Hartwig Hausdorf
Das Jahrhundert der Mysterien und Wunder
101 unerklärbare Phänomene, rätselhafte Entdeckungen und unheimliche Erlebnisse
Knaur e-books
Hartwig Hausdorf zählt zu den bekanntesten Autoren auf dem Gebiet rätselhafter Fakten und Phänomene. Weltweit bekannt wurde er durch die Entdeckung der Pyramiden Chinas. Seine Bücher wurden bisher in 17 Sprachen übersetzt, u.a. ins Englische, Japanische, Italienische und Chinesische. Mit seinem Werk »The Chinese Roswell« wurde er in den USA, wo er seit 2004 auch im Nachschlagewerk »Who’s who in the World?« verzeichnet ist, zum feststehenden Begriff.
Geheimnisvolle Nachrichten aus dem Jenseits, Geisterschiffe, unheimliche Prophezeiungen: Immer wieder gibt es rätselhafte Phänomene, die niemand erklären kann. Bestsellerautor Hartwig Hausdorf, bekanntester und gefragter Experte auf diesem Gebiet, hat die 101 spektakulärsten Geschichten aus dem 19. und 20. Jahrhundert in diesem Werk zusammengestellt.
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»Die Welt ist voll von ungelösten Rätseln, und einige davon sind noch fremdartiger, als man es sich vorstellen kann.«
Charles H. Fort (1874–1932)
Amerikanischer Autor
Es ist noch nicht allzu lange her, da nannten wir das Jahrhundert, das im Mittelpunkt des vorliegenden Buches steht, das vorangegangene. Seitdem wir die magische Jahreszahl 2000 überschritten haben, ist das 19. Jahrhundert nun zum »vorletzten« geworden. Gefangen in unserem blinden Fortschrittsglauben, belächeln wir diese schöne Zeit gern ein wenig. Die Menschen hatten damals noch kein Internet, wie das ab dem späten 20. Jahrhundert Usus wurde. Und das Automobil war nichts weiter als eine Spielerei, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts niemand eine ernsthafte Chance geben wollte. Und doch war es eine Zeit des Aufbruchs, eine Ära, in welcher Entdeckungen und echte Abenteuer lockten.
Die damaligen Mächte, allen voran England, aber auch Frankreich, Belgien und Deutschland, schickten sich an, Afrika, den geheimnisvollen »Schwarzen Kontinent«, zu erobern. Dort sicherte man sich mit Hilfe der Kolonien Zugang zu jenen Rohstoffen, die für die rasch um sich greifende Industrialisierung geradezu unverzichtbar werden sollten.
Aber sprechen wir nicht über die vordergründigen Ereignisse jener Zeit, von denen wir in der Schule lernten. Sind es im Folgenden doch die Vorfälle im Schatten der großen, in den Geschichtsbüchern verewigten Entwicklungen, die unser Interesse wecken sollten: unerklärliche Erscheinungen, Rätsel, Mysterien und Wunder. Anders als in den Jahrhunderten zuvor gaben sich die Menschen jedoch nicht mehr mit dem »Werk von Hexen und Zauberern«, »göttlichen Eingriffen« oder der unbestechlichen Macht des Schicksals zufrieden, wenn es um Erklärungen für Dinge jenseits ihres Begreifens ging. Sammelte man früher akribisch Berichte über »erschröckliche Zeychen und Wunder«, so versuchte man erstmals auch solche Erklärungen für das Unerklärliche zu finden, welche den Fragesteller nicht in einer Sackgasse des Aberglaubens oder religiöser Vorstellungswelten stranden ließen. Als sakrosankt erachtete Grenzen wurden überschritten, bis dato Undenkbares gedacht. Laut vernehmlich rüttelte man am Fundament von Glauben und Wissen.
So wurde das 19. Jahrhundert zu weit mehr als einer skurrilen und romantischen Ära. Hier wurden vielmehr die Grundsteine für jenen Geist gelegt, der Wirkung auf die folgenden hundert Jahre haben sollte. Zwischen 1800 und 1900 schlug die Geburtsstunde für so manche neue Wissenschaft. Wie zum Beispiel 1882, als die blutjunge Parapsychologie alles daransetzte, sich des Rufes des Obskuren zu entledigen. Es sollte, nebenbei bemerkt, noch ein langer Weg werden. Erste exakte Versuche und Beobachtungen liefen faulen Zaubertricks und plumpen Täuschungen bald den Rang ab, und naive Leichtgläubigkeit wich einem zwar skeptischen, aber häufig offenem Interesse. Es wurden Türen aufgestoßen, hinter denen wir selbst im beginnenden dritten Jahrtausend immer wieder neue und unerwartete Facetten einer Welt entdecken, die noch längst nicht alle ihre Rätsel und Geheimnisse preisgegeben hat.
Vieles von dem, was wir über die rätselhaften Phänomene des 19. Jahrhunderts wissen, verdanken wir dem eingangs zitierten, in seiner Arbeitsweise geradezu genialen Sammler von verpönten Fakten, Charles Hoy Fort (1874–1932). Viel zu früh mit 58 Jahren verstorben, hinterließ uns dieser Erforscher des Unbekannten und erklärte Nonkonformist in vier Büchern schier unschätzbar wertvolle Informationen aus der Grauzone unserer Realität. Betrachten und verehren wir ihn respektvoll als »Ahnherrn« all jener unter uns, welche sich die Suche nach der Wahrheit »da draußen« auf die Fahne geschrieben haben.
Folgen Sie mir auf eine Zeitreise, die Sie weit hinaus über die Grenzen unseres angeblich so gesicherten Schulwissens führt. Bald werden Sie feststellen, dass das 19. Jahrhundert eine unglaublich spannende Epoche war, die den Vergleich mit unserem »modernen« Zeitalter wahrlich nicht zu scheuen braucht.
Hartwig Hausdorf
Der Horror-Schocker »Poltergeist« kitzelte unsere Nerven damit: bewusste Attacken, sozusagen aus dem Nichts, ausgeführt von unsichtbaren, körperlosen Angreifern. Doch was uns als Phantasie eines Drehbuchautors erscheinen mag, ist leider die harte und unerbittliche Realität.
So beschreibt die im Jahr 1800 veröffentlichte Publikation »A Narrative of some Extraordinary Things that happened to Mr. Gile’s Children« sehr detailliert die Angriffe unsichtbarer Entitäten auf einige Kinder. Der Verfasser, ein gewisser Mr. Durbin, fasste zahlreiche Zeugenaussagen zusammen, die genau beschrieben, wie beispielsweise ein kleines Mädchen von unsichtbaren Händen gewürgt wurde. Eindeutig sei ein Zusammendrücken des Halses erkennbar gewesen, ohne dass es zu einer Kontraktion der Halsmuskeln gekommen wäre. Andere Kinder wurden geschlagen, gebissen, gezogen und bespuckt.
Bei einem Vorfall dieser Art mussten fünf Zeugen miterleben, wie »ihre Arme an diesem Abend etwa zwanzigmal gebissen wurden […] sie konnten es nicht selbst getan haben, da wir sie die ganze Zeit über beobachteten. Wir untersuchten die Bissstellen und fanden dort die Abdrücke von achtzehn bis zwanzig Zähnen, mit einer Art Speichel bedeckt und in Form eines Mundes […] sehr feucht und klebrig wie Speichel, und die Stellen rochen widerwärtig.«
Der Fall zeigt übrigens verblüffende Parallelen zu einer anderen »Attacke aus dem Nirgendwo«, die lückenlos durch Zeugenaussagen und Fotografien belegt werden konnte.
Im Jahr 1926 wurde die damals dreizehnjährige Rumänin Eleonore Zugun zur Zielscheibe von »unsichtbaren Sadisten«. Immer wieder wurde sie, zumeist sogar im Beisein von Zeugen, aufs Übelste gewürgt und gekratzt. Oder besser gesagt, in ihrem Gesicht erschienen blutige Kratzwunden. Die entsetzten Anwesenden konnten auch ein Zusammendrücken des Halses erkennen, ohne dass Eleonore selbst ihre Halsmuskeln angespannt hätte. Auch auf Rücken und Hals des Mädchens tauchten Bissspuren auf, welche ihr bis tief unter die Haut reichten. Und einmal erschien auf dem Arm des grausam gequälten Kindes das Wort »Dracu«, das rumänische Wort für »Teufel«.
Doch zurück ins 19. Jahrhundert der Mysterien und nicht immer so erbaulichen Wunder. Nicht weniger bunt war die Palette jener Attacken, denen 1850 der damals zwölfjährige Junge Harry Phelps aus Stratford (Connecticut) ausgesetzt war. Steine flogen hinter Harry her, er wurde abrupt in die Höhe gehoben, auf dass er mit dem Kopf an die Zimmerdecke stieß und ein andermal in einer Baumkrone landete. Unsichtbare Hände schleuderten ihn in einen Wassertank und zerfetzten seine Kleidung.
Auch mit Schnitten malträtierten die unsichtbaren Angreifer ihre Opfer. In Japan kam es 1890 zu einer regelrechten Panik, nachdem, wie von unsichtbarer Hand, Schnitte von zwei bis drei Zentimetern Länge an den Hälsen zahlreicher Passanten erschienen waren. Und auch Phantomschützen trieben ihr blutiges Unwesen. Am 2. Oktober 1875 schob ein Arbeiter in der Nähe der Gemeinde Bergen einen Karren. Urplötzlich vernahm er ein Surren, das zwei mit ihm gehende Begleiter jedoch nicht wahrnahmen. Im gleichen Augenblick durchzuckte ihn ein fürchterlicher Schmerz im rechten Arm. Bei näherem Hinsehen stellte er entsetzt fest, dass dieser wie von einer Gewehrkugel durchschossen war.
Wie bei allen anderen hier beschriebenen Attacken war auch hier von einem Schützen weit und breit nichts zu sehen.
Wüstenreisende wissen oft faszinierende Geschichten hierüber zu erzählen: Nicht selten hat ihnen eine Fata Morgana eine mit Palmen reich bestandene Oase und Wasser vorgegaukelt, um sich dann beim Näherkommen schlagartig in heiße Luft aufzulösen. Und wie vielen Verdurstenden mag hier ihre letzte Hoffnung buchstäblich vor den Augen zerronnen sein? Kann man das Erscheinen großer Städte am Himmel, zudem über weit nördlicher gelegenen Landstrichen, ebenfalls mit diesen bekannten Luftspiegelungen schlüssig erklären?
Eine der am häufigsten wiederkehrenden Sichtungen am Himmel erscheinender Städte soll sich regelmäßig in Alaska ereignen. Seit vielen Jahren wird dort etwas, das der englischen Stadt Bristol zum Verwechseln ähnlich sieht, zwischen dem 21. Juni und dem 10. Juli beobachtet. Den Indianern Alaskas soll sie schon lange vor der ersten Ankunft der weißen Siedler regelmäßig erschienen sein.
Im Juni 1801 wurde über Youghal in der irischen Grafschaft Cork eine prächtige Stadt gesichtet, die aus vielen Villen mit gepflegten Vorgärten hinter weißen Lattenzäunen bestand. Dieselbe Phantomstadt wurde bereits vier und fünf Jahre zuvor vom gleichen Ort aus beobachtet.
Städte und ganze Inseln am Himmel zeigten sich noch weitaus öfter über dem Irland des 19. Jahrhunderts. Ein Zeuge schilderte seine Eindrücke: »Vor über einem halben Jahrhundert sah ich selbst eine wundervolle Fata Morgana, die ganz der einen glich, wie sie neulich vor unserer Küste bei Tireragh (in der westirischen Grafschaft Sligo) beobachtet worden ist. Hätte ich zum ersten Mal auf die Bucht hinausgeblickt, hätte mich nichts von der Überzeugung abbringen können, eine richtige Stadt vor mir zu haben. Noch dazu eine große, schöne Stadt mit Kirchtürmen, Bäumen, Häusern und mit Zinnen versehenen Gebäuden.«
Man könnte derartige Phänomene leicht als Spiegelbilder von tatsächlich existierenden Städten erklären – wie etwa das »geisterhafte« Bristol über den Weiten Alaskas –, ohne jedoch auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben, wie sie über so weite Entfernungen dorthin gelangt sein mögen. Von der westlichen Küste Irlands aus wäre auf der anderen Seite des Atlantik die nächste Stadt New York. Allerdings tauchte deren charakteristische Skyline noch nie in dieser Region der »Grünen Insel« auf.
Auf der Orkney-Insel Sanday wurde 1840 eine Erscheinung beobachtet, die den Eindruck eines fernen Landes mit prächtigen weißen Gebäuden erweckte. Sie erschien 1857 noch einmal, blieb dabei sogar drei Stunden lang sichtbar. Der Volkskundler E. W. Marwick zitierte beide Erscheinungen in dem Buch »The Folklore of Orkney and Shetland« und äußerte die Ansicht, dass besagtes Phänomen in nördlichen Breiten nichts Ungewöhnliches sei. Einheimische erklärten es als »Kristall- und Perlenstädte« einer geheimnisvollen Rasse von Seemenschen (»Fin Folk«), welche von Zeit zu Zeit für die Menschen sichtbar würden.
Haben solche Erscheinungen auch den berühmten Romanschriftsteller Jonathan Swift (1667–1745) inspiriert? In seinem Buch »Die Reise nach Laputa« erschien dem reisenden Held Gulliver die gleichnamige fliegende Stadt am Himmel. Erblickte er vielleicht etwas am Himmel, dessen Erscheinungsform typisch ist für ungezählte Berichte des modernen UFO-Zeitalters?
Ich konnte mich selbst noch schnell in Sicherheit bringen, als am Nachmittag eines schönen Junitages im Jahr 1984, mitten in München, die Hölle losbrach. Bis zu hühnereigroße Hagelkörner fielen urplötzlich vom Himmel und schlugen ungezählte Dellen in Fahrzeuge. Das Beulenmuster dieser versicherungstechnischen Totalschäden bürgerte sich als »Munich Design« nicht nur in meinen persönlichen Wortschatz ein.
Nun waren und sind Hagelschläge in dieser Größe nichts Ungewöhnliches. Sie kommen in vielen Regionen der Welt regelmäßig vor. Manchmal fallen auch größere Eisklumpen vom Himmel. Wegen ihrer »schmutzigen« Farbe wird gemunkelt, dass es sich hierbei um den zu Eis erstarrten Inhalt von Flugzeugtoiletten handele. Was aber mag man von »eisigen Geschossen aus höheren Regionen« halten, deren Größe noch weit darüber liegt? Und die zu einer Zeit herniederfielen, als jeder Gedanke an einen regelmäßigen Luftverkehr seinen Platz einzig im Reich der Utopie hatte? Der große französische Astronom und Naturfreund Camille Flammarion (1842–1925) berichtete in seinem Werk »L’Atmosphère« über einen wahren Monstereisblock – viereinhalb Meter lang, zwei Meter breit und dreieinhalb Meter hoch –, welcher zur Zeit Karls des Großen vom Himmel gestürzt war. Dagegen wirkte jener Eisblock, der 1802 in Ungarn aus heiterem Himmel auf die Erde fiel, mit seiner Größe von einem halben Kubikmeter geradezu zwergenhaft.
Am 14. August 1849 meldete die Londoner »Times«, dass einen Tag zuvor im schottischen Dorf Ord nach einem ungewöhnlich heftigen Donnerschlag ein kolossaler Eisblock niedergegangen sei: »Unmittelbar nach einem der lautesten Donnerschläge, die man je in der Gegend vernommen hatte, fiel ein großer, unregelmäßig geformter Eisbrocken von schätzungsweise knapp sechs Meter Umfang und entsprechender Dicke beim Gutshaus nieder. Der Eisblock sah aus wie ein prachtvoller Kristall, war, mit Ausnahme eines kleinen, aus ungleich großen Hagelkörnern zusammengesetzten Teils, fast völlig durchsichtig und bestand in der Hauptsache aus kleinen, diamantförmigen, ein bis drei Inches (zweieinhalb bis siebeneinhalb Zentimeter) großen Stücken, die fest aneinandergefroren waren. Das Gewicht dieses riesigen Eisbrockens konnte nicht ermittelt werden. Es darf als ausgesprochen glücklicher Umstand betrachtet werden, dass er nicht auf Mr. Moffats Haus fiel, das er sicherlich zertrümmert hätte, wobei zweifelsohne auch einige der Bewohner Schaden genommen hätten. Im Übrigen waren in der gesamten Umgebung des Blocks keine Spuren von Hagel oder Schneefall zu beobachten.«
Eingedenk der Epoche, in der monströse Eisbrocken wie dieser vom Himmel stürzten, kann man Flugzeuge als Ursache streichen. Aber welche anderen Erklärungen kämen noch in Frage? Haben sich Eispartikel, die normalerweise als Hagel zur Erde gefallen wären, zusammengeschlossen und dadurch vieltonnenschwere Formationen gebildet? Ich kann mir keinen Wind vorstellen, der diese Massen während ihrer Entstehung in der Luft schweben lassen könnte. Vielleicht haben wir es mit solchen Objekten zu tun, die einen ungleich weiteren Weg zurückgelegt haben. Heute wissen wir, dass gefrorenes Wasser im Weltraum existiert – die Ringe des Saturns enthalten es in so riesigen Mengen, dass man auch von »kreisenden Eisbergen« sprechen kann. Für Meteoriten und Kometen gilt das Gleiche. Beim Eintritt eines Eismeteoriten in die Erdatmosphäre könnten dessen äußere Schichten ebenso wirken wie der Hitzeschild eines Space Shuttles. Der innere Kern könnte auf diese Weise unversehrt die Erdoberfläche erreichen. Aber vielleicht gibt es auch ganz andere Ursachen dafür. Was wissen wir schon wirklich über unseren Planeten und seine nächste Umgebung im endlosen All?
Australien, im September 1803. In Sydney wurde der Einbrecher Joseph Samuels angeklagt, einen Polizisten, der ihn auf frischer Tat erwischt hatte, erschlagen zu haben. Der Richterspruch lautete auf Tod durch Erhängen. Ohne Zeit zu verlieren, fuhr man Samuels unter dem Gejohle der Menge zur Hinrichtungsstätte, einem zwischen zwei mächtigen Bäumen befestigten Balken. Von diesem hing bereits das Seil herab. Ein Komplize Samuels, der kein Geständnis abgelegt hatte, wurde herbeigeführt, um an der Exekution teilzunehmen.
Der Todgeweihte stand auf einem Karren, den man genau unter den Balken geschoben hatte. In dem Moment, als der Henker auf den Karren stieg, um Samuels den Strick um den Hals zu legen, bat dieser um ein letztes Wort. Er gestand – wie in der vorangegangenen Verhandlung – den Einbruch, schwor aber, nichts mit der Ermordung des Polizisten zu tun zu haben. Der wahre Schuldige befände sich an seiner Seite.
Langsam wurde die Menge ungeduldig. So gab der Offizier der Wache, die um den Karren postiert war, dem Henker das Zeichen, dem Delinquenten das Seil um den Hals zu legen. Als dies getan war, erhielt das vor den Karren gespannte Pferd einen heftigen Peitschenhieb, worauf es davonstob. Die Menschen hielten einen bangen Augenblick lang den Atem an. Samuels schaukelte kurz am Seil hin und her, dann riss es glatt durch.
Aus der Menge war Gemurmel zu hören, deshalb richteten die Soldaten die Gewehre auf sie. Rasch wurde ein neues Seil angebracht und der Karren zurückgeholt. Da der Verurteilte bei der misslungenen Hinrichtung verletzt worden war, setzte man ihn auf ein Fass im Karren. Dann hieb der Henker ein weiteres Mal mit der Peitsche auf den Karrengaul ein. Plötzlich wurde es unheimlich still in der Menge. Mit offenem Mund starrten die Menschen auf das Seil, das gerade begann, sich Faser um Faser aufzudrehen, und hierbei immer länger wurde. Zum Schluss stand der Todeskandidat mit den Füßen auf dem Erdboden.
Die Menschenmenge, die zwischenzeitlich immer größer geworden war, schrie ihren Zorn nun offen heraus, stürmte plötzlich auf die Soldaten ein, die ihrerseits die Bajonette auf die Gewehre gepflanzt hatten. Aber noch immer bestand die »Obrigkeit« auf der raschen Vollstreckung des Urteils. Da jedoch im Moment kein neues Seil mehr verfügbar war, band der Offizier das eben benutzte mit einem Knoten wieder zusammen.
Ein drittes Mal nun wurde Samuels, schon mehr tot als lebendig, auf den Karren hochgezogen. Trotz der Zwischenrufe aus der erregten Menge, die auf die Soldaten einschlug, gab der Scharfrichter dem Pferd erneut die Peitsche. Dieses Mal zerriss der Strick knapp über dem Hals des Verurteilten, der einfach nicht vom Leben zum Tod zu befördern war.
Um ein Eskalieren der Situation zu verhindern und weil ihn vielleicht schon selbst Zweifel beschlichen, gab der Offizier den Befehl, Samuels ins Gefängnis zurückzubringen. Der Richter ordnete eine neuerliche Untersuchung des Falles an, die an den Tag brachte, dass Samuels unschuldig war. Dafür verhaftete man den Komplizen und verurteilte ihn zum Tod. Bevor dieser hingerichtet wurde, gestand er das Verbrechen, für das sich irgendeine ominöse Kraft bis zum Letzten gewehrt hatte, den Unschuldigen zu exekutieren.
Joseph Samuels wurde entlassen und von der Menge frenetisch bejubelt. Leider war ihm sein Erlebnis keine Lehre, denn er wurde sehr schnell wieder rückfällig. Man ertappte ihn bei einem Diebstahl auf frischer Tat und verurteilte ihn zu mehreren Jahren Zwangsarbeit. Er ertrank, als er mit zwei anderen Gefangenen einen Fluchtversuch unternahm.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Schiffe auf hoher See auf Nimmerwiedersehen verschwinden, ist auch im Zeitalter der Satellitenüberwachung nicht gebannt. Dass Ähnliches ebenfalls für Binnengewässer gelten soll, klingt da schon um einiges unwahrscheinlicher. Und doch: Die fünf »Großen Seen« Nordamerikas – der Michigan-, Huron-, Erie-, Ontario- und der Obere See – haben einen in dieser Hinsicht nicht weniger berüchtigten Ruf als etwa das Bermuda-Dreieck oder die »Teufelssee« vor Japan. Seit die Franzosen jene Seen vor über 300 Jahren entdeckten, ereigneten sich dort zahllose, meist ungeklärte Schiffsuntergänge. Auf den grausigen Ruf der Whitefish Bay am Ostende des Oberen Sees etwa weist ihre Bezeichnung »Schiffsfriedhof« hin.
Im November 1804 segelte die Speedy von York, wie Toronto damals noch hieß, ab. An Bord befanden sich eine Gruppe von Richtern und Regierungsbeamten, welche ins 140 Kilometer entfernte Presqu’île wollten, sowie ein indianischer Häftling, der wegen eines Mordes in der Küstenstadt Newcastle gehängt werden sollte. Die Speedy wurde von zwei erfahrenen Kapitänen befehligt, die sich in ihrer Arbeit abwechselten. Kapitän James Richardson, der das Schiff auf dieser Fahrt kommandieren sollte, hatte bereits beim Ablegen schlimme Vorahnungen. Ohne einen triftigen Grund angeben zu können, versuchte er den Beamten einzureden, die Fahrt abzusagen oder wenigstens zu verschieben. Daraufhin musste er das Kommando an den zweiten Skipper, Thomas Paxton, abgeben. Kurz nachdem die Speedy den Hafen verlassen hatte, setzte ein Sturm ein. Leuchtfeuer wurden am Seeufer bei Newcastle entzündet, um das Schiff zu warnen. Trotzdem fuhr es unter vollen Segeln davon. Geradewegs ins Unbekannte, denn vom Schiff und der Besatzung wurde nie wieder auch nur das Geringste gesehen.
Und während des Kriegs zwischen England und den Vereinigten Staaten im Jahr 1812 segelten zwei gut ausgerüstete amerikanische Fregatten, die Scourge und die Hamilton, den Ontario-See hinunter zum befestigten Hafen von Niagara. Ganz plötzlich und absolut gleichzeitig kippten beide Schiffe um und versanken binnen weniger Augenblicke. Von den hundert Mann Besatzung auf beiden Schiffen überlebten gerade einmal zehn. Aber keiner von ihnen konnte zur Klärung dieses ebenso ungewöhnlichen wie tragischen Vorfalles beitragen.
Die Anzahl an Schiffen und menschlichen Opfern, welche die Großen Seen Nordamerikas seit Jahrhunderten gekostet haben, ist kaum mehr zu beziffern. So sind beispielsweise im November des Jahres 1856 innerhalb einer Woche fast dreißig Schiffe auf dem Lake Ontario verloren gegangen. Den Rekord hält jedoch der November 1913, als in nur vier Tagen vierzig Schiffe sanken, wobei 672 Menschen ihr nasses Grab fanden. Und wer glaubt, dass moderne Navigationssysteme und Überwachungselektronik der Neuzeit an dem Problem etwas geändert haben, dem sei entgegengehalten, dass auf der Verlustliste der Neuzeit sogar zahlreiche Flugzeuge zu finden sind.
Waren es einzig, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, widrige Wetterbedingungen, die vor allem im Monat November gehäuft zuschlugen? Oder sind noch andere, bis dato unerkannte Kräfte verantwortlich zu machen für jenen schier unglaublichen Verlust an Menschen und Material, den das größte zusammenhängende Seengebiet unserer Welt eingefordert hat?
Als der große deutsche Dichterfürst Friedrich von Schiller am 9. Mai 1805 im thüringischen Weimar die Augen schloss, nahm er ein Geheimnis ins Grab, das seltsam bekannte Parallelen zum modernen UFO-Phänomen unserer Tage zu bergen scheint. Er hatte erst sechs Jahre vor seinem Ableben ein dreiteiliges Werk vollenden können, dessen Handlung im Dreißigjährigen Krieg angesiedelt ist, der Deutschland und beinahe ganz Europa von 1618 bis 1648 mit Tod und Verderben überzogen hatte. Hauptakteur in Schillers Werk war der Herzog von Friedland, besser bekannt unter seinem Namen Albrecht Eusebius v.Wallenstein (1583–1634). Dieser war ein taktisch geschickt vorgehender Feldherr, der sogar 1625 aus eigenen Mitteln für den Habsburgerkaiser Ferdinand II. ein großes Heer aufstellte. In der Folge gewann er alle Schlachten und erlebte einen enormen Machtzuwachs, der gleichfalls Kaiser Ferdinand zugutekam. Das wiederum war den Reichsständen ein Dorn im Auge, die 1630 auf dem Fürstentag zu Regensburg die Absetzung des Friedländers forderten und sich damit auch durchsetzten. Sie warfen ihm allen Ernstes vor, mit »finsteren Mächten« in unheilvollem Bund zu stehen.
Ein Jahr später war er wieder aus seiner Versenkung zurück. Die militärischen Erfolge des schwedischen Königs Gustav Adolf II., der seinen protestantischen Glaubensbrüdern in deutschen Landen zu Hilfe kam, zwangen Kaiser Ferdinand dazu, den vorher so Geschmähten wieder als Feldherr zu berufen. Wallenstein erhielt im April 1632 erneut den unumschränkten Oberbefehl über das habsburgische Heer und gewann darauf eine Schlacht um die andere. Er drängte die Schweden aus Süddeutschland und schlug jene legendäre Schlacht bei Lützen, in welcher der Schwedenkönig im Kampf Mann gegen Mann fiel.
Dann gab es erneut Misstöne. Wallensteins Kontakte zu einem anderen Feind, den Franzosen, sowie Verhandlungen mit Schweden und Sachsen führten dazu, dass seine Gegner beim Regenten wieder die Oberhand gewannen. Im Januar 1634 setzte ihn Ferdinand per Dekret als Befehlshaber des Heeres ab, um ihn einen Monat darauf des Hochverrats zu bezichtigen und seine Ergreifung anzuordnen. Sein vordem legendärer Glücksstern war verglüht. Wenige Tage nach der kaiserlichen Ächtung fiel Wallenstein im böhmischen Eger einem Mordanschlag zum Opfer.
Eine nicht unumstrittene Person hatte ihr wenig ruhmreiches Ende gefunden. Mit »finstren Mächten« soll er im Bund stehen, hatten Freund und Feind gleichermaßen gemunkelt. Doch möglicherweise waren es ganz andere Mächte, die sich ihm zuweilen offenbart hatten.
Nachlesen kann man Näheres bei Schiller. Im ersten Teil der Wallenstein-Trilogie unterhalten sich in einem Feldlager außerhalb der Stadt Pilsen einige Infanteristen über das sagenhafte Kriegsglück und die offensichtliche Unverwundbarkeit des Feldherren: »Er bannet das Glück, es muss ihm stehen. Wer unter seinem Zeichen tut fechten, der steht unter besondern Mächten. Denn das weiß ja die ganze Welt, dass der Friedländer einen Teufel aus der Hölle im Solde hält.«
Die Soldaten glaubten, dass Wallenstein durch eine Art »Hexensalbe« unverwundbar geworden sei. Ein Wachtmeister und ein Trompeter eines Terzky’schen Karabinier-Regiments, welche sich ebenfalls an dem Gespräch beteiligten, wussten genauere Informationen beizutragen, die uns heute seltsam vertraut anmuten: »Es geht nicht zu mit rechten Dingen. Sie sagen, er les’ auch in den Sternen, die künftigen Dinge, die nahen und fernen. Ich weiß aber besser, wie’s damit ist. Ein graues Männlein pflegt bei nächtlicher Frist, durch verschlossene Türen zu ihm einzugehen. Die Schildwachen haben’s oft angeschrien, und immer was Großes ist drauf geschehen, wenn je das graue Röcklein kam und erschien« (»Wallensteins Lager«, 6. Auftritt).
Uns erinnert dieses »graue Männlein« ganz frappierend an jene ominösen »Little Greys«, die »kleinen Grauen« unseres neuzeitlichen UFO-Phänomens. Auch jenen zuweilen alptraumhaft wirkenden Gesellen wird – besonders wenn sie nachts als »Bedroom Visitors« auftreten – nachgesagt, dass nicht einmal massive Mauern sie von ihrem unheimlichen Tun abhalten können.
Wurde Wallenstein von demselben Phänomen kontaktiert, welches heute seine traumatisierende Wirkung auf vom UFO-Phänomen Betroffene zeigt? Anders als bei modernen Entführungsszenarien scheint es zwischen dem Heerführer und seinem mysteriösen Besucher zu einem regen Informationsaustausch gekommen zu sein, zu einer Kommunikation, welche Wallenstein so manch strategischen Vorteil eingebracht hat.
Dann bleibt am Schluss die Frage, woher der legendäre Dichterfürst Schiller seine Kenntnisse bezogen hatte, als er Ende des 18. Jahrhunderts seinen Dreiteiler »Wallensteins Lager – Die Piccolomini – Wallensteins Tod« verfasste – mit unheimlichen Einzelheiten, die vermuten lassen, dass der Kriegsherr entscheidende Informationen von einer möglicherweise nicht von unserer Welt stammenden Intelligenz zugesteckt bekam.
Können Erscheinungen als Omen für kommende tragische Ereignisse interpretiert werden? Am Abend des 9. Oktober 1806, also einen Tag bevor Prinz Louis Ferdinand von Preußen in der Schlacht bei Saalfeld (Thüringen) fiel, schien eine mysteriöse weiße Frau tatsächlich eine böse Vorahnung zu verbreiten. Die folgende Geschichte ist durch zahlreiche Zeugen verbürgt, etwa durch Freiherr Karl von Nostitz, den Adjutanten des am darauffolgenden Tag getöteten Prinzen.
Am Vorabend der Schlacht, in deren Verlauf das französische Heer die gesamte preußische Vorhut aufrieb, waren alle Offiziere in einem Saal des Rudolstädter Schlosses versammelt. Sie erwarteten die Rückkehr des Prinzen, der sich am Morgen dieses Tages zum Herzog von Braunschweig begeben hatte, um die kriegswichtigen Befehle entgegenzunehmen.
Gegen 20 Uhr kehrte er mit einer Abteilung Soldaten in das Schloss zurück. »Meine Herren«, sagte der Prinz, »ich habe Ihnen eine Nachricht zu überbringen, die Sie begeistern wird. Am morgigen Tage beginnen die Feindseligkeiten, und wir haben die Ehre, die ersten Kanonenschüsse mit den Franzosen auszutauschen.«
Dabei war der Prinz in bester Stimmung. Hin und wieder begab er sich an den Flügel und spielte ein paar Passagen. Dann wandte er sich zu seinem Adjutanten und sagte ihm: »Mein lieber Nostitz, wie glücklich ich in diesem Augenblick bin … endlich lichtet unser Schiff die Anker.«
Rasch verstrich die Zeit an diesem Abend, und die Schlossuhr schlug Mitternacht. Mit dem letzten Schlag veränderte sich das Aussehen Louis Ferdinands auf merkwürdige Weise. Sein gut geschnittenes Gesicht wurde wächsern, und die über die Tasten gleitenden Finger versteiften sich krampfartig. Er fuhr sich hastig über die Augen, griff nach einer Kerze, stürzte zur Türe und verschwand. Bestürzt folgte Karl von Nostitz dem davoneilenden Prinzen über einen langen Korridor, dessen einziger Ausgang eine kleine Seitentür war, die auf den Schlosshof führte.
Als auch der Adjutant den Hof erreicht hatte, wurde er Zeuge einer wahrhaft gespenstischen Szene. Die flackernde Kerze in der Hand, folgte der Prinz mit marionettenhaften Schritten einer leuchtend weißen, verhüllten Gestalt, die sich langsam auf das äußerste Ende der Galerie zubewegte und dort unvermittelt im Nichts verschwand.
Der Haken an der Sache war, dass dort überhaupt keine Türe oder ein Ausgang war. Und trotzdem suchte der Prinz wie verbissen, ob nicht doch an einer Stelle irgendeine Geheimtür verborgen war. Es existierte jedoch keine.
Als der Adjutant bei Louis Ferdinand angekommen war, fragte ihn dieser erregt: »Nostitz, hast du sie gesehen?« Worauf Karl von Nostitz entgegnete: »Ja, ich habe eine ganz in Weiß gekleidete Frau gesehen, die Eure Hoheit …«
»Es war also kein Traum«, unterbrach der Prinz seinen Adjutanten, »ich habe sie gesehen, es ist die weiße Frau.«
Um sicherzugehen, dass der Prinz und er keiner Halluzination erlegen waren, lief Nostitz zur Wache. Der Posten antwortete, ein Mann in einem weißen Umhang sei an ihm vorübergegangen. Da er diesen aber für einen sächsischen Offizier gehalten habe, hätte er ihn ungehindert passieren lassen. Damit waren Zweifel so gut wie ausgeschlossen. Der Prinz befahl dem Adjutanten und der Wache, nichts über den mysteriösen Vorfall verlauten zu lassen. Dann legte er sich schlafen.
Am nächsten Morgen ritt Louis Ferdinand in die Schlacht gegen die Franzosen. Die preußische Infanterie lag schon hinter dem Dorf Schwarza, während die Artillerie auf einem Hügel nahe Saalfeld Stellung bezogen hatte. Der Prinz setzte sich an die Spitze seiner Jäger, die ihn begeistert begrüßt hatten. Immer an seiner Seite ritt auch Karl von Nostitz.
Plötzlich fiel diesem auf einer Erhebung am Wegesrand eine auffällige, hinter einem weißen Schleier verborgene weibliche Gestalt auf. Auch der Prinz hatte sie bemerkt und reagierte ungewöhnlich heftig darauf. Er hielt sein Pferd an, drehte sich zu seinem Begleiter und stieß hervor: »Nostitz, wieder diese Frau. Sie verfolgt mich.« Dann jagte er im Galopp davon.
Im allgemeinen Gedränge brach Nostitz’ Pferd aus, so dass er es erst einmal beruhigen musste. Als er es unter Kontrolle hatte, ritt er zu dem Hügel zurück, auf dem die verhüllte Frau gestanden hatte. Doch der Hügel war nun leer. Immerhin konnte er noch von anderen Soldaten erfahren, dass sie ebenfalls die geheimnisvolle Frau gesehen hatten.
Wenn sie wirklich eine Erscheinung war, dann verhieß sie nichts Gutes. Denn noch am gleichen, schicksalshaften Tag fiel Louis Ferdinand in der Schlacht, während sein Adjutant Karl von Nostitz schwer verwundet wurde.
Wie alt Geschichten über Werwölfe sind, also über Menschen, die sich angeblich in Wölfe verwandeln können, ist nicht bekannt. Aber schon der griechische »Vater der Geschichtsschreibung« Herodot berichtete im 5. Jahrhundert vor Christus hierüber. Die Griechen und Skythen, die an den Küsten des Schwarzen Meeres siedelten, hielten die Einheimischen für Zauberer, welche sich einmal im Jahr für ein paar Tage in Wölfe verwandeln. Es waren aber wohl eher Verkleidungen, die für die Dauer eines Festes zu Ehren irgendeines »Gottes« angelegt wurden.
Psychologen erklären die Werwolfgeschichten, die zahlenmäßig in die Zehntausende gehen dürften, als »Gestalt gewordene menschliche Bestialität«. Anstatt seine unbewussten Ängste auf ein gefürchtetes Tier oder eine Traumfigur zu projizieren, mag der Mensch eher glauben, dass er sich selbst in ein Ungeheuer verwandelt und dabei die Gestalt eines Wolfes mit Fell, Klauen und Fängen annimmt.
Im Herbst des Jahres 1807 feierte eine Dorfgemeinschaft auf einem Hügel in der Nähe des Weichselufers im heutigen Polen in ausgelassener Fröhlichkeit das Erntedankfest. Als die Feier in vollem Gang war, hallte plötzlich ein grauenhafter und markerschütternder Schrei durch die Gegend. Aufgeschreckt liefen einige junge Leute in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Sie konnten gerade noch sehen, wie ein riesiger Wolf ein hübsches Mädchen aus dem Dorf, das bald heiraten sollte, packte und davonzerrte. Ihr Verlobter war nirgends zu sehen.
Der Kühnste unter den jungen Männern verfolgte den Wolf und konnte ihn schließlich stellen. Die Bestie ließ die Beute fallen und duckte sich, zähnefletschend, bereit zum Sprung auf den Verfolger. Einige Dorfbewohner waren zurückgelaufen, um Äxte und Gewehre zu holen. Doch bis sie wieder am Ort des Geschehens eintrafen, hatte der Wolf das Mädchen erneut geschnappt und war in den nahen Wald entkommen.
Viele Jahre später feierte das Dorf auf demselben Hügel wieder einmal Erntedank. Da näherte sich ein alter Mann der ausgelassenen Gesellschaft. Man lud ihn ein mitzufeiern, doch der Alte setzte sich nur bedrückt nieder und trank, ohne ein Wort zu sagen. Ein ungefähr gleichaltriger Bauer setzte sich zu ihm und musterte ihn ausgiebig. Daraufhin fragte er ihn: »Bist du es, Jan?«
Es war tatsächlich der ältere Bruder, der vor vielen Jahren spurlos verschwunden war. Bald gesellten sich immer mehr Dorfbewohner hinzu und lauschten ungläubig den Erzählungen des anfangs so schweigsamen Besuchers. Er berichtete, dass er einst von einem Hexer in einen Wolf verwandelt worden war. Daraufhin hätte er seine Verlobte verschleppt und ein Jahr lang zusammen mit ihr im nahen Wald gelebt. Nach Ablauf dieses Jahres sei sie jedoch verstorben. Von da an hätte er in seinem Schmerz schonungslos Männer, Frauen und Kinder angefallen und jedes Tier gerissen, das ihm über den Weg gelaufen war.
Als Beweis hielt er den Dorfbewohnern seine Hände hin, die tatsächlich blutbefleckt aussahen. Vier Jahre bevor er bei ihnen auftauchte, hätte er die menschliche Gestalt wieder erhalten. Seitdem ziehe er rastlos von Ort zu Ort. In sein Heimatdorf sei er gekommen, um noch einmal seinen Bruder, Freunde und Nachbarn zu sehen. Danach würde er als Wolf seine Tage beschließen müssen. Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, da nahm er auch schon Wolfsgestalt an. Er jagte an den zutiefst erschrockenen Dorfbewohnern vorbei in Richtung des nahen Wäldchens und wurde nie mehr gesehen.
Psychologen sprechen heute von Lykanthropie und bezeichnen damit die Wahnvorstellung, sich in ein Tier zu verwandeln, im Extremfall sogar Menschen zu töten.
Aber kann es wirklich sein, dass zahllose Vorfälle dieser Art, die sich selbst vereinzelt noch heute ereignen sollen, »nur« auf eine besondere Art Geisteskrankheit zurückzuführen sind?
Vor einigen Jahren herrschte unter etlichen am UFO-Phänomen Interessierten noch die Meinung vor, es handle sich hierbei um ein Rätsel unserer Zeit, das seinen Anfang in den Frühsommertagen des Jahres 1947 genommen hatte. Dass dem keineswegs so ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Deutet man manche Felsbilder, die bis in die ausgehende Altsteinzeit zurückdatieren, mit neuzeitlichen Augen, so kann man vermuten, dass bereits unsere frühen Vorfahren seltsame Dinge am Himmel beobachten konnten. Diese Erscheinungen müssen für sie sehr bedeutsam gewesen sein, so dass sie sie als Höhlenzeichnungen der Nachwelt hinterließen. Besonders oft findet man sie an Höhlenwänden in Spanien, Frankreich und Italien.
Bleiben wir in Italien. Im Jahr 1808 kam es zu einer ungewöhnlichen Häufung von Beobachtungen unbekannter fliegender Objekte über der norditalienischen Region Piemont. Das Datum der Sichtungswelle ist umso bedeutender, als es in jenen Tagen noch keine Verwechslungsmöglichkeiten mit irdischer Flugtechnologie gab. Und eine Erscheinung jagte damals gewissermaßen die nächste.
Besonders der Monat April zeichnete sich in diesem außergewöhnlichen Jahr 1808 durch eine beispiellose Sichtungshäufigkeit aus. Am 2. April wurde das Dorf Perosa Argentina nahe der Stadt Pinerolo von im Tiefflug vorbeiflitzenden leuchtenden Objekten regelrecht heimgesucht. Über La Morra flog in der Nacht vom 11. auf den 12. April ein »funkelnder Gegenstand«. Bereits damals kannten die Menschen Meteoriten und hätten ein natürliches Objekt auch als solchen erkannt. Am hellen Tag des 12. April erschreckte in Carmagnola ein grell leuchtender Gegenstand das Pferd eines Reiters. Es scheute daraufhin und warf seinen Herrn kurzerhand aus dem Sattel. Und am 15. April überflog ein spindelförmiges Objekt das Städtchen Torre Pellice, unweit von Pinerolo. Nur drei Tage später kam es am selben Ort zu einer nahen Begegnung mit dem Unbekannten.
Es war noch früh am Morgen des 18. April 1808, als Signore Simondi, der Sekretär des Friedensrichters von Torre Pellice, von einem scharfen Summen aus dem Schlaf gerissen wurde. Jenes Geräusch war durchdringend und wollte nicht enden. Schließlich stieg Simondi aus dem Bett und eilte zum Fenster, um nach der Quelle des ungewöhnlichen Lärms zu forschen. Und er kam gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie sich auf der gegenüberliegenden Wiese eine leuchtende Scheibe erhob, die sich mit phantastischer Geschwindigkeit in den Himmel entfernte.
Nach dem Monat April wurden die UFO-Sichtungen über dieser Region im Norden Italiens wieder weniger. Am 12. Oktober wurde Pinerolo nochmals von leuchtenden Scheiben überflogen. Dann kehrte langsam wieder Ruhe ein am Himmel über dem Piemont.
Perleberg ist eine Stadt in der brandenburgischen Westprignitz. Sie ist bekannt für ihre zahlreichen aus dem 15. bis 17. Jahrhundert stammenden Fachwerkhäuser, die 1546 errichtete Rolandsäule und die spätmittelalterliche Stadtkirche. Weit weniger bekannt dürfte sein, dass sich hier vor mehr als 200 Jahren einer der geheimnisvollsten Fälle spurlosen Verschwindens in der Neuzeit abspielte. Bis zum heutigen Tag konnten die Hintergründe des Verlorengehens von Benjamin Bathurst, des britischen Gesandten in Wien zur Zeit der Napoleonischen Kriege, nicht aufgeklärt werden. Sein Schicksal ähnelt jenem des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg, der im Zweiten Weltkrieg in Ungarn zahlreiche Juden unter Einsatz seines Lebens rettete. Wallenbergs Spur verlor sich kurz nach der Eroberung Budapests durch die Rote Armee im Winter 1944/45, und da wie dort kursierten zwar reichlich Gerüchte und Mutmaßungen, doch Genaueres konnte man in beiden Fällen nicht eruieren.
Benjamin Bathurst also, ein junger Diplomat und Cousin des britischen Außenministers, war im November 1809 mit wichtigen Depeschen in seine Heimat unterwegs. Da es nach dem Sieg Napoleons in der Schlacht von Wagram von französischen Spionen wimmelte, reiste Bathurst aus Sicherheitsgründen auf Umwegen. Zuvor hatte er in Berlin für sich und seinen Schweizer Diener gefälschte Reisepässe besorgt. Um den 25. November machten sie, auf halbem Weg nach Hamburg, wo sie ein Schiff nach England nehmen wollten, im erwähnten Städtchen Perleberg Station. Die Postkutsche, die Bathurst und sein Diener mit zwei weiteren Reisenden teilten, musste die Pferde wechseln, und so nutzten die vier Passagiere die Zeit zum Nachtessen im Posthaus.
Gegen neun Uhr abends verließen alle vier Personen das Gasthaus, um ihre Reise fortzusetzen. Während das Gepäck verladen wurde, ging Bathurst aus unbekanntem Grund hinter die Postkutsche – und verschwand von einer Sekunde zur nächsten, ohne eine Spur zu hinterlassen. Eine sofortige Suche, an der sich neben dem Diener und den Mitreisenden auch der Kutscher und die Wirtsleute des Posthauses beteiligten, blieb ergebnislos. Der britische Diplomat war buchstäblich vom Erdboden verschluckt.
Sehr besorgt über dieses plötzliche Verschwinden, suchte der Diener den preußischen Stadtkommandanten von Perleberg, einen gewissen Hauptmann Klitzing, im Magistrat auf. Im Verlauf des Gespräches gewann er den Eindruck, dass Klitzing über den Vorfall bereits informiert war. Der Stadtkommandant hatte nämlich am frühen Abend zwei Soldaten der Stadtwache zum Posthaus entsandt, die dort bis 19.00 Uhr waren. Sie sollen dann von einem der Mitreisenden fortgeschickt worden sein. Hauptmann Klitzing ließ sich nach Bathursts Verschwinden dessen Gepäck aushändigen und sorgte auch dafür, dass die Reisenden im »Gasthaus zur Goldenen Krone« untergebracht wurden.