Nr. 994

 

Problem Langzeitwaffe

 

Gefahr für einen Ritter – der Margor-Schwall verändert sich

 

von H. G. EWERS

 

 

Nach langen Monaten ist Perry Rhodans Expedition endlich der verdiente Erfolg beschieden. Menschen von der BASIS sind in den Vorhof der Materiequelle eingedrungen und haben durch eine »Entrümpelungsaktion« die Materiequelle wieder normalisiert, so dass mit keinen weiteren Weltraumbeben zu rechnen sein wird.

Dann, nachdem diese Aufgabe erfüllt worden war und nachdem Atlan als Auserwählter, der die Interessen der Menschheit bei den Mächten jenseits der Materiequelle vertreten soll, die BASIS verlassen hatte, bleibt Perry Rhodan keine andere Wahl, als auf Heimatkurs zu gehen.

Während die BASIS auf dem Rückflug begriffen ist, tut sich in der Galaxis immer noch einiges, obwohl Jen Salik die Orbiter-Gefahr gegenstandslos gemacht hat.

Schuld daran ist Amtranik, der garbeschianische Hordenführer. Auch wenn er auf Shourmager, dem Planeten der Bestien, eine verheerende Schlappe erlitten und seine Flotte verloren hat, so stellt er selbst mit seinem Flaggschiff, der VAZIFAR, nach wie vor eine nicht zu verachtende Bedrohung dar. Und das um so mehr, da Salik, sein direkter Gegenspieler, sich auf Martappon auseinandersetzen muss mit dem PROBLEM LANGZEITWAFFE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Jen Salik – Ein Ritter in Nöten.

Vario – Jen Saliks persönlicher Orbiter.

Julian Tifflor – Der Erste Terraner erwartet die Rückkehr Perry Rhodans.

Perry Rhodan – Er lässt die BASIS Kurs auf die Hundertsonnenwelt nehmen.

Amtranik – Der Garbeschianer gibt nicht auf.

Noo-Len – Neuer Schaltmeister von Martappon.

1.

 

Die beiden Gestalten bewegten sich mit gleicher Geschwindigkeit durch den schmalen Korridor, dessen Wände aus synthetischem Marmor bestanden. Es war, als würden sie von einem identischen Willen geleitet.

Das stimmte zwar nicht, aber da ihre Motive identisch waren, ließ sich ihr Wille als gleichgeschaltet bezeichnen.

An ihrem Äußeren war das freilich nicht zu erkennen. Die eine Gestalt war zweifellos die eines Menschen. Ihre Körpergröße betrug 1,68 Meter, das Gesicht war leicht gerötet, die Augen graubraun und das kurzgeschnittene Haar mittelbraun und wellig. Sie trug einen SERUN-Raumanzug, der ein in sich geschlossenes Lebenserhaltungssystem mit Cybermed und Discobot darstellte (in sich geschlossen allerdings nur, wenn sein Träger sich in einer lebensfeindlichen Umwelt befand und weder Nahrung noch Wasser von außen zugeführt bekam).

Die andere Gestalt benutzte keine Füße zum Gehen, sondern schwebte. Sie war eiförmig, mit einer hell schimmernden »Haut« aus Atronital-Compositum, einer unerreicht widerstandsfähigen Legierung. Ihre Höhe betrug fünfzig Zentimeter; die Enden waren abgerundet. Am oberen Ende war ein schmaler »Hals« ausgefahren. Auf ihm saß ein nur zehn Zentimeter durchmessender kugelförmiger »Kopf«, der sich hin und wieder mitsamt dem »Hals« drehte.

Als die beiden Gestalten dem Tor am Ende des Korridors, das ein Reliefbild eines Brunnens in einer Stahlwüste zeigte, bis auf eine bestimmte Entfernung nahe gekommen waren, hielten sie an. Eine weitere Annäherung an das Tor wäre tödlich gewesen, denn in ihm war ein Mentorezeptor verborgen, der mit einer Sicherheitsanlage gekoppelt war, die bei der Annäherung Unbefugter absolut tödlich zuschlagen würde.

»Soll ich nun den Kode abstrahlen, mein Ritter?«, ertönte eine Bassstimme aus der eiförmigen Gestalt.

Der Angesprochene wurde dadurch in die Wirklichkeit zurückgerissen, denn er war in den Anblick des Brunnenreliefs versunken gewesen, das keineswegs einen gewöhnlichen Brunnen symbolisierte, sondern etwas, das ferne Vergangenheit und die Gegenwart miteinander auf subtile Weise verband.

»Nein, diesmal will ich versuchen, ob er auf meine Ausstrahlung anspricht, Vario«, erwiderte er. »Beim ersten Mal wollte ich das Risiko nicht eingehen, da zu viele Probleme mich an der Konzentration hinderten.«

»Es kann nichts schiefgehen«, erklärte Vario, der kein anderer war als der Superroboter Vario-500, der in der Vergangenheit und in der Kokonmaske Anson Argyris' als Kaiser der Freifahrer von Boscyks Stern agiert hatte. »Du bist schließlich ein Ritter der Tiefe.« Er lachte das dröhnende Lachen des Freifahrerkaisers, der er nie mehr sein würde, da die Freifahrer von Olymp niemals wissentlich einen Roboter über sich bestimmen lassen würden. »Weißt du, die Orbiter nennen dich sogar Igsorian von Veylt, wenn sie sich unter sich glauben.«

Das Gesicht Jen Saliks rötete sich ein wenig stärker.

»Mir ist das unangenehm, denn schließlich bin ich nicht Igsorian von Veylt.«

Er musterte das glänzende Robotei, dann lächelte er. Der Vario-500 war zwar »nur« ein Roboter, aber er war sein bester Freund. Immerhin verfügte er dank seines bio-positronischen Kompaktgehirns über das intuitive, schöpferische Denken und das Individualbewusstsein einer organischen Intelligenz – und er fühlte sich insgeheim als Mensch. Er duzte sich mit ihm und nannte ihn Vario – und der Roboter nannte ihn »mein Ritter«, da er seine Rolle als die eines Orbiters Jen Saliks sah.

Sekunden später wandte er sich ab, blickte auf das Tor und konzentrierte sich auf einen gedanklichen Befehl, und eine unpersönliche Stimme sagte: »Die Sicherheitsanlage wurde für immer desaktiviert, Igsorian von Veylt.«

»Sehr gut«, sagte der Vario-Roboter. »Da die Schalteinheiten der Anlagewelten zerstört sind, brauchen sie nicht länger vor Unbefugten geschützt zu werden.«

Jen Salik nickte.

»Und kein Orbiter, der sich zufällig hierher verirren sollte, kann mehr in Gefahr geraten.«

Er und der Vario-Roboter bewegten sich weiter und kamen in die Abtastanlage, eine große Halle mit Wänden aus synthetischem Marmor und echtem Gold, deren Boden aus schwarzem Panzertroplon bestand. In der Mitte stand die Vernichtungsmaschine, die einem überdimensionalen Sarkophag glich und von einem flimmernden Energiefeld umhüllt wurde.

Jen Salik konzentrierte sich abermals auf einen gedanklichen Befehl. Auch hier sorgte er dafür, dass die Vernichtungsmaschine niemandem mehr gefährlich werden konnte. Das Gebilde zerfiel zu Staub, der Energieschirm erlosch, dann ertönten hallende Gongschläge.

Als sie aufhörten, wurde der Boden durchsichtig. In dem Schacht darunter sank die Plattform rasch tiefer. In etwa hundert Metern Tiefe verschwand sie so abrupt wie immer, doch im Unterschied zu sonst wurde sie nicht gegen einen bläulich strahlenden Zylinder ausgetauscht, sondern gegen einen blutrot leuchtenden, der schnell aufwärts glitt.

Jen Salik und der Vario-Roboter zögerten dennoch nicht, einzusteigen, als der Zylinder den Boden der Halle berührte und sich ebenso öffnete wie der Boden. Sie wollten diesmal nicht zur geheimen Kontrollstation, sondern zur Alarmanlage von Martappon. Im Unterschied zur Kontrollstation war sie nicht abgeschaltet worden, denn sie sollte weiterhin darüber wachen, dass nicht noch einmal die Horden von Garbesch in die Milchstraße einfielen. Jen Salik und der Vario wollten den Fehler finden, der dazu geführt hatte, dass die Alarmanlage auf die Weltraumbeben hereingefallen war und falschen Alarm gegeben hatte.

Ein Kraftfeld umschloss die beiden Personen und ließ sie sanft auf den Boden des Zylinders sinken. Abermals konzentrierte sich Jen Salik.

Der Zylinder sank zirka hundert Meter tief, dann entmaterialisierte er sich und seine Passagiere ...

 

*

 

Im Mittelpunkt einer zirka drei Meter durchmessenden Kreisfläche, die von einer ringförmigen gelben Markierung begrenzt wurde, rematerialisierten Salik und der Vario.

Jen Salik sah sich aufmerksam um. Das Aussehen der scheibenförmigen Halle von etwa acht Metern Grundflächendurchmesser und vier Metern Höhe entsprach den Informationen seines Ritterwissens. Wände und Decke waren in zahllose kleine Quadrate unterteilt, auf denen unterschiedliche Symbole leuchteten.

»Hier muss ich dir die Initiative überlassen, mein Ritter«, sagte der Vario. »Ich kenne mich mit der Alarmanlage nicht aus.«

»Sie ist überaus kompliziert, Vario«, erwiderte Jen Salik und schaltete an dem Kommandoarmband, das ihm Schaltmeister Goonerbrek gegeben hatte. Alle Symbole leuchteten gleichzeitig und pulsierten. »Da, der erste Versuch ist fehlgeschlagen. Ich dachte, mit Hilfe der Testschaltung zu erkennen, wo der Fehler liegt. Aber so klappt es anscheinend nicht. Nur das Symbol der defekten Programmbox hätte aufleuchten dürfen.«

»Vielleicht liegt der Fehler im gesamten Alarmsystem«, meinte der Vario-Roboter. »Gibt es denn kein zentrales Kontrollsystem?«

Jen Salik schüttelte den Kopf.

»Die Alarmanlage von Martappon ist ein dezentralisiertes Multisystem aus quasi-identischen Elementen, deren Funktionen sich bis auf jeweils einen schmalen Bereich gleichen, in dem sich jeweils alle Elemente von allen Elementen unterscheiden.«

»Das ist wahrhaftig sehr kompliziert«, sagte der Vario-Roboter. »Wahrscheinlich dient es dem Schutz vor Fernmanipulationen Unbefugter.«

»Stimmt«, erwiderte Jen Salik.

Er schaltete zum zweiten Mal an seinem Armbandgerät. Die Symbole verblassten wieder. Salik trat an eine Wand heran und tippte mit der Fingerspitze gegen die obere rechte Ecke eines Quadrats.

Etwas summte warnend. Danach glitt ein offener Metallkasten von etwa einem halben Meter Länge, fünfzehn Zentimetern Breite und fünfzehn Zentimetern Höhe aus der Wand. Das Quadrat bildete seine Vorderseite.

Neugierig schwebte der Vario-Roboter heran. Sein Ortungskopf drehte sich, während er den Inhalt des Kastens mit seinen optischen Sensoren musterte.

Der Inhalt sah auf den ersten Blick aus wie der Inhalt eines vollen Karteikastens. Tausende dünner Metallscheiben waren hintereinander angeordnet und durch grün leuchtende Plastikscheiben in Gruppen getrennt.

Jen Salik öffnete die Werkzeugtasche, die an seinem Gürtel hing. Er holte einen Metallstab heraus, ähnlich einem Laserschreibstift, aber mit einem birnenförmig verdickten oberen Ende. Salik umfasste das verdickte Ende. Aus dem unteren Ende fuhr eine zirka zwei Zentimeter lange dünne Metallnadel heraus. Als Salik mit ihr die Oberkante einer Metallscheibe berührte, glitt die Scheibe zu zwei Dritteln aus dem Kasten.

Der Vario sah, dass in dem Material der quadratischen Scheibe zahllose verwirrende Strukturen aus spinnwebfeinen goldfarbenen Adern eingelassen waren.

Jen Salik nahm den Metallstab in die linke Hand, holte aus seiner Werkzeugtasche einen zylindrischen Gegenstand mit einem ebenfalls birnenförmig verdickten Ende. Wieder umfasste er das verdickte Ende. Diesmal jedoch glitt keine Nadel aus dem anderen Ende, sondern drei Viertel des zylindrischen Gegenstands klappten auseinander und bildeten eine Art Fächer aus zahlreichen schmalen schwarzen Spiegelflächen.

Als Salik sie über die herausgeglittene Scheibe hielt, drehten sich die spiegelnden Flächen wie rasend. Plötzlich veränderte sich etwas, ohne dass der Vario erkennen konnte, was. Im nächsten Augenblick war Salik in ein flimmerndes Energiefeld gehüllt.

»Bist du in Gefahr?«, fragte der Vario-Roboter besorgt.

Salik antwortete nicht. Er schien die Frage nicht gehört zu haben. Aber an seinem Gesichtsausdruck erkannte der Roboter, dass sein Ritter sich auf etwas konzentrierte.

Sekunden später erlosch das Energiefeld wieder. Jen Salik berührte mit der Nadel des Metallstabs die ausgefahrene Scheibe, die daraufhin wieder zurückglitt.

»Dieses Subelement arbeitet einwandfrei«, erklärte Jen Salik. »An ihm liegt es nicht, dass die Alarmanlage sich narren ließ.«

»Wie konntest du das feststellen, mein Ritter?«, fragte der Vario-Roboter.

Erst jetzt wurde es Salik klar, dass sein Orbiter nicht wissen konnte, was geschehen war.

»Die Strukturen in den Subelementen bestehen aus Gold«, erklärte er. »Allerdings nicht aus gewöhnlichem Gold, sondern aus solchem, dessen Atome magisch aufgeladene Kerne besitzen. Dieses magische Gold wird nicht künstlich hergestellt, sondern kommt seit eh und je in der Natur vor, allerdings ...«

»... entfällt auf zehntausend Goldatome nur eines mit magisch aufgeladenem Kern«, ergänzte der Vario.

Jen Salik blickte das Robotei verblüfft an.

»Woher weißt du das, Vario? Dieses Wissen gehört zum Geheimwissen der Ritter der Tiefe. Niemand außer ihnen kann davon erfahren haben.«

»Im Jahre 2649 erhielt die Erde Besuch von Algonkin-Yatta, einem Kosmischen Kundschafter, und seiner Begleiterin Anlytha«, erwiderte der Vario-Roboter. »Es war die Zeit, in der Atlan mitsamt Atlantis verschwunden war. Algonkin-Yatta hatte die Spur Atlantis' aufgenommen, weil er Atlan finden wollte, was ihm viel später auch gelang. Bei seiner Suche benutzte er eine Zeitkapsel. Infolge einer Panne wurde er ins alte Rom verschlagen. Eine Zeitbeschleunigerspule war ausgefallen. Um sie reparieren zu können, benötigte er dreißig Gramm Gold mit magisch aufgeladenen Atomkernen – und um das im Psi-Filterverfahren extrahieren zu können, brauchte er dreihundert Kilogramm chemisch hundertprozentig reinen Goldes.

Zu dieser Zeit existierte ich noch nicht. Aber Algonkin-Yatta traf sich nach Behebung der Panne im Jahre 2649 mit seinem Freund Perry Rhodan. Ihm verriet er das Geheimnis – und Perry Rhodan sorgte später nach meiner Erzeugung dafür, dass es als Information in meine Biopositronik gespeichert wurde, wie so vieles andere auch.«

»Es ist kaum zu fassen!«, rief Jen Salik. »Ritterwissen in fremdem Besitz!«

»Möglicherweise dienten die Mathoner vor langer Zeit den Rittern der Tiefe«, meinte der Vario-Roboter. »Aber du warst dabei, mir etwas zu erklären.«

Salik nickte.

»Die magischen Strukturen dienen im Fall der Alarmanlage lediglich dazu, einem Ritter Auskunft über die Funktionen der Subelemente zu übermitteln, indem sie ihn in ein fünfdimensionales Informationsfeld hüllen, das die Auskünfte direkt in sein Bewusstsein überträgt.«

»Ziemlich profan, wenn man bedenkt, was sich mit magischen Strukturen alles anfangen ließe«, meinte der Vario. »Aber bedeutet das etwa, dass du alle Subelemente einzeln durchchecken musst?«

Salik lächelte.

»Dann wären wir noch nicht fertig, wenn das Universum wieder in sich zusammenfällt, um als höhere Qualität wiedergeboren zu werden. Nein, natürlich nicht, Vario. Es genügt, wenn ich Stichproben durchführe. Da ich das System kenne und verstehe, werde ich in spätestens dreißig Tagen auf einen Ansatzpunkt stoßen, von dem aus dann innerhalb weniger Stunden der Fehler gefunden werden kann.«

Er ließ das QI-Element in sein Fach zurückgleiten, dann wandte er sich einem anderen Quadrat zu.

Als der Kasten ins Freie glitt, hob Jen Salik den Metallstab, doch dann zog er die Hand zurück, ließ den Stab fallen und presste die Hand stöhnend gegen seinen Hinterkopf.

»Was hast du, mein Ritter?«, fragte der Vario, fuhr seine metallenen Tentakelarme aus und stützte Salik.

Jen Salik stöhnte abermals.

»Mein Kopf!«, flüsterte er gequält. »Furchtbare Schmerzen. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel.«

»Hattest du so etwas schon früher?«, fragte der Roboter.

»Noch nie«, antwortete Salik. »Ich muss mich setzen und etwas ausruhen, dann geht es bestimmt bald vorbei. Die nervlichen Belastungen der letzten Zeit müssen ein wenig zuviel für mich gewesen sein.«

Der Vario-Roboter half ihm, sich zu setzen. Besorgt musterte er ihn mit seinen optischen Systemen. Saliks Erklärung beruhigte ihn keineswegs. Mit der Intuition, die ihm früher geholfen hatte, das Staatswesen der Freifahrer von Olymp oftmals sicher durch alle Gefahren zu steuern und die Handelswelt stets im Interesse der gesamten Menschheit wirken zu lassen, spürte er, dass der anfallartige Kopfschmerz seines Ritters mehr war, als die Wirkung nervlicher Belastungen.

Er ahnte, dass sich eine bedrohliche Entwicklung anbahnte ...

2.

 

Bran Howatzer unterbrach seine Arbeit an einer Versuchsanordnung zur Aufladung eines Speichers mit psionischer Energie und anschließender schlagartiger Entladung, als der Visiphonmelder summte.

Er aktivierte das Gerät und sah gleich darauf das Abbild eines Ertrusers mit schlohweißem Sichelkamm. Goran Maisk war stellvertretender Leiter des Terranischen Instituts für Paraphänomene, an dem der Gäa-Mutant an einem Forschungsauftrag arbeitete.

»Hallo, Goran!«, sagte Bran Howatzer ohne Begeisterung, denn die Unterbrechung seines Versuchs gefährdete das Timing.

»Hallo, Bran!«, sagte Goran Maisk. »Es tut mir leid, dass ich Sie stören muss, aber der Kriminalistische Ordnungsdienst hat angefragt, ob Sie bereit wären, eine Frau zu sondieren, die unter Mordverdacht steht.«

Bran Howatzer verzog das Gesicht. Seine parapsychische Fähigkeit war die eines Tastsensors, auch Erlebnis-Rekonstruktor genannt. Er vermochte mit seinem mutierten Gehirnsektor so in die gefühlsmäßige Erinnerungswelt anderer Intelligenzen hineinzulauschen, dass er genau nachempfinden konnte, was die betreffende Person während der letzten zwölf Stunden erlebt hatte. Das war nicht immer angenehm; im Fall von Gewalttaten war es sogar schockierend.

»Ich verstehe Ihre Gefühle«, sagte Goran Maisk. »Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie dem KOD helfen wollen oder nicht. Andererseits sieht es so aus, als könnte der KOD der Frau niemals den Mord nachweisen, da sie äußerst raffiniert vorgegangen ist.«