Wenn die Seele leidet
Handbuch der psychischen Erkrankungen
HINWEIS
EINLEITUNG
DIE ROTE COUCH
WAS HILFT WIRKLICH?
WIE ENTSTEHEN SEELISCHE KRANKHEITEN?
EINE SCHNELLANLEITUNG FÜR IHR GEHIRN
Ein Haufen Weißwürste
Animalische Triebe
Nervenarzt 2.0
DIE PSYCHISCHEN KRANKHEITEN
DEPRESSIONEN
Woran erkennt man eine Depression?
Woran erkennt man eine besonders schwere Depression?
Woran erkennt man sogenannte wahnhafte Depressionen?
Wie entsteht eine Depression?
Wenn das Leben keinen Sinn mehr macht
Wie kann eine Depression behandelt werden?
Ratschläge für Angehörige
Häufige Fragen zu Depressionen
MANIE
Woran erkennt man eine Manie?
Wie entsteht eine Manie?
Wie kann eine Manie behandelt werden?
Ratschläge für Angehörige
MANISCH-DEPRESSIVE ERKRANKUNG
Was ist eine manisch-depressive Erkrankung?
Wie entsteht eine manisch-depressive Erkrankung?
Wie kann eine manisch-depressive Erkrankung behandelt werden?
SCHIZOPHRENIE
Woran erkennt man eine Schizophrenie?
Wie entsteht eine Schizophrenie?
Wie kann eine Schizophrenie behandelt werden?
Ratschläge für Angehörige
Häufige Fragen zur Schizophrenie
ANGSTERKRANKUNGEN
Aus heiterem Himmel: Panikstörung und Agoraphobie
Sorgen über Sorgen: Generalisierte Angststörung
Leben im Schatten: Soziale Phobie
Pfui Spinne: Einfache Phobie
Wie häufig sind Angsterkrankungen?
Wie entstehen Angsterkrankungen?
Wie können Angststörungen behandelt werden?
Häufige Fragen zu Angststörungen
ZWANGSSTÖRUNG
Woran erkennt man eine Zwangsstörung?
Wie entsteht eine Zwangsstörung?
Wie kann eine Zwangsstörung behandelt werden?
POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG
Woran erkennt man eine posttraumatische Belastungsstörung?
Wie kann eine posttraumatische Belastungsstörung behandelt werden?
BORDERLINE-STÖRUNG
Woran erkennt man eine Borderline-Störung?
Wie entsteht eine Borderline-Störung?
Wie kann eine Borderline-Störung behandelt werden?
ALKOHOLABHÄNGIGKEIT
Woran erkennt man eine Alkoholabhängigkeit?
Wie entsteht eine Alkoholabhängigkeit?
Wie kann eine Alkoholabhängigkeit behandelt werden?
Ratschläge für Angehörige
ABHÄNGIGKEIT VON BERUHIGUNGSMITTELN
Wie kann eine Abhängigkeit von Beruhigungsmitteln behandelt werden?
ABHÄNGIGKEIT VON SCHMERZMITTELN
HARTE DROGEN
Heroinabhängigkeit
Kokainabhängigkeit
Wie entsteht eine Drogensucht?
Wie kann eine Drogensucht behandelt werden?
Ratschläge für Angehörige
HASCHISCH
Wie kann ein Cannabismissbrauch behandelt werden?
KLEPTOMANIE
Was ist eine Kleptomanie?
Wie entsteht eine Kleptomanie?
Wie kann eine Kleptomanie behandelt werden?
SPIELSUCHT
Wie entsteht eine Spielsucht?
Wie kann eine Spielsucht behandelt werden?
INTERNET- UND COMPUTERSUCHT
Wie entsteht eine Internet- und Computersucht?
Wie kann eine Internet- und Computersucht behandelt werden?
DEMENZ
Woran erkennt man eine Demenz?
Erscheinungsformen der Demenz
Wie entsteht eine Demenz?
Wie kann eine Demenz behandelt werden?
Praktische Tipps für Betroffene und Angehörige
MAGERSUCHT
Woran erkennt man eine Magersucht?
Wie entsteht eine Magersucht?
Wie kann eine Magersucht behandelt werden?
BULIMIE
Woran erkennt man eine Bulimie?
Wie entsteht eine Bulimie?
Wie kann eine Bulimie behandelt werden?
PSYCHISCH BEDINGTES ÜBERGEWICHT
Wie entsteht psychisch bedingtes Übergewicht?
Wie kann psychisch bedingtes Übergewicht behandelt werden?
SOMATOFORME STÖRUNGEN UND HYPOCHONDRIE
Woran erkennt man eine somatoforme Störung?
Wie entsteht eine somatoforme Störung?
Wie kann eine somatoforme Störung behandelt werden?
DISSOZIATIVE STÖRUNGEN
Woran erkennt man eine dissoziative Störung?
Wie entsteht eine dissoziative Störung?
Wie kann eine dissoziative Störung behandelt werden?
SCHLAFSTÖRUNGEN
Wie können Schlafstörungen behandelt werden?
GANZ NORMAL VERRÜCKT
ANHANG
WEGE DURCH DEN PSYCHO-DSCHUNGEL
PSYCHOTHERAPEUTISCHE METHODEN UND ENTSPANNUNGSVERFAHREN
BEURTEILUNG DER WIRKSAMKEIT VON THERAPIEN
NEBENWIRKUNGEN DER MEDIKAMENTE
WÖRTERBUCH DER SEELE
LITERATUR
REGISTER
DANKSAGUNG
Alle Angaben zu Medikamenten sowie Behandlungsmethoden wurden mit größter Sorgfalt und nach dem aktuellen Wissensstand verfasst. Dennoch können Autor und Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben übernehmen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind einem ständigen Wandel unterworfen. Daher ist es möglich, dass die dargestellten Informationen nicht auf dem neuesten Stand sind. Unabhängig vom Inhalt des Buches entscheiden im Einzelfall immer Arzt, Therapeut und Patient gemeinsam über die individuelle Behandlung. Irrtümer sind vorbehalten. Ein Rechtsanspruch ist ausgeschlossen. Informationen über Medikamente sind der jeweiligen aktuellen Fachinformation zu entnehmen.
In dem Buch sind einige Medikamente und Therapieformen erwähnt, die von der European Medicines Agency (EMEA; für Deutschland und Österreich) oder dem schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic nicht oder nicht für eine spezielle Indikation zugelassen sind. Mit solchen Arzneimitteln können Ärzte einen «Therapieversuch» machen, wenn andere, zugelassene Medikamente nicht wirksam waren oder nicht vertragen wurden und wenn wissenschaftliche Studien vorliegen, die einen solchen Versuch rechtfertigen. Es kann möglicherweise medizinrechtliche Probleme bei der Verordnung von Medikamenten in nicht zugelassenen Indikationen geben.
Die Selbsttests für psychiatrische Erkrankungen sind nicht durch wissenschaftliche Untersuchungen auf ihre Treffsicherheit überprüft worden. Sie können nur ungefähre Anhaltspunkte ergeben. Die Diagnose muss von einem Arzt oder Psychologen gestellt werden.
Die in dem Buch vorgestellten Fallbeispiele sind so verändert worden, dass das Wiedererkennen der betroffenen Personen nicht möglich ist.
Kapitel 1
Claudia G., eine Sekretärin, hat Panikattacken. Ihre Hausärztin empfiehlt Johanniskraut, der Psychiater ein Antidepressivum, die junge Psychologin eine Verhaltenstherapie, der ältere weißhaarige Psychologe eine Psychoanalyse, die Heilpraktikerin homöopathische Kügelchen und der braungebrannte, graumelierte, aber jugendlich wirkende Softie-Tanzlehrer Power-Yoga-Übungen. In der Psychologiezeitschrift werden Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR), Mindfulness-Therapie, Reiki, körperorientierte Therapie oder Biofeedback angeboten. Wie kann Claudia G. wissen, welche Therapie für sie die beste ist?
Rolf J., Berufsschullehrer, leidet seit mehreren Jahren unter chronischen Depressionen. Die Ärzte haben verschiedene Medikamente ausprobiert, ohne dass sich die Depression entscheidend gebessert hat. Er hat drei ambulante Psychotherapien hinter sich, und zweimal war er für mehrere Monate in einer psychosomatischen Klinik. Was kann ihm noch helfen?
Heute gibt es zahlreiche Möglichkeiten, seelische Krankheiten zu bessern. Neben psychotherapeutischen Gesprächen und Medikamenten steht heute auch eine Anzahl von neuen, noch recht experimentellen elektrischen Methoden zur Verfügung, wie etwa die Magnetstimulation. In diesem Buch werden die verfügbaren Therapien für die wichtigsten seelischen Leiden auf den Prüfstand gestellt, auf der Basis von Leitlinien, die von den jeweils besten internationalen Experten auf ihrem Gebiet entwickelt wurden. Welche Psychotherapien sind wissenschaftlich nachgewiesen, welche neuen Medikamente helfen? Kann man auf Psychopharmaka verzichten? Gibt es alternative, schonende, natürliche Verfahren? Wie steht es um die Wirksamkeit von Omega-3-Fettsäuren, Melatonin, Lichttherapie, Hypnose, Homöopathie oder Sport? Was kann man tun, wenn alle gängigen Methoden versagt haben? Welche Verfahren sind unwirksam, unseriös oder gar gefährlich? Wie kann ich mich vor Scharlatanen schützen?
Dieses Buch soll Ihnen auf dem Weg durch den Psycho-Dschungel helfen. Sie finden in den folgenden Kapiteln zu den wichtigsten psychischen Erkrankungen:
Fallbeispiele
Tests zur Selbsterkennung von psychischen Erkrankungen
Tipps zur Selbsthilfe
Therapieempfehlungen, die auf internationalen Leitlinien der weltweit führenden Experten beruhen
Neue Therapien, die dann helfen können, wenn bisherige Behandlungen nicht angeschlagen haben
Bewertung alternativer Therapien wie Naturheilkunde oder Homöopathie
Tipps für die Angehörigen von psychisch Kranken
Häufig gestellte Fragen
Typische Irrtümer über psychische Erkrankungen
Zu guter Letzt bekommen Sie wertvolle Hinweise, wie Sie mit Psychiatern umgehen müssen.
Kapitel 2
Juliane F. klingelt an der Tür des Psychiaters. Ihre Hausärztin hatte sie überwiesen, weil sie an Magenschmerzen litt, für die keine medizinische Ursache gefunden werden konnte. Der kleine Mann mit dem wirrem Haar, einer Nickelbrille und einem abgetragenen Jackett mit Lederschützern an den Ellbogen öffnet die Tür. Wortlos weist er sie an, sich in seinem Zimmer niederzulassen, in dem Hunderte alte Bücher einen Geruch aus einem anderen Jahrhundert ausströmen. Der Therapeut legt ihr mehrere Tafeln mit Tintenklecksbildern vor. Zum ersten Mal sagt er jetzt etwas mit sehr leiser Stimme: «Was sehen Sie da? Denken Sie nicht lange nach, sagen Sie, was Ihnen spontan dazu einfällt.» Während die junge Frau ihre Phantasien berichtet, zieht der Therapeut hin und wieder die buschigen Augenbrauen hoch. «Einen Penis, meinen Sie, ah ja?» Nach diesem Test deutet er, wieder wortlos, mit seiner schmächtigen Hand auf einen mit einem deutlich muffig riechenden Orientteppich belegten Diwan, und Juliane F. legt sich nieder. «Was kommt Ihnen in den Sinn? Erzählen Sie alles, egal ob es Ihnen unangenehm, peinlich, unsinnig oder bedeutungslos erscheint.» Fast eine Stunde schweigt der Psychiater, während Juliane F. redet.
Dieses Klischee eines Psychiaters gibt es nicht nur in Kinofilmen, Krimis oder Kalauern. Viele Menschen haben immer noch die Vorstellung, dass Psychiater sich vorwiegend mit unbewussten Konflikten befassen, die in der Kindheit entstanden sind, und versuchen, die Hintergründe aufzudecken, nach der Devise: «Es ist nie zu spät, sich eine schöne Kindheit zu beschaffen.» Dabei, so vermutet man, sind die Seelenklempner vorwiegend an verdrängten sexuellen Inhalten interessiert. Alternativ stellt man sich einen Psychiater wie eine Art modernen Doktor Frankenstein vor, der seine Patienten in Zwangsjacken oder Gummizellen steckt oder sie mit Handschellen an ein eisernes Bettgestell fesselt. Im günstigsten Fall nimmt man an, dass die Diagnosen eines Psychiaters beliebig und willkürlich sind und die Behandlung nach Gutdünken erfolgt.
Die Psychiatrie ist eine moderne Wissenschaft geworden. Seelische Krankheiten werden mit Hilfe neuer Methoden erforscht, Gehirne werden durchleuchtet und neue Medikamente entwickelt, die mit immer weniger Nebenwirkungen immer rascher psychische Probleme in den Griff bekommen. Und vor allem werden heute alle Behandlungsmethoden genauestens auf ihre Wirkung überprüft.
Kapitel 3
Über den Nutzen psychiatrischer Therapien wird gern gestritten. In diesem Buch werden die Wirksamkeitsnachweise aller Behandlungsmethoden kritisch beurteilt. Um dem Vorwurf vorzubeugen, dass diese Beurteilung subjektiv oder parteiisch ist, soll hier die Vorgehensweise erläutert werden, wie die Therapiemöglichkeiten auf den Prüfstand kamen. Um den Effekt von bestimmten Behandlungen zu belegen, werden klinische Studien durchgeführt. Nun gibt es gute und schlechte Untersuchungen. Wenn zum Beispiel ein Herr Gustaf Gustafson fünfzehn Patienten mit einer von ihm neu entwickelten Gänseblümchen-Aroma-Therapie gegen Nervosität behandelt und bei vierzehn Personen eine deutliche Besserung konstatiert hat (wobei er selbst auch derjenige war, der den Erfolg der Behandlung beurteilte), so sollten Sie diesem Resultat so viel Vertrauen entgegenbringen wie einer Werbung, die sofortigen Flirterfolg bei Verwendung eines bestimmten Deosprays verspricht. Nehmen Sie dagegen eine Doppelblindstudie, die von einunddreißig Wissenschaftlern an vierundzwanzig internationalen Universitätskliniken an zweitausend Patienten durchgeführt wurde, bei der ein neues Medikament mit einem Placebo und einem bewährten Medikament verglichen wurde und die Untersuchungsergebnisse von Ethikkomitees und europäischen, amerikanischen und japanischen Medizinbehörden bestätigt wurden, so können Sie sich einigermaßen in Sicherheit wiegen.
Der erste Placeboversuch wurde im Jahr 1784 durchgeführt. In dieser Zeit machte ein Wunderheiler, der Deutsche Franz Anton Mesmer, überall in Europa Furore, indem er Menschen mit «Magnetismus» heilte. Vielerlei Krankheiten wurden besser, wenn er die Patienten mit Hilfe eines Waschbottichs, aus dem Metallstäbe herausragten, «mesmerisierte». Während die französische Königin Marie Antoinette eine begeisterte Anhängerin Mesmers war, blieb ihr Mann skeptisch. Der König setzte eine Untersuchungskommission ein, der ein gewisser Benjamin Franklin angehörte – der Erfinder des Blitzableiters und spätere Präsident der Vereinigten Staaten. Diese Kommission entlarvte Mesmer als Scharlatan. Man teilte Versuchspersonen (fälschlicherweise) mit, dass sich hinter einer Tür ein Angestellter Mesmers, ein gewisser Herr Charles d’Eslon, befand und sie durch die Tür magnetisierte. Die Versuchskandidaten berichteten über eine starke Wirkung, obwohl sich kein Mensch hinter der Tür verbarg. Somit konnte gezeigt werden, dass die Methode allein durch Vorspiegelung falscher Tatsachen wirkte.
Seit jener Zeit gibt es Zweifel an Methoden, die nur mit Hilfe der Suggestion wirken. Doch erst seit den fünfziger Jahren wurden systematisch kontrollierte Studien durchgeführt. In einer solchen Untersuchung werden zum Beispiel hundert erkrankte Personen mit einem neuen Medikament und hundert weitere mit einem Scheinmedikament behandelt. Psychiatrische Krankheitsbilder unterliegen einem starken Placeboeffekt; das heißt, dass bei Patienten mit Depressionen oder Angsterkrankungen, die mit einer Scheinpille behandelt werden, zu 40 bis 60 Prozent eine Besserung eintritt. Daher kann nur mittels einer kontrollierten Studie die Wirksamkeit einer Behandlung zweifelsfrei bewiesen werden. Auch die Effektivität einer Psychotherapie muss mit einer Kontrollgruppe überprüft werden. Eine Gruppe bekommt sofort eine Behandlung, eine andere wird auf eine Warteliste gesetzt (zur näheren Erklärung siehe Anhang S. 360). Oder man vergleicht mit einem «psychologischen Placebo»: Hier erhält die eine Hälfte der Patienten nur unstrukturierte Gespräche über seelische Probleme, die andere die wirkliche Behandlung durch professionelle Therapeuten. Nur wenn sich ein bedeutsamer Unterschied ergibt, kann man davon ausgehen, dass die Behandlung mehr bewirkt als das Gespräch mit einem guten Freund.
Unter «offenen» Studien versteht man solche, bei denen nur eine Gruppe von Patienten im Vorher-nachher-Vergleich untersucht wird, ohne dass man eine Kontrollgruppe mitbeurteilt. Die Ergebnisse solcher Untersuchungen sind nicht besonders aussagekräftig und daher mit Zurückhaltung zu bewerten. Unter Umständen können sie aber hilfreich sein, zum Beispiel, wenn keine kontrollierten Studien existieren oder wenn bei einem Patienten mehrere von den Medizinbehörden zugelassene Behandlungen nicht gewirkt haben. Daher werden in diesem Buch in den Abschnitten «Neue Therapien» manchmal Alternativen genannt, die bisher nur durch offene Studien gestützt werden.
Ein Arzt wiederum kann solche nicht amtlich zugelassenen Medikamente nur im Rahmen eines «Heilversuchs» verordnen, wenn dies durch wissenschaftliche Studien begründet ist und Alternativen ausgeschöpft sind. Allerdings gibt es absolut keine Erfolgsgarantie. Oft handelt es sich dabei um Medikamente, deren Nebenwirkungen schon bekannt sind, weil Erfahrungen aus der Behandlung anderer Erkrankungen vorliegen.
Am Ende werden die Resultate einer Studie in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht. Hier gibt es wiederum gute und schlechte Zeitschriften, für deren Qualitätswert eine Art Hitliste erstellt wird – wie bei den Tophits in den Charts. Unabhängige Gutachter auf der ganzen Welt müssen die eingereichten Artikel auf Herz und Nieren prüfen. Wenn diese gestrengen Prüfer Fehler finden, wird die Veröffentlichung abgelehnt – auf diese Weise findet eine zusätzliche Kontrolle statt.
Nun kann es sich ergeben, dass zu einer Therapiemethode mehrere widersprüchliche Studien existieren. Die eine zeigt eine starke Wirkung, eine andere keinen Effekt und eine dritte nur schwache Veränderungen. Daher werden von Zeit zu Zeit Leitlinien für die Behandlung psychischer Erkrankungen erstellt, die auf einer Zusammenschau aller verfügbaren Untersuchungen beruhen. Oft wird dabei die Technik der «Metaanalyse» angewendet – das heißt, dass die Ergebnisse mehrerer Studien in einen Topf geworfen werden, zum Beispiel, um bei voneinander abweichenden Resultaten zu einer Lösung zu kommen. Die Cochrane Collaboration etwa ist ein angesehenes gemeinnütziges Institut, das Metaanalysen mit höchster Qualität veröffentlicht. Die in diesem Buch vorgeschlagenen Therapien basieren auf internationalen Leitlinien, die von Fachgremien erstellt wurden, deren Mitglieder sich durch hochrangige Publikationen in dem jeweiligen Fachgebiet auszeichnen. Falls keine Leitlinien oder Metaanalysen für eine Erkrankung existierten, die vorhandenen veraltet waren oder sich zwischen verschiedenen Leitlinien Widersprüche ergaben, wurden die veröffentlichten Studien einzeln analysiert. Es werden hier also nicht die privaten Meinungen hochgeschätzter Fachleute dargestellt, denn für jede Therapie gibt es einen derartigen Experten, der sie über den grünen Klee lobt, und einen, der sie verdammt. Solche Standpunkte können nämlich einer Verzerrung unterliegen, denn manche Kapazitäten erzählen genau das, was die Pharmaindustrie hören will, während andere ihr Lebenswerk darin sehen, exakt diese Meinung zu bekämpfen. Auch im Bereich der Psychotherapie wird gern über die richtigen Methoden gestritten, wobei die Bewertungen der Eminenzen nicht immer auf belastbaren Daten beruhen. Deswegen soll hier die Mainstream-Richtung dargestellt werden, also eine Synthese aus den vorliegenden Studien ohne Beeinflussung in die eine oder andere Richtung.
In der unten folgenden Tabelle wird das System beschrieben, mit dem die Wirksamkeitsnachweise der Therapien in diesem Buch in Kategorien eingeteilt wurden. Im Anhang 3 (siehe S. 357 ff.) wird genau beschrieben, welche Qualitätsmerkmale die verwendeten Studien haben mussten.
Manche hier beschriebenen Erkenntnisse mögen Anlass zu Enttäuschungen sein, wenn scheinbar hoffnungsvolle Medikamente oder Therapien von den Experten sehr kritisch beurteilt werden. Das Prinzip lautet: Keine Therapie soll schöngeredet werden, die die Crashtests nicht bestanden hat. Daher wird in diesem Buch an manchen Stellen ehrlich gesagt, welche psychiatrischen Behandlungen nicht sinnvoll sind. Leider gibt es in der Geschichte der Psychiatrie zu viele Beispiele von Behandlungsmaßnahmen, die in großem Stil angewendet wurden und sich am Ende als wirkungslos herausstellten. Auch heute noch sind Psychiater, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, nach allen Regeln der Kunst zu behandeln, oft überrascht, wenn sie Patienten sehen, die seit Jahren erfolglos mit unerprobten Methoden therapiert werden. Zum Glück sind wir nun in der Situation, dass es für fast alle psychischen Erkrankungen nachgewiesenermaßen wirksame Behandlungsformen gibt. Wir brauchen sie nicht, all die zweifelhaften Methoden, denn wir haben genügend taugliche Therapien.
Expertenleitlinien sind natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Auch sie können fehlerhaft, unvollständig oder parteiisch sein. Die persönliche Erfahrung von Ärzten und Psychologen ist mindestens ebenso wichtig.
Es könnte auch sein, dass Behandlungen existieren, von denen die internationalen Fachleute noch nie gehört haben. Aber das ist etwa so wahrscheinlich, als wenn irgendwo auf der Welt ein Treibstoff existieren würde, der Formel-1-Boliden deutlich schneller machen würde, der aber den internationalen Rennställen völlig unbekannt ist.
Psychiater, Psychologe, Psychotherapeut – worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen den verschiedenen Psycho-Berufen? Im Anhang 1 werden diese Begriffe erklärt.
Kapitel 4
Für jede psychische Erkrankung gibt es eine Erklärung, die einfach und klar ist, plausibel – und falsch. Das Gehirn ist ein hochkomplexes Organ, und psychiatrische Krankheitsbilder entstehen oft durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Daher gibt es keine Theorie zur Entstehung seelischer Leiden, die man in zwei, drei Worten zusammenfassen kann.
Ein früher Tod der Mutter, ein Aufwachsen in einem schlecht betreuten Heim oder in einem gewaltbereiten Milieu, Inzest oder eine brutale, herzlose Erziehung können tiefe Narben in der Seele eines Kindes hinterlassen. Aber auch spätere traumatische Lebensereignisse, wie der Tod eines eigenen Kindes oder des Ehepartners, ein Gewaltverbrechen, eine Geiselnahme, ein schwerer Autounfall, eine Naturkatastrophe, Krieg, KZ-Haft und viele andere erdrückende Erfahrungen, können die Psyche nachhaltig schädigen. Man spricht dann von «psychogenen» Ursachen.
Es müssen schon recht heftige Belastungen sein, die seelische Krankheiten auslösen. Früher dachte man, dass kleinere Streitereien mit dem Bruder, die Stellung in der Geschwisterreihe, Eifersucht auf die neugeborene Schwester oder einfach die Tatsache, dass man ein Einzelkind ist, deutliche Schäden an der Persönlichkeit hinterlassen können. Heute weiß man, dass der alltägliche Hickhack, der in praktisch jeder Familie vorkommt, kaum einen Einfluss auf die Entwicklung echter psychischer Störungen hat. Die Seele eines Menschen wird durch unzählige Faktoren bestimmt. «Um ein Kind zu erziehen, braucht es das ganze Dorf», sagt ein italienisches Sprichwort. Nicht nur die Eltern, sondern ebenso Lehrer, Pfarrer, Polizisten, Basketballtrainer, Bart-Simpson-Zeichentrickfilme und die Sendung mit der Maus haben einen Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes.
Psychische Erkrankungen können aber ebenfalls durch äußere Schädigungen entstehen. Schädelbrüche, Gehirntumoren, Entzündungen, Vergiftungen, Alterungsprozesse, Durchblutungsstörungen – die Ursachen können vielfältig sein. Man spricht in diesen Fällen von einer «organischen Störung». Die Trennung in «organische» und «psychische» Beeinträchtigungen muss allerdings als künstlich angesehen werden. Auch das Gehirn ist ein Organ. Praktisch jeder psychischen Krankheit liegen Veränderungen zugrunde, die man vielleicht eines Tages auf der Ebene einzelner Nervenzellen oder Moleküle aufspüren wird, selbst wenn sie nicht durch eine grobe mechanische Schädigung, sondern durch subtile psychische Einflüsse entstanden sind.
«Wenn das Kind dem Vater ähnlich sieht, ist es Vererbung. Wenn es dem Nachbarn ähnlich sieht, ist es Umwelteinfluss» – so flachst der Kabarettist und Nervenarzt Eckart von Hirschhausen zum Thema Genetik. Bei praktisch jeder seelischen Erkrankung spielen Erbfaktoren eine Rolle, Vererbungstheorien waren lange Zeit verpönt. Manche Wissenschaftler favorisierten den Gedanken, dass der Mensch als unbeschriebenes Blatt, also mit einer formatierten Festplatte als Gehirn, zur Welt kommt und durch Erziehung und das Umfeld komplett formbar ist. Mit Hilfe von Zwillingsuntersuchungen und anderen genetischen Forschungsmethoden kann man aber den Beitrag der Vererbung ziemlich gut abschätzen. Doch es gibt kaum eine seelische Störung, bei der nicht ebenso das Milieu, die Erziehung und die persönlichen Erlebnisse zur Entstehung beitragen.
In der modernen Psychiatrie findet gerade eine mittlere Revolution statt. Wissenschaftler in der ganzen Welt entschlüsseln immer genauer die biologischen Hintergründe psychiatrischer Erkrankungen. Man versucht zu ergründen, welche Nervenbahnen, Denkzentren oder chemischen Zusammensetzungen im Gehirn schuld sein können, wenn die Seele leidet. So ist es manchmal die Fehlfunktion eines einzigen Moleküls – wie Serotonin oder Dopamin –, die eine Kaskade von problematischen Folgen auslöst. In anderen Fällen entstehen Krankheiten durch ein extrem komplexes Zusammenspiel vieler miteinander verflochtener Systeme.
Aber die menschliche Seele ist nicht nur eine Art hochkomplizierter Computer, der nur dann optimal funktioniert, wenn alle Kabel und Chemikalien im Lot sind, sondern auch ein Produkt der Zurückweisungen und der Liebesbeweise, der Gewalt und des Friedens, der Enttäuschungen und Glücksmomente, die ein Mensch in seinem Leben erfährt.
Kapitel 5
Um die Entstehung psychischer Krankheiten besser zu begreifen, sollten Sie vielleicht diese kleine Schnellanleitung für Ihr Denkorgan lesen. Ein Gehirn wiegt etwa 1,3 Kilogramm, sieht aus wie ein Haufen Weißwürste und hat die Konsistenz eines nicht zu hart gekochten Eies. Es besteht aus einem Kabelsalat von hundert Milliarden Nervenzellen, den Neuronen. Würde man die Kabelstränge aller Flugzeuge dieser Welt in eine riesige Halle packen, so hätte man eine ungefähre Vorstellung von dem Gewirr, das in einem einzigen menschlichen Gehirn herrscht. Die Nervenzellen, deren Körper wie längliche Schläuche aussehen, sind auf vielfältigste Weise miteinander verbunden. Viele dieser Leitungen verlassen das Gehirn in Richtung Arme, Beine, Gedärme, Organe und aller sonstigen Gebiete. Andere kommen von diesen Teilen des Körpers und schlängeln sich zum Gehirn zurück. Manche Funktionen sind im Gehirn in bestimmten Zentren organisiert, andere sind relativ unsortiert über das Denkorgan verteilt. Die Landkarten, die Wissenschaftler vom Gehirn erstellt haben, weisen noch an vielen Stellen weiße Flecken auf.
Wie in elektrischen Drähten werden auch in den Neuronen elektrische Ströme weitergeleitet. In Haushaltsgeräten sind Kabel durch Klemmen oder Lötstellen verbunden. Genauso ist es im menschlichen Gehirn, nur dass hier an den «Lötstellen» ein einigermaßen komplizierter Vorgang abläuft. Aus dem Ende einer Nervenzelle werden sogenannte Neurotransmitter (Botenstoffe) ausgeschüttet. Dabei handelt es sich um winzige Moleküle, wie zum Beispiel das Serotonin. Dieses Molekül springt von einer Nervenzelle zur nächsten über. Dort löst es eine elektrische Entladung aus, die in der nächsten Zelle weitergeleitet wird. Von solchen Lötstellen, die Synapsen genannt werden, gibt es etwa hundert Billionen im Gehirn, weil jedes Neuron über tausend Synapsen verfügt. Heute kann zwar ein USB-Stick von der Größe eines gedrittelten Kaugummis vierundsechzig Gigabyte Daten aufnehmen, aber die Speicherfähigkeit des Gehirns übersteigt die der schnellsten Computer um ein Vielfaches.
Wenn Sie verstehen wollen, wie psychische Erkrankungen entstehen, könnte es von Vorteil sein, sich ein bisschen über Neurotransmitter weiterzubilden. Diese Botenstoffe passen wie ein Schlüssel zu seinem Schloss, das Rezeptor genannt wird. Wenn Sie sich früher in Chemie immer gelangweilt haben, sollten Sie hier aufhören, weiterzulesen. Aber dann verpassen Sie die Geschichte mit dem Priester und seiner Haushälterin.
Ein solcher Neurotransmitter ist Dopamin: Schizophrenie kann man zum Beispiel erfolgreich bekämpfen, indem man die Wirkung von Dopamin an der Synapse abschwächt. Aber Dopamin spielt auch eine Rolle bei der Parkinson’schen Erkrankung. Hier ist es umgekehrt: Die Bewegungsstörungen bei der Schüttellähmung werden besser, wenn man den Dopaminspiegel im Gehirn anhebt. Auch andere Erkrankungen werden mit Dopamin in Verbindung gebracht, zum Beispiel Süchte, Persönlichkeitsstörungen oder das «Zappelphilipp-Syndrom» bei hyperaktiven Kindern. Das legt nahe, dass es mehrere Dopaminsysteme gibt und dass bei den verschiedenen Krankheiten nicht alle, sondern jeweils unterschiedliche Systeme betroffen sind. Dopamin im Gehirn ist wie eine Büroklammer. Man kann mit ihr viele Papiere zusammenheften, aber die Büroklammer hat nichts mit dem Inhalt dieser Zettel zu tun.
So ist Dopamin nicht ein Hormon, das glücklich oder verrückt macht, sondern es ist nur eines von mehreren Hilfsmitteln bei der Nervenübertragung. Es sollte aber in einem richtigen Verhältnis vorhanden sein.
Serotonin ist ein weiterer Botenstoff, der bei Depressionen und Angststörungen eine Rolle spielt. Praktisch alle Medikamente, die gegen diese Leiden helfen, tun dies, indem sie die Nervenübertragung an den Serotoninneuronen verbessern. Serotonin wird oft nicht besonders treffend als «Glückshormon» bezeichnet. Wenn man sich das Hormon direkt durch die Schädeldecke ins Hirn spritzen könnte, würde man sich nicht behaglicher fühlen. Aber ohne ein richtig funktionierendes Serotoninsystem kann man unglücklich und ängstlich werden.
Ein weiterer Neurotransmitter, Noradrenalin, wird wie Serotonin mit Depressionen und Angst in Verbindung gebracht. Wenn man bei Affen den Locus coeruleus entfernt, ein kleines Gebiet, in dem fast alle Zellen des Gehirns sitzen, die mit Noradrenalin als Neurotransmitter funktionieren, haben die Tiere keine Angst mehr. Viele Antidepressiva fördern nicht nur die Serotonin-, sondern auch die Noradrenalin-Nervenübertragung.
Ein weitverbreiteter Botenstoff im Gehirn ist die Gamma-Aminobuttersäure (GABA). An der Hälfte aller Schaltstellen im Gehirn ist GABA beteiligt, ein Stoff, der dazu da ist, Neuronen, die sich erregt haben, wieder zu beruhigen. Benzodiazepine sind die am häufigsten angewendeten Schlaf- und Beruhigungsmittel. Sie wirken, indem sie den Effekt der GABA unterstützen. Wenn GABA also als Bremse fungiert, dienen die Benzodiazepine sozusagen als «Bremskraftverstärker». Schon lange ist man auf der Suche nach einem natürlichen Stoff im menschlichen Körper, der der eigentliche Schlüssel für das Schloss des GABA-Rezeptors ist. Dieser Stoff muss den Benzodiazepinen ähneln und auf das Gehirn eine beruhigende Wirkung ausüben.
Glutamat ist im Gehirn ein erregender Neurotransmitter. Er spielt bei der Schizophrenie und den Demenzerkrankungen eine Rolle. Drogen, die auf Glutamatrezeptoren wirken, können schizophrenieähnliche Symptome verursachen, und durch die Beeinflussung von Glutamatrezeptoren kann man die Gedächtnisleistung bei Alzheimer-Erkrankungen bessern.
Endorphine sind Stoffe, die für alle schönen Gefühle zuständig sind. Auch in Stresssituationen werden sie ausgeschüttet. Sie sind die körpereigenen Schmerzmittel. Wenn das System der Endorphine gestört ist, kann es zu Suchterkrankungen, Ess- oder Borderline-Störungen kommen.
Die Neurotransmittersysteme sind nicht unabhängig voneinander, sondern hängen wie ein Mobile zusammen – wenn ein Neurotransmittersystem angestoßen wird, fangen auch die anderen Botenstoffe an, aus der Reihe zu tanzen. So kann Noradrenalin in Dopamin umgewandelt werden und umgekehrt. Wann immer psychisch kranke Menschen Dinge tun, die für andere, gesunde Menschen nicht verständlich oder nachvollziehbar sind, kann es an einer Störung der Hirnchemie liegen:
Wenn die schizophrene Eleonore G. ihre Eltern ermordet, weil sie sie für eine Ausgeburt des Satans hält, kann es an einer Störung des Dopamin- und Glutamatsystems liegen.
Wenn der Zwangskranke Bernhard H. mindestens zwei Stunden duschen muss, kann das Serotonin- oder Dopaminsystem gestört sein.
Wenn Amelie E. sich auf dreiunddreißig Kilogramm herunterhungert, weil sie Angst hat, zu dick zu sein, kann das sogenannte Dopamin-Belohnungssystem gestört sein.
Das Belohnungssystem ist auch mitschuldig, wenn sich die drogensüchtige Jane M. prostituiert, um sich Heroin zu beschaffen.
Wenn der arbeitslose Erik L. sein erigiertes Geschlechtsteil vor minderjährigen Mädchen entblößt oder wenn Maik D. drei Frauen ermordet und ihre Leichen schändet, liegt es wahrscheinlich auch an einer Störung dieses Systems.
Wenn die depressive Annemarie R. ihre drei kleinen Kinder erstickt, hat es möglicherweise etwas mit dem Serotoninsystem zu tun.
Eine Serotoninstörung kann auch der Grund sein, warum Reiner C. eine solch große Angst vor Zahnärzten hat, dass seine Zähne im Mund verfaulen.
Die Aufklärung der Wirkungen dieser Neurotransmittersysteme ist ein aufregendes Thema, das in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten die Forscher beschäftigen wird.
Haben wir einen freien Willen? Oder sind wir Opfer unserer hemmungslosen und unbeherrschbaren Gedanken? Über diese Fragen gibt es unendliche Diskussionen. Aus der Sicht der Hirnforscher unterliegt nur ein Teil unseres Gehirns der Kontrolle der Vernunft. An den übrigen Stellen kommt das Tier durch – und das trifft nicht nur für Mörder und Vergewaltiger zu, sondern auch für Betschwestern und Wohltäter. Mehr als so manchem redlichen oder gottesfürchtigen Musterbürger lieb ist, hat er neben vernunftgesteuerten Anteilen auch animalische Neigungen. Das Verhalten des Menschen wird, vereinfachend dargestellt, von drei Systemen dirigiert: dem «Belohnungssystem», dem «Angstsystem» sowie dem «Vernunftgehirn».
Ernähren und Vermehren
Das Belohnungssystem ist ein kurzer, dicker Nervenstrang im Gehirn, der von einem Gebiet namens Area tegmentalis ventralis zu dem Kern Nucleus accumbens zieht. Wenn dieses System angefeuert wird, fühlen wir uns gut. Alle schönen Dinge des Lebens empfinden wir deshalb als angenehm, weil sie zu einer Aktivierung des Belohnungssystems führen: Beischlaf, gebratenen Speck essen, ein kühles Bier trinken, eine Belobigung durch die beste Ehefrau aller Zeiten vernehmen, das eigene Baby in der Wiege anschauen, Basketball spielen, Gänsehaut-Musik hören, das Bild eines schönen Menschen betrachten, über einen richtig guten Witz lachen, eine wohltuende Massage im Wellnesscenter bekommen, sich nach einem harten Arbeitstag in einen dicken Ledersessel fallen lassen, im warmen Whirlpool sitzen, sich auf einer Toilette erleichtern oder einen unerwarteten Sprung der Börsenkurse nach oben beobachten.
Dabei muss man primäre und sekundäre Bedürfnisbefriedigungen unterscheiden. So ist Essen eine direkte Befriedigung, Geldverdienen nur eine sekundäre, da man das Geld zwar nicht essen, aber benutzen kann, um Speisen zu kaufen. Auch Sex ist ein primäres Bedürfnis. Mit der Kurzformel «Ernähren und Vermehren» kann man die primären Grundtriebe griffig zusammenfassen, die die Natur uns mitgegeben hat, um nicht nur das einzelne Lebewesen, sondern auch die gesamte Art zu erhalten.
Das Belohnungssystem funktioniert mit dem Botenstoff Dopamin. Dem Belohnungssystem vorgeschaltet ist ein anderes System, das das endogene Opiatsystem (EOS) genannt wird. Wenn sich in diesem System endogene Opiate, auch Endorphine genannt, an ihre Rezeptoren binden, wird in der Folge das Belohnungssystem aktiviert. Ihren Namen haben die Endorphine daher, dass sie der künstlichen Substanz Morphin ähnlich sind. Das Schmerzmittel Morphin löst deswegen Glücksgefühle aus, weil es sich an diejenigen Rezeptoren bindet, die eigentlich für die körpereigenen Endorphine vorgesehen sind. Die Endorphine sind aber nicht nur zur Belustigung da, sondern sie sollen hauptsächlich unser Überleben sicherstellen. Sie sind der Grund, warum wir uns auf die Suche nach einem Wildschwein in den Wald begeben oder arterhaltend im Federbett tätig werden.
Aber die Endorphine werden ebenso in Stresssituationen ausgeschüttet. Nehmen wir einmal an, dass ein Raubmörder mehrfach mit dem Messer auf Sie einsticht. Ihr Gehirn stellt sich auf den Alarmzustand um, um Sie in die Lage zu versetzen, sich zu verteidigen. Eine Chemikalie namens POMC wird in mehrere Einzelteile aufgespaltet. Dabei entsteht das Bruchstück ACTH, ein Hormon, das dazu dient, im Körper alle Reaktionen auszulösen, die für einen Kampf notwendig sind. Das Herz schlägt schneller, die Muskeln werden durchblutet, die Atmung beschleunigt, um genügend Sauerstoff zur Verfügung zu stellen. Aber wenn POMC zergliedert wird, bleibt sozusagen nebenbei noch ein weiteres Fragment übrig: ein Endorphinmolekül. Dies erklärt die merkwürdige Tatsache, dass Sie sich in einer Kampfsituation euphorisch und siegessicher fühlen, selbst wenn der Gegner überlegen ist und Sie tödlich verwundet sind. Zudem verspüren Sie zunächst kaum Schmerz von den Messerstichwunden, da die Endorphine Schmerzen stillen.
Das Belohnungssystem und das ihm vorgeschaltete EOS bilden also eine Einheit, die unser Überleben garantieren soll. Trotz seiner Wichtigkeit hat dieses System leider nur den Intelligenzquotienten eines dementen Huhnes. Es kann nicht dialektisch abwägen, sondern denkt immer nur in eine Richtung und kennt nur ein Ziel: sofortige Befriedigung. Obwohl es sehr einfach gestrickt ist, kann es ohne weiteres unser Vernunftgehirn ausschalten. Es hat nämlich Priorität, wenn es um das nackte Überleben geht. Daher werden nicht nur angenehme Gefühle, sondern auch Aggressionen durch dieses System gesteuert. Denn manchmal müssen sich Lebewesen, wie zum Beispiel der gemeine Tiger, die Nahrung unter Anwendung von Gewalt holen – die Gazelle wird sich ihm nicht freiwillig zum Fraß anbieten. Ebenso mussten Menschen in grauer Vorzeit Gewalt anwenden, um sich Nahrung zu beschaffen, und selbst heute soll das noch vorkommen.
Damit man das höchste Glücksempfinden des Belohnungssystems genießen kann, ist es aber notwendig, zwischendurch Downs und Durchhänger zu haben. Ein ständiges Hochgefühl wäre nicht zum Aushalten. Der Kontrast zwischen Kummer und Freude macht das wahre Glück aus.
Grüne Vipern und bissige Hunde
Der Gegenpart der Einheit aus Belohnungssystem und EOS ist das Angstsystem. Würden wir unserem Belohnungssystem freien Lauf lassen, würden wir nur noch ungebremst fressen und wahllos kopulieren. Wir würden das reibungslose Zusammenleben der Menschen aus dem Gleichgewicht bringen und uns unbedacht in Gefahr begeben. Also hat die Natur eine natürliche Bremse eingebaut: das Angstsystem. Man muss dabei allerdings zwischen einem primitiven und einem intelligenten Angstsystem unterscheiden. Das primitive Angstsystem hat keinen Hochschulabschluss. Es kennt nur einfache Verhaltensweisen: Kampf, Flucht oder tot stellen. Dafür funktioniert es aber auch in höchster Not, indem es ein stereotypes, aber effektives Programm abspult. Es soll wie das Belohnungssystem unser Überleben in höchster Not sichern. Wenn das Angstsystem sich zu Wort meldet, leiden wir unter körperlichem Unwohlsein, das sich durch Symptome wie Herzrasen, Schwitzen, Zittern oder Harndrang bemerkbar macht. Es warnt uns instinktiv vor grünen Vipern, Waldbränden, Raubmördern, bissigen Hunden oder sich schnell bewegenden großen Gegenständen wie Zementlastern.
Zusätzlich gibt es noch ein Angstsystem, das geistig höher steht als die primitive Version. Dieses System verwaltet intelligentere Empfindungen wie Rücksichtnahme, Scham, politische Korrektheit, Schuldgefühle, Höflichkeit oder Respekt. Es warnt uns auch davor, uns unsozial zu benehmen. Es ist ein Gegenpart zu dem emotionsgesteuerten Belohnungssystem. Diese Instanz sorgt dafür, dass wir mit dem Essen warten, bis das Büfett eröffnet ist. Es warnt Menschen davor, nackt durch die Fußgängerzone zu laufen, in der Öffentlichkeit zu kopulieren oder einer Polizistin auf der Straße die Kleider vom Leib zu reißen. Es sorgt dafür, dass der Student eine geschätzte Kommilitonin erst einmal wochenlang mit Theaterabenden, Rosensträußen, gedichteten Kurznachrichten und Spaziergängen im herbstlichen Wald bearbeiten muss, bis er schließlich den sehnlichst gewünschten Verkehr ausüben kann.
Die Engtanzparty
Zu guter Letzt gibt es noch das Vernunftsystem. Dieser Teil des Gehirns ist für höhere Denkfunktionen zuständig. Hier findet eine intellektuelle Diskussion über die verschiedenen Ansprüche des Angst- und des Belohnungssystems statt, und dieser Disput dringt in unser Bewusstsein. Wenn zwei junge Menschen auf einer Engtanzparty zu einem langsamen Stück tanzen, debattiert das Vernunftgehirn des jungen Mannes mit den beiden Widersachern: «Wenn ich sie jetzt fest an mich drücke, kann ich das vielleicht heute noch klarmachen. Oder aber: Sie knallt mir eine, und der Abend ist gelaufen.» Das Belohnungssystem gewinnt die Überhand, und so entscheidet der junge Mann sich für festes Anschmiegen. Aber auch im Gehirn des Mädchens spielt sich ein Kampf ab: «Der will ganz klar mit mir in die Kiste. Er ist ja ganz lieb, aber irgendwie geht mir das zu schnell. Den muss ich noch etwas zappeln lassen.» Und so gibt ihre Vernunft dem Angstsystem den Vorzug, und sie hält den jungen Mann auf einen gewissen Sicherheitsabstand.
Zwei Elefanten
Bei den meisten Menschen entstehen kaum Konflikte zwischen diesen drei Systemen. Sie arbeiten geschmeidig miteinander zusammen. Wir sind rücksichtsvoll, moralisch, anständig und leben nach der Devise «Leben und leben lassen». Dabei bilden wir uns ein, dass wir uns unter Kontrolle haben. Aber das alles ist ein fragiles Gebäude. Das Vernunftsystem denkt zwar, dass es das Belohnungs- und Angstsystem im Griff hat, aber es ist wie ein Elefantenführer, der auf einem klapprigen Bambusgestell sitzt, das zwei Elefanten verbindet, und versucht, die beiden Tiere zu lenken. Das kann gutgehen. Aber wenn einer der Elefanten ausbricht, weil sein Testosteron verrücktspielt oder weil er eine kleine Maus gesehen hat, stürzt das ganze System wie ein Kartenhaus zusammen.
Wenn das Individuum in eine Schieflage kommt, werden die animalischen Anteile stärker. Anstand und Moral werden vergessen. Das könnte zum Beispiel eine Notsituation sein: Im Hungerzustand holt sich das Belohnungssystem, was es braucht. Dann können Menschen zu Raubtieren werden. Und der Sexualtrieb kann selbst hochmoralische und seelisch gesunde Menschen überwältigen. Ein Priester macht mit seiner Haushälterin Dinge, gegen die er täglich auf der Kanzel wettert, ein Politiker ruiniert sich die Karriere wegen einer Nacht mit einer Edelprostituierten, oder eine strenge Staatsanwältin fällt auf einen notorischen Heiratsschwindler herein.
Das Angstsystem kann ebenso Ethos und Vernunft außer Kraft setzen. Im Überlebenskampf sorgt es dafür, dass wir uns gegen andere Menschen durchsetzen, selbst wenn wir sie töten müssen. Das Angstsystem kann uns aber auch unter Umständen in totale Panik versetzen, sodass wir im Moment der Gefahr vielleicht genau das Falsche tun.
Aber auch bestimmte psychische Krankheiten entstehen durch die Oberherrschaft eines der beiden archaischen Systeme über die Vernunft. Menschen, bei denen das Belohnungssystem gestört ist, verlieren die Kontrolle über ihren Sexualtrieb. Ein Vergewaltiger fällt über ein vierzehnjähriges Mädchen her, obwohl ihm das Unrecht der Tat durchaus bewusst ist und er das hohe Risiko kennt, aufgrund einer DNA-Analyse überführt zu werden und viele Jahre im Gefängnis zu verbringen. Ein Drogensüchtiger beraubt seine Großmutter, um an Geld für Heroin heranzukommen. (Im Kapitel über Suchterkrankungen werde ich den Zusammenhang zwischen Abhängigkeit und dem Belohnungssystem beleuchten.) Und selbst rätselhafte Verhaltensweisen wie das freiwillige Zu-Tode-Hungern von magersüchtigen Mädchen oder die Selbstverletzungen von Frauen mit einem Borderline-Syndrom sind möglicherweise die Folge einer Störung im EOS und im Belohnungssystem. Weiterhin kann dieses System bei Menschen, die ihre Aggressionen nicht kontrollieren können und deshalb wegen Körperverletzung straffällig werden, fehlerhaft sein.
Viele seelische Leiden entstehen aber wiederum durch eine Überempfindlichkeit des Angstsystems, wie zum Beispiel Zahnarztphobien, Panikattacken oder extreme Schüchternheit. Bei Gesunden kann das Angstsystem ebenfalls die Besonnenheit besiegen – etwa, wenn Sie auf ein Bier verzichten, auf das Sie sich gerade gefreut haben, weil auf dem Bierkasten im Keller eine fette Spinne sitzt. Wenn Sie auf einem Zehnmeterbrett stehen, sagt Ihr Angstsystem: «Spring nicht!» Das Vernunftsystem sagt: «Es kann doch nichts passieren.» Je nachdem, wie energisch sich das Angstsystem durchsetzen kann, springen Sie – oder nicht. Kaum ein Mensch kann von sich behaupten, dass alle seine drei Systeme immer perfekt abgestimmt sind. (Vielleicht gibt es solche Menschen, aber sie haben wahrscheinlich ein ziemlich langweiliges Leben.)
Wenn der Abteilungsleiter Schröder seine Sekretärin Frau Böhm nach siebzehn Jahren in der Firma zum ersten Mal Uschi nennt und am nächsten Tag nichts mehr davon wissen will, haben wir vielleicht eine einfache und plausible Erklärung für dieses ungewöhnliche Verhalten des Chefs. Wir führen seine Enthemmung auf das Molekül C2H6O in der Erdbeerbowle zurück, die auf der Betriebsfeier ausgeschenkt wurde. So gibt es trotz der ungemeinen Komplexität des menschlichen Gehirns oft relativ einfache Erklärungen für abweichende Verhaltensweisen, und die basieren manchmal darauf, dass ein einziges Molekül im Überfluss vorhanden ist.
Was ist eigentlich die Seele? Auch wenn die Psyche bereits in der Antike im Gehirn vermutet wurde, so wurden später andere Standorte in Betracht gezogen, wie das Zwerchfell oder das «Hypochondrium» unterhalb des Rippenbogens. Wenn wir sagen, «Ihr Herz ist gebrochen», kommt damit zum Ausdruck, dass die Seele früher lange Zeit im Herzen gesucht wurde. Griechische Philosophen vermuteten, dass sie immateriell ist, dass sie also nicht in Form von Fleisch und Blut irgendwo im Körper existiert und somit nicht mit dem Körper stirbt. Erst seit dem 17. Jahrhundert war man sich relativ sicher, dass die Seele im Gehirn anzusiedeln ist. Und wo genau sitzt die Seele in unserem Schädel? Diese Frage werden wir vielleicht in hundert Jahren beantworten können. Einem nüchternen Naturwissenschaftler stellt es sich so dar, dass das, was wir unter Seele verstehen, kein genau abgegrenztes Gebiet ist. Die Zentrale, wenn es überhaupt eine gibt und sich nicht mehrere Zellanhäufungen diesen Job teilen, kann man am ehesten im Stirnhirn vermuten, in denjenigen Gebieten, die bei Menschen stärker und größer ausgebildet sind als bei Tieren. Unter «Seele» wird man eher die Teile des Denkorgans verstehen, die zu höheren intellektuellen Leistungen in der Lage sind. Aber die intelligenten Bereiche gehen stufenlos in die weniger gescheiten, animalischen Abschnitte über.
Wie schon erwähnt: Nicht immer arbeiten alle Instanzen der Psyche logisch und planvoll miteinander zusammen. Und vor allem dann, wenn die weniger begabten Zentren das Vernunftgehirn außer Gefecht setzen, können psychische Krankheiten entstehen. Vor den gigantischen Leistungen und der unendlichen Komplexität der menschlichen Seele muss man Ehrfurcht haben. Dennoch hat die Psyche eben auch etwas von einer Maschine, die aus Kabeln und Platinen besteht und die fehlerhaft arbeiten kann.
Der modernen Psychiatrie wird vorgeworfen, sie mache es sich sehr einfach und führe alles menschliche Denken und Handeln auf biochemische Vorgänge zurück, anstatt die «wirklichen» Ursachen der Erkrankungen zu erforschen. Frühere Ansätze, die sich «tiefenpsychologisch» nannten, nahmen für sich dagegen in Anspruch, in die Tiefe des menschlichen Gehirns vorzudringen. So könne eine Angsterkrankung dadurch entstehen, dass es einen Konflikt zwischen den sexuellen Ansprüchen des triebhaften «Es» und dem schlechten Gewissen des «Über-Ichs» gebe. Das mag ja sein. Aber, fragt man sich heute, wo genau spielt sich dieser Widerstreit ab? In welchem Gehirngebiet, in welchen Nervenzellen dieser Areale, in welchen Eiweißstrukturen dieser Zellen? Welche Moleküle sind zur falschen Zeit am falschen Ort, wenn ein Mensch in einem harmlosen Fahrstuhl einen Panikanfall erleidet? Jeder menschliche Gedanke, jedes Tun und Handeln geht letztendlich auf eine elektrische Entladung von Nervenzellen zurück. Das klingt sehr prosaisch, unspektakulär und banal, bildet aber die Realität besser ab als metaphysische Annahmen. «Ich bin nicht sicher, ob ich jetzt noch die gleiche Selbstachtung habe wie früher, seitdem ich weiß, dass ich nur eine Illusion von hundert Milliarden plappernden Neuronen bin», bemerkte ein Leserbriefschreiber resigniert in der Zeitschrift Time.
Früher konnte man in Unkenntnis der biochemischen Hintergründe den Denkabläufen des Gehirns nicht leicht auf die Spur kommen. Daher begnügte man sich häufig damit, für unerklärliche Verhaltensweisen der Menschen magisch-mystische Vorgänge anzunehmen. Und immer, wenn man nicht weiterwusste, verlegte man sich auf das Spekulieren. So entstanden Modellvorstellungen über die Funktionsweise des Gehirns, die später bei Wissenschaftlern Kopfschütteln oder Heiterkeit hervorriefen. Heute versucht man, für alle merkwürdigen Verirrungen der Seele plausible und handfeste Erklärungen zu finden. Das wirkt etwas desillusionierend, genau wie es Enttäuschung hervorruft, wenn ein Magier zunächst einen raffinierten Trick vorführt und dann zu verstehen gibt, auf welch banale Art er seine Zuschauer hinters Licht geführt hat.
Allerdings hat die molekulare Psychiatrie ihre Grenzen. Die Kenntnisse über die biologischen Hintergründe seelischer Erkrankungen stecken bislang in den Kinderschuhen, und auch hier wird es Irrtümer geben. Dennoch ist der Weg klar: In der Zukunft wird man Menschen mit seelischen Leiden weitaus besser helfen können, wenn man alle Zusammenhänge versteht.