© Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft mbH
Gesamtherstellung: Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft mbH, Köln
Realisation und Redaktion: Guido Huß, Neslihan Kilic, Frank J. Müller,
Olaf Rappold, Michaela Salden, Anja Schlatterer, Julia Wahnschaffe (red.sign
GbR, Stuttgart)
Alle Rechte vorbehalten
ISBN (Print): 978-3-625-12141-1
ISBN (Epub): 978-3-8155-7804-9
Mit der Frage konfrontiert, was sie für die faszinierendste Erscheinung unserer Welt halten, würden wahrscheinlich viele Menschen selbst heute, im Zeitalter der Computer und virtuellen Welten, den Sternenhimmel nennen. Die Faszination, die von den unvorstellbar weit entfernten funkelnden Lichtpunkten am Firmament ausgeht, ist immens und hat im Laufe der letzten Jahrzehnte mit den dramatisch wachsenden Kenntnissen über den Kosmos eher noch zugenommen. „Was ist da draußen und wie ist es dort? Ist irgendwo im All Leben möglich?“ – das sind Fragen, die die Menschen bewegen, auch wenn die Astronomie als Wissenschaft ihnen ansonsten eher fremd ist.
Die Anziehungskraft des Themas „Weltraum“ zeigt sich nicht zuletzt an den hohen Besucherzahlen in den Planetarien und Volkssternwarten, am großen Interesse an den über das Internet verbreiteten eindrucksvollen Bildern des Hubble-Weltraumteleskops und an der immer wieder immensen öffentlichen Resonanz bei besonderen astronomischen Ereignissen.
Vor allem die Hubble-Fotos haben uns viele neue Ansichten und Einsichten über den Kosmos vermittelt. Denn was Himmel und Weltraum angeht, so sind ihre Dimensionen nicht fassbar, ihre Grenzen nicht erreichbar, geschweige denn überwindbar. Die extremen physikalischen Verhältnisse, die gewaltigen Entfernungen verhindern ein direktes Untersuchen und damit wörtliches Begreifen der kosmischen Objekte. Darüber hinaus ist ein Vorstoß ins All mit ungeheurem technischem Aufwand verbunden, denn es ist eine extrem lebensfeindliche Umgebung, in die der Mensch sich dabei begibt: ein Vakuum, angefüllt mit tödlicher Strahlung. Wir können deshalb die überwiegende Zahl kosmischer Objekte nur aus der Ferne beobachten.
In diesem Rahmen können wir zum einen versuchen, mit immer raffinierteren Instrumenten jene Informationen aufzufangen und auszuwerten, die diese fernen kosmischen Objekte – seien es Sterne, Sternhaufen, Gasnebel, Galaxien oder Exoten wie die Schwarzen Löcher – in Form verschiedener Arten elektromagnetischer Strahlung zur Erde senden. Neben dem Licht und den Radiowellen sind es die Infrarot-, Ultraviolett-, Röntgen- und Gammastrahlung, die uns neue Einblicke gewährt haben. Zum anderen können wir auf der Grundlage der so gewonnenen Informationen entsprechende Modelle entwickeln und mit ihrer Hilfe die unfassbaren Verhältnisse und Vorgänge, die das Weltall zur Bühne der dramatischsten und faszinierendsten Schauspiele der Natur werden lassen, zu beschreiben und zu erklären versuchen.
Dank der Computer, der Raumfahrt sowie revolutionärer Techniken im Fernrohrbau hat es in den letzten fünfzig Jahren auf dem Gebiet der Astronomie gewaltige Fortschritte gegeben. Annahmen, die in den 1950er-Jahren noch als überzogene Spekulationen oder gar als Produkte wilder Fantasien galten und der Science-Fiction zugeordnet wurden, haben heute den Status wissenschaftlich gesicherter Fakten. Als Beispiele seien nur die Existenz der Exoplaneten und der Schwarzen Löcher genannt. Wenn wir heute über die Landschaften des Mars sprechen, können wir uns auf zahlreiche Raumsondenfotos stützen. Am heimischen PC oder in Planetarien können wir die Milchstraße durchqueren oder uns den energiereichen zerstörerischen Prozess eines Schwarzen Loches anschauen.
Von all diesen Phänomenen handelt dieses Buch. Es handelt aber auch vom Menschen, seiner Neugier und seiner Fantasie. Gepaart mit seinem Erfindergeschick werden sie ihm auch in Zukunft helfen, weitere Rätsel des Weltalls zu entschlüsseln. Doch gleichzeitig werden sich dabei neue stellen. Und so wird die Astronomie auch in Zukunft das bleiben, was sie immer war: eine grenzenlose Wissenschaft.
Bereits vor Jahrtausenden blickten unsere Vorfahren in den nächtlichen Himmel über sich. Und nutzten dabei die einzigen „Instrumente“, die sie besaßen – die Augen. Doch was konnten die Menschen mit ihnen in einer sternenklaren Nacht sehen? Dinge, die für unsere Vorfahren allnächtlich waren, für uns Städter aber fremd geworden sind.
Schon kurz nach Sonnenuntergang erscheint manchmal im Rot der Abenddämmerung kurz über dem Horizont nicht allzu weit vom Sonnenuntergangspunkt ein helles Gestirn – der Planet Merkur. Wegen seiner Sonnen- und damit Horizontnähe ist er nur äußerst schwer zu beobachten. Auffälliger, ja wegen Helligkeit ins Auge springend, ist dagegen ein viel höher stehendes Gestirn, das als Abendstern bekannt ist. Es ist die Venus, der zweite Planet des Sonnensystems. Beide werden einige Wochen später höher am Himmel stehen oder ganz verschwunden sein. Denn obwohl sie wie Sterne erscheinen, sind sie keine.
Weißt du, wie viel Sternlein stehen?
Diese Frage können die Astronomen heute sehr genau beantworten. Vorausgesetzt, der Mond steht nicht am Himmel, kann das bloße Auge etwa 2500 Sterne erkennen. Insgesamt gibt es am Himmel etwa 6000 Sterne. Verwendet man einen Feldstecher, werden es 10 000; in einem kleinen Fernrohr 100 000 und in den Großteleskopen geht die Sternenzahl in die Millionen bis Milliarden.
Während die übrigen Sterne, die sich nun langsam aus dem tiefer werdenden Blau des Himmels herausschälen, untereinander immer an derselben Stelle stehen, sodass die Alten sie zu Sternbildern verbinden konnten, wandern Merkur und Venus zwischen diesen festgehefteten Sternen weiter. Die Griechen sprachen deshalb auch von Wandelsternen. Wir nennen sie heute Planeten und meinen damit Gestirne, die sich nicht nur unter den übrigen Fixsternen bewegen, sondern auch nicht selbst leuchten. Während die Fixsterne ferne Sonnen sind, also selbstleuchtende heiße Gaskugeln wie unsere Sonne, handelt es sich bei Planeten um eigentlich dunkle Gesteinskugeln, die das Licht der Sonne wie ein Spiegel zurückstrahlen. Zu diesen beiden werden sich später noch der rötlich leuchtende Mars, der gelblich leuchtende Jupiter und der Saturn gesellen. Die zunehmende Sichel unseres Erdtrabanten, des Mondes, leuchtet schon hoch am Himmel. Sie wird in den nächsten Tagen noch breiter werden – eindrucksvoller lässt sich nicht verfolgen, wie ein Himmelskörper im geborgten Licht der Sonne leuchtet.
Inzwischen ist es stockdunkel geworden. Neben vielen hellen und noch viel mehr schwächeren Sternen schält sich ein mattleuchtendes Sternenband heraus, das sich hoch am Himmel entlangzieht. Es ist die Milchstraße, die Ebene unseres scheibenförmigen Sternsystems, unserer Galaxis. Hier stehen die Sterne am dichtesten, ist unsere Sonne nur ein Stern unter Milliarden.
Plötzlich scheinen auf einmal mehrere kleine Sterne zur Erde zu fallen, gefolgt von einem kurz aufleuchtenden zischenden Feuerball: Minimeteoriten, Sternschnuppen genannt, und ein Großmeteorit sind in die Erdatmosphäre eingedrungen; der große ist vielleicht sogar irgendwo niedergegangen.
Es wird langsam Morgen. In der Dämmerung zeigt sich ein Schweifstern, ein Komet. Wieder einmal hat einer dieser aus gefrorenem Staub und Wasser bestehenden Vagabunden vom äußeren Rand des Sonnensystems zu uns gefunden und bildet den krönenden Abschluss dieser wunderbaren Nacht.
Auf die Frage, welches Sternbild sie kennen, werden die meisten Leute: „Der Große Wagen, der Kleine Wagen und der Orion!“ antworten oder eines der Tierkreissternbilder nennen, das sie vom Horoskop her kennen. Geht es aber ans Zeigen, so werden viele es noch beim Großen Wagen und Orion können, mit dem Kleinen Wagen ihre Schwierigkeiten haben und bei den Tierkreissternbildern kapitulieren.
Denn leider stimmt die Form der meisten Sternbilder nicht mit der benannten Figur überein. Der Große und Kleine Wagen sowie Orion bilden eben deutliche Ausnahmen. Leicht lässt sich in den sieben Sternen ein großer und kleiner vierrädriger Wagen mit einer von drei Pferden gezogenen Deichsel erkennen, und die sieben Sterne des Orion ergeben einfach einen gegürteten Jäger. Schwieriger, ja unmöglich wird es, im vereinfachten volkstümlichen Großen Wagen das ursprüngliche Sternbild Großer Bär zu erkennen oder im w-förmigen Sternbild Kassiopeia eine äthiopische Königin: Zu sehr haben wir uns mit unserer Zivilisation vom Nachthimmel entfernt.
Anders dagegen sah es für unsere Vorfahren aus: Sie lebten noch unter einem wirklich dunklen Nachthimmel. Mit seinen Sternen wanderten oder navigierten sie, maßen die Zeit nach dem Sonnen- und Mondlauf, richteten nach diesen Gestirnen ihren Kalender und damit Aussaat und Ernte. Nicht zuletzt sahen sie über sich ein gewaltiges Bilderbuch für Geschichten über Götter und Helden; meinten sie, in der Stellung von Sonne, Mond sowie den Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn auf den Willen der Götter schließen zu können. Praktische und religiöse Gründe führten also zur Beobachtung des Himmels und Erfindung der Sternbilder.
Gezählte Figuren
Seit 1922 gibt es 88 international anerkannte Sternbilder. Sie sind babylonisch-griechischen Ursprungs – soweit sie den Nordhimmel und die in Europa und im Orient sichtbaren Teile des Südhimmels betreffen. Die erst durch die Entdeckungsfahrten bekannt gewordenen Sternbilder der südlichsten Teile des Südsternhimmels tragen dagegen zum Teil technische Namen, wie Teleskop oder sogar Luftpumpe. Den Himmel der nördlichen Halbkugel schmücken 32, den der südlichen 47, und 9 Sternbilder erstrecken sich teilweise über beide Himmelshälften.
Vor allem die Landwirtschaft betreibenden und Überschüsse erwirtschaftenden Hochkulturen in den Schwemmlandebenen von Euphrat und Tigris, Nil sowie Indus und Ganges waren gezwungen, sich mit dem Himmel zu beschäftigen. Nicht umsonst sind die ältesten Sternbilder, nämlich die des Tierkreises, babylonischen Ursprungs. Die Babylonier hatten herausgefunden, dass sich Sonne, Mond und die fünf sichtbaren Planeten während eines Jahres in einer ganz bestimmten Zone des Himmels aufhalten. Sie hatten sie entsprechend ihrem Zahlensystem in zwölf gleiche Abschnitte unterteilt und mit mythologischen Figuren, zumeist aus dem Tierreich, besetzt.
Die Griechen übernahmen das System und bauten es aus, indem sie die übrigen Regionen des sichtbaren Himmels mit Gestalten und Gegenständen aus ihrer Sagenwelt ausschmückten. So gibt es neben dem Schwan oder Herkules auch eine Leier und eine Waage. Bis heute haben sich diese Sternbilder erhalten, auch wenn sie in modernen Sternatlanten nicht mehr als Figuren, sondern nur noch als geometrische Linien eingezeichnet sind.
Was früher nur wagemutigen Entdeckern wie Magellan und Cook oder Aussteigern wie Gauguin vorbehalten blieb, ist seit dem Beginn des Jet-Zeitalters und Massentourismus längst Allgemeingut: die Nächte unter dem südlichen Sternhimmel mit dem berühmten Kreuz des Südens. Sie sind wirklich anders als bei uns auf der Nordhalbkugel.
Die Veränderungen beginnen schon, wenn wir uns dem Äquator nähern. Da wir auf einer Kugel leben und von der oberen Hälfte – von uns aus gesehen – auf die untere wechseln, ändert sich die Höhe der sichtbaren Sterne und Sternbilder am Himmel. Das wird vor allem an den dem Himmelsnordpol nahen Sternbildern Großer und Kleiner Wagen sowie Kassiopeia deutlich: Sie sinken immer mehr dem Horizont entgegen, bis sie schließlich, wenn wir den Äquator überschritten haben, ganz verschwunden sind.
Das extremste Beispiel ist dabei der Hauptstern am Ende der Deichsel des Kleinen Wagens, der als Polarstern den nördlichsten Punkt des Himmels und damit seinen Drehpunkt markiert. Eine derartige Markierung gibt es auf der Südhalbkugel nicht, weshalb sich die ersten europäischen Seefahrer für ihre Navigation auf ihren Entdeckungsreisen einen Ersatz suchen mussten. Es ist das dem Himmelssüdpol nahe stehend einfach zu erkennende Kreuz des Südens.
Das Kreuz des Südens ist auch eine der vielen neuen Konstellationen, die dem Reisenden in den südlichsten Gefilden begegnen (ab 60° südlicher Breite), mit Namen wie Teleskop, Chemischer Ofen, Luftpumpe, Indianer, Tukan sowie Gold- oder Schwertfisch. Diese Namen sind von den Europäern geschaffen worden und spiegeln Entdeckungen und Erfindungen des 15. bis 17. Jhs. wider.
Allerdings, einige vertraute Dinge gibt es doch: So sind auch hier die Sternbilder des Tierkreises zu sehen, manche davon aber besser und schöner, weil höher stehend als auf der Nordhalbkugel. Zu ihnen gehört der Skorpion: Während bei uns nur seine Scheren über dem Horizont erblickt werden können, zieht er sich hier in voller Länge über den Himmel! Das gilt auch für das Sternbild Schütze, in dem das Zentrum der Milchstraße, unserer Galaxis, liegt – überhaupt, die Milchstraße steht ebenfalls heller und höher am Himmel. Auch das uns bekannte Sternbild des Orion ist zu finden, denn durch seinen Gürtel verläuft der Himmelsäquator. Aber der Orion erscheint hier nicht als aufrechtstehender Jäger, sondern liegend wie ein Schmetterling, weshalb das Sternbild bei einigen Völkern auch so genannt wird.
Andere nur auf der Südhalbkugel zu bewundernde Objekte sind die Große und Kleine Magellansche Wolke sowie der Kohlensack in der Nähe des Himmelssüdpols. Dabei handelt es sich um zwei unsere Galaxis begleitende Minigalaxien und eine dunkle Staubwolke. Eine weitere einschneidende Veränderung ist der Lauf der Gestirne. Sie gehen zwar wie bei uns im Osten auf und im Westen unter, erreichen jedoch ihren höchsten Stand (die Kulmination) nicht im Süden, sondern im Norden!
Der schwimmende Mond
In der Nähe des Äquators zeigt der Mond ein für uns seltsames Bild. Die inzwischen nur noch wenigen Menschen geläufige Regel, aus der zunehmenden Phase ein altes deutsches Z formen zu können, dagegen aus der abnehmenden ein deutsches A, hat hier keine Gültigkeit mehr. Ja es scheint, als schwämme in Äquatornähe die Mondsichel am Himmel wie eine Barke auf dem Wasser.
Auch wenn die bis zu 50 t schweren Steine von Stonehenge längst nicht mehr alle aufrecht stehen: Die Silhouette ist so unverkennbar historisch, dass man meint, in eine ferne Vergangenheit geraten zu sein. Wer hat dieses Monument errichtet? Wie wurde diese technische Meisterleistung vollbracht – und: warum?
Stonehenge, in der englischen Grafschaft Wiltshire, besteht aus einer Grabenanlage, die eine ringförmige Ansammlung megalithischer Steine umschließt. Diese Konstruktion wird aus mehreren konzentrischen Steinkreisen gebildet. Ihre beiden auffälligsten sind ein äußerer Kreis auf Pfeilersteinen, die von Decksteinen überbrückt werden, sowie eine innere hufeisenförmige Struktur aus ursprünglich fünf sogenannten Trilithen – jeweils zwei Tragsteine, auf denen ein Deckstein liegt. Dazwischen befinden sich weitere Strukturen aus kleineren Steinen sowie Löchern im Boden. Ferner gibt es in unmittelbarer Nachbarschaft zahlreiche Hügelgräber, einen sogenannten Cursus sowie die Erdwall-Rundgraben-Anlagen (Henges) von Woodhenge und der Siedlung Durrington Walls, verbunden durch Wege zum Fluss Avon, und nicht zuletzt Spuren eines Dorfes.
Ein Generationenprojekt
Stonehenge wurde über einen Zeitraum von rund 1500 Jahren errichtet. Etwa 3100 v. Chr. entstanden Wall und Graben, gefolgt von hölzernen Palisaden. 2500 v. Chr. wurden Paare von bis zu 4 t schweren, blauschimmernden Steinen aufgestellt, die aus dem 400km entfernten Wales herangeschafft wurden. Das geschah per Boot und auf Rollen mit Hebelwirkung durch Menschenkraft. Einige Zeit später entstand der 5m hohe innere Sarsenkreis aus 30 bearbeiteten Steinen, innerhalb derer die fünf Tritlithen aufragen. Etwa 1500 v. Chr. wurde die Anlage dann vermutlich aufgegeben.
Niemand kennt bis heute Stonehenges genaue Bedeutung, obwohl im Laufe der Jahrhunderte zahllose Theorien entwickelt wurden. Sicher ist nur, dass es zu einer Zeit entstand, als der Mensch das Jäger- und Sammlerdasein aufgab, um zum Ackerbauern und Viehzüchter zu werden, und zwar im Neolithikum. Die Beobachtung des Sonnenlaufs, aber auch des Standes der beiden Sternhaufen Hyaden und Plejaden, worauf die berühmte Himmelsscheibe von Nebra hinweist, lieferten die Grunddaten für den in der neuen Lebensweise notwendigen Kalender. Sicher ist, dass ungeheure technische und logistische Anstrengungen nötig waren, um Stonehenge zu errichten. Und auch diplomatisches Geschick – es mussten ja mehrere Stammesgebiete durchquert und Menschen unterschiedlichster Herkunft zur Mitarbeit motiviert werden.
Ob durch Zufall oder aus Notwendigkeit: Stonehenge ist an den Winkeln des Sonnenaufgangs zur Zeit der Sommersonnenwende und des Sonnenuntergangs zur Zeit der Wintersonnenwende ausgerichtet. Dagegen fängt der südliche Kreis innerhalb der Anlage von Durrington Walls den Sonnenaufgang zur Zeit der Wintersonnenwende ein, „Daten“, die für einen Kalender wichtig sind! Andererseits stand möglicherweise die Sommersonnenwende für das Ende des Lebens und die Wintersonnenwende für dessen Anfang. Symbolisierte also vielleicht, wie eine umstrittene Theorie behauptet, der südliche Kreis in Durrington Walls das Reich der Lebenden und Stonehenge das Reich der Toten?
Zwar ist der Turm zu Babel durch die Bibel als Sinnbild menschlicher Vermessenheit berühmt geworden, aber dieser wolkenkratzerartige Stufenturm war im Land zwischen Euphrat und Tigris nicht allein. Archäologen haben etwa 25 derartige Bauwerke entdeckt, die sich perlschnurartig über das ganze Zweistromland verteilen. „Zikkurat“ oder „Schiggorat“ werden die typischen pyramidenartigen Stufenbauwerke im Babylonischen genannt, was so viel heißt wie „hoch aufragend“, „aufgetürmt“, „Himmelshügel“ oder „Götterberg“. Und damit ist die hauptsächliche Funktion schon klar: Die Zikkurate waren abgestufte Tempel, Höhenheiligtümer, errichtet von Menschen, die ihre Götter ursprünglich von Bergen aus anbeteten, dann aber, nachdem sie in die fruchtbaren Schwemmlandebenen gesiedelt waren, sich einen künstlichen Ersatz schaffen mussten.
Die drei Weisen
Wenn man die biblische Geschichte vom Weihnachtsstern als wahr nimmt, kamen die drei Weisen aus Babylon. Es lag östlich von Bethlehem und hatte die am höchsten entwickelten himmelskundlichen Kenntnisse. Seine Priesterastronomen hatten im Jahr 7 v. Chr. möglicherweise ein dreifaches, äußerst seltenes enges Zusammentreffen der beiden Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische beobachtet und das als Hinweis für die Geburt eines neuen Königs im Lande der Juden gedeutet.
Darüber hinaus gab es noch eine weitere Bedeutung, die zumindest beim Zikkurat von Borsippa nachgewiesen ist: Jede Stufe war einem der damals sieben bekannten Planeten (Wandelsterne) geweiht, zu denen auch Sonne und Mond gezählt wurden. Vom Dach des Gebäudes aus wurden wahrscheinlich auch Sternbeobachtungen vorgenommen. Die Sternkunde kontrollierte den Kalender und untermauerte astrologische Zukunftsprognosen, die sich einzig und allein auf das Herrscherhaus und das Reich bezogen und nicht auf den Einzelnen. Astronomie und Astrologie waren für die Bewohner Mesopotamiens untrennbar miteinander verbunden und nur die Priester durften diese Geheimwissenschaft studieren.
Und die Priester der beiden in dieser Region rivalisierenden Mächte Assyrien und Babylonien – nennen wir sie der Einfachheit halber „Chaldäer“ – kamen zu Erkenntnissen, die seit 700v. Chr. noch in unsere moderne Astronomie hineinragen: Die Chaldäer bestimmten nicht nur den scheinbaren Lauf von Sonne und Mond sowie der sichtbaren Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn, beobachteten ihre Begegnungen am Himmel (Konjunktionen); sie schufen auch die noch heute gültigen Sternbilder des Tierkreises; und sie entdeckten, dass sich Sonnen- und Mondfinsternisse in einem bestimmten Zyklus wiederholen. Diese Erkenntnisse gelangten zu den Griechen und von diesen an die Römer. Daher die enorme Bedeutung der chaldäischen Himmelskunde für uns, obwohl sich Inder, Chinesen und Maya ebenfalls fundierte astronomische Kenntnisse erarbeitet hatten.
Die alten Ägypter, die, wenn auch nicht so stark, die Griechen und später die Römer ebenfalls auf diesem Gebiet beeinflussten, hatten eigene Sternbilder und einen eigenen Kalender. Bei ihnen stand vor allem ein Stern im Mittelpunkt: Sirius. Das Erscheinen dieses hellen Sternes (Hauptstern des Sternbildes Großer Hund) in der Morgendämmerung kurz vor Sonnenaufgang fiel ungefähr mit der Nilschwelle zusammen, jener Flut, die den fruchtbaren Schlamm auf die Felder brachte. In unserem Begriff „Hundstage“ lebt diese Erkenntnis fort.
„Sechzehnhundertzehn, zehnter Januar: Galileo Galilei sah, dass kein Himmel war“, schreibt Bertolt Brecht in seinem Schauspiel über diesen Gelehrten. Neben der von Nikolaus Kopernikus 1543 veröffentlichten heliozentrischen Theorie war die Einführung des Fernrohrs die zweite große Revolution in der Astronomie. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Himmelskunde eine Wissenschaft des bloßen Auges gewesen. Nun konnte der Himmel in seinen Einzelheiten untersucht werden, waren die Gestirne zwar weiterhin ferne, ewige, aber keine göttlichen Objekte. Sie schienen – zumindest, was die damals bekannten Mitglieder des Sonnensystems anging – Welten ähnlich der Erde. Seitdem ist das Fernrohr, das Teleskop, aus der Astronomie nicht mehr wegzudenken.
Auch wenn es seit den Zeiten Galileis zahlreiche quantitative und qualitative Wandlungen erfahren hat und durch weitere Beobachtungsinstrumente wie das Radioteleskop ergänzt wurde: Ein Großteil und der interessanteste, ja populärste Teil der astronomischen Beobachtungen wird im optischen Bereich von der Erde mit Fernrohren ausgeführt. Es sind zwei Systeme im Einsatz, die fast zeitgleich erfunden wurden: Beim Linsenfernrohr (Refraktor) wird das Licht durch Linsen gebrochen und zum Beobachter gelenkt, während beim Spiegelfernrohr (Reflektor) das Licht von Spiegeln eingefangen und ins Auge des Betrachters umgelenkt wird. Beide Fernrohrtypen haben am hinteren Ende eine Linse zum Schauen: das Okular.
Die das Licht sammelnde Fläche (egal ob Linse oder Spiegel) heißt Objektiv. Sein Durchmesser entscheidet darüber, wie viel Licht ein Teleskop sammeln kann, welche schwächsten Objekte noch erfasst werden können. Wenn also von der Größe eines Fernrohrs die Rede ist, dann geht es immer um den Objektivdurchmesser und nie um die Länge. Bis Anfang der 1990er-Jahre galten das Hale-Spiegelteleskop auf dem Mount Palomar (1706 m) mit 5m und der Selentschukskaja-Reflektor im Kaukasus mit 6,1 m als die größten Spiegelteleskope der Erde. Sie wurden durch Spiegelfernrohre wie das mit vier 8,2-m-Spiegeln bestückte VLT (Very Large Telescope) der Europäischen Südsternwarte (ESO) auf dem 2635m hohen Paranal in Chile, das 10-m-Keck-Spiegelteleskop auf dem über 4200m hohen Mauna Kea auf Hawaii sowie das Gran Telescopio Canarias (10,4m Spiegeldurchmesser) abgelöst.
Der Reiz liegt im Detail
Wichtig für den Astronom ist nicht, wie weit er mit einem Fernrohr sehen kann, sondern wie viele Einzelheiten er sieht, also die Auflösung des Instruments. Die vier ESO 8,2-m-Spiegelfernrohre des VLT könnten, wenn sie per Computer zusammengeschaltet werden, die während der Apollo-Missionen auf dem Mond zurückgelassenen Unterstufen der Landefähren ausmachen – so stark ist deren Auflösung. Das geplante 100-m-Spiegelteleskop der ESO, das OWL (Overwhelmingly Large Telescope), könnte sogar Menschen auf dem Mond erkennen.
Die meisten Großteleskope sind heute Spiegelteleskope, denn da die Objektivlinse eines Refraktors wie ein Brillenglas in der Halterung des Teleskops liegt, würde sie sich bei einem zu großen Durchmesser unter ihrem Eigengewicht verformen. Ein Spiegel dagegen bildet quasi den „Boden“ des Fernrohres, weshalb in Verbindung mit anderen technischen Raffinessen Durchmesser um die 10m möglich sind. Doch damit ist das Ende der Entwicklung noch nicht erreicht. So plant die Europäische Südsternwarte ein 40-m- und eventuell sogar ein 100-m-Teleskop.
Verschwommene Flecke statt punktscharfer Sterne, verwaschene Nebel statt leuchtende Spiralarme benachbarter Galaxien – die Blamage des am 25. April 1990 gestarteten Hubble-Weltraumteleskops konnte kaum noch größer sein. Der Jahrzehnte gehegte Traum der Raumfahrtpioniere und Astronomen wurde zum Alptraum. Schuld für die schlechte Bildqualität war ein bei der Herstellung nicht bemerkter Schleiffehler von 0,002mm im Hauptspiegel des Weltraumfernrohrs. Zum Glück war das HST, wie Hubble abgekürzt genannt wird, wartungsfreundlich konstruiert, und so konnte der Abbildungsfehler im Rahmen einer besonderen Spaceshuttle-Mission (Dezember 1993) durch eine Art „Brille“ behoben werden.
Hubble-Steckbrief
Länge: |
13,1m |
Durchmesser: |
4,3m |
Solarzellen: |
12,1 x 2,4m |
Masse: |
11,6 t |
Höhe des Orbits: |
610km |
Umlaufzeit: |
95 Minuten |
Geschwindigkeit: |
27 700km/h |
Kosten (am Start): |
1,5 Mrd. US-Dollar |
Das HST ist ein Spiegelfernrohr mit einem 2,4 m durchmessenden Hauptspiegel – das jedoch im Weltraum arbeitet. Hier muss es ohne Stromanschluss, Montierung und Kabelverbindung zu den Rechnern funktionieren. Deshalb hat Hubble Instrumente an Bord, wie man sie auch bei vielen Satelliten findet: Solarzellen für die Stromversorgung, eine Steuerung für die Positionierung und Radioantennen für den Funkkontakt zur Erde.
Zudem könnten die extremen Temperaturschwankungen zwischen Licht und Dunkelheit leicht zu einer Verformung der empfindlichen Optik führen. Daher muss das HST gut isoliert sein. All dem stehen aber viele Vorteile gegenüber: Den Effekt, dass die Atmosphäre bestimmte Wellenlängen im elektromagnetischen Spektrum, z.B. im Ultraviolett und im Infrarot, herausfiltert, gibt es hier nicht. Es treten auch keine Störungen durch Luftbewegungen auf, die bei terrestrischen Teleskopen nur aufwendig ausgeglichen werden können.
Der Mensch als Beobachter hinter dem Okular wird im HST durch empfindliche Lichtdetektoren und Kameras ersetzt: die Wide Field and Planetary Camera (WF/PC), das wichtigste elektronische Aufnahmegerät, von dem die meisten Fotos stammen, die sehr lichtempfindliche Faint Object Camera, die Near-Infrared Camera und das Multi-Object-Spectrometer sowie den Space Telescope Imaging Spectrograph, der das Licht in seine Spektralfarben zerlegt.
Seit seiner Reparatur ist das HST eines der produktivsten wissenschaftlichen Instrumente der Welt. Es führte zahllose Beobachtungen durch und löste viele Rätsel des Universums. So zeigte es bekannte Objekte wie die Planeten im neuen Licht, präsentierte Überraschendes wie die Sternentstehungsregionen im Adlernebel oder machte fundamentale Entdeckungen wie kurz nach dem Urknall entstandene Sterne und Galaxien. Außerdem ist das HST eine gute Werbung für die NASA: Seine schönen, spektakulären Bilder sorgten oft für Schlagzeilen. Die Popularität des HST ist so hoch, dass die NASA 2006 dem öffentlichen Druck nachgab und mit einer für 2008 angesetzten weiteren Wartungsmission die Betriebsdauer noch einmal verlängerte.
Wer an einem der Keck-Spiegelteleskope auf dem Hawaii-Vulkan Mauna Kea arbeiten will, der sollte sich vorher akklimatisiert haben, denn eine gute Kondition schützt nicht vor der gefürchteten Höhenkrankheit. Das Keck-Observatorium liegt nämlich rund 4200m über dem Meeresspiegel und dort ist die Luft sehr dünn und noch dazu extrem trocken.
Es sind harte Fakten, die die Astronomen mit ihren Teleskopen in solche Höhenlagen treiben: Die Sicht am Boden hat sich in den letzten fünf Jahrzehnten durch Staub, Abgase und die rasch zahlreicher gewordenen künstlichen Lichtquellen immer weiter verschlechtert. Ein Ausweg ist die Flucht auf hohe und höchste Berggipfel wie beim Keck-Observatorium. Andere Universitäten und Institutionen aus elf Nationen nutzen diesen Standort ebenfalls, weshalb das ganze Gebiet als „Mauna-Kea-Observatorium“ bezeichnet wird.
Noch höher hinaus gehen die ESO und ihre Partner aus den USA und Japan mit dem Superradioteleskop-Projekt ALMA – nämlich bis auf 5050 m über dem Meeresspiegel. Im Millimeterwellenbereich wollen sie von dort aus die Geburtsstätten von Planeten und Sternen in kalten interstellaren Wolken und protoplanetare Akkretionsscheiben (Ringe aus Gas und Staub um einen jungen Stern) erforschen. Millimeterwellen sind besonders gut geeignet, um ausgedehnte Gas- und Staubwolken zu durchdringen, die die Stern- und Planeten-Entstehungsgebiete verhüllen.
Als ob Sauerstoffarmut nicht schon belastend genug wäre, planen die Astronomen bereits für einen Standort, an dem auch noch extreme Kälte und halbjährige Dunkelheit herrschen. Wissenschaftler des Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam (AIP) und des Alfred Wegener Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) sowie sechs weitere Institute in Europa und Australien wollen 2012 ein 60-cm-Doppelteleskop unter dem Namen ICE-T (International Concordia Explorer Telescope) in Betrieb nehmen. Sein Standort wird ein 3280 m hoch gelegenes Plateau in der Ostantarktis sein mit einer Umgebungstemperatur zwischen –30 °C im Sommer und bis zu –80°C im Winter.
Die ICE-T-Wissenschaftler haben sich ein ehrgeiziges Beobachtungsprogramm vorgenommen – beispielsweise die Frage zu lösen, wo es wirklich erdähnliche extrasolare Planeten gibt. Dazu sollen die beiden wie bei einem Feldstecher angeordneten Fernrohre rund 1,3 Mio. Sterne gleichzeitig nach Helligkeitsschwankungen absuchen, die durch den Vorübergang (Transit) des Planeten vor der Scheibe seines Muttersternes entstehen. Vielleicht kommt einmal die Nachricht über den direkten Nachweis eines erdähnlichen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems von einer dieser Sternwarten, deren Lage im Grunde selbst schon exoterrestrisch ist – und nicht etwa von einem bereits dafür geplanten Weltraumteleskop.
Höhensternwarten
Der Hang der Astronomen, sich in extreme Lagen zu begeben, hat seit den 1960er-Jahren Tradition. Sie arbeiten an Orten wie:
• der Europäischen Südsternwarte La Silla (2400 m), Chile
• dem Roque-de-los-Muchachos-Observatorium (2400 m), La Palma, Spanien
• dem ESO Paranal-Observatorium (2635 m), Atacamawüste, Chile
• dem W. M. Keck-Observatorium (ca. 4200 m), Mauna Kea (Hawaii/USA)
• der Large Binocular Telescope-Sternwarte (3267 m), Mount Graham (Arizona/USA)
Ohne das breite Spektrum der elektromagnetischen Strahlung gäbe es keine Astronomie: Die Wissenschaftler dieser Zunft würden wörtlich im Dunkeln tappen. Auch das Leben hätte sich nicht zu höheren Formen entwickeln können, wenn nicht Licht und Wärmestrahlung der Sonne bis zum Erdboden und in die obersten Meerestiefen gelangten. Zum Glück schaffen das nur diese Strahlungsarten, denn die anderen, für das Leben gefährlichen, werden von der Erdatmosphäre wie von einem Schutzschild zurückgehalten. Nur für das Licht, Wärme und die Radiostrahlung bildet unsere Lufthülle sogenannte Fenster.
Jahrhundertelang war das sichtbare Licht die einzige Informationsquelle der Astronomen. Eine Situation, die man mit dem Hören einer einzelnen Note aus einer Melodie vergleichen kann. Aber um die Musik komplett zu erleben, muss man alle Noten hören können, von den höchsten bis zu den tiefsten. In der Astronomie bedeutet dies, dass man außer Licht auch die Radio-, Infrarot-, Ultraviolett-, Gammaund Röntgenstrahlung empfangen muss. Da aber ein Großteil dieses Strahlungsspektrums von der Erdatmosphäre absorbiert wird, wurden einige raffinierte technische Tricks und Instrumente entwickelt, um auch diesen „unsichtbaren“ Teil des Weltalls kennenzulernen.
Ein schneller Strom
Für die Physiker und Astronomen ist Strahlung nur eine besondere Form der Energie. Energie wird von einer Quelle abgegeben und wandert als Welle oder Teilchen durch den Raum und durchdringt auch einige Arten von Materie. Ganz egal, um welche Strahlungsart es sich handelt: Es ist immer ein Strom oszillierender, elektrischer und magnetischer Felder, die sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 300 000km/s, d.h. mit Lichtgeschwindigkeit, ausbreiten. Auf diese Weise werden riesige Entfernungen, manchmal sogar Milliarden von Lichtjahren zurückgelegt, bis die Strahlung uns erreicht.
Alle Sterne, Galaxien, Gasnebel oder Supernovaexplosionen senden Strahlung im gesamten elektromagnetischen Spektrum aus. Abhängig davon, wie die Quelle beschaffen ist, können die einzelnen Bereiche unterschiedlich stark vertreten sein. Da sich Strahlung wie eine Welle im Meer fortpflanzt, lassen sich die verschiedenen Arten anhand der Wellenlängen unterscheiden.
So haben Gammastrahlen die kürzesten Wellenlängen. Sie bilden die energiereichste Form der Strahlung und haben ihren Ursprung u.a. in den rätselhaften Gammabursts in entfernten Galaxien. Die im Spektrum angrenzenden Röntgenstrahlen werden von 1 bis 100 Mio.°C heißem Gas ausgesandt. Das findet sich im intergalaktischen Raum sowie in der Nähe von Schwarzen Löchern. Diese Strahlungsart wird in der Hochatmosphäre absorbiert.
Sehr heiße Sterne emittieren ihre Energie vor allem im Ultraviolettbereich. Vor dieser schädlichen Strahlungsart schützt uns zum größten Teil die Ozonschicht, die aber gleichzeitig den Blick auf diesen Teil des Universums versperrt. Die Infrarot- oder Wärmestrahlung stammt von Körpern mit Temperaturen bis etwa 1000°C (jungen Sternen mit ausströmendem Gas oder Dunkelwolken). Sie wird in der unteren Atmosphäre absorbiert, kann aber von hohen Bergen aus beobachtet werden. Und die Radiowellen, die im Kosmos zu finden sind, stammen von Supernova-Überresten, aktiven Galaxien, dem in der Milchstraße verteilten Wasserstoffgas sowie vom Urknall.
Ohne die Radiotechnik wäre es um die globale Kommunikation schlecht bestellt, ohne Radar eine Flugzeuglandung im Nebel ein lebensgefährliches Risiko und anfliegende Gegner könnten nicht im Voraus entdeckt werden. Radiowellen sind in der Lage, Unsichtbares sichtbar zu machen – es ist kein Zufall, dass im Zweiten Weltkrieg das Radar entwickelt und die Funktechnik verbessert wurde, wovon auch die Astronomen profitierten. Sie etablierten nach 1945 in ihrer Wissenschaft einen neuen Forschungszweig: die Radioastronomie.
Die Radioastronomie begann 1932, als der Ingenieur Karl Jansky „Funkstörungen“ entdeckte, die aus der Milchstraße stammten. Die 1942 von Stanley Hey gemachte Entdeckung starker Strahlungsausbrüche auf der Sonne wurde nicht gleich weltweit bekannt, weil im Krieg Forschungen auf dem Radiosektor der Geheimhaltung unterlagen. Umso stürmischer war der Fortschritt nach dem Zweiten Weltkrieg: Es entstanden immer ausgedehntere Empfangsanlagen, vor allem schüsselförmige Antennen mit immer größeren Durchmessern. Wie bei den Fernsehsatellitenschüsseln werden die Strahlen von den Wänden der Schüsseln reflektiert und auf eine Antenne fokussiert.
Diese Entwicklung gipfelte mit dem Bau des 305m durchmessenden Radioteleskops von Arecibo auf Puerto Rico 1963. Diesem fest stehenden Beobachtungsinstrument folgte 1972 der Radioparabolspiegel von Effelsberg in der Eifel. Bis zum Jahr 2000 war er das größte frei bewegliche Radioteleskop der Erde, musste diesen Rang dann aber an das 10m größere in Green Bank, West Virginia (USA) abtreten. Dass Radioteleskope im Gegensatz zu optischen so große Durchmesser haben (müssen), liegt an ihrer geringeren Auflösung. Radiowellen sind viel länger als Lichtwellen; sie reichen weit in den Meterbereich.
Radioteleskope im Verbund
Um die Auflösung und damit die Abbildungsqualität zu erhöhen, schalten die Astronomen mehrere kleinere Teleskope zusammen. So können die 27 Parabolantennen (jede mit 25m Durchmesser) des Very Large Array in New Mexico entlang dreier Eisenbahnschienen so verschoben werden, dass sie scheinbar ein 36km durchmessendes Teleskop bilden. Eine weitere Steigerung ist durch das Zusammenschalten aller auf einem Kontinent stehenden Radioteleskope zu einem Very Long Baseline Array (VLBA) möglich. Das VLBA der USA hat ein höheres Auflösungsvermögen als das Hubble-Weltraumteleskop! Da aber auch so noch Lücken im Radiobild bleiben, schließt man die Teleskope mehrerer Kontinente zusammen und lässt sie infolge der Erddrehung das zu untersuchende Objekt Stück für Stück abtasten.