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Unterrichtsmethoden in der Pflegeausbildung

Carsten Drude

Andrea Zielke-Nadkarni

URBAN & FISCHER

Front Matter

Carsten Drude

Andrea Zielke-Nadkarni (Hrsg.)

Unterrichtsmethoden in der Pflegeausbildung

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Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Karlstr. 45, 80333 München,

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Die Erkenntnisse in Pflege und Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. Herausgeber und Autoren dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung, anhand weiterer schriftlicher Informationsquellen zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Buch abweichen und seine Verordnung in eigener Verantwortung zu treffen.

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1. Auflage 2008

© Elsevier GmbH, München Der Urban & Fischer Verlag ist ein Imprint der Elsevier GmbH.

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Planung und Lektorat: Martina Lauster, München

Redaktion: Susan Sedlick, München

Herstellung: Gabriele Reuter, München

Satz: abavo GmbH, Buchloe/Deutschland; TnQ, Chennai/Indien

Druck und Bindung: Uniprint International BV, the book factory

Zeichnungen: Martha Kosthorst, Borken

Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm

Titelfotografie: © Tom Stewart/CORBIS

ISBN: 978-3-437-28220-1

Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter und

Vorwort

Das vorliegende Methodenbuch wurde im Hinblick auf die Ausbildungsrichtlinien und Rahmenlehrpläne für die Gesundheits- und Pflegeausbildungen in den verschiedenen Bundesländern konzipiert. Es soll Pflegelehrern und Lehramtsstudenten, aber auch allen anderen Berufsschullehrern im Gesundheitsbereich ermöglichen, auf vielfältige Unterrichtsmethoden zurückzugreifen. Mithilfe dieser Methoden kann der Lehrer eine Rolle einnehmen, welche die selbstständige Erarbeitung von Sachzusammenhängen bei gleichzeitiger Förderung personaler, sozialer und methodischer Kompetenzen unterstützt. Der Lehrer wird dabei zum Lernbegleiter, d. h. seine traditionelle Rolle als Wissensvermittler ändert sich zu der des Lernmoderators: Er regt Lernprozesse an, fördert und flankiert sie und bietet den Schülern vielfältige Erfahrungsmöglichkeiten, die ihre individuelle Lernentwicklung voranbringen.

Die ausgewählten Methoden ermöglichen den Erwerb der im Krankenpflegegesetz geforderten Kompetenzen, d. h. Kompetenzen, die die Schüler befähigen, Handlungsanforderungen der Pflegepraxis aktiv zu gestalten und zu bewältigen.

Zur schnelleren Orientierung sind die Methoden alphabetisch geordnet, so dass das Buch wie ein Nachschlagewerk benutzt werden kann. Während einige Methoden sich ausschließlich für den Einstieg, die Durchführung oder die Beendigung von Unterrichtssituationen eignen, sind viele in allen Unterrichtsphasen einsetzbar. Um Ihnen, als Lesern, die Planung zu erleichtern, wird auch der Vorbereitungsaufwand beschrieben, der in der Regel vor allem beim ersten Mal anfällt. Durch Routine und häufigeres Verwenden einer Methode kann später Zeit eingespart werden. Im Rahmen von Unterrichtsbeispielen wird exemplarisch die Anwendung der einzelnen Methoden verdeutlicht. Dies geschieht jedoch nur in Ansätzen, da die konkreten Bedingungen der einzelnen Unterrichtsstunde und -reihe sowie der Schülergruppe, der Schule und des Lehrplans die Ausgestaltung wesentlich mitbestimmen.

Die Methoden werden anhand der folgenden Struktur vorgestellt:

• Titel
• Beschreibung
• Ziele
• Voraussetzungen
• Durchführungsschritte
• Einsatzmöglichkeiten
• Vorteile
• Nachteile
• Tipps, Tricks und Fallen
• Exemplarische Anwendung.

Grafiken und Zeichnungen unterstützen die Texte, Literaturhinweise auf weiterführende Quellen sind am Ende jeder Methode zu finden und am Ende des Buches tabellarisch zusammengestellt.

Ein didaktisches Einführungskapitel zeigt den Zusammenhang von der Notwendigkeit einer Methodenvielfalt und dem Erwerb beruflicher Handlungskompetenz unter Nutzung des Lernfeldkonzepts auf.

Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern viel Vergnügen beim Einsatz der Methoden!

Carsten Drude, Andrea Zielke-Nadkarni, Münster, im Februar 2008

Herausgeber

Carsten Drude

Krankenpfleger; Berufstätigkeit in verschiedenen Pflegebereichen, schwerpunktmäßig Anästhesie-/ Intensivpflege. Pflegerische Berufstätigkeit in der Schweiz (Akutpsychiatrie).

Studium der Pflegepädagogik an der FH Münster; Abschluss: Dipl.-Pflegewissenschaftler; Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes; Dozententätigkeit an verschiedenen Bildungseinrichtungen und Krankenpflegeschulen im Gesundheitswesen.

Mehrjährige Tätigkeit als Schulungsmitarbeiter bei der Firma easySoft (Software für Bildungseinrichtungen im Gesundheitswesen).

Seit 2005 Gesamtschulleiter der Katholischen Schule für Gesundheits- und Pflegeberufe Dortmund gGmbH (Bildungseinrichtung für Aus-, Fort- und Weiterbildung im Gesundheitswesen).

Seit 2003 Lehrbeauftragter der Fachhochschule Münster; Fachbereich Pflege & Gesundheit (EDV & Schulorganisation).

Autor der 2. und 3. Auflage des ”Arbeitsbuches zu Pflege heute“ (Elsevier); Autor und Herausgeber von ”Pflegeunterricht konkret“ (Elsevier, 2005); Autor, Herausgeber und Softwarekonzeption von ”Klausur Pro“ (Software zur Prüfungsfragenerstellung und -verwaltung, Elsevier, 2007).

Andrea Zielke-Nadkarni

Krankenschwester; Lehrerin für Pflegeberufe und Entbindungspflege; Gymnasiallehrerin.

Tätigkeit als Lektorin für Lehr- und Lernmittel im Pflegebereich beim Verlag BVS/RECOM, Baunatal.

Lehrerfahrungen im Hochschulbereich: University of Bristol, Großbritannien sowie an verschiedenen deutschen Hochschulen.

Seit 1998 Professur an der Fachhochschule Münster, Fachbereich Pflege und Gesundheit, Lehrgebiete: Pflegewissenschaft, Pflegepädagogik.

Forschungsschwerpunkte: Pflege ethnischer Minoritäten, Pflege sozial benachteiligter gesellschaftlicher Gruppen, Frauengesundheitsforschung.

Autorin und Herausgeberin verschiedener Lehrbücher im pflegepädagogischen und pflegewissenschaftlichen Bereich.

Autoren

Andrea Belling

Krankenschwester, anschließende berufliche Tätigkeit in der neurochirurgischen Intensivpflege. Studium der Pflegepädagogik an der Fachhochschule Münster, Abschluss: Diplom Pflegewissenschaftlerin (FH). Seit 2001 Qualitätsmanagementbeauftragte am niedersächsischen Landeskrankenhaus Osnabrück, Regionales Zentrum für psychische Gesundheit. Zahlreiche Veröffentlichungen pflegepädagogischer Literatur: u. a. „Pflegeunterricht konkret“ (Elsevier), Unterricht Pflege (Prodos Verlag).

Methoden: 6-3-5-Methode, Bilanzierungsabfrage/Erwartungshorizont, Blitzlicht, Collagearbeit, Einpunktabfrage, Fish-Bowl, Großer Preis, Gruppenpuzzle, Kartenabfrage und Clustern, Kopfkino, Kugellager, Mehrpunktabfrage, Mind-Map, Open space, Reflexionsrunde nach TZI, Sprechmühle, Stimmungsparameter, Strukturlegeplan, Vernissage.

Petra Luyven

Krankenschwester, anschließende berufliche Tätigkeit im internistischen Bereich (Akutkrankenhaus). Derzeit Studium an der Fachhochschule Münster im Studiengang Berufliche Bildung für Berufskollegs im Bereich Gesundheit und Pflege, nebenberufliche Tätigkeit als Krankenschwester im Bereich Kardiologie.

Methoden: ABC-Methode, Abschiedsgeologie, Bildkartei, Das Hemd des Kapitäns, Na, wie war's?, Schatzkiste, Telegramm, Überkreuzassoziation.

Marion Pape

Studium der Kommunikations- und Politikwissenschaften, zzt. im Bachelor-Studiengang Berufliche Bildung an der Fachhochschule Münster. Tätigkeit tätig als freie Autorin und Journalistin, Mitbegründerin und Leiterin des Projekts „Matora Beseffer“ (Geschenk-Schule) in Ramallah, verschiedene Veröffentlichungen mit den Schwerpunktthemen Nahostpolitik, Völkerrecht und Judaistik.

Methoden: Blindenführung, Diskussion, Diskussionsregeln, Exkursion, Expertenbefragung, Impulsreferat, Klagemauer, Partnerinterview, Podiumsdiskussion, Pro/Contra Diskussion, Provokation, Thematische Landkarte, Transparenz schaffen, Vertrag mit mir selbst, Zukunftswerkstatt.

Patricia Roes

Studium der Chemie und Biologie, 2002–2005 Fachausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. Derzeit Studium zur berufsbezogenen Bildungsarbeit am Fachbereich Pflege und Gesundheit an der Fachhochschule Münster.

Methoden: Brainstorming, Forumtheater, Grabbelsack, Ideenkarussell, Jetzt-Später-Matrix, Partnerarbeit/Gruppenarbeit, Standbild bauen, Unser Weg, Verdopplung, Vier-Ecken-Gespräch, Wetterspiel.

Martina Welk

Krankenschwester, Lehrerin für Biologie und Sport Sekundarstufen I/II (10-jährige Berufserfahrung, davon 2 Jahre in Ungarn), zzt. im Bachelor-Studiengang Berufliche Bildung an der Fachhochschule Münster; parallel dazu berufstätig als Lehrerin für Gesundheitswissenschaft am Berufskolleg ESPA Münster. Mit-Initiatorin des Comenius-Projekts in Ungarn. Veröffentlichungen: Materialheft „Neurophysiologie“ für den DAF–Unterricht im Auftrag des Goethe-Instituts.

Methoden: Aufgabenzirkel, Bainwalking, Denkhüte, Ein Glas Tee, Entscheidungskreis, Eulen der Weisheit, Evaluationszielscheibe, Fallarbeit, Kaffeehaus, Kofferpacken, Kreisbrief, Leittext-Methode, Phantasiereise, Planerwerkstatt, Planungszirkel, Reizwortassoziationen, Stolpersteine, Streitgespräch/Stummes Schreibgespräch, Triade.

BENUTZERHINWEISE

image Im Literaturverzeichnis im Anhang fi nden Sie unter der entsprechenden Nummer weiterführende Literatur zu jeweiligen Unterrichtsmethode.

image Auf oder fi nden Sie mit Ihrer individuellen PIN-Nummer kostenlose downloads als Kopiervorlagen

Table of Contents

KAPITEL 1 Methodenvielfalt als Grundlage einer handlungsorientierten Pflegeausbildung

Andrea Zielke-Nadkarni

Der Begriff „Methode“ stammt aus dem Griechischen („méthodos“) und bedeutet „Weg, Untersuchung, Darstellungsweise“ (, 87). Insbesondere die Metapher des Weges ist für unsere Zwecke hilfreich, umschließt sie doch auch Vorstellungen von Umwegen und Irrwegen, die, wenngleich zeitaufwändig, so doch wichtig für selbst gesteuerte Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern sind.

Methoden sind somit Werkzeuge, die es Lernenden ermöglichen, eigenen sowie vorgegebenen Wegen des Wissens- und Erfahrungserwerbs zu folgen und auf diese Weise berufliche Handlungskompetenz zu erwerben. Die Idee der Entwicklung und Förderung von Handlungskompetenzen geht auf Heinrich und seine „Pädagogische Anthropologie“ zurück (, 34). Sie wurde zum Konzept der beruflichen Handlungskompetenz weiterentwickelt, welche primär aus vier Teilkompetenzen besteht, die nachstehend beschrieben werden:

Personalkompetenz (…) ist die persönlichkeitsbezogene Disposition, die auf ein Selbstkonzept zielt, zu dessen Entfaltung Selbstlernen und Metakognition gehören. Basis für das Selbstkonzept sind zum Beispiel Werthaltungen, Selbstbild und Handlungsmotive (, 35).
Methodenkompetenz beinhaltet, dass der Mensch „instrumentell selbstorganisiert handelt“ und so Aufgaben und Probleme durch Antizipation (also gedankliche Vorwegbetrachtung) einer Lösung zuführen kann (, 157).
Sozialkompetenz bezieht sich auf die Fähigkeit eines Menschen „sich mit anderen kreativ auseinander- und zusammenzusetzen, sich gruppen- und beziehungsorientiert zu verhalten, um neue Pläne und Ziele zu verwirklichen“ (, 157).
Fachkompetenz ist die Fähigkeit eines Menschen „geistig selbstorganisiert zu handeln, d.h. mit fachlichen Kenntnissen und fachlichen Fertigkeiten kreative Probleme zu lösen, das Wissen sinnorientiert einzuordnen und zu bewerten“ (, 157).

Die mit der beruflichen Handlungskompetenz verbundenen umfangreichen Fähigkeiten und Fertigkeiten sind Ausgangspunkt des Lernfeldkonzepts. Seit Einführung des neuen KrPflG (Juli 2003) und der entsprechenden KrPflAPrV (10.11.2003) ist die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege im Hinblick auf eine berufliche Handlungsorientierung daher mithilfe des Lernfeldkonzepts stark verändert worden: Die bisherige Fächerorientierung der Pflegeausbildung wurde, zumindest im theoretischen Bereich, durch einen integrativen Ansatz ersetzt. Die Anzahl der Theoriestunden wurde auf 2100 erhöht. Die ambulante Pflege wurde, gemäß dem Grundsatz „ambulant vor stationär“, stärker gewichtet. Die bislang getrennten Ausbildungsgänge „Krankenpflege“ und Kinderkrankenpflege“ wurden zu einer in Teilen gemeinsamen Ausbildung zusammengeführt.

Das Gesetz (KrPflG, §3) fordert neben fachlichen Kenntnissen die Vermittlung personaler, sozialer und methodischer Kompetenzen sowie die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Planung, Organisation, Durchführung, Evaluation und Dokumentation der Pflege in Kooperation mit anderen Berufsgruppen des Gesundheitswesens.

Ausgehend von den demografisch begründeten veränderten Anforderungen an die Pflege der Zukunft, richtet sich der Blick in der Pflegeausbildung erweiternd auf die Unterstützung, Begleitung, Förderung und Beratung von Patienten. Die damit verbundene Abkehr von einer vorwiegend somatisch geprägten Pflegeperspektive rückt das Individuum und sein soziales Umfeld in den Vordergrund. Dabei müssen sich professionell Pflegende der Tatsache stellen, dass wir in einem gesellschaftlichen Umfeld leben, das durch kulturelle Vielfalt, Wertepluralität und Wertewandel sowie unterschiedlichste soziale Lebensformen charakterisiert ist. ()

„Die Orientierung an der Klientin oder den Klienten hinsichtlich vermuteter Bedürfnisse, Ängste und Gefühle betrachtet dabei die berufliche Handlung aus der Lebenswelt der Betroffenen. Sie ist ein wichtiger zu problematisierender Aspekt im Unterricht. Die Frage nach dem Handlungswissen, welches aus der Pflegewissenschaft oder anderen Bezugswissenschaften hergeleitet wird, lenkt den Blick auf die Fachlichkeit und die Fächerintegration. Die Fokussierung der Erwartungen, Wünsche und Befürchtungen der Lernenden hilft bei der Bestimmung dessen, was sie zur Bewältigung der konkreten Handlungssituation benötigen. Die Betrachtung der komplexen beruflichen Handlung im Hinblick darauf, wie sie sich zukünftig entwickeln wird, ist von besonderer Bedeutung für die didaktische Gestaltung des Unterrichts, aber auch für den zeitlichen Umfang und die Tiefe, mit der an dieser Lernsituation gearbeitet wird.“ (, 43)

Zugleich werden Krankheit und Gesundheit zunehmend als Prozesse aufgefasst, die sich aus der Sozialisation ergeben und vom individuellen Erfahrungswissen geprägt sind. Aus dem Verständnis der Bedeutung lebensgeschichtlicher und aktueller Erfahrungen werden dann die Besonderheiten des persönlichen Krankheitsbewältigungsprozesses für die Pflegepraxis nachvollziehbar. Mit dieser Betrachtung geht insbesondere die Forderung nach einer Stärkung der Personal- und Sozialkompetenz der Auszubildenden einher, denen die Aufgabe zukommt, die Ressourcen, die Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Patienten zu fördern, ohne sie zu überfordern, und zugleich die Pflegequalität zu sichern.

Solch komplexe Ansprüche bedürfen variabler Lernwege, die dem hochgesteckten Qualifikationsziel gerecht werden. Der traditionelle Frontalunterricht reicht hier nicht mehr aus.

Im Rahmen des Lernfeldkonzepts sind Lernsituationen also auf den Erwerb von Kompetenzen auszurichten, die der aktiven Gestaltung und Bewältigung von Handlungsanforderungen in der Pflegepraxis dienen. Dies bedeutet, dass im Vorfeld Fragen der Methodenwahl in die didaktisch-methodische Planung der einzelnen Unterrichtsstunde eingehen, die sich an den Handlungsstrukturen der Praxis orientieren. Solche Strukturen, wie z.B. der Pflegeprozess oder der Wahrnehmungszyklus (mit den Teilschritten „Wahrnehmen“, „Beobachten“, „Entscheiden“, Handeln“ und „Bewerten“; , 34), fordern zur Nutzung von Methoden im Unterricht mit vergleichbarer Komplexität heraus. Parallel zu den Praxissituationen von Pflege und weiteren gesundheitspflegerischen Berufen (z.B. Heilerziehungspflege), die über Sinneseindrücke zu Handlungsaufforderungen werden, sind Methoden gefragt, die ein Lernen mit allen Sinnen ermöglichen, Solidarität begünstigen, die Selbststeuerung von Lernprozessen fördern und der Multidimensionalität der Lebenswirklichkeit Rechnung tragen. Da pflegerisches Handeln immer innerhalb sozialer Strukturen stattfindet, gehören hierzu auch Aushandlungs-, Arbeits- und Problemlöseprozesse in (Klein-)Gruppen, in denen die unterschiedlichen Perspektiven, Vorerfahrungen und Wissensbestände der Schülerinnen und Schüler aufeinander treffen und Aufgaben einer gemeinsamen, demokratisch entwickelten, tragfähigen Lösung zugeführt werden müssen. Damit werden drei Dimensionen methodischen Handelns entfaltet: die Dimensionen der Beziehung, des strukturierten Handelns und der sprachlichen Vermittlung.

Hierauf zielen die Methoden dieses Buches ab, denn noch immer ist die Unterrichtswirklichkeit vor allem von Lehrervorträgen geprägt. Die Vielfalt der 73 Methoden entspricht der Vielfalt möglicher Lernwege, den verschiedenen Lerntypen der Schülerinnen und Schüler, unterschiedlichen Perspektiven auf Handlungssituationen, kurz: Sie dient einer Verlebendigung des Unterrichts, die sich an der Lebendigkeit der beruflichen Wirklichkeit orientiert.

LITERATUR

Adl-Amini, B.: Systematik der Unterrichtsmethode. In: Adl-Amini, B.; Schulze, T.; Terhart, E. (Hrsg.): Unterrichtsmethode in Theorie und Forschung. Bilanz und Perspektiven. Beltz, Weinheim Basel 1993, S. 82–110.

Erpenbeck, J.; Heyse, V.: Die Kompetenzbiographie. Strategien der Kompetenzentwicklung durch selbstorganisiertes Lernen und multimediale Kommunikation. Waxmann, Münster et al. 1999.

Roth, H.: Pädagogische Anthropologie I. Bildsamkeit und Bestimmung. Schroedel, Braunschweig, 2. durchges. u. ergänzte Aufl. 1968.

Schneider, K.: Das Lernfeldkonzept – zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Pflegemagazin, 4. Jg. 2003, S. 32–43.

Schneider, K.: Der Lernfeldansatz und seine Teilkonzepte. In: Schneider, K.; Hergesell, S.; Drude, C.: Pflegeunterricht konkret. Grundlagen – Methoden – Tipps. Urban & Fischer, München Jena 2005, S. 34–43.

Zielke-Nadkarni, A.: Pflegehandeln personenbezogen ausrichten. Themenbereich 5: Analyse und Vorschläge für den Unterricht. Reihe: Werkstattbücher zu Pflege heute. Hrsg. v. Angelika Warmbrunn. Elsevier, München 2006.

KAPITEL 2 Zuordnung der Methoden zu Unterrichtsphasen und Teilkompetenzen

Carsten Drude

beinhaltet eine Übersicht über alle im Buch beschriebenen Methoden mit den Schwerpunktzuordnungen zu einem möglichen Einsatz in der jeweiligen Unterrichtsphase. Darüber hinaus wird in der Tabelle die Zuordnung der Methode zu den jeweiligen Teilkompetenzen dargestellt. Es versteht sich jedoch von selbst, dass diese Matrix nur eine mögliche Zuordnung vornehmen kann. Häufig sind einzelne Methoden sowohl zu Beginn (Einstieg) als auch in der Erarbeitungs- oder Sicherungsphase einsetzbar. Ebenso kann niemals ein einzelner Teilkompetenzbereich allein gefördert werden, da sich stets Überschneidungen zu affinen Teilkompetenzen ergeben. Diese Übersicht soll daher in erster Linie als Anregung und visualisierte Gesamtdarstellung dienen, um bestimmte Methoden schnell wiederzufinden.

Tab. 1 Zuordnung.

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6-3-5-Methode (Brainwriting)

Beschreibung

Mit der 6-3-5-Methode lassen sich in kürzester Zeit hunderte Ideen und Gedanken einer Gruppe sammeln. Durch einen schriftlichen Gedankenaustausch auf dem Papier entwickelt sich zwischen den Lernenden ein assoziatives Brainstorming.

Der Name der Methode ist Programm: Es werden in Gruppen mit 6 Personen pro Person und Durchgang 3 Ideen, in einem Zeitraum von 5 Minuten gesammelt. Das ergibt bei einer Gruppengröße von 24 Personen 432 Lösungsansätze!

Ziele

Lernende erhalten einen Einblick in die Gedanken der Anderen und können diese somit als „Starthilfe“ für weitere eigene Assoziationen nutzen. Gedanken oder Lösungsansätze werden zu einem vorgegebenen Thema in kurzer und prägnanter Form schriftlich festgehalten.

Voraussetzungen

Material: Rastervorlage auf DIN A4 (3 × 6 Kästchen) zum Eintragen der Ideen und Gedanken.

Räumlichkeit: Die Kleingruppen müssen sich jeweils um einen ausreichend großen Tisch gruppieren können.

Zeitbedarf: 30–40 Minuten für das schriftliche Brainstorming, hinzukommen 30 Minuten zur Auswertung und Besprechung der Ergebnisse.

Durchführungsschritte

Es werden Kleingruppen mit jeweils 6 Personen gebildet, die sich um einen Tisch gruppieren. Jeder Lernende erhält eine Rastervorlage (), auf die der Lehrende zuvor die Frage- oder Problemstellung notiert hat.

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Abb. 1 Rastervorlage 6-3-5-Methode. image

Nun erhält jeder Lernende 5 Minuten Zeit, um in die drei obersten freien Kästen seine Lösungen/Ideen einzutragen. Ist die Zeit verstrichen, werden die Seiten im Uhrzeigersinn an die nächste Person der Gruppe weitergegeben. Diese darf nun die Möglichkeit nutzen, die Ideen ihres Vorgängers zu lesen, um anschließend weitere Gedanken und Lösungen in der nächsten Zeile hinzuzufügen. Dieses Vorgehen wird 6-mal wiederholt, bis schließlich jeder Lernende wieder „seine“ Ausgangsseite vor sich liegen hat. Häufig ist es nötig, den Zeitraum zum Ausfüllen der Zeilen variabel zu gestalten. Zu Beginn „sprudeln“ die Ideen oftmals, sodass die Gruppenmitglieder schon vor Ablauf der 5 Minuten fertig sind, auf der Zielgeraden brauchen sie schließlich ein wenig mehr Zeit pro Durchlauf.

Zur Auswertung der 6-3-5-Methode bieten sich mehrere Möglichkeiten an. Die erste besteht darin, dass jeder Lernende für sich den besten Lösungsansatz, der sich auf seiner Seite befindet, auf einer Moderationskarte notiert. Alle auf diese Weise ausgewählten Ergebnisse werden an eine Pinnwand geheftet und das Plenum erhält somit einen Einblick in das Gesamtergebnis. Mithilfe einer Ein- oder Mehrpunktabfrage kann nun ein Endergebnis herbeigeführt werden. Zu bedenken ist, dass bei einer Gruppengröße von 24 Personen mit dieser Auswertungsmethode auch 24 Ergebnisse zur Auswahl stehen.

Die zweite Auswertungsmöglichkeit bietet bei gleicher Gruppengröße eine kleinere Fülle an Einzelergebnissen, weil die Kleingruppen vorab gemeinsam die Favoriten bestimmen. Hierbei kennzeichnet zunächst jedes Gruppenmitglied auf seiner Seite die besten drei Ideen mit einem Sternchen. Nun wird die Seite im Uhrzeigersinn an die nächste Person weitergegeben. Diese bewertet nun die ihrer Meinung nach besten drei Ideen dieser Seite und gibt sie dann weiter. Folglich erhält jede Person der Kleingruppe noch einmal alle Seiten zur Bewertung. Die Gruppe zählt nach dem letzten Durchgang, welche Ideen die meisten Sternchen erhalten haben. Pro Gruppe werden die Favoriten auf Moderationskarten geschrieben und an eine Pinnwand geheftet. Beschränkt man die Kartenanzahl für die Ergebnisse auf 3 pro Gruppe, werden maximal 12 Ideen zur abschließenden Diskussion bzw. Einpunkt- oder Mehrpunktabfrage im Plenum zur Auswahl stehen.

Einsatzmöglichkeiten

Diese Methode eignet sich, um individuelle Ideen/Gedanken/Lösungsansätze mit einem geringen Zeitaufwand zu sammeln. Auch in neuen oder nur kurzfristig zusammengesetzten Gruppen kann diese Methode erfolgreich angewendet werden.

Vorteile

Kreativität und Assoziationsfähigkeit sind bei dieser Methode gefordert. Jeder kommt schriftlich zu Wort, jede Idee hat ihre Berechtigung. Es entsteht in Bezug auf die gesammelten Aussagen ein Gleichgewicht in der Gruppe. „Meinungsmacher“ oder sehr dominante Gruppenmitglieder treten hierbei nicht in den Vordergrund.

Nachteile

Das Thema bzw. die Ausgangsfrage muss so konkret gestellt sein, dass eine kurze präzise Antwort möglich ist. Die Einsatzmöglichkeit der Methode ist also beschränkt.

Tipps, Tricks und Fallen

Die Gruppengröße spielt zur Ideensammlung keine Rolle, je größer die Gesamtgruppe ist, desto besser muss die Auswertungsphase geplant werden. Großgruppen sollten in der 6er Kleingruppe eine Vorauswahl der Favoriten treffen und dann per Punktabfrage im Plenum ein Ergebnis erzielen.

Exemplarische Anwendung

Die Lernenden haben in Zusammenarbeit mit ihrem Lehrenden als Abschluss der Unterrichtseinheit „Professionalisierung in der Gesundheits- und Krankenpflege“ einen Artikel für eine Fachzeitschrift geschrieben. Sie suchen nun nach einem passenden Titel für ihr gemeinsames Werk und nutzen hierzu die 6-3-5-Methode.

Der Lehrende bereitet die Rastervorlage mit der Frage: „Wie soll der Titel für unseren Artikel lauten?“ vor. Die Lernenden bilden 6er Gruppen und die Methode wird wie oben beschrieben durchgeführt. Sind alle Ideen gesammelt, sucht jeder Lernende den für ihn stimmigsten Titel von „seinem“ Blatt aus. Alle ausgewählten Titel werden untereinander auf ein Flipchart Papier notiert. Per Mehrpunktabfrage kann nun ein Favorit gewählt werden. Kompromisse sind natürlich auch möglich, so können sich ein Haupt- und ein Untertitel ergeben, oder die beiden besten Titel ergeben in Kombination einen noch besseren. Dies kann in der Gruppe diskutiert und entschieden werden.

image Literatur Nr. 33