Nr. 2636
Das Schema des Universums
Die Entdeckung der Badakk – und Perry Rhodan auf einer geheimen Mission
Christian Montillon
In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Seit dem dramatischen Verschwinden des Solsystems mit all seinen Bewohnern hat sich die Situation in der Milchstraße grundsätzlich verändert.
Die Region um das verschwundene Sonnensystem wurde zum Sektor Null ernannt und von Raumschiffen des Galaktikums abgeriegelt. Fieberhaft versuchen die Verantwortlichen der galaktischen Völker herauszufinden, was geschehen ist. Dass derzeit auch Perry Rhodan mitsamt der BASIS auf bislang unbekannte Weise »entführt« worden ist, verkompliziert die Sachlage zusätzlich. Um die LFT nicht kopflos zu lassen, wurde eine neue provisorische Führung gewählt, die ihren Sitz auf dem Planeten Maharani hat.
Perry Rhodan kämpft indessen in der von Kriegen heimgesuchten Doppelgalaxis Chanda gegen QIN SHI. Diese mysteriöse Wesenheit gebietet über zahllose Krieger aus unterschiedlichen Völkern und herrscht nahezu unangefochten in Chanda. Eines dieser Völker sind die Badakk, und als Wissenschaftler suchen nicht wenige DAS SCHEMA DES UNIVERSUMS ...
Die Hauptpersonen des Romans
Cawo-Shumgaard – Der Leiter eines Forschungsprojekts sucht das alles verbindende Schema.
Danrhoper – Ein Reparat gibt den Badakk Rätsel auf.
Ledrut-Strywen – Ein Badakk, der nicht zweifelt, gerät in die Rolle des Zweiflers.
Perry Rhodan – Der Unsterbliche stößt auf einen Polyport-Hof und nutzt seinen Controller.
Prolog
Bra-Nok-Zo, Sporteph-Algir, Andromeda, Kaskallen, Schelv, Yandi, Remmal, Geka-Usa, Zagadan und Alkagar – oder Chanda, wie er mittlerweile wusste. All das waren Galaxien, die Perry Rhodan mittels des Polyport-Netzes erreichen konnte – theoretisch. Sein Hauptaugenmerk hatte meist der heimatlichen Milchstraße und Anthuresta gegolten, aber als galaktischer Beauftragter für das Polyport-Netz konnte er sich Einseitigkeiten nicht leisten.
Dennoch war er von der Entführung der BASIS vollkommen überrascht worden. Und seitdem kämpfte er in Chanda gegen QIN SHI – und entdeckte, dass diese Doppelgalaxis ebenfalls ursprünglich ein Teil des Polyport-Netzes gewesen war. Ein Teil jenes interstellaren, intergalaktischen Transportsystems, das er als Instrument und Symbol des Friedens, der Völkerverständigung und des Handels genutzt wissen wollte.
Dass ein Teil der uralten Artefakte aus anthurianischer Fertigung mittlerweile der Vernichtung diente, wie im Falle der furchtbaren Weltengeißel, ließ Perry Rhodan keine Ruhe. Wenn es sonst keinen Grund gegeben hätte, sich gegen QIN SHI zu stellen, dieser allein hätte gereicht.
Und so schloss sich der unsterbliche Terraner dem Verzweifelten Widerstand an, der versuchte, die Herrschaft der negativen Superintelligenz zu brechen ...
1.
Cawo-Shumgaard
Individualität ist etwas Wunderbares.
Ich hielt diese Behauptung für simpel und bestechend logisch. Meiner Meinung nach konnte man ihr nicht widersprechen. Darum hatte ich sie auch zum Leitfaden für mein Leben erhoben; allerdings im Geheimen, denn kaum jemand stimmte mir in dieser Hinsicht zu.
Die meisten konzentrierten sich zu sehr auf ihre Gruppen, auf den Austausch von Gedanken und Wissen in der Vernetzung der Gehirne. Individualität stellte für sie eine Nebensache dar, auch wenn sie bisweilen anderes behaupteten.
Jeder wusste und akzeptierte, dass sich ein Badakk nur in seiner aktiven Siebenergruppe richtig wohlfühlte.
Jeder, außer mir. Ich glich ihnen in dieser Hinsicht nicht. Ob ich mich von Geburt an von einem normalen Badakk unterschied, war mir nicht klar, und ich würde es wohl auch niemals herausfinden.
Es spielte auch keine Rolle, denn nicht die Vergangenheit bedeutete etwas, sondern die Gegenwart. Nur diese vermochte die Zukunft zu verändern und mich meinem großen Ziel näher zu bringen.
Eines Tages würde ich wahre Individualität finden, indem ich das Schema erkannte, aus dem das Universum besteht. Den Rhythmus, in dem Galaxien, Sonnensysteme und jedes einzelne Atom ständig pulsierten. In diesem Moment würde ich alles verstehen, endlich begreifen, was das Leben und die schiere Tatsache der Existenz bedeutete.
Dafür war ich geschaffen worden, darum lebte ich.
Aber noch war es nicht so weit. Ein Alarm lenkte mich ab: elender Alltag, wenn man in den Diensten von QIN SHI stand.
*
Ich schlürfe ein letztes Mal an meinem mobilen Nahrungsspeicher. Obwohl ich es mir selbst nicht gern eingestand, schmeckte es ohnehin nicht so gut wie in meiner Gruppe beim gemeinsamen Essen. Darum gab es Schlimmeres, als diese Mahlzeit nicht beenden zu können.
»Cawo-Shumgaard!«
Das war Ledrut-Strywen, der in diesem verlassenen Sonnensystem – wie hieß es doch gleich? – den Oberbefehl über die drei stationierten Schiffe hatte. Routinearbeiten waren alles, was die Mannschaften beschäftigte, und so streifte er durch das gesamte Artefakt, tauchte an den unmöglichsten Stellen auf und mischte sich überall ein.
Sogar meinen persönlichen Container suchte er nun auf, jenen Quader aus nackten Metallwänden, der meinen einzigen Rückzugsort bildete. Das winzige bisschen Privatsphäre mitten in der Fremde, in einer viele Jahrmillionen alten Hinterlassenschaft, die wir nicht verstanden.
Gewiss, nach außen achtete Ledrut-Strywen meine Autorität als wissenschaftlicher und technischer Leiter dieser Mission. Wer ihn kannte, sah ihm jedoch an, welche Mühe es ihn kostete, nicht das Kommando an sich zu reißen, wie er es von seinem Alltag in den Schiffen gewohnt war.
»Cawo-Shumgaard!«, rief er ein weiteres Mal. Er stand offenbar direkt vor der verschlossenen Einstiegsluke, die ich vorsorglich so programmiert hatte, dass sie einzig auf meine Annäherung reagierte. Jeder andere musste sie mit Gewalt öffnen.
Ich stellte den Nahrungsspeicher in das kleine Wandregal und zog den Halte-Arm in meinen Zylinderkörper zurück. Danach wandte ich mich um und öffnete mit einem Sprachbefehl. Die Luke zischte in die Höhe.
»Ich höre den Alarm auch ohne deinen Hinweis«, wies ich ihn zurecht, »und ich weiß, was ich zu tun habe. Da keine hohe Dringlichkeitsstufe angemahnt wird, bilden einige Sekunden Zeitverlust kein Problem.«
Ledrut-Strywens weißliche Lederhaut blieb unbewegt, selbst die sattlila Färbung der Oberbegrenzung veränderte sich nicht. Er hatte sich gut in der Gewalt. Lediglich eines der Augen pendelte leicht auf dem Sehstiel, ein kaum merkliches Zeichen der Unsicherheit.
»Sehr wohl«, brachte er eine Standardaussage zu Gehör, »du folgst der Logik.«
»Wie es der Situation gebührt«, antwortete ich auf einem ebenfalls allgemein gehaltenen, routiniert-distanzierten Niveau.
Doch nun genug der Floskeln!
Ich wollte mich endlich um die Ursache des Alarms kümmern. In diesem riesigen bernsteinfarbenen Artefakt war schließlich alles möglich, und wer wusste schon, ob es nicht doch eine ernsthafte, das Leben sämtlicher Badakk in dieser Station bedrohende Gefahr gab.
Einer spontanen Eingebung folgend verlangte ich von Ledrut-Strywen einen Lagebericht. Ebenso gut hätte ich diesen über einen unserer Datenspeicher abfragen können, aber so degradierte ich mein Gegenüber zu einem schlichten Informationslieferanten: gut, um die Grenzen abzustecken und ihn in die Schranken zu weisen.
Eins von Ledrut-Strywens Stielaugen bog sich mir entgegen, es berührte fast den Rand der Luke. »Die Ingenieure warten darauf, einen Versuch zu starten und Energie in das Terminal auf dem Hauptdeck zu leiten.«
»Prognosen?«
»Keine Aussage möglich.«
Natürlich nicht. Wie sollte es auch anders sein? Das Schema dieses Artefakts lag noch im Dunkeln, die grundlegende Funktionsweise war nach wie vor unbekannt. Konnte der geplante und von langer Hand vorbereitete Versuch Ordnung in das Chaos bringen?
Jegliche Technologie dieser uralten Station entzog sich bislang unserem Zugriff. Die Lebenserhaltung und Klimatisierung, sogar die Beleuchtung, mussten wir mit eigenen Geräten gewährleisten.
Ohne unsere Aggregate wäre dieser Ort ein riesiges, von Weltraumkälte durchzogenes Grab, in dem nichts und niemand überleben konnte.
Aber einst musste es anders gewesen sein. Überall in der bernsteinfarbenen Weite, in den ewigen Korridoren und Hallen, existierte Technologie – und mehr als überall sonst in dem Bereich, den wir das Hauptdeck nannten.
Von vergleichbaren Stationen, die QIN SHIS Truppen schon vor langer Zeit gefunden hatten, wusste ich, dass sich dort die grundlegende Technik des Artefakts verbarg. Aber das brachte uns hier nicht weiter.
In aktiviertem Zustand entstanden auf dem freien Platz in der Mitte der gigantischen Halle vier energetische, bläulich schimmernde Röhren von fünfzig Metern Durchmesser. Sie erstreckten sich über mehr als einen halben Kilometer, ehe sie verblassten, als würden sie von dort aus durch ein sechsdimensionales Medium weiterführen.
Dies ähnelte den von unseren Vorfahren entwickelten Hyperadern, die durch die zahlreichen Viibad-Riffe dieser Doppelgalaxis einen raschen Transport über lichtjahreweite Strecken ermöglichten.
Genau jene Röhren, die Herzstücke dieses riesigen Artefakts aus tiefer Vergangenheit, sollten aktiviert werden, indem die Ingenieure Energie in das Steuerterminal leiteten, an dem wir in mühevoller Kleinstarbeit einige Vorbereitungen getroffen hatten.
Es war ein Spiel mit dem Tod, das wussten wir alle, aber der einzige Weg, der möglicherweise zum Ziel führte. Ohne Risiko kein Erfolg – und kein großer Erfolg ohne ebenso großes Risiko.
Als wäre diese ganze Mission nicht ohnehin ein großes Risiko. Es gab Augenblicke, in denen ich mich fragte, ob es wirklich klug und logisch gewesen war, die Entdeckung dieser Station vor den Xylthen geheim zu halten.
Wenn QIN SHIS Kriegervolk, meine Vorgesetzten, jemals davon erfuhren, brauchte ich mich nicht mehr um möglicherweise gefährliche Experimente zu sorgen. Dann waren wir alle schneller tot, als wir eine Entschuldigung oder Rechtfertigung vorbringen konnten.
Und ich als Verantwortlicher würde dann den langsamsten und grausamsten Tod sterben. In dieser Hinsicht galten manche xylthischen Protektoren als geradezu legendär erfindungsreich.
*
Ich verließ meinen Rückzugs-Container. Sofort nahm mich der Anblick der ewigen bersteinfarbenen Weite gefangen. Alles und jedes in der Station schien in kristallinem Orange erstarrt, und an den wenigsten Stellen hatten die geheimnisvollen Erbauer für eine Abdeckung dieser Oberfläche gesorgt. »Begleite mich zum Hauptdeck.«
»Ist das eine Bitte?«
Mit einem beiläufigen Blinzeln des Taroyjehret-Organs stelle ich klar: »Ein Befehl.«
Er fügte sich. Was blieb ihm auch anderes übrig? Hätte ich den Befehl nicht erteilt, hätte er wohl darum gebeten, mich begleiten zu dürfen. Seit der Entdeckung der Station ging es in jeder Sekunde um Macht, um einen winzigen Vorteil im allgegenwärtigen Intrigenspiel, denn leider nahmen die beiden mächtigsten Badakk vor Ort – Ledrut-Strywen und ich selbst – einander entgegengesetzte Positionen ein.
So wunderte es mich nicht, dass er die Gelegenheit nutzte, um das alte Thema wieder einmal zur Sprache zu bringen.
»Wir hätten die Entdeckung der Station längst den Xylthen melden müssen! Wenn sie aus anderer Quelle von diesem Artefakt erfahren und ihnen klar wird, dass wir sie nicht informiert haben, werden sie ...«
»... äußerst ungehalten reagieren, ich weiß«, unterbrach ich ihn. Schließlich fühlte ich mich selbst unwohl genug und konnte nur mit Mühe verhindern, dass meine weiße Lederhaut sich grau verfärbte. »Aber ohne Risiko kein Erfolg.«
»Erfolg?«, wiederholte mein Gegenüber. »Den werden wir genauso erringen, wenn wir den offiziellen Weg gehen! Oder glaubst du, dass die Xylthen uns wegschicken? Sie benötigen Wissenschaftler und Techniker zur Untersuchung der Station – also uns!«
»In diesem Fall werden die Xylthen den Ruhm bei QIN SHI ernten.« Mein Tonfall stellte klar, dass ich keine weitere Diskussion zulassen würde.
Tatsächlich ging es mir um etwas völlig anderes. Dieses Artefakt war keinesfalls einzigartig. QIN SHI hatte im Laufe der Zeit – mochte es sich um Jahrhunderte oder Jahrzehntausende handeln – über etliche Stationen dieser Art Gewalt erlangt und sie zweckentfremdet, sei es nun die Werft APERAS KOKKAIA, die Weltengeißel oder andere zentrale Einrichtungen der Diktatur der Superintelligenz.
Überall waren die Badakk aber abgezogen, ehe sie die wahre Bedeutung und Bestimmung der jeweiligen Hinterlassenschaft erkannten. Das Muster dieser Artefakte lag noch immer im Dunkeln. Ich musste es ans Licht bringen, um zu verstehen, um die logische Linie zu erfassen, die alles miteinander verband.
Es gab ein Schema im Universum, eine grundlegende Logik, ein Atem in Chanda und in allen Galaxien. Erst wenn ich es erfasste, konnte ich wirklich frei sein, mich von allen anderen Badakk, von meinem Siebenerverbund lösen und wahrhaft ich selbst sein. Ein Individuum.
Diese bernsteinfarbene Station und ihr Geheimnis symbolisierten einen wichtigen Schritt auf meinem Weg, den ich mir weder von Ledrut-Strywen noch von der Angst vor Xylthen würde verbauen lassen.
»Die Transitparkette sind das Werk unserer Vorfahren«, sagte ich, während wir durch den Korridor schritten. Ein Kampfroboter, der Ledrut-Strywen schon zu meinem Rückzugsort begleitet hatte, folgte uns in geringem Abstand. Er würde auf jede potenzielle unbekannte Gefahr reagieren und ihn beschützen. Ich selbst verzichtete meist auf einen mechanischen Begleiter.
»Das bestimmt den Wert der Badakk für QIN SHI. Doch es liegt sehr lange zurück. Seit wann stehen wir in den Diensten der Superintelligenz? Schon über eine schiere Ewigkeit! Wir müssen etwas Neues leisten, etwas Bahnbrechendes ... sonst degenerieren wir in QIN SHIS Augen immer mehr zu entbehrlichen Helfern.«
»Die Superintelligenz hat keine Augen«, erwiderte er.
Was wollte er mir damit mitteilen? Dass ich es nicht in direktem Wortsinn meinte, musste ihm klar sein. Versuchte er mich zu verspotten? Wenn ja, enthüllte sich mir die Schärfe seines Angriffs nicht.
»Dass wir für QIN SHI arbeiten«, setzte ich neu an, »bietet uns Sicherheit für unser Überleben. Solange wir für die Superintelligenz tätig sind. Wir genießen sogar einige Privilegien – eigene Raumschiffe, eine gewisse Selbstständigkeit ... Das bedeutet aber auch, dass QIN SHI von uns mündiges Denken fordert, um diese Eigenständigkeit nutzbringend einzusetzen. Es liegt in unserer Verantwortung, einen wertvollen Beitrag zu leisten, indem wir das Geheimnis dieser Stationen entschlüsseln! Mehr als die Xylthen jemals vermögen!«
Er machte mit sämtlichen Scheinfüßchen einen Sprung; gut zwei Dutzend Pseudopodien pendelten in voller Länge von zwanzig Zentimetern in der Luft, strichen beim Aufkommen über den Boden. Er war aufgeregt und wütend. »Ich kenne deine Ansichten. Doch ich teile sie nicht.«
Da ich keine Lust hatte, weitere Energie in einer fruchtlosen Diskussion zu verschwenden, zog ich demonstrativ ein Funkgerät aus meinem Arbeitsgürtel und verband mich mit dem Gesprächsnetz.
Eine Unmenge Badakk tauschte eine ebensolche Unmenge von Informationen aus. Wer sich wie ich ungezielt einklinkte, verlor rasch den Überblick. Ich speiste einen automatischen Pfadweiser über die Kommunikationswege und filterte mit geübtem Blick die wichtigsten Trends heraus.
Selbstverständlich drehte sich fast alles um das geplante Experiment – den Versuch, über das von uns installierte Transitparkett Zugriff auf die Technologie dieser Station zu erhalten. Unsicherheit und Skepsis überwogen.
Also schaltete ich eine Vorrang-Frequenz, auf der mich automatisch jeder an Bord des Artefakts empfangen würde. Vierundneunzig Badakk. Vierundneunzig Leben, die ich aufs Spiel setzte; ganz zu schweigen von der restlichen Besatzung der drei Schiffe, die Ledrut-Strywens Befehl unterstanden und doch wegen mir und meiner Entscheidung im Penkett-System festsaßen.
»Ich kann eure Besorgnis nachvollziehen, doch das Experiment wird gelingen. Alles ist in Ordnung«, sagte ich. Log ich.
Wahrscheinlich.
2.
Perry Rhodan
»Jetzt!«
Das Umgebungsholo verschwamm nach den Worten von Derrayn Anrene; das Asteroidenfeld im Hintergrund wich dem wesenlosen Wabern des hyperenergetisch übergeordneten Linearraumes.
Doch nur einen kaum wahrnehmbaren Augenblick lang. Ein einziger Lidschlag, und das Holo erlosch völlig. Ein einzelner Lichtfunke wollte zu Boden trudeln, aber Perry Rhodan verlor ihn aus den Augen, als eine Explosion gellte.
»Ungeplanter Rücksturz!«, hörte er, während die Druckwelle in seinen Rücken schmetterte und ihn vor sich hertrieb.
Die Systeme des SERUNS reagierten automatisch. Der Helm schloss sich, die Stabilisatoren griffen, ein Schutzschirm bildete sich um Rhodan, und winzige Schübe der Steuerdüsen bremsten seine unkontrollierte Bewegung. Die Positronik blendete ein Symbol auf die Innenseite seiner Sichtscheibe: Keine Gefahr.
Der Aktivatorträger schaute sich um. Der ersten Explosion folgten keine weiteren; ein Steuerpult war detoniert, wohl aufgrund desselben Defekts, der auch für den ungeplanten Rücksturz des MARS-Kreuzers SICHOU-1 verantwortlich war.
Perry Rhodan desaktivierte den Schutzschirm und ging die wenigen Schritte zum Kommandanten des Raumers.
»Was war los?«
In den Holos vor dem Oberst erkannte er mit geübtem Blick in den Datenkolonnen die üblichen Klar- und Schadensmeldungen aus allen Sektionen des Schiffes.
Im ersten Moment sah Anrene verwirrt aus, wohl wegen Rhodans unpräziser Frage. Dann schloss er kurz die Augen. Ihn konnte so leicht nichts aus seiner fast sprichwörtlichen Ruhe bringen. »Der Fehler wurde bereits automatisch erkannt und seine Behebung in die Wege geleitet. In Kurzfassung: Die Hyperkristalle des Hawk-III-Kompensationkonverters sind nahezu komplett ausgelaugt und haben unter der Belastung des Wechsels in den Linearraum endgültig ... ihren Geist aufgegeben.« Vor den letzten Worten stockte er kurz.
Rhodan lächelte schmallippig. »Gibt es Verletzte?«
Ein leichtes Kopfschütteln. »Wie es aussieht, hat es ausgerechnet dich am schwersten erwischt.«
Rhodans Lächeln verbreiterte sich. »Manchmal denke ich, das ist mein Schicksal. Wenn alles so glimpflich abliefe wie diesmal, wäre es mir recht.«
Der Oberst wandte sich wieder den Anzeigen zu, legte die Hand auf die Eingabemaske und tippte einige Sensorfelder an. Rhodan wartete ab, er wusste, was Anrene beabsichtigte; als Kommandant der SICHOU-1 konnte ihn momentan nur eines interessieren.
Das Ergebnis fiel positiv aus. »Wir werden dennoch aufbrechen! Es gibt insgesamt vier Hawk-III-Konverter an Bord, die Techniker können also problemlos ausweichen. Es dauert nur wenige Minuten, bis wir einen erneuten Versuch starten.«
Der Oberst griff nach einer Flasche, die fest an der Lehne seines Kommandantensessels verankert war. Er öffnete sie, es zischte, und eine Flüssigkeit sprudelte über den Rand. Es roch nach einer ungewöhnlichen süßen Frucht, die Rhodan an etwas erinnerte. Er kannte diesen Duft, konnte ihn jedoch nicht zuordnen.