Mongolei stand, und den Blick in den Sternenhimmel gerichtet, fasst sie ihr ungewöhnliches Frauenleben mit den Worten zusammen: »Ich bin der Beweis dafür, dass man aus nichts viel machen kann.«
Franziska K. Müller
Plastikfolie klebt über den Erinnerungen: Ruhig blickt meine Mutter in die Kamera. All das Schlimme fand keinen Ausdruck, nicht in Taten, nicht in Worten, und die Wangen blieben beinahe glatt, die Lippen ohne Bitterkeit. Manchmal denke ich, dass dieses Schwafeln und Plappern, das Suchen und Finden, das Aufbegehren und Aufarbeiten das Böse zerbröselt und falsch zusammensetzt, dem Schmerz die Schärfe nimmt, aber gleichzeitig das Geheimnis verrät und der Unruhe den Weg ebnet. Die schweigsame Mutter wirkt beinahe übersinnlich, in Dingen verharrend, die nicht mehr zu ändern sind. Es war eine Familienfeier, und im Hintergrund ist ein Restaurant zu sehen. Meine Tochter Anni trägt eine bunte Skijacke, ihr kleiner Bruder blickt in einen Himmel aus Beton, der große macht Faxen. Die Reihen sind geschlossen, der Abwesende ist nicht spürbar, obwohl das Leben ohne Ernst zu diesem Zeitpunkt bereits andauerte. Gegangen. Für immer. In einer Novembernacht, und am übernächsten Tag überzog eisiger Schneewind die steilen Felswände, an die ich seit sechsunddreißig Wintern hochblicke. Andere Fotos von jenen Menschen, die ich liebte, müssten irgendwo in meinem Haus zu finden sein. Um Ordnung zu halten, fehlt es mir auch im hohen Alter an Ruhe und Sinn, und wenn ein Gericht anbrennt, werfe ich die verkohlte Pfanne ohne Zögern in den Garten hinaus. Dort verschwindet sie zischend im Schnee, neben dem weiß bedeckten Swimmingpool. Nach langen Wintermonaten kommt im Frühling zum Vorschein, was vergessen gegangen ist, und wenn die Pfannen und das türkisblaue Rechteck plötzlich zwischen Maiglöcklein und Gänseblümchen herumliegen, sieht mein Garten wie ein modernes Gemälde aus. Von mir gibt es keine Fotografien aus der Kindheit. Das macht nichts. Ich weiß noch, wer ich war: ein Lüdi-Balg.
Die Erinnerung an den Vater beschränkt sich auf einen einzigen Moment vor vierundsiebzig Jahren: Er schiebt den Kinderwagen den Feldweg entlang, es riecht nach spätem Sommer und feuchtem Straßensand. Ich bin knapp vier Jahre alt und muss mich an der verchromten Stange festhalten, ansonsten ginge ich offenbar verloren in der endlosen Freiheit aus Feldern und Wäldern. Butterblumen machen aus unserem Weg einen Schal mit golddurchwirkten Seitennähten, eine wehende Straße, von der ich nicht mehr weiß, wohin sie führte. Der Wagen wippt und knirscht, meinen winzigen Bruder sehe ich nicht, aber ich höre, wie er sich hin und her dreht, erschöpft oder hungrig, und schließlich beginnt er zu schreien.
Irgendwann kam der Vater nicht nach Hause, und dann war er tot. Waren wir traurig? Ich glaube nicht. Nach Jahren zeichnete meine sonst so sehr der Realität verpflichtete Mutter, die ihren Mann liebte, so wie man damals eben liebte, umfassend, aber wenig wissbegierig, ein Szenario, das in einer überraschenden, weil hypothetischen Erkenntnis endete. Hätte er einen Beruf erlernen müssen, anstatt ein verzogenes Großbauernsöhnlein zu sein, wäre ihm die spätere Hilfstätigkeit im Stall erspart geblieben, kein grober Leinenstoff hätte seine Schenkel wund scheuern können, und das Clostridium tetani, ein äußerst widerstandsfähiges Bakterium, von einer dummen Kuh auf den hölzernen Schwielenboden geschissen, hätte sich ein anderes Opfer suchen müssen. Aber so verursachte der Erreger des Wundstarrkrampfes das schnelle und qualvolle Ende des Vaters, worauf die Mutter auf das Fahrrad stieg, die Frage des Arztes, ob sie sich nicht ein wenig ausruhen wolle, mit dem Satz verneinte, die Lebenden würden sie jetzt brauchen, und zu ihren vier kleinen Kindern zurückradelte. »Hätte der Vater überlebt, wären viele zusätzliche Schwangerschaften nicht ausgeblieben, und armengenössig wären wir trotzdem geworden«, sagte Mutter am Ende dieser Geschichte.
Er arbeitete als Klauenputzer und Besenmacher. Niedrigste Verrichtungen in einer Zeit, als der Bauer und sein Hof in der ländlichen Hierarchie den Spitzenplatz belegten und man dem Gesinde keinen Anspruch auf ein besseres Leben zugestand. Mein Vater war ein doppelter Skandal und sein Schicksal eine Bestätigung rigider Moralvorstellungen, die für verschwiegene Einstimmigkeit in der Umgebung sorgten. Sein tiefer Fall und unser Schicksal hielt man für ebenso unerhört wie gerecht. Das schlaue Lüdi-Gen, von dem manche sagten, es handle sich um ein Gauner-Gen, wurde durch meinen Großvater eingeschleust, der im ganzen Emmental berüchtigt war. Ein Viehhändler in grobem Zwirn, aber mit einer Uhrenkette aus Gold in der Hosentasche. Es waren die Kriegsjahre, und auch in der Schweiz kämpften die Kleinbauern ums Überleben: Die Häuser wurden ungepflegter, eine einzige magere Kuh im Stall. Wenn der Lüdi Gottfried auftauchte, so wird erzählt, dräuten fast immer dunkle Wolken am Himmel, während stumpfe Felder und ärmliche Scheunen plötzlich wie mit Glanz übergossen dastanden. Er half mit Krediten aus, wenn es für die wenigen Dinge, die man zukaufen musste, nicht mehr reichte. Wie wenn der Verdurstende nach unreinem Wasser greift, wussten auch die Bauersleute, dass jene kühlen Silbermünzen, die ihnen in die schwieligen Hände gelegt wurden, im gleichen Moment ihr Schicksal besiegelten. Denn im nächsten oder übernächsten Augenblick legte der Lüdi-Bauer seine Pranke auf den kargen Besitz, und die Verzweifelten landeten dort, wo es kein Entrinnen gab: Gotthelfs Forderungen in den Wind schlagend, vollzog sich die Armut im Emmental ohne Mitleid der Gemeinschaft und ohne mildernde Umstände – weil sie immer als selbstverschuldet galt.
Geranien blühten auf den Fenstersimsen des großelterlichen Hofes. Er befand sich auf einer sanften Anhöhe in der Grabenmatt und war in meiner kindlichen Wahrnehmung riesig. Mehrere Gebäude gruppierten sich um den gewischten Vorplatz, im Stall standen Dutzende von prächtigen und sehr sauber gehaltenen Milchkühen. Sogar der Misthaufen schien ordentlicher als anderswo, an den Hauswänden stapelte sich so viel Brennholz wie nirgendwo sonst. Die getäfelten Räumlichkeiten im Innern des Haupthauses, das imponierte mir als kleinem Kind sehr, gingen ohne die üblichen Türen und Faltwände jener Zeit ineinander über, was saalartige Großzügigkeit schuf. Über verschiedene Stockwerke verteilten sich zahlreiche Zimmer, und die Fenster waren größer als alle, die ich kannte. Sie gaben den Blick auf ein zweifarbiges Mosaik aus Klee und Weizen frei, das sich bis an den Horizont erstreckte.
In der Küche buk und kochte unaufhörlich eine Magd: In das elektrische Bretzeleisen legte sie goldgelbe Teigkugeln, und wenn sie es öffnete, fiel filigran geprägtes Buttergebäck heraus, das nach dem Abkühlen in einer Blechdose aufbewahrt wurde. Auf dem langen Küchentisch standen viele Schüsseln und Töpfe, und dabei entdeckte ich kulinarische Köstlichkeiten, die ich sonst nie sah: Rauchwürste, Konfitürenbrote, Erdbeeren.
Meine Großmutter war eine stattliche, strenge Frau, eine Bäuerin und doch eine Dame, die keine Schürze trug, dafür eine Brosche am Revers und in ihrem Schlafzimmer ein Stück Lavendelseife aufbewahrte, das ich mir einmal unter die Nase hielt. Die Lebensweise auf dem Lüdi-Hof erschien mir während der wenigen Nachmittage, an denen ich die Großeltern besuchen durfte, fremd, leicht und großzügig.
Was Überfluss und Luxus bedeutete, wusste ich nicht, aber ich nahm wahr, dass meine Verwandten die schweren Arbeiten auf dem Gut nicht selbst verrichteten. Knechte und Mägde gab es auf den Feldern, im Haus, bei den Tieren. Wortkarge Menschen, die Gesichter grob gefurcht von Sonne, Wind und unerfüllten Wünschen. Das Gesinde erhielt Nahrung und eine Kammer zum Schlafen. Verpflichtet, vom frühesten Morgen bis spät in die Nacht hinein zu arbeiten, musste es sich auch in den sonntäglichen Freizeitstunden zur Verfügung halten.
Während der Lüdi-Vater sich dem außerhäuslichen Geldverdienen und dem Kartenspiel widmete und dort sein Rechentalent unter Beweis stellte, indem er sofort nach dem letzten Stich die genaue Punktezahl nennen konnte, vertat seine Frau die Zeit hauptsächlich mit Nichtstun. In diesem abgeschotteten Milieu gediehen zwei Söhne. Sie lernten reiten und konnten sich gewählt ausdrücken, schafften die Schule infolge ihrer Faulheit und Verzogenheit nur knapp, und einen Beruf erlernen mussten sie nicht. Meine Großeltern frevelten gegen die Gotthelf’schen Erziehungsprinzipien, deren man sich im Emmental durchaus erinnerte und die andere Kinder lehren sollten, Entbehrungen, Schwierigkeiten und Frustrationen zu ertragen und zu überwinden.
Zwei ergaunerte Heimetli bekam mein Vater geschenkt. Seine Hände, so sauber wie jene einer städtischen Mademoiselle – so wurde später gespottet –, wussten keine Harke zu fassen und keinen Gaul über den Acker zu treiben. Es fehlte ihm an handwerklichem Geschick, an Lebenserfahrung, an Belastbarkeit, die sich Gleichaltrige früh in der Fabrik, auf dem Feld oder in der Amtsstube aneignen mussten. Er war weltfremd, vielleicht sogar arrogant: Wie man mit Geld umgeht, wollte er nicht wissen. An Verantwortungssinn mangelte es ihm gänzlich, und seine Überheblichkeit ging so weit, dass er sogar auf das Standesbewusstsein pfiff. Er verliebte sich in eine schöne Magd, meine Mutter, und nahm sie gegen den Willen der Eltern zur Frau. Es war eine große Liebe und eine unmögliche Liaison.
Meine Mutter war sanftmütig, in späteren Jahren auch wehrlos. Vier Kinder wurden in vier Jahren schweigend geboren. Ohne Schreie, so wie bereits ihre starke Mutter auf Kartoffelsäcken neunmal niederkam, das grobe Unterzeug wenige Stunden nach der Niederkunft am Trog säuberte und zum Trocknen über die Wäscheleine legte: griffbereit für die nächste Geburt.
Mein Vater arbeitete wenig und musste schließlich beide Heimetli hergeben. Bald sagten sie im Dorf, er sei ein Nichtsnutz und Tagedieb, der Ruf der Großeltern stand auf dem Spiel. Sie sahen dem Treiben zu, ermahnten und drohten. Im Wissen, dass eine verlorene Erziehung nicht wettzumachen ist, vor allem aber, um sich selbst vor weiterem Imageschaden zu bewahren, enterbten und verstießen sie den Sohn, seine Frau, die Kinder. Nun stand der Vater zum ersten Mal auf eigenen Füßen. In einer eisigen Winternacht suchte ihn die Mutter im ganzen Dorf und fand eine mit Schnee überzogene Gestalt am Straßenrand, es war mein Vater, der sich selbst zu Fall gebracht hatte. Streit gab es zu Hause nie, wie klug und stark meine Mutter war, realisierte ich Jahrzehnte später. Die Illusion, dass der Mensch sich ändere, hegte sie nicht. Wenn Vater die paar Franken, die er später mit den ihm verhassten Tätigkeiten verdiente, dem Beschneiden und Säubern von Viehhufen oder durch den Verkauf eines selbst gemachten Besens, für Unsinniges ausgab, tadelte sie ihn nicht – sondern verzichtete für uns Kinder auf das Abendbrot.
Die Großeltern luden mich nur noch selten auf den Hof ein. Der Umstand, dass der Sohn und seine mindere Brut allmählich zu Gesinde verkamen, erfüllte sie mit Verachtung, mich jedoch viel später mit Erstaunen über ein Schicksal, das der Lüdi-Bauer mit seiner Lebensweise selbst herausgefordert hatte.
Monate später legte meine Mutter weiße Nelken auf das Grab des Vaters. Die Kirchenglocken läuteten, die Dorfgemeinschaft war schweigend versammelt, und die sogenannte Gerechtigkeit fraß sich den Weg durch unser weiteres Leben. Die mittellose Mutter war mit der Betreuung und Versorgung von vier kleinen Kindern beschäftigt, das jüngste erst neugeboren. Wir zogen in ein Zuhause mit zwei winzigen Zimmern und einer kleinen Küche. Die Armut verschlang uns im folgenden Jahr ganz.
Das Nichtshaben und das Nichtssein brachten fremdartige Zustände hervor, die man mit ein wenig gutem Willen auch als spannend bezeichnen konnte. Als Kind ist der durch die Eltern gelebte Zustand Normalität, egal, wie unbequem oder gar bedrohlich die Umstände sind. Man arrangiert sich, man nistet sich im Glück wie im Unglück ein, und die Armut lehrte uns, viel Zeit im Nichts und mit uns selbst zu verbringen. Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate, die totgeschlagen, überwunden, gebodigt werden mussten. Mit der Leere umzugehen, gilt den Erwachsenen als anspruchvolles Anliegen.
Jahrzehnte später entdeckte ich auf einer Reise in Asien in Fels geschlagene Höhleneingänge, so hoch gelegen, dass sie für westliche Zivilisten unerreichbar blieben. Buddhistische Mönche meditierten dort abgeschottet von der Außenwelt in völliger Ruhe und Dunkelheit. Jahrelang. Niemand sah diese Menschen jemals. Dass sie gestorben waren, erahnten die Einheimischen, wenn das vor die Höhleneingänge platzierte Essen liegen blieb. Ein kleines Kind ist, kaum geboren, von einem solchen Zustand der Freiheit und Genügsamkeit noch nicht allzu sehr entfremdet, und mit zufällig hingeworfenen Ablenkungen geht es weniger hochnäsig um als die Erwachsenen: Schattenwürfe und Hirngespinste beschäftigten mich tagelang. Auch saß ich reglos und stumm auf den warmen Treppenstufen, die zum Dachboden führten, und beobachtete wortlos die Nachbarin. Wie sie aufgeweichte Holzflocken aus einem Eimer in eiserne Gussformen schöpfte, ohne Waage aufs Gramm genau, immer die gleiche Menge, mit der ganzen Kraft ihrer massigen Gestalt das schwarze Presseisen darüberlegte, die Kurbel drehte. Hundertmal, tausendmal wiederholte sie diese Vorgänge mit einem stumpfen Gesichtsausdruck, der die Armut auch als Schwermut verriet. Dann wurden die Briketts aus der Form geklopft und zum Trocknen in hundert Reihen auf dem Dachboden verteilt, später eingesammelt und zum Einfeuern verwendet. Wir sprachen nie miteinander, und sie forderte mich nicht zur Mitarbeit auf.
Im Winter blickte ich als Zeitvertreib aus dem Fenster oder beobachtete die Eisblumen an den Glasscheiben. Ein halbes Grad Wärmeunterschied reichte aus, damit sich dort ein mystisches Massaker abspielte. Zuerst brach ein millimeterfeiner Dorn an einer Ranke ab. Als Folge verschob sich sehr langsam das ganze Bild, es führte in einer rätselhaften Anordnung aus Verästelungen in einen großblättrigen Farnwald, der ohne Verbindung zu den feinen kleinen Dingen in sich zusammenbrach, verschwamm und schließlich einfach weggespült wurde.
Der Frühling und der Sommer zogen ins Land. Wir aßen jetzt jeden Tag Haferschleim, und die Wanzen, die in der Nacht als vierbeinige Ritter mit farbigen Schutzschilden auf dem Rücken aus den Ritzen krochen, tranken unser Blut. Manchmal konnte die Mutter die Kinderschar in die Obhut einer Nachbarin geben, dann half sie den Bauern auf den nahen Feldern und brachte als Lohn einen Korb Kartoffeln nach Hause. Geraffelt, geschnippelt, zerstampft, in Würfel, Scheiben, Schnitze geschnitten, liebten wir diese außergewöhnlichen Mahlzeiten. Am Abend erzählte die Mutter manchmal Geschichten, die sie als Tochter einer Magd und eines Knechts erlebt hatte und die mir zeigten, dass der Mensch die Ereignisse seines Lebens neu beurteilen sollte, wenn die Zeit die schlimmsten Wunden geheilt hat.
Beim Holzeinholen streifte die Familie meiner Mutter durch den Wald, den suchenden Blick in die üppigsten Baumkronen gerichtet, deren Stämme meine kräftige Großmutter in einem langen Leinenrock mühelos erklomm. In großer Höhe hackte und schnitt sie die besten Äste ab, krachend fielen sie zu Boden, was bei einbrechender Dunkelheit manches Tier empörte: Ein Käuzlein schrie, Rehe und Füchse flüchteten durch das Unterholz. Die luftige Höhe wurde der Großmutter ein fernes Land mit Schätzen und exklusiven Abenteuern, von denen nur jene zu berichten wussten, die nichts waren und nichts besaßen. Winzige Orchideen will sie gesichtet und Honigduft gerochen haben. Einmal berichtete sie von einem erstaunt dreinblickenden Adler, einer zutraulichen Eichhörnchenfamilie und einmal von tausend Sternen, die wie verloren gegangene Diamanten zum Greifen nah am schwarzen Himmel standen. Einmal kam sie mit Wildäpfeln und einmal mit Eisbeeren in der Schürze zurück. Stieg sie müde, aber beinahe verzaubert vom Baum herunter, war das Holz vom Mann und vom Kind bereits zu luftigen Bündeln geformt worden. In der glücklichen Gewissheit, eine zusätzliche Nacht lang einfeuern zu können, wurde die bescheidene Ausbeute im gerafften Rockschoß in die Kammer zum Trocknen transportiert. Ich dachte bei dieser Geschichte an den Brennholzvorrat vor dem Haus meiner reichen Großeltern, sagte aber nichts. Wir Kinder saßen in solchen Nächten eng beieinander, weil es in unserer Behausung stets kalt war, und abwechslungsweise durften wir in die Nähe der Mutter rücken, die Wärme, Trost und Liebe spendete.
Keine Angehörigen und keine Fremden näherten sich uns in den Monaten nach dem Tod des Vaters, und Freunde schien es nicht zu geben. Die Armut als Makel und Sünde. Sie ging mit dem pädagogischen und religiösen Willen einher, der nachfolgenden Generation die damit verbundene moralische Verwahrlosung, den schlechten Charakter und die Flausen auszutreiben. Von Chancen und Bildung, den heute akzeptierten Möglichkeiten, um weiterzukommen, hielt man auf dem Land nichts. Das Schicksal wurde bei der Geburt festgeschrieben, und unveränderbar musste es bleiben, damit Knechte und Mägde fleißige und billige Arbeitskräfte blieben, die über Generationen hinweg taten, was man sie hieß, und erst viel später begriff ich, dass der Aufstieg der Großeltern zu Großbauern und Gutsherren nicht fein hatte vonstattengehen können. Den sozialen Schichtwechsel musste man sich damals ergaunern.
Meine Mutter war im Kern eine starke Frau, aber gegen die Auffassungen und die damit verbundenen Gepflogenheiten jener Zeit war sie machtlos: Wie viele Nächte mochte sie hungrig und einsam wach gelegen haben, das Baby an sich gedrückt, in Sorge um unsere Zukunft, die mit jedem Tag auswegloser erschien? Sozialhilfegesetze und Versicherungen, die Lohnausfälle bei lang dauernder Krankheit oder Tod des Ernährers gemildert hätten, fehlten gänzlich. Einzig verhungern lassen wollte man die nächste Generation von Untertanen nicht. Während die mittleren Schichten die schlecht versorgten Kinder gegen Pflegegeld in den sogenannten Pfrundhäusern unterbringen konnten und städtische Mündel bisweilen in Institutionen der katholischen Kirche gegeben wurden, fehlte es in den evangelisch geprägten Landstrichen an solchen Angeboten.
Bis ins Mittelalter reicht die Praxis der sogenannten Fremdplatzierung zurück, die noch in den späten 1970er-Jahren angewandt werden durfte und in den 1950er- und 1960er-Jahren Hunderttausende von Verdingkindern hervorbrachte, wie ich später erfuhr. An den Aufenthaltsorten verrichteten sie die ihnen zugewiesenen Arbeiten: Trossbuben hießen die Kinder beim Militär, andere kamen bei Handwerkern unter, aber immer öfter auch bei Bauernfamilien, die vor der großflächigen Industrialisierung der Landwirtschaft jede arbeitende Hand gebrauchen konnten und war sie noch so winzig. Für kleinere Kinder musste die Gemeinde Kostgeld bezahlen, Beträge, die mit zunehmendem Alter der Schutzbefohlenen geringer wurden, was die Bauersleute dazu legitimierte, den über Zehnjährigen, die auf ihren Strohsäcken schliefen und ihr Brot aßen, viel abzufordern.
Manchmal wurden die Geschöpfe im Amtsblatt ausgeschrieben und an landwirtschaftlichen Messen feilgeboten. Die interessierten Bauern prüften bei den Kindern Zähne und Knochenbau. Die kräftigsten waren begehrt, den anderen – so flüsterte man sich hinter vorgehaltener Hand zu – werde man das Arbeiten beibringen. Über die Situation der Kostkinder wurde in den Dörfern nicht gesprochen, obwohl sie überall waren. Freche oder verschupfte Balge, denen die Heimatlosigkeit bereits im frühen Alter an der mageren Gestalt klebte, und wenn ein Hemdchen verrutschte, lugten nicht selten Striemen und blaue Flecken hervor.
Die Vorahnung, dass es auch uns so ergehen könnte, und das Entsetzen darüber, wie mit diesen Kindern umgegangen wurde, müssen für die Mutter schrecklich gewesen sein. Das Verständnis für ihre Lage kam mir in den folgenden Kindheitsjahren, in denen ich selbst litt, vorübergehend abhanden, aber heute betrachte ich es als beinahe übermenschliche Leistung, dass sie den Zustand unserer fortschreitenden Armut über ein Jahr lang schweigend ertrug und dadurch unsere Wegnahme verzögern konnte.
Als die Haferflockenvorräte endgültig aufgebraucht waren, blieb der Mutter in Erwartung eines harten Winters – und wollte sie unser Wohl nicht ernsthaft gefährden – nichts anderes übrig: Sie wurde bei der Gemeinde vorstellig und fragte fünffrankenweise um Hilfe an. Diese wurde gewährt, aber ähnlich wie damals, als der Großvater den Unglückseligen Geld geliehen hatte, leitete dieser Obolus den endgültigen Niedergang der Familie ein. Wenige Wochen später intervenierte die aufmerksam gewordene Behörde. Die Mutter wurde nicht um ihre Meinung gefragt, und auch ihre Einwilligung für die Anordnung war unnötig: Die Kinder wurden verdingt, jedes auf einen anderen Hof. Die Mutter müsse wieder als Magd arbeiten, den Jüngsten könne sie mitnehmen, wenn es der Bauer zulasse. So finanzierten sich die Ärmsten ohne große Aufwendigkeiten vonseiten der Gemeinden, finanztechnisch ein schlauer Schachzug, der die Zustimmung der Allgemeinheit genoss und den Bauern billige Arbeitskräfte in Hülle und Fülle bescherte.
Einmal hörte ich die Mutter in der Dunkelheit lange schluchzen, und in den folgenden Tagen musste sie die beiden älteren Söhne wegbringen. Endlich war das Bett meine Insel: Ich legte mich diagonal hinein, wickelte mich in ein Leintuch, das bis anhin für mich und meine zwei Brüder hatte reichen müssen, und genoss die Nachsicht und Fürsorglichkeit der Mutter, die nun ebenfalls beinahe mir allein gehörte. Bereits am nächsten Tag räumte sie auch meine Habseligkeiten – wenige Kleidungsstücke und die Lumpenpuppe – in eine Kartonschachtel. Sie redete nicht viel, ich erkannte in den kraftlosen Bewegungen Traurigkeit und wusste instinktiv, was anstand. Ich fürchtete mich nicht, und als Fünfjährige kam vielleicht erstmals zum Ausdruck, was ich erst viel später mit dem Verstand begriff: Im Unterscheiden von Zuständen, die man ändern kann, von solchen, die man ohne Angst hinnehmen soll, liegt vielleicht das Vermögen, am Leben nicht zu scheitern.
Von dieser mir unspektakulär erscheinenden Kindheit sprach ich jahrzehntelang nicht. Wen hätte das interessieren sollen? Erst später dachte ich, man kann aus nichts viel machen, und darum halte ich die frühen Jahre, die mein weiteres Leben bestimmten, jetzt fest. Ohne Bitterkeit. So wie es war: Die Anfänge des Emmentals verlieren sich im waldigen Dunkel tiefer Gräben. Schrattenfluh und Hohgrat blicken auf das zerfurchte Hügelland mit steilen Halden, die bald an Höhe verlieren und in eine waldige Ebene münden. Roggen- und Weizenacker, Hafer- und Kartoffelfelder liegen in der Talsohle, und am Fluss, der sich träge durch die Landschaft windet, wachsen Erlen, alte Weiden und riesige Tannen.
In dieser Gegend blieb ich, als ich von zu Hause wegmusste. Es war ein später Herbsttag im Jahr 1938. An der Hand der Mutter überquerte ich die Straße. Beim Gasthof Sternen gab sie vor, etwas vergessen zu haben. Sie hieß mich auf die Treppe sitzen und stellte den Karton ab. Ich blickte auf den Vorplatz, sah nichts, roch nichts, hörte nichts, wusste nur, dass der neue Lebensabschnitt begonnen hatte.
Als Mutter nach einer Ewigkeit zurückkam, war ihr Gesicht verweint, etwas Vergessenes hielt sie nicht in den Händen. Ich spürte ihre Einsamkeit und ihre Angst. Sie bückte sich zu mir, worauf ich sie mit beiden Armen umschlang. Was ich damals nicht wusste: dass meine Kindheit im Schutz ihrer Geborgenheit für immer vorbei war.
Nach einem zehnminütigen Fußmarsch lag das neue Zuhause direkt an der Straße vor uns, ein typisches Emmentaler Kleinbauernhaus, das manche als ebenso lieblich bezeichnen wie die sanft geschwungenen Weiten, in denen es normalerweise liegt. Außenstehende sehen nur die hübschen Fassaden, was sich dahinter abspielt, wissen allein die schweigsamen Bewohner, die halten und nicht loslassen, das Neue verdammen, das Alte nicht überwinden wollen. Unter dem weit vorspringenden Walmdach drängten sich Wohnhaus, Scheune und Stall. Vor dem Haus befand sich der Gemüsegarten, ein paar wenige Obstbäume, der Misthaufen. Die Familie besaß Kuh und Rind, ein Schwein und viele Hühner. Die Hungerbühlers waren nicht reich, aber auch nicht arm: erfolgreiche Kleinbauern, in den kargen Zeiten des Zweiten Weltkrieges sich selbst versorgend.
Die Frau begrüßte mich kühl, und ab sofort musste ich sie Mutter nennen. Der neue Vater, ein freundlicher, aber, wie sich bald herausstellen sollte, mutloser Mensch, nahm mich bei der Hand, führte mich ins Freie, zeigte mir wortlos die Küken und die Kaninchen im Garten, die mich über alle Maßen begeisterten. Als wir ins Haus zurückkehrten, war meine Mutter fort. Ich war schockiert und weinte hemmungslos. Wohin sie gegangen war und ob ich sie jemals wiedersehen würde, wusste ich nicht. Diese Ratlosigkeit machte mich manchmal wütend, und das Herbeisehnen der Mutter ließ mich in den folgenden Jahren, Monaten, Wochen und Tagen hoffnungslos zurück.
In der Stube gab es einen Kachelofen, der über die Feuerstelle in der Küche beheizt wurde. Daneben stand mein Bett. Dass ich es mit niemandem teilen musste, empfand ich als erfreulichen Aspekt meines neuen Lebens. In der ersten Nacht schlüpfte ich in das warme Nest und träumte leichtsinnig meiner neuen Existenz entgegen. Um fünf Uhr in der Früh wurde ich geweckt, die neue Mutter befahl das Ausmisten des Hühnerstalls und das akribische Reinigen des Küchenbodens auf den Knien. Zwei Stunden später kam das Frühstück auf den Tisch, woraus sich bald ein morgendliches Ritual entwickelte. Nach über zwölfmonatiger Haferbreidiät rebellierte mein Magen gegen die schwere Kost, und bereits beim Anblick der in heißem Schweineschmalz schwimmenden Kartoffeln wurde mir übel. Das reizte die neue Mutter sehr, sie schimpfte mich verwöhnt und zwang mich von nun an unter dem schweigenden Blick des Bauern zu diesem morgendlichen Mahl, das ich regelmäßig erbrach.
Die menschliche Bösartigkeit war eine fremde Erfahrung für mich, ebenso wie laute Streitigkeiten und gewalttätige Ausbrüche, die ich in den folgenden Jahren so oft erlebte. Erstaunt und überrascht, kam ich bereits während der ersten Wochen meines Aufenthaltes zum Schluss, dass dieses Verhalten das Gegenteil von Liebe sein müsse, jedoch nicht abnormal, weil nur einem leiblichen Kind Fürsorglichkeit und grenzenlose Zuneigung zustehen konnte.
Mein Leben fand von nun an auf dem kleinen Gehöft statt. Nach den hinter mir liegenden ereignislosen Monaten in stickigen Wohnverhältnissen genoss ich den Aufenthalt in der freien Natur, und die vielen Aufgaben und Verpflichtungen empfand ich nicht als Last, sondern als willkommene Abwechslung. War ich beschäftigt, ging es mir gut. Dass ich hart arbeiten konnte, sah sogar die Bäuerin. Genau wie meine Großmutter mütterlicherseits, die auf hohe Bäume kletterte, um Äste zu schneiden, verfügte ich über körperliche Stärke und eine stabile Gesundheit. Vor der Dämmerung mistete ich den Stall aus, versorgte die Hühner und alle anderen Tiere, danach half ich ernten, putzen, kochen, waschen. Ich liebte den kalten Morgen, die endlosen Nachmittage, die stille Nacht.