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Inhaltsverzeichnis

Titel
Danksagungen
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Copyright

Danksagungen

Ich danke:

Tom Dupree, Pat LoBrutto und Michael A. Stackpole, daß sie mir die Chance gegeben haben;

Steven S. Long, Bob Quinlan und Luray Richmond, meinen »Adleraugen«, die mich vor meinen schlimmsten Fehlern beschützen;

Michael A. Stackpole, Kathy Tyers, Dave Wolverton und Timothy Zahn, deren Romanen ich Details entnommen habe und die mich inspiriert haben; Shane Johnson, Paul Murphy, Peter Schweighofer, Bill Slavicsek, Bill Smith, Curtis Smith und Dan Wallace für die wertvollen Hilfsquellen, die sie geschrieben haben;

Sue Rostoni und Lucy Wilson dafür, daß sie den Genehmigungsprozeß zu einem Vergnügen gemacht haben;

Quel Richmond für inspirierende Größe, gutes Aussehen und Feigheit; und

Denis Loubet, Mark und Luray Richmond, meinen Zimmerkollegen, dafür, daß sie mich nicht in die Kälte hinausgejagt haben, als das eine durchaus angemessene Lösung für schriftstellerische Manie und Termindruck gewesen wäre.

1

Zwölf X-Flügler-Abfangjäger tauchten mit brüllenden Triebwerken in die Atmosphäre ein.

Die Welt, die unter ihnen lag, Coruscant, früher einmal Thronwelt des Imperiums, war eine einzige Stadtlandschaft, eine riesige City, die von einem Pol bis zum anderen reichte, bedeckt von grauen Wolken, durch die weiße und gelbe Blitze zuckten.

Der Staffelkommandant, der einen schwarzen Jäger mit einem unpassend fröhlich wirkenden grüngoldenen Schachbrettmuster am Bug flog, schüttelte den Kopf, als er das düstere Bild sah, das sich seinem Blick darbot. Nach all der Zeit, die er hier verbracht hatte – auch nach der entscheidenden Rolle, die er bei der Eroberung dieser Welt für die Neue Republik gespielt hatte –, konnte er sich immer noch nicht an die Arroganz von Coruscant gewöhnen, einer Welt, die nur regieren oder untergehen konnte: Schließlich gab es außer Soldaten, Offizieren und Bürokraten nichts, was der Planet produzierte, weshalb er auf Importe von Lebensmitteln aus der ganzen Galaxis angewiesen war.

Er nahm einen visuellen Scan seiner unmittelbaren Umgebung vor. »Sonderstaffel Drei, aufschließen. Wir wollen denen schließlich eine Show liefern.«

Ein grüner X-Flügler schloß dichter auf. »Ja, Sir.« Obwohl das Kommsystem die Stimme etwas verzerrte, klang sie doch eher nachsichtig als militärisch.

»Das heißt >Ja, Wedge<, bis wir wieder offiziell im Dienst sind«, grinste der Kommandant. »Oder vielleicht >Ja, Erhabener<. Oder >Ja, du, der du von ganz Corellia beneidet wirst<, oder —«

Ein Stöhnen in seinem Kopfhörer unterbrach seinen Redefluß. Die Stimme von Nawara Ven, dem stellvertretenden Staffelkommandanten, einem Twi’lek, fiel ihm ins Wort. »Hör schon auf, dich zu beklagen. Er hat sich schließlich einen kleinen Urlaub von der Wirklichkeit verdient.«

Dann die Stimme von Tycho Celchu, dem Stellvertreter von Wedge, scharf und militärisch: »Sensoren zeigen Jägerstaffel auf Gegenkurs. Geschwindigkeit X-Flügler oder besser: Sensorprofile lassen X-Flügler vermuten.«

»Formation beibehalten«, entschied Wedge und schaltete dann sein Komm von der Geschwaderfrequenz auf die Militärfrequenz der Neuen Republik. »Sonderstaffel an X-Flügler Formation. Bitte identifizieren Sie sich.«

Die Stimme, die ihm antwortete, klang amüsiert und vertraut. »Falsche Bezeichnungen, Sir. Wir sind die Sonderstaffel. Sie sind einfach eine Staffel ohne Namen. Aber die nächsten paar Minuten werden wir Ihnen den Gefallen tun, uns selbst als Staffel Rot zu bezeichnen, damit es kein Durcheinander gibt. Wir sind Ihre Eskorte.«

»Hobbie? Sind Sie das, Lieutenant Klivan?«

»Captain Klivan ... und auch das wieder nur für die nächsten paar Minuten.«

Die andere X-Flügler Einheit war jetzt mit bloßem Auge erkennbar und stieg allmählich auf gleiche Höhe mit Wedges Staffel. Zu seiner Verblüffung stellte Wedge fest, daß das Dutzend Abfangjäger die traditionellen roten Streifen und den zwölfzackigen Stern der Sonderstaffel trugen. »Hobbie, erklären Sie mir das.«

»Keine Zeit, Sir. Wir haben einen Kurswechsel für Sie. Das Hohe Kommando hat beschlossen, diese ganze Aktion über das Holonet zu verbreiten —«

»Du meine Güte.«

»— stellen Sie also Ihren neuen Kurs auf dreiundneunzig, passen Sie sich meiner Sinkgeschwindigkeit an, und wir sorgen dafür, daß Sie in einem Stück ankommen. Anschließend sind Sie auf sich selbst gestellt.«

Binnen weniger Augenblicke war ihr Ziel klar: Imperial Plaza, ein gewaltiger kreisförmiger Platz von solchen Dimensionen, daß man ihn trotz der ihn umgebenden Wolkenkratzer auch dann aus der Luft sehen konnte, wenn man nicht direkt darüber stand. Eine gewaltige Zuschauermenge drängte sich auf dem Platz; selbst aus dieser Höhe konnte Wedge Fahnen und eine Art Nebel erkennen, bei dem es sich wahrscheinlich um Konfetti handelte.

An der Westseite des Platzes war eine Rednertribüne errichtet worden mit abgesperrten offenen Flächen nördlich und südlich davon — offensichtlich die Landezonen für die beiden Staffeln.

Als sie auf den Platz hinabsanken, schaltete Wedge sein Kommsystem wieder auf den Staffelkanal. »Einmal um den Park, auswärts backbord, zurück steuerbord mit fünfhundert. Die sind hergekommen, um eine Show zu sehen. Die sollen sie haben.«

Er bekam sofort Hobbies Antwort auf demselben Kanal: »Dito, Rot. Aber steuerbord nach backbord, Rückkehr auf sechshundert Metern. Die schlampigste Gruppe bezahlt die Drinks.«

Die beiden Staffeln lösten sich voneinander, umkreisten den Platz so tief, daß die Flügelspitzen der X-Flügler manchmal nur wenige Meter von den Gesichtern der Bewunderer entfernt waren, die sich an den Fenstern der Wolkenkratzer drängten. Die Staffeln begegneten sich am äußersten Ende des Platzes, trafen sich dann wieder an der Ausgangsposition und brausten in spiralförmigem Flug auf die Landezonen zu.

Die Sonderstaffel visierte die nördliche Landefläche an. Staffel Rot die südliche. Auf dreihundert Meter Distanz sagte Wedge: »Landekufen und Repulsorlifts, Leute«, und beide Staffeln schwebten im senkrechten Sinkflug, nur von ihren Antischwerkraftaggregaten getragen, auf ihre Landepositionen.

Wedge lächelte. »Staffel Rot sieht recht gut aus, Hobbie. Bloß schade, daß Sie noch keine Zeit hatten, denen richtigen Präzisionsflug beizubringen.«

»Was?«

»Sonderstaffel, Paradeformation Sechseck, Ausführung!«

Nach kurzem Zögern — die komplizierten Paradeformationen waren lange nicht geübt worden — teilte sich die Sonderstaffel in ihre drei Rotten auf, und jede Rotte nahm Sechseckformation ein — ein X-Flügler vorn, einer hinten und die beiden anderen nebeneinander in der Mitte —, wobei Wedges Rotte vorn und die beiden nebeneinander positionierten hinter ihm flogen und damit ein Dreieck aus Sechsecken bildeten, die alle nach Osten orientiert waren.

Wedge konnte trotz des Rauschens der Repulsorlifts die Beifallsrufe aus der Menge hören.

Gleich darauf hörte er Hobbies Stimme aus dem Komm: »Staffel Rot, gleiches Manöver, aber hundertachtzig Grad zu denen orientiert.« Er klang eher amüsiert als verärgert. Augenblicke später hatte Hobbies Staffel dieselbe Formation eingenommen, nur daß seine X-Flügler nach Westen sahen.

Wieder Beifallsrufe — die Menge geriet allmählich in einen wahren Begeisterungstaumel.

»Ein wenig wackelig, Hobbie.«

»Wir waren noch nicht so lange zusammen, Wedge, aber ein paar Tricks kennen wir immer noch. Und angefangen haben Sie das ja. Rotte Rot Drei, blockiert Rotte Eins Sonderstaffel!«

Das Dreieck aus drei Jägern, das an steuerbord hinter Hobbie flog, löste sich aus der Formation der Roten Staffel, kippte zur Seite und wechselte die Flugrichtung, ohne dabei die eigene Formation zu verändern, positionierte sich keine zehn Meter unter Wedges Rotte und strebte der Stelle zu, wo Wedge gelandet wäre.

»Nicht schlecht, Hobbie. Rotte Zwei Sonderstaffel, Rotte Eins Rot blockieren!«

Corran Horn ließ seine Gruppe in seinem grünen X-Flügler mit den schwarzweißen Emblemen ein ähnliches Manöver ausführen und positionierte sie direkt unter Hobbie Klivans Gruppe.

»Gut gemacht. Rotte Zwei Rot, Rotte Drei Sonderstaffel blockieren!«

»Rotte Eins Sonderstaffel, Rot Zwei ersetzen!«

Die einzelnen Rotten der beiden Staffeln flogen im Zickzack über der Rednertribüne, während sie ihren Landeplätzen immer näher kamen, eine beeindruckende Demonstration von Präzisionsflug, bis die Sonderstaffel schließlich, als sie nur noch zehn Meter über der Landefläche war, über der südlichen Landezone und Staffel Rot über der nördlichen Landezone Position bezogen hatte. Die zwei Dutzend Abfangjäger setzten im Sekundenabstand auf.

Als die Piloten aus den Cockpits kletterten, schlug ihnen tosender Applaus entgegen: Diplomaten der Neuen Republik und alte Freunde zerrten sie auf die Rednertribüne, Wolken von Konfetti regneten aus den Hochhäusern rings um den Platz auf sie herab, und aus den Kehlen von Tausenden begeisterter Zuschauer hallten aufmunternde Rufe. Wedge schaffte es noch, Hobbie und dessen Stellvertreter Wes Janson die Hand zu schütteln, ehe er mit allen Piloten in eine Reihe gezerrt wurde; der Lärm der Menge war zu laut, als daß sie einander hätten hören können.

Vorn auf der Rednertribüne an einem kleinen Podium stand die beliebteste Sprecherin des Provisorischen Rates der Neuen Republik, Prinzessin Leia Organa von Alderaan. Im Gegensatz zu den meisten anwesenden Vertretern der Neuen Republik war sie schlicht gekleidet und trug einfaches, weißes Senatorengewand mit einem Gürtel. Sie fing Wedges Blick auf und lächelte ihm zu. Dabei deutete sie ein leichtes Kopfschütteln an, um ihm zu erkennen zu geben, daß sie ebenso wie er eigentlich solche öffentlichen Spektakel mißbilligte, und wandte sich dann wieder der Menge zu.

Mit einer Handbewegung brachte sie die Menge so weit zum Schweigen, daß sie ihrer von Lautsprechern verstärkten Stimme Gehör verschaffen konnte. »Bürger der Neuen Republik — die Sonderstaffel!« Wieder ging ein Brausen durch die Menge, ehe sie fortfuhr: »Bevor ich Commander Antilles das Wort erteile, sollte ich vielleicht die jüngsten Leistungen der Staffel ins richtige Licht rücken. Ihnen ist es zu verdanken, daß wir wieder regelmäßig mit Bacta versorgt werden – einer ausreichenden Menge, um die letzten Nachwehen der Krytosseuche auszutilgen. Ihnen ist zu verdanken —«

Wedge hörte nicht mehr hin. Ihm war das alles längst vertraut. Schon vor Wochen hatte er die Sonderstaffel – die echte Sonderstaffel, die Männer und Frauen, die jetzt Zivil trugen – auf einem Einsatz geführt, den die militärischen Kommandostellen der Neuen Republik nicht unterstützen konnten. Die Angehörigen der Sonderstaffel hatten ihren Dienst quittiert und gemeinsam mit einer Handvoll Profis unter ziviler Leitung eine Mission gegen die neue Regierung von Thyferra geführt, die Welt, wo fast das gesamte Bacta der Galaxis, die Wundermedizin, hergestellt wurde. Jene neue Regierung stand unter der Leitung der ehemaligen Spionagechefin des Imperiums, Ysanne Isard, und hätte der Kern eines wiedervereinigten Imperiums werden können.

Aber jetzt war Ysanne Isard tot, und die Kündigungsschreiben der Sonderstaffel waren allem Anschein nach auf kreative Weise falsch abgelegt worden — was hieß, daß sie nie Zivilisten gewesen waren — und was wiederum bedeutete, daß die Neue Republik den Thyferra Einsatz angesichts des Erfolgs der Mission im nachhinein zu einer offiziell sanktionierten Operation umstufte.

Doch alles das erklärte nicht, daß eine neue Sonderstaffel jetzt in den traditionellen Farben der Einheit auftrat. Wedge tauschte mit seinem Stellvertreter Tycho Platz, um neben Hobbie Klivan stehen zu können. »Also, jetzt heraus mit der Sprache, was hat es mit dieser Ersatzsonderstaffel auf sich?«

Der stets betrübt blickende Pilot schüttelte den Kopf. »Das ist kein Ersatz. Nur so etwas wie ein Platzhalter. Die Allianz brauchte aus Gründen der Moral eine sichtbare Sonderstaffel, während ihr Pirat gespielt habt. Also haben sie mich und Wes aus dem Ausbildungsdienst zurückgeholt, um eine provisorische Sonderstaffel zusammenzuschustern.«

»Provisorisch.«

Hobbie nickte. »Wir haben uns ein paar Veteranen der Sonderstaffel geholt — Riemann, Scotian, Carithlee und noch ein paar andere — und ein paar neue Piloten aus den Staffeln Challenge und Corsair. Jetzt, wo ihr zurück seid, kehren alle zu ihren ursprünglichen Einheiten zurück. Mit Ausnahme von —«

»Mit Ausnahme von wem?« »Mit Ausnahme von mir und Wes. Wir sind endgültig zurück. Vorbehaltlich deiner Zustimmung. Das hat uns das Hohe Kommando inoffiziell als Belohnung versprochen.«

»Also, ich will es mir durch den Kopf gehen lassen.«

Als Hobbie ihn entsetzt ansah, lächelte Wedge. »Ich nehme dich doch bloß auf den Arm. Willkommen zu Hause. Ist die Staffel Challenge aktiv? Ich dachte, die stecken alle noch in den Windeln.«

»Da sind Sie aber schlecht informiert. Corsair war unsere erste Staffel, Challenge die zweite, und Kralle, die dritte, ist gerade in Dienst gestellt worden.«

»Wer führt das Kommando?«

»Lieutenant Myn Donos. Ein guter Pilot, clever —«

Lieutenant Wes Janson, der trotz der vielen Jahre, die er schon für die Allianz und die Neue Republik flog, immer noch ein Babygesicht hatte und jetzt auf der anderen Seite von Hobbie stand, beugte sich an ihm vorbei: »Clever, selbstsüchtig, egoistisch, arrogant, unerträglich – Sie wissen schon, eben ein typischer Corellianer.«

»Als fairer Offizier sollte ich das ignorieren. Aber als Corellianer werde ich mir schon irgendeine Rache einfallen lassen.« Wedge wandte sich wieder Hobbie zu. »Ehe man Ihre Sonderstaffel auflöst, würde ich mir gerne deren Personalakten ansehen.«

»Selbstverständlich. Warum? Falls die Frage erlaubt ist.«

»Sie ist erlaubt. Ich habe da so eine neue X-Flügler-Einheit ... etwas, das auf unsere Erfahrungen bei der Einnahme von Coruscant und Thyferra aufbaut.«

»Sie wollen eine neue Staffel aufbauen?«

Wedge nickte.

»Einfach so? Eine Handbewegung, und sie erscheint?«

»Also, ich hatte daran gedacht, es dem Hohen Kommando zu sagen, damit die wissen, was sie mir geben müssen.«

Hobbie schüttelte den Kopf. »Wes, du hast recht gehabt. Alle Corellianer sind so. Oh, Wedge, die Prinzessin —«

Wedge bemerkte erst jetzt, daß Leia seinen Namen gerufen hatte und ihm zuwinkte. Er setzte sein offizielles Lächeln auf und trat vor, blieb kurz vor dem Rednerpult stehen und ergriff Leias ausgestreckte Hand.

Sie lächelte ihm zu, ein privates Lächeln, wie sie es Menschenmengen oder offiziellen Versammlungen nie zeigte, und sagte dann so leise, daß die Mikrofone ihre Stimme nicht erfaßten: »Das hat so ausgesehen, als ob ihr diesen Formationsflug wochenlang trainiert hättet.«

»Das haben wir auch«, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen. »Soviel Zeit haben wir nun auch nicht gebraucht, um Thyferra zu befreien.«

»Du bist wirklich ein abgefeimter Lügner. Geh, und rede jetzt zu diesen Leuten, damit wir alle nach Hause gehen können.«

Zwölf X-Flügler tauchten mit brüllenden Triebwerken in die Atmosphäre ein.

Es war eine dunkle Welt mit einem verunreinigten Himmel, einer Atmosphäre, die aus Gasen und dem Rauch Hunderter aktiver Vulkane bestand. Vier Kilometer vor ihnen konnte man undeutlich den TIE-Abfangjäger, die schnellste Kampfmaschine der imperialen Streitkräfte, erkennen; er hielt sich ein gutes Stück vor den X-Flüglern, aber die Tatsache, daß er sie jetzt nicht ganz abhängen konnte, deutete darauf hin, daß seine Antriebsaggregate beschädigt waren. Funken und gelegentlich hervorquellende Rauchwolken waren ein weiteres Zeichen, nur daß er zu weit entfernt war, als daß man das mit bloßem Auge hätte wahrnehmen können; aber wenn seine Motoren ganz aussetzten, würden die ihn verfolgenden X-Flügler den Abfangjäger zur Strecke bringen können.

Myn Donos, der Staffelkommandant der X-Flügler, schaltete sein Kommsystem ein. »Krallenführer an Kralle Acht, irgend etwas verändert?«

Sein Komm-Spezialist antwortete: »Nein, Sir. Er sendet nicht. Soweit ich das feststellen kann, peilt er auch nicht irgendein Signal an. Und ich kann bis jetzt mit den Scannern keinerlei Motorenemissionen mit Ausnahme der seinen oder der unseren auffangen.«

»In Ordnung.«

Plötzlich nahm die Geschwindigkeit des TIE ab, und die Maschine begann zu trudeln, als ob sie in eine heftige Turbulenz geraten wäre. Sie verlor an Höhe und sackte nach steuerbord ab, auf einen Einschnitt zwischen zwei riesigen Vulkanen zu. Der Krallenführer sah glitzernde orangerote Lavafäden über die Flanke eines der schwarzen, von Feuer gekrönten Berge herunterkriechen.

»Führer an Staffel, sieht so aus, als würde er an Schub verlieren und abtauchen, um uns in Bodennähe abzuschütteln. Laßt das nicht zu. Aufschließen und zur Landung zwingen.« Er führte seine Staffel in einem trägen Bogen auf denselben Einschnitt im Terrain zu und beobachtete dabei, wie die Zahlenwerte auf seinem Zieldistanz-Display sich veränderten: drei Kilometer, zwei Komma fünf; der Abfangjäger kam jetzt auf der anderen Seite aus dem Einschnitt heraus, während die X-Flügler gerade hineinflogen.

Jetzt hallte plötzlich schrill und nervös die Stimme von Kralle Acht über das Kommsystem: »Er fährt seine Motoren hoch, Sir! Direkt vor uns! Ich zähle vier, sieben, dreizehn —«

»Schilde in Angriffsposition!« schrie Donos. »Ausschwärmen und – «

Shiner, seine R2-Einheit, gab ein erschrecktes Quietschen von sich. In Donos’ Konsole piepte es, und zugleich sah er auf den Anzeigeskalen, daß ihn jemand vor ihm mit seinen Sensoren erfaßt hatte – zwei – drei Kontakte.

Donos kippte scharf nach backbord ab — direkt auf einen Lavastrom und die undurchdringlichen grauschwarzen Rauchwolken zu, die davon aufstiegen. Als er in die Wolke eindrang, zog er den Knüppel zu sich heran und stieg in dem schützenden Rauch steil nach oben. Die Sensorkontakte erloschen.

Er hörte Explosionen, einige in der Nähe, andere weiter entfernt, und den erregten Wortwechsel seiner Piloten, zu dem er jetzt selbst seinen Beitrag leistete: »Kralle Zwei, im Schutz der Rauchwolke hochziehen; wir greifen sie von oben an.«

Keine Antwort.

Dafür hallten andere Stimmen aus dem Komm: »Fünf, Fünf, er ist hinter dir!« »Ich komme nicht weg. Blas du ihn weg, Sechs —« »Geht nicht, habe — habe —« »Neun ist gegen den Vulkan geprallt. Er ist weg —« Wieder eine Explosion.

Augenblicke später bog Donos in zweitausend Meter Höhe nach steuerbord, tauchte aus der Rauchwolke auf und kam direkt über dem Einschnitt zwischen den Vulkanen heraus.

Hinter ihm war niemand. Er sah prüfend auf die Sensortafel — und glaubte nicht, was sie ihm zeigte, überprüfte sie erneut.

Er und Kralle Zwölf waren die einzigen Maschinen der Neuen Republik, die noch angezeigt wurden. Er zählte dreiundzwanzig, vierundzwanzig, fünfundzwanzig imperiale Blips. Ein Dutzend davon rasten auf Zwölf zu, der Rest auf Donos.

Die Krallenstaffel war binnen weniger Sekunden praktisch vernichtet worden! Immer noch regneten glitzernde Fragmente von X-Flüglern auf die zerklüftete Oberfläche des Planeten herunter. Noch wenige Sekunden, und er und Zwölf würden ebenfalls ausgelöscht sein. Das Zerstörungswerk war beinahe vollendet.

Er schüttelte sich, wie um damit den Schock loszuwerden, und sagte: »Kralle Zwölf, Sturzflug auf die Oberfläche. Grabenverteidigung. Omegasignal. Bestätigen.«

»Omegasignal verstanden. Gehe in Sturzflug.« Das Sensorregister von Kralle Zwölf zeigte abnehmende Höhe. Donos folgte ihm, stellte seinen X-Flügler auf die Nase und raste auf die Planetenoberfläche zu.

Er war nicht dazu gekommen, auch nur einen einzigen Schuß auf den Feind abzugeben. Zehn Piloten tot, und er hatte noch ein volles Magazin mit Protonentorpedos, und seine Laserbatterien waren voll aufgeladen. Doch das ließ sich ändern.

Die Sensoren zeigten eine unheilverkündende Wolke von TIE-Jägern – >Augäpfel<, wie sie im Jargon der Jägerpiloten der Allianz genannt wurden —, die Zwölf verfolgten. Wenn Zwölf die zerklüftete, von Kratern durchsetzte und mit unzähligen Sprüngen und Schrunden überzogene Oberfläche des Planeten erreichte, würde er ihnen vielleicht entkommen können; dort würde es vielleicht möglich sein, sich statt auf bloße Geschwindigkeit auf das Geschick im Umgang mit dem Steuerknüppel zu verlassen, und jeder Pilot, der von oben nachkam, würde den X-Flügler schnell aus den Augen verlieren – das klassische Grabenmanöver, das schon gegen den ersten Todesstern so erfolgreich gewesen war. Aber für den Augenblick war Zwölf noch lange, tödliche Sekunden den Waffen der Feinde ausgesetzt.

Seine Sensoren zeigten an, daß er in wenigen Augenblicken in Schußweite der Wolke von TIE-Jägern geraten würde. Er schaltete seine Laser auf Doppelfeuer, was ihm eine größere Wiederholgeschwindigkeit verschaffte, legte den Rest der verfügbaren Energie auf die vorderen Schilde und begann dann so schnell zu feuern, wie sein Zielcomputer ihm brauchbare Zielerfassung anzeigte. Seinen X-Flügler brachte er auf einen schraubenförmigen Spiralkurs, was es ihm zwar schwerer machte, seine Feinde zu treffen, andererseits aber auch deren Zielerfassung wesentlich beeinträchtigte.

Die meisten seiner Schüsse trafen in den Boden. Einer verfehlte sein eigentliches Ziel, verwandelte aber den TIE daneben in eine Rauchwolke. Zwei weitere Schüsse trafen ihr Ziel, einer fetzte eine Tragfläche ab und jagte den Abfangjäger trudelnd auf die nächste Bergflanke zu, während der zweite Treffer kein für Donos sichtbares Ergebnis zeitigte – aber der TIE-Jäger stellte seine Ausweichmanöver ein, so daß seine Flugbahn zu einer leicht zu berechnenden ballistischen Kurve wurde. Donos hätte beinahe gelächelt: Sein Schuß hatte den Piloten im Cockpit getroffen und seine Maschine unversehrt gelassen.

Sein Angriff hatte den gewünschten Erfolg. Die TIEs schwärmten aus, und er schoß durch eine Lücke in ihrer Formation. Sie wirbelten herum wie eine Wolke zorniger Insekten, um ihm zu folgen, aber jetzt waren die TIEs, die Zwölf über das unwirtliche Terrain des Planeten verfolgten, vor ihm aufgetaucht. Donos feuerte weiter und erledigte noch einen Sternenjäger, ehe die anderen überhaupt wußten, daß er angriff; der Flügelmann des abgeschossenen Jägers kippte, von der plötzlichen Explosion erschreckt, reflexartig nach rechts ab, direkt auf die andere Wand der Felsschlucht zu, durch die sie flogen. Auch seine Maschine detonierte und füllte den Felsspalt mit Flammen und Splittern.

Donos tauchte in den Spalt und riß seinen X-Flügler fast wieder in die Höhe, fast unmittelbar bevor er mit dem Kiel den Boden aufscharrte. Vor sich sah er beiderseits nur Steinformationen - schwarzes Felsgestein, das im schnellen Vorbeiflug keinerlei Konturen aufwies. »Führer an Zwölf. Zustandsmeldung«, sagte er.

»Geringfügige Schäden an unterer Backbordtragfläche«, antwortete sie. »Das führt zu leichten Vibrationen, die sich aber legen sollten, wenn ich aus der Atmosphäre herauskomme. Ein paar Sterne in der Kuppel. Verfolger fallen zurück – Augenblick, hier kommt einer! Er versucht, mich festzunageln!«

Donos steigerte das Tempo und erhöhte damit sein Risiko, irgendein notwendiges Ausweichmanöver nicht zu schaffen. Er fegte um eine Biegung in der Schlucht und wäre beinahe gegen die Ionenmaschinen eines langsam fliegenden TIE-Jägers unmittelbar vor ihm geprallt. Er gab reflexartig einen Laserschuß ab und sah den Strahl durch die Steuerbordmaschine des Sternenjägers zucken.

Der TIE-Jäger verwandelte sich sofort in einen leuchtenden Feuerball aus gelben und orangeroten Flammen und Wrackteilen. Donos’ X-Flügler schaukelte, als er durch den Feuerball brauste; sein Helm und die Rumpfwand reichten kaum aus, seine Trommelfelle vor dem Explosionsgeräusch zu schützen. Dann war er durch.

Eine weitere Seitwärtsbewegung, diesmal ein scharfes Abkippen nach Steuerbord, das ihn fast gegen die Felswand an Backbord schleuderte, dann sah er Zwölf vor sich. Zwölf und die Maschine, die sie verfolgte – der Abfangjäger, der sie in diese Falle gelockt hatte. Donos sah ihn jetzt zum ersten Mal mit bloßen Augen und registrierte flüchtig die horizontal auf die Tragflächen des Sternenjägers gemalten roten Streifen, die nicht dem Flottenstandard entsprachen, ehe ihm etwas anderes auffiel: Jetzt kamen keine Funken oder Rauchwolken mehr aus seinen Motoren. Das Täuschungsmanöver war gelungen, und damit hatte der Abfangjäger all die falschen Anzeichen seiner Schwäche abgeschaltet.

Der TIE war jetzt auf wenige Meter an das Heck von Zwölf herangekrochen und paßte sich geschickt den verzweifelten Manövern des Verfolgten an: eine Demonstration überlegener Flugtechnik, Geringschätzung, die ein Pilot seinem Gegner entgegenbrachte. Für Donos bestand nicht der geringste Zweifel, daß der Abfangjäger jeden Augenblick das Feuer auf die wehrlos gewordene Zwölf eröffnen würde.

Donos feuerte verzweifelt einen ungezielten Schuß ab. Im gleichen Augenblick setzte der TIE zum Todesstoß an.

Donos sah, wie seine Laser trafen und über den Rumpf wanderten, sich in das Cockpit hineinbrannten.

Die Laser des Abfangjägers schnitten sich mitten in Zwölfs X-Flügler, trafen ihre Heckschilde trotz ihrer verzweifelten Manöver ... und durchdrangen sie. Beide Steuerbordmaschinen von Zwölf verloschen. Die Steuerbordtragflächen begannen, von der intensiven Hitze des Lasers aufgeweicht, sich unter der Reibungshitze der Atmosphäre zu verformen.

Der TIE wurde langsamer. Funken und Flammen, diesmal echte, drangen aus den Maschinen. Er stieg höher, sprang aus dem Felsspalt heraus und war dann für Donos nicht mehr sichtbar.

Der X-Flügler von Zwölf rollte nach Steuerbord ab. Donos’ nächstes Kommando war ein erregter Aufschrei: »Zwölf, aussteigen! Zwölf, Schleudersitz!«

»Steige jetzt aus! Führer, verschwinden Sie hier!«

Donos sah hilflos zu, wie das Cockpit von Zwölf sich mit dem Feuer des Schleudersitzaggregates füllte, aber das Kuppeldach öffnete sich nicht. Der Schleudersitz schmetterte Zwölf dagegen. Der kräftige Transparistahl hielt, während der X-Flügler weiterhin nach Backbord kippte. Unter dem vereinten Druck des Schubaggregates des Schleudersitzes brach das Cockpit schließlich von dem X-Flügler ab, aber Zwölf saß schlaff und reglos im Sitz, als dieser sie gegen eine Felswand schleuderte, wenige Meter von dem Jäger, der bereits dem Untergang geweiht war. Den Bruchteil einer Sekunde später war sie verschwunden, hinter Donos von der Dunkelheit verschluckt, während ihr X-Flügler ein Stück weiter vorn gegen die Felswand krachte.

Donos zwang sich, den Blick abzuwenden und sich wieder seiner Mission zuzuwenden.

Noch ein paar Minuten Terrainflug, dann sollte er sich aus diesem Netz von Abgründen und Schluchten lösen und in den Weltraum rasen können. Doch plötzlich hatte die Aussicht auf Überleben jeglichen Reiz für ihn verloren.

Donos’ R2 kreischte ihn an. In die Gegenwart zurückgerissen blickte er sich um und sah, daß während der kurzen Phase seiner Nachdenklichkeit zwei TIEs von hinten nähergerückt waren.

Er konnte bleiben und getötet werden oder fliehen und seinen Kommandeuren in grausamen, erniedrigenden Sitzungen Einzelheiten schildern.

Er würde es vorziehen zu sterben. Aber die Familien von elf guten Männern und Frauen verdienten es, zu erfahren, wie das Schicksal diejenigen ereilt hatte, die sie liebten. Mit einem gequälten Aufschrei gab Donos Vollschub und jagte um die nächste Biegung.