Präklinisches Traumamanagement
Prehospital Trauma Life Support (PHTLS)
2., aktualisierte und überarbeitete Auflage
Urban & Fischer
Dedicaton
„The fate of the wounded rests in the hands of the one who applies the first dressing.“
„Derjenige, der dem Verwundeten den ersten Verband anlegt, hält sein Schicksal in den Händen.“
Dr. med. Nicholas Senn (1844–1908)
Amerikanischer Chirurg (Chicago, Illinois)
Gründer der Gesellschaft der Militärärzte der Vereinigten Staaten
Front Matter
NAEMT (Hrsg.)
Prehospital Trauma Life Support (PHTLS)
2., aktualisierte und überarbeitete Auflage
auf Grundlage der 7. englischen Auflage
Deutsche Bearbeitung und fachliche Begutachtung:
Michael Bernhardt (, , ), Dr. med. Jörg Christian Brokmann (), Stephan Dönitz (Titelei, Einleitung, , , , , , ), John Bastian Etti (, , ), Nicola Constanze Etti (, ), Knut Gerken (, ), Bernhard Gliwitzky (), Sarah Goller (), Berthold Groß (, ), David Häske, MSc (, , ), Dr. med. Thorsten Hauer (, , , , ), Johannes Horter (, , , ), Matthias Klausmeier (), Dr. med. Kathrin König (, ), Dr. med. Carsten Kopschina (), Sascha Küpper (, ), Karsten Ladehof (, , ), Torsten Oeverdieck (), Thomas Semmel (, , )
Leitung und Koordination:
Stephan Dönitz
Basierend auf Kursmanuskript PHTLS Schweiz (auße –, Übersetzer:
Dr. med. Pascal Hänzi
Dr. med. Micha Dambach
(Swiss German Regional Faculty)
Copyright
Zuschriften an
Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Hackerbrücke 6, 80335 München
Titel der Originalausgabe
PHTLS Prehospital Trauma Life Support, 7th edition, © 2011 by Mosby Inc., an affiliate of Elsevier Inc. All rights reserved.
ISBN 978-3-437-06502-3 (und 978-3-437-06503-0, militärische Ausgabe)
Wichtiger Hinweis für den Benutzer
Die Erkenntnisse in der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. Herausgeber, Autoren und Übersetzer dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung und unerwünschter Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung, anhand weiterer schriftlicher Informationsquellen zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Werk abweichen und seine Entscheidungen in eigener Verantwortung zu treffen.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besonders kenntlich gemacht (®). Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
2. Auflage 2012
1. Auflage 2009
© Elsevier GmbH, München
Der Urban & Fischer Verlag ist ein Imprint der Elsevier GmbH.
12 13 14 15 16 5 4 3 2 1
Für Copyright in Bezug auf das verwendete Bildmaterial siehe die Angaben in Klammern in den Abbildungslegenden. Alle nicht gesondert ausgewiesenen Abbildungen: © Mosby, Inc., an affiliate of Elsevier Inc.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline Form gewählt. Selbstverständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.
Planung: Heiko Krabbe
Lektorat: Petra Eichholz, Bettina Lunk
Redaktion: Dr. Antje Kronenberg, Gronau/Westf.
Herstellung: Kerstin Wilk, Leipzig; Ulrike Schmidt, München
Satz: abavo GmbH, Buchloe/Deutschland; TnQ, Chennai/Indien
Druck und Bindung: Printer Trento S.r.l., Trento/Italien
Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm
Titelgrafik: Mosby/Elsevier
ISBN 978-3-437-48621-0
Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter und
Verzeichnis der Mitarbeiter der Original-Ausgabe
Herausgeber
Chefredakteur
Stellvertretende Herausgeber
Herausgeber der militärischen Ausgabe
Mitarbeiter
Internationale Mitarbeiter
Dr. Alberto Adduci, Italien
Shaikha M. Al-Alawi, Oman
Dhary Al Rasheed, Saudi-Arabien
Dr. Saud Al Turki, Saudi-Arabien
Stuart Alves, Großbritannien
Dr. Paul Barbevil, Uruguay
Dr. Jaime A. Cortés-Ojeda, Costa Rica
Kenneth D‘Alessandro, Saudi-Arabien
Jan Filippo, Niederlande
Dr. Subash Gautam, Vereinigte Arabische Emirate
Bernhard Gliwitzky, Deutschland
Steve Greisch, Luxemburg
Dr. Thorsten Hauer, Deutschland
Konstantin Karavasilis, Georgien
Fabrice Lamarche, Belgien
Dr. Salvijus Milasius, Litauen
Dr. Ana Maria Montanez, Peru
Philip Nel, Südafrika
Dr. Fernando Novo, Brasilien
Dr. Gonzalo Ostria, Bolivien
Christoph Redelsteiner, Österreich
John Richardsen, Norwegen
Dr. Oswaldo Rois, Argentinien
Michael Soczynski, Polen
Dr. Javier Gonzales Uriarte, Spanien
Lisbeth Wick, Frankreich
Patrick Wick, Frankreich
Danksagung der Herausgeber
Die Herausgeber möchten den folgenden Stellen danken, die uns mit Fotos und Videos bei diesem Buch unterstützt haben:
Dixie Blatt und Mitarbeiter, St. John‘s Mercy Medical Center
Creve Coeur Fire Protection District
Cabin John Park Volunteer Fire Department
Montgomery County Fire Rescue Service
Montgomery County Volunteer Fire Rescue Association
Annapolis Fire Department
Prince Georges County Fire Department
Gutachter
Vorstand der National Association of EMTs (NAEMT)
Direktoren
PHTLS-Exekutivrat
PHTLS-Ehrentafel
PHTLS setzt seinen Weg erfolgreich fort und fördert weltweit einen hohen Standard in der Versorgung von Traumapatienten. Dies wäre ohne den Einsatz und die Hingabe vieler engagierter Leute in den letzten drei Jahrzehnten nicht möglich gewesen. Einige von den unten aufgeführten Personen waren bei der Entwicklung der ersten Ausgabe des Anwenderhandbuchs behilflich. Andere waren bei der Verbreitung von PHTLS ununterbrochen „am Ball“. Wieder andere „löschten Brände“ oder lösten in anderer Hinsicht Probleme, damit sich das System weiterentwickeln konnte. Der PHTLS-Exekutivrat, die Herausgeber und die Mitarbeiter dieser – unserer siebten – Ausgabe möchten ihren Dank all denen aussprechen, die unten aufgelistet sind. PHTLS lebt, es atmet, und es wächst weiter – und dies funktioniert nur aufgrund der Bemühungen all derer, die ihre Zeit für das opfern, woran sie glauben.
Nochmals Danke an Sie alle und Danke an jeden, der – wo auch immer auf der Welt – zum Gelingen von PHTLS beigetragen hat.
Der Exekutivrat von PHTLS
Die Herausgeber und Autoren von PHTLS
Danksagung
Im Jahre 1624 schrieb der englische Dichter und Geistliche John Donne„No man is an island, entire of itself“ (Niemand ist eine Insel, ganz für sich). Dies beschreibt in mehrfacher Hinsicht den Prozess der Veröffentlichung eines Buches. Natürlich ist kein Herausgeber eine Insel. Fachbücher wie das PHTLS-Buch und insbesondere Kurssysteme, die audiovisuelles Material und ein Instruktorenhandbuch beinhalten, können nicht in Isolation herausgegeben werden. Es ist eine Tatsache, dass die meiste, wenn nicht sogar die komplette Arbeit bei der Veröffentlichung eines Fachbuches von der Redaktion geleistet wird und nicht von den Herausgebern oder den Autoren, deren Namen auf dem Umschlag oder im Inneren des Buches erscheinen. Die siebte Ausgabe des PHTLS-Buchs ist sicherlich keine Ausnahme.
Vom American College of Surgeons Committee on Trauma haben folgende Personen eine herausragende Unterstützung für diese Ausgabe und allgemein für PHTLS geleistet: Carol Williams, Geschäftsführerin des Committee on Trauma, Dr. med. John Fildes, der derzeitige Vorsitzende des Committee on Trauma, und Dr. med. Wayne Meredith, dem Director of Trauma beim ACS.
Bei Mosby hat Linda Honeycutt dafür gesorgt, dass diese Ausgabe pünktlich erschien, Laura Bayless war eine grandiose Herausgeberin und Megan Greiner von Graphic World Inc. hat zur Erfüllung des Projekts maßgeblich beigetragen. Joey Knobbe hat sehr viel gute Werbung für das Buch gemacht.
Die Frauen, Kinder und Freunde der Herausgeber und Autoren, die es tolerierten, dass die Vorbereitung des Materials sehr viel Zeit beanspruchte, sind offensichtlich das Rückgrat einer jeden Veröffentlichung.
Geleitwort zur englischen Ausgabe
In Argentinien, in Lateinamerika und in der ganzen Welt stellen Verletzungen eine der Hauptursachen für Behinderungen dar, hervorgerufen durch Verkehrsunfälle, Gewalt, Arbeitsunfälle und andere Ursachen.
Eine Reaktion darauf entstand im Jahr 1954 durch einen Ableger des American College of Surgeons (ACS). Allerdings sollte es noch über 35 Jahre dauern, bis im Jahr 1989 der erste ATLS-Kurs durchgeführt wurde.
Während der folgenden Jahre wurde das Thema Versorgung von Traumapatienten immer wichtiger, denn die Zahl der Opfer stieg stetig an und das Personal im Rettungsdienst war schlecht ausgebildet.
Tausende von Leuten starben in Argentinien oder erlitten bleibende Behinderungen. Sie zahlten einen hohen Preis und auch das Land spürte die sozialen und volkswirtschaftlichen Folgen. Im Jahr 1996 wurde PHTLS von der internationalen Fakultät, bestehend aus Norman McSwain, Will Chapleau und Greg Chapman, in Argentinien eingeführt. 70 Instruktoren wurden ausgebildet und Argentinien wurde in acht Regionen unterteilt, die wiederum 23 Provinzen enthielten. Seit der Einführung wurde PHTLS im gesamten Land verbreitet und zu einer Art goldenem Meilenstein bei der Reaktion von präklinischen und klinischen Systemen auf das Trauma, sowohl in der Öffentlichkeit als auch im privaten Umfeld.
Seit damals wurden Ärzte, Pflegepersonal, Feuerwehrleute, Rettungsdienste und Werksangehörige sowohl in Argentinien als auch in benachbarten lateinamerikanischen Ländern ausgebildet. Bis heute wurden durch das PHTLS-Programm internationale Konferenzen in unserem Land geleitet sowie Trauma Update Workshops für nachfolgende Ausgaben dieses Buchs durchgeführt.
All dies konnten wir durch vielfältige Unterstützung erreichen, etwa seitens des internationalen PHTLS-Büros, geleitet von Will Chapleau und Corine Curd, oder durch andere großzügige lateinamerikanische Koordinatoren aus Mexiko, Brasilien, Kolumbien und Bolivien und natürlich auch durch verschiedene Fakultäten aus den Vereinigten Staaten. Ferner konnte Argentinien durch Koordinierung der Einführung des PHTLS-Programms in Ländern wie Bolivien, Uruguay, Chile, Peru und nun auch Ecuador einen Beitrag leisten.
Ich persönlich, als Notfallmediziner mit mehr als 30 Jahren medizinischer und wissenschaftlicher Erfahrung in Fachgesellschaften, die sich mit kritisch Erkrankten auseinandersetzen, möchte ganz besonders die Weiterentwicklung des PHTLS-Programms hervorheben, welches auf der Grundlage wissenschaftlicher Beweise in über 40 Ländern weltweit Verbreitung gefunden hat, und zwar sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich.
Es ist inzwischen mehr als 15 Jahre her, dass der erste Kurs in unserem Land stattgefunden hat. Wir haben über 7.500 Teilnehmer ausgebildet. Weltweit wurden über eine halbe Million Menschen ausgebildet. All dies wäre ohne den tagtäglichen Einsatz von Leuten wie Norman McSwain, Will Chapleau, Jeff Salomone und anderen Größen wie Scott Mc Frame, der leider nicht mehr unter uns weilt, nicht möglich gewesen. Erwähnt werden müssen auch hunderte von Führungsleuten und Instruktoren in den anderen 50 Ländern, die Tag für Tag die Inhalte des Kursprogramms an Teilnehmer vermitteln bzw. ihren Patienten zukommen lassen.
Heute haben wir in Argentinien genau eine Herangehensweise an die Versorgung von Traumapatienten, nämlich die „PHTLS Art und Weise“. Es ist für uns alle, die „auf der Straße arbeiten“, eine Ehre, uns als Teil dieser Philosophie zu fühlen. Es macht stolz, wenn ein Feuerwehrmann, Arzt, Soldat oder Rettungsassistent sagt: „Ich bin PHTLSler“. Und wenn wir an einer Einsatzstelle die Unfallopfer versorgen, dann fühle ich, dass diese 15 Jahre Training Früchte getragen haben und dass sie „einen Unterschied ausmachen“.
Ich werde mich immer an einen Satz erinnern, den Norman McSwain in Argentinien sagte:
„Wenn einer von uns einmal einen Menschen retten kann, dann kann er die ganze Welt verändern.“
Und so ist PHTLS eine Brücke des Wissens über die ganze Welt, über alle geopolitischen Grenzen hinweg.
Vorwort zur englischen Ausgabe
Das Rettungsfachpersonal und Notärzte sollten sich der Verantwortung bewusst sein, die Versorgung der Patienten in so perfekter Weise zu gewährleisten wie nur irgend möglich. Dies kann mit unzureichenden Kenntnissen nicht erreicht werden. Wir sollten uns daran erinnern, dass der Patient es sich nicht ausgesucht hat, verletzt zu werden. Andererseits haben das Rettungsfachpersonal und Notärzte es sich ausgesucht, die Patienten versorgen zu wollen. Daher müssen die Rettungskräfte während ihrer Bemühungen um den Patienten stets 100 % geben. Der Patient hatte einen schlechten Tag – das können die Retter sich allerdings nicht erlauben. Im Kampf des Patienten gegen Tod oder Behinderung müssen Rettungsassistenten und Notärzte kompetent und scharfsinnig sein.
Der Patient ist die wichtigste Person an der Einsatzstelle. Wir haben keine Zeit, darüber nachzudenken, in welcher Reihenfolge die Untersuchungen durchgeführt werden oder welche Behandlungsmaßnahmen wichtiger sind als andere. Wir haben keine Zeit, eine Maßnahme noch zu üben, bevor sie an einem bestimmten Patienten angewendet wird. Und wir haben keine Zeit, darüber nachzudenken, wo sich unsere Ausrüstung und Verbrauchsmaterialien befinden. Wir haben keine Zeit, darüber nachzudenken, wohin wir den verletzten Patienten transportieren müssen. All diese und weitere Informationen müssen die Retter abgespeichert haben; die Ausrüstung und die Verbrauchsmaterialien müssen komplett sein, wenn die Einsatzkräfte den Einsatzort erreichen. Ohne gute Kenntnisse bzw. funktionierende Ausrüstung kann der Retter die Maßnahmen, welche die Chance auf eine Rettung des Patienten erhöhen, nicht adäquat ausführen. Die Verantwortung der Rettungskräfte ist zu groß, um derartige Fehler zu begehen.
Diejenigen, welche die Versorgung des Patienten an der Einsatzstelle durchführen, sind ein fester Bestandteil des „Trauma-Teams“, zu dem Ärzte und Pflegepersonal in den Notaufnahmen, das Operationsteam, die Intensivstation, die Krankenstation und die Rehabilitation gehören. Die Rettungskräfte müssen ihr Handwerk so beherrschen, dass sie den Patienten rasch und effizient aus der Umgebung der Einsatzstelle verbringen und den Patienten dann zügig in die nächste geeignete Klinik transportieren.
Prehospital Trauma Life Support (PHTLS) fokussiert auf Prinzipien, nicht auf Vorlieben. Durch die Fokussierung auf die Prinzipien einer guten Traumaversorgung fördert PHTLS kritisches Denken. Das PHTLS-Exekutivkomitee des Bereichs PHTLS der National Association of Emercengy Medical Technicians (NAEMT) glaubt, dass – basierend auf guten Kenntnissen – die Rettungskräfte imstande sind, hinsichtlich der Patientenversorgung durchdachte Entscheidungen zu treffen. Das stumpfe Auswendiglernen von Abläufen ist entmutigend. Außerdem gibt es nicht den „PHTLS-Weg“, wie eine bestimmte Maßnahme durchzuführen ist. Das Prinzip der Fertigkeit wird gelehrt und ein geeigneter Weg gezeigt, wie man die Fertigkeit unter Beachtung des Prinzips anwenden kann. Den Autoren ist klar, dass keine einzelne Methode die Unmenge an individuellen Situationen abdecken kann, die man im präklinischen Umfeld findet.
Die Entwicklung des PHTLS-Programms begann 1981 unmittelbar im Anschluss an die Gründung des Advanced-Trauma-Life-Support-Programms (ATLS) für Ärzte. So wie der ATLS-Kurs alle 4–5 Jahre überarbeitet wird, finden auch die entsprechenden Änderungen Einzug in die nächste Ausgabe von PHTLS. Diese siebente Ausgabe von PHTLS wurde auf Grundlage des ATLS-Kurses von 2008 und anhand der medizinischen Fachliteratur erheblich überarbeitet. PHTLS folgt zwar den Prinzipien des ATLS, ist aber auf die einmaligen Besonderheiten der Versorgung von Traumapatienten in der Präklinik zugeschnitten. Ein Kapitel ist neu hinzugekommen, während andere umfassend überarbeitet wurden. Das neue Kapitel ist Kapitel 3 „Prinzipien, Strategien und kritisches Denken“.
Die Autoren und Herausgeber haben eine Herangehensweise auf der Basis wissenschaftlicher Beweise („evidenzbasiert“) verwendet, welche die Quellenangaben der medizinischen Fachliteratur beinhaltet, welche die Schlüsselprinzipien stützt. Weiterhin wurden geeignete Positionspapiere der nationalen Organisationen zitiert. Viele Quellenangaben wurden neu aufgenommen, sodass besonders wissbegierige Leser in der Lage sind, die wissenschaftliche Literatur, die unsere Empfehlungen stützt, selbst zu lesen.
Die NAEMT bietet den administrativen Rahmen für das PHTLS-Programm. Die Erlöse des PHTLS-Programms (Lizenzgebühren dieses Buchs oder Erlöse aus sonstigen Lehrmaterialien) gehen weder an die Autoren bzw. Herausgeber dieses Buches noch an das American College of Surgeons Committee on Trauma oder irgendeine andere ärztliche Organisation. Alle Gewinne werden an die NAEMT zurückgeführt, um die Mittelbeschaffung für neue Ausgaben des Handbuchs sicherzustellen oder um Programme aufzulegen, die für das Rettungsfachpersonal von besonderer Wichtigkeit sind, wie etwa fachbezogene Konferenzen oder die Beeinflussung des Gesetzgebers.
Aufgrund des beispiellosen Erfolgs der vorherigen Ausgaben von PHTLS ist das Programm sprunghaft angestiegen. PHTLS-Kurse verbreiten sich nach wie vor über die gesamten Vereinigten Staaten. Das US-Militär hat das PHTLS-Programm eingeführt, wobei die Streitkräfte an über 100 Trainingsstätten weltweit ausgebildet werden. PHTLS wurde in über 50 Länder exportiert und weitere Länder äußern ihr Interesse, PHTLS bei sich im Rahmen der Bemühungen um ein höheres Niveau der Versorgung von Traumapatienten einzuführen. Die Rettungskräfte haben die Verantwortung dafür, dieses Wissen und diese Fertigkeiten aufzunehmen, um sie zum Nutzen der Patienten einzusetzen, für die sie verantwortlich sind. Die Autoren und Herausgeber dieses Lehrmaterials und das PHTLS-Exekutivkomitee des Bereichs PHTLS der National Association of Emercengy Medical Technicians (NAEMT) hoffen, dass Sie diese Informationen in Ihre tägliche Arbeit einbeziehen und sich selbst immer wieder zum Wohle derer hinterfragen, die nicht selbst für sich sorgen können – die Traumapatienten.
Vorwort zur 2. deutschen Auflage
Im Juli 2007 startete das Kursprogramm des Prehospital Trauma Life Support (PHTLS) in Deutschland. Nach vier erfolgreichen Jahren dürfen wir Ihnen nun die zweite deutschsprachige Auflage von „Präklinisches Traumamanagement – Prehospital Trauma Life Support (PHTLS)“ (basierend auf der 7. amerikanischen Edition) präsentieren. Binnen nur gut eines Jahres konnte die aktuelle Ausgabe aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht werden. Nötige Anpassungen an die Gegebenheiten der deutschsprachigen Länder wurden vorgenommen, ohne die PHTLS-Philosophie dabei zu verlassen. Neu in der deutschen Auflage ist das Online-Kapitel „Kap. E25 Lernzielübersicht PHTLS – die wichtigsten Lernaussagen zum Anwenderkurs“, in dem die wichtigsten Inhalte des Anwenderkurses zusammengefasst wurden. Dies alles war und ist erneut nur möglich, weil sich viele PHTLS-Instruktoren in ihrer Freizeit engagiert haben.
Der Erfolg des Kursformates und des PHTLS-Buches hat uns alle überrascht und macht uns auch ein bisschen stolz. Bereits die 1. Auflage war in Österreich, der Schweiz, in Luxemburg und in Deutschland ein großer Erfolg. Allein in Deutschland wurden seit Einführung des Programms in 103 Kursen ca. 2.300 Notärzte und Rettungsassistenten in PHTLS-Kursen fortgebildet. Das ist ein beachtlicher Erfolg, der so nicht zu erwarten war. Das große Ziel des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst (DBRD e. V.) und der Verantwortlichen bei PHTLS war und ist immer noch, das gesamte Rettungsteam – also sowohl das Rettungsdienstpersonal als auch die Notärzte – zu schulen. Und in der Tat setzen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kurse jeweils etwa zur Hälfte aus Rettungsassistenten und Notärzten zusammen.
Auch in Österreich ist das Programm 2008 erfolgreich gestartet. Die Kollegen aus der Schweiz haben uns bei der Einführung sehr unterstützt; alle deutschsprachigen Länder arbeiten Hand in Hand.
PHTLS ist also weltweit auf dem Vormarsch. Mittlerweile läuft das Programm in 54 Ländern und jedes Jahr kommen einige hinzu. Im Jahr 2009 wurde das erste PHTLS-Europameeting in Wien abgehalten. Im Rahmen der Vorstellung der 7. amerikanischen Edition im September 2010 in Dallas wurde das zweite europäische Meeting organisiert. PHTLS ist weltweit zu einer gemeinsamen Sprache in der Traumaversorgung geworden. Forschungsprojekte wurden initiiert und 2010 konnte anlässlich des zweiten Deutschen Interdisziplinären Notfallmedizin-Kongresses (DINK) in Wiesbaden der erste deutsche PHTLS-Forschungspreis verliehen werden.
In Deutschland bilden sich in zunehmendem Maße sogenannte Traumanetzwerke. Eine enge Verzahnung, die zwischen den Kliniken verschiedener Versorgungsstufen besteht, verbessert die Versorgung der Schwerverletzten. Die Schockraumversorgung erfolgt zunehmend nach dem ATLS-Standard. PHTLS und ATLS arbeiten Hand in Hand, um die Traumaversorgung weiter zu optimieren. Die großen Fachgesellschaften der Unfallchirurgie und der Anästhesiologie unterstützen das PHTLS-Kursformat. Im Frühjahr 2011 wurde eine enge Zusammenarbeit mit der Sanitätsakademie der Bundeswehr beschlossen. Seit 2011 werden daher auch die Rettungsassistenten und Ärzte der Bundeswehr in PHTLS-Kursen geschult. Für die Zukunft stehen viele weitere Projekte an. Eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene und Forschungsprojekte werden weiter vorangetrieben.
Wir wünschen der zweiten deutschen Auflage den gleichen Erfolg, der schon der ersten Auflage beschieden war.
Wir bedanken uns herzlich bei allen Autorinnen und Autoren sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verlages Elsevier für die angenehme und professionelle Zusammenarbeit.
August 2011
Vorwort zur 1. deutschen Auflage
„The fate of the wounded rests in the hands of the one who applies the first dressing.“ Mit diesem Satz hat der amerikanische Chirurg Nicolas Senn (1844–1908) bereits sehr früh deutlich gemacht, wie wichtig die Rolle der an der Erstversorgung verletzter Patienten beteiligten Personen ist.
Schwere Verletzungen sind auch in Deutschland in der Gruppe der unter 40-Jährigen die Todesursache Nr. 1. Dies hat massive sozioökonomische Auswirkungen.
Im Jahr 2006 starben in Deutschland 19.479 Menschen an einem Trauma. Ca. 50 % der tödlichen Wege- und Arbeitsunfälle entstehen durch Verkehrsunfälle. Jährlich erleiden hierbei über 30.000 Menschen eine schwere Mehrfachverletzung (Polytrauma). Einer der zentralen Morbiditätsfaktoren im Rahmen eines Unfalls ist die Zeitspanne bis zur operativen Stabilisierung der Patienten – also der Faktor Zeit!
Es ist wissenschaftlich belegt, dass insbesondere Patienten, die eine nicht beherrschbare Blutung erleiden, letztlich nur durch eine rasche operative Versorgung gerettet werden können. Aus dem Traumaregister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) wissen wir, dass die Zeit vom Trauma bis zur Aufnahme in den Schockraum durchschnittlich 72 Minuten beträgt. Trotz deutlicher Verbesserung der apparativen und personellen Ausstattung der präklinischen Notfallmedizin hat sich diese Zeit über die Jahre nicht wesentlich verändert und ist für den kritisch verletzten Traumapatienten inakzeptabel.
Geeignete Konzepte zur Verbesserung der Schockraumversorgung von Schwerverletzten existieren in Deutschland seit 2003. Zu diesem Zeitpunkt wurde das weltweit verbreitete Ausbildungskonzept Advanced Trauma Life Support = ATLS durch die Akademie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (AUC) eingeführt. Präklinische Konzepte zur Traumaversorgung waren bis dato noch nicht in Deutschland verbreitet. Im Sommer 2007 wurde nach langen Bemühungen das Präklinische Traumakonzept Pre-Hospital Trauma Life Support = PHTLS durch den Deutschen Berufsverband Rettungsdienst e. V. in Deutschland eingeführt. Unterstützt wurde der DBRD e. V. dabei durch die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI).
Gemeinsames Ziel ist es, ein weltweit etabliertes Ausbildungskonzept in Deutschland einzuführen. Dabei steht der Teamgedanke im Vordergrund. Die außerklinische Versorgung von Schwerstverletzten stellt an Rettungssanitäter, Rettungsassistenten und Notärzte höchste Anforderungen. Eine hohe Arbeitsbelastung innerhalb eines engen Zeitfensters sind die beiden maßgeblichen Faktoren. Umso wichtiger ist, dass alle an der Rettung beteiligten Berufsgruppen an einem Strang ziehen und vor allem die gleiche Sprache sprechen.
Dies ist unseres Erachtens durch das Ausbildungskonzept PHTLS und das dazugehörige Buch gewährleistet. Das Buch und der Kurs folgen einer klaren Philosophie: „Bringe den richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt in die richtige und benachrichtigte Klinik und füge ihm keinen weiteren Schaden zu!“
Es sollte von allen, die an der Rettung von Unfallverletzten beteiligt sind, akzeptiert werden, dass die präklinischen Maßnahmen beim schweren Trauma limitiert sind. Entscheidend ist es, den kritischen vom nicht kritischen Patienten zu unterscheiden, die Atemwege offen zu halten, für eine ausreichende Oxygenierung zu sorgen und Blutungen zu stoppen. Eine Verzögerung eines Transportes bei schwerstverletzten Patienten verringert die Überlebenschance.
Wir hoffen und wünschen uns, dass solche Verzögerungen durch PHTLS verhindert werden und eine zügige Versorgung der Patienten gewährleistet wird.
Im vorliegenden Buch werden alle relevanten Themen der Traumatologie ausführlich beschrieben. Alle Inhalte wurden in der 6. englischen Auflage, die die Grundlage dieser 1. deutschen Auflage ist, im Hinblick auf die Evidenz der empfohlenen Therapien überprüft und angepasst. Bei dieser deutschen Erstauflage handelt es sich um eine reine Übersetzung des amerikanischen Originals. Eine stärkere Anpassung einiger Themenbereiche – wie Einsatztaktik, MANV etc. – an hiesige Bedingungen sollte erfolgen, sobald in den nächsten Jahren Erfahrungen mit PHTLS in Europa gesammelt werden konnten. Sie können dann in zukünftige Editionen einfließen. PHTLS kann dadurch zu einem weltweiten Standard der Traumaversorgung werden.
Einige der militärspezifischen Kapitel aus der englischen Militärversion des Buches wurden in diese Übersetzung übernommen (zusammengefasst zu Kap. 23). Wir hoffen, damit auch den Bedürfnissen derjenigen gerecht zu werden, die im militärischen Kontext in der präklinischen Verwundeten-Versorgung tätig sind.
Wir freuen uns, dass noch nicht mal zwei Jahre nach Gründung von PHTLS Deutschland das weltweit verbreitete Lehrbuch zur präklinischen Traumaversorgung nun in deutscher Sprache verfügbar ist.
Wir möchten uns beim Verlag und bei den Übersetzern ganz herzlich für die Unterstützung bei der raschen Realisierung dieses wichtigen Buchprojektes bedanken.
Benutzerhinweis
Die hochgestellten Ziffern in den Kapiteln verweisen auf Literaturangaben. Sie finden das Literaturverzeichnis für alle Kapitel in Anhang II des Buches.
Sie erhalten darauf sowie auf die Kap. E24 Notfallmedizin in der Wildnis und Kap. E25 Lernzielübersicht PHTLS – die wichtigsten Lernaussagen zum Anwenderkurs online Zugriff mithilfe des Rubbel-Pins in der vorderen Buchdeckelinnenseite (Plus im Web ).
Table of Contents
Part A
Einfhrung